Portus von Alexandria

  • Ein herrlicher Sonnentag, welchen sich Cassander selbstverständlich auf den nicht vorhandenen Bierbauch scheinen ließ. Doch das Glück währte nicht lange, man erblickte schon die Metropole Nordafrikas, das pompöse Alexandria.
    Seit der Gründung durch Alexander dem Großen herrschte hier die Kultur, die Sitte und die alten Künste der Menschheit.


    Cassander interessierte sich dafür sehr, doch bummeln konnte und durfte er nicht. Ein Auftrag ward ihm gegeben, es galt diesen zur Freude des Dominus zu erfüllen.
    So rief er die beiden anderen Sklaven herbei und ging vom Schiff auf der Suche nach einem Schiffsverein, wie sie sich üblich zusammenschließen.


    Diese navicularii waren raue Burschen, Seemänner und mutige Leichtsinnige. Doch wo waren sie zu finden? Vereinshäuser gab es nicht, auf den Schiffen waren auch nur Seemänner, die nichts zu sagen hatten.
    Doch ihm kam ein Einfall, als er einen Betrunkenen von der Mole springen sah.
    Eine Taberna, da konnte man viele treffen. Zwar wären sie besoffen, aber immerhin würde er welche finden.


    Gesagt, getan. Mit sicheren Schritten ging er zur nächstgelegenen Spielunke und setzte sich mit den zwei Anderen an einen freien Tisch. Es galt die Männer zu beobachten und rauszufinden, wer hier das meiste zu sagen hatte, der Chef war.
    Und nach kurzer Zeit hatte er auch einen stämmigen Mann im Blick, den man merkwürdigerweise immer Portos nannte. Mit einem kurzen Zwinkern bedeutete er den anderen Sklaven zu warten und bahnte sich seinen Weg zwischen fetten Männern, Wasserlachen aus Bier und rumliegenden Trunkenbolten.
    Bei Portos angekommen setzte er sich zu jenem und nickte ihm stumm zu. Lächeln durfte er nicht, denn manchmal rief dies ungeahnte und agressive Reaktionen hervor, wie bei Hunden.


    "Salve. Cassander mein Name und ich schließe Geschäfte ab."


    Cassander fasste sich nun ans Herz, es musste rauskommen, wenn nicht jetzt, dann niemals. Die Reaktion des Mannes abschätzend saß er ruhig da und hoffte, dass dieser ihn nicht missverstand.


    "Portos, mein Name. Nicht interessiert."


    Sagte dieser die Augen leicht verdreht und widmete sich weiterhin dem Genuss aus seiner Weinflasche.
    Cassander rechnete mit vielem, mit solch einer Reaktion auch, aber sie war auf keinen Fall wünschens- oder erstrebenswert gewesen. Er musste sich durchsetzen, sich behaupten, sonst würde der Herr ihn strafen.


    "Ich rede nicht von irgend einem Geschäft, ich rede von einem dicken Fisch. Mindestens 30 Schiffe, mindestens fünf Fahrten. Gute Bezahlung."


    Na vielleicht lenkten die zwei letzten Worte die Ohren des Portos auf ihn.
    Portos Reaktion war zu erwarten gewesen, er wandte sich zu Cassander, jedoch ohne jegliches Mimikspiel.


    "Auftraggeber und Fracht."


    Speite er desinteressiert hinaus zu Cassander, trank einen weiteren Schluck und wischte sich mit dem Handrücken Wein vom Kinn.


    "Der Architectus Provincialis, Bausand, vielleicht noch was anderes."


    Portos wollte sich wieder umdrehen, Sand war schwer, sand kam in jeden Ritz des Schiffes. Doch in letzter Zeit gab es wenige Aufträge, er musste dies abwägen.


    "Wann wird gezahlt?"


    Warf er wieder ins Gespräch und trank noch einen hastigen Schluck.
    Cassander versuchte nicht anhänglich zu sein, nicht zu zeigen, dass Portos benötigt wurde, denn so könnte dieser mehr verlangen, als der Dominus bereit war zu zahlen.


    "Gezahlt wird immer in Hispania, bei jeder Ankunft ein Teil der Summe. Das Risiko liegt bei euch."


    Natürlich, das Risiko des Verlustes einer Fracht lag immer bei den navicularii, das wusste Portos allzu gut und seufzte nur als Antwort.


    "Ich werde das bereden müssen. In zwei Tagen, hier, gleiche Zeit, gleicher Ort."


    Cassander nickte ihm zu und wandte den Kopf ruckartig nach links, um den zwei anderen Sklaven zu sagen, dass man aufbrechen wolle. Sogleich stand er auf und sie verließen die Spielunke auch wieder.
    Cassander war glücklich, die erste Hürde war genommen.

  • Viele Tage waren vergangen, verzweifelt zählte er diese und war des Wutausbruches sehr nahe.
    Was fiel diesen Narren ein ihn so lange warten zu lassen? Was dachten die sich denn, dachten sie etwa er hätte ein unbegrenztes Zeitlimit, Nerven aus sehr festem Eisen?
    Angespannt ging er hin und her, achtete in keinster Weise auf die Blicke der anderen Sklaven.
    Und da, die Verzweiflung fraß ihn schon fast auf, flog ein Briefchen durch den Türschlitz. Wie ein Tier, er was sich selbst in diesem Augenblick sehr fremd, stürzte sich Cassander gierig auf jenes, riss es voller Erwartung auf.
    Die ersten Zeilen überflog er und ein lächeln zeichnete sich ab, die Mitte des Briefes erreichte er mit einem fröhlichen Lächeln und am Ende konnte er sich gerade noch zügeln nicht aufzuschreien.
    Sie hatten die Vereinbarung akzeptiert, der Preis war spöttisch niedrig und Cassander kassierte das Lob des Herrn in vollsten Zügen.
    Ob er ihm eine Sklavin für eine Nacht schenkte? Vielleicht eine neue Tunika, nicht so abgetragen wie seine jetzige? Oder gar die Freiheit für den guten Dienst?
    Er wusste es nicht, es war ihm auch relativ egal, denn die Freude an einer Überraschung war stets größer und ehrlicher, als das planmäßig erreichte Ziel.


    So gingen sie in eine Taberna, man musste es feiern und von dem erwirtschaftete Geld konnte eine Münze schließlich für sie ausgegeben werden - sie hatten es sich schließlich verdient.
    Also feierten sie bis spät in die Nacht und verließen das sonnige Ägypten mit einem Lächeln auf den Lippen und der Erwartung auf eine saftige Belohnung.

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