• Endlich wieder einmal die Villa verlassend, schenderte Minervina eines unbekannten Weges. Ihre Palla lag um ihre Schulter und ließ den Kopf frei. Lana hielt sich wie meistens ein kleines Stück hinter ihr. Das gab Minervina die Möglichkeit, ihre Maske ein wenig fallen zu lassen. Sie mochte die Sklavin gern. Sie schien sehr warmherzig zu sein. Nur ob sie wirklich treu war, das mochte Minervina noch nicht beurteilen. Dafür hatte sie zu wenig mit ihr zu tun gehabt. Das Wetter war nicht besonders freundlich, denn Wolken verhingen den sonst so schönen italischen Himmel. Nur manchmal stahl sich die Sonne noch durch den dichten Schleier, was aber immer seltener vorkam.


    "Erzähl mir ein wenig von dir. Ich denke, es schadet nicht, wenn wir uns ein wenig besser kennenlernen." schlug sie vor und wandte ihren Blick zu Lana. Dabei musste sie zwar den Kopf unbequem verdrehen, aber der Abstand sollte dann doch gewahrt werden, wenn sie gemeinsam unterwegs waren. "Zum Beispiel von deinen Eltern. Wie sie waren." unterbreitete sie Lana einen Vorschlag um das Gespräch ein wenig leichter zu gestalten.

  • Lana blickte aus einem Tagtraum auf und zuckte förmlich einen ganz kleinen Augenblick zusammen. Scheinbar, schien sie gerade über etwas nachgedacht zu haben, jedoch sicherlich keine bösen Absichten. Dafür waren ihre Züge zu weich.
    „Was soll ich großes von meinen Eltern erzählen Herrin? Ich weiß sie nur noch aus meiner Kindheit und das Wenige was mir an Erinnerung bleibt, sind die Lehren meiner Mutter. Sie beide starben sehr früh an einer Krankheit, an der damals ziemlich viele Menschen bei uns gestorben sind. Sie sagten damals, es wäre ein Strafe…Mehr weiß ich leider nicht Herrin, nur das mein Vater kaum da war und meine Mutter sich fast allein um mich kümmerte…“
    Lana behielt den Abstand bei, den sie schon immer gegangen war und ließ ihre Blicke wieder auf den Markt und schließlich zu Boden gleiten.
    „Die leichte Massage vorhin, weisst du noch Herrin? Auch sie kommt von meiner Mutter. Sie sagte, man würde damit innere Kräfte wieder beruhigen“

  • Etwas gespalten hörte sie Lana nur halbherzig zu. Die absurdesten Gedanken suchten ihren Weg durch den jungen Kopf. Gedanken, die in diesem Alter noch kein Thema sein sollten und weniger von Sonnenstrahlen durchzogen waren. Doch sie stieß unsanft den Trübsinn fort und versuchte, sich wieder auf Lanas Worte zu konzentrieren. "Das tut mir leid." sagte sie knapp. Also hatte auch Lana ihren Vater früh verloren - und die Mutter. Aber wäre Minervina das nicht sogar lieber, beide zu verlieren? Vermutlich schon. Dann würsste sie ihre Mutter in den sicheren Armen des Patriziers und nicht in denen eines weichen Senatorensohnes.


    "Ja, ich erinnere mich. Das hat ziemlich gut getan." antwortete Minervina lächelnd auf Lanas Worte. Die Massage die sehr überrascht hat und mit anfänglichen Widerwillen gestattet wurde. Sachte verlangsamte Minervina ihren Gang um Lana nun doch etwas besser im Blick halten zu können. Auf dem Markt war wahnsinnig viel Betrieb und sie wollte ihre Sklavin nicht zwischen den Menschen verlieren. Sie glaubte nicht daran, dass Lana fliehen würde, aber dass man den Kontakt verlor, konnte hier nur zu gut geschehen.


    Minervinas Augen brannten und zeitweilig war ihre ganze Aufmerksamkeit dem Gedanken zugewandt, ob sie noch nach Tränen aussah. Sie würde liebend gern die Palla bis über das Gesicht ziehen, aber damit wäre wohl jeder Anstand verletzt und sie würde nicht zuletzt auch nichts mehr sehen. "Hast du Hunger?"

  • Lana drückte sich hinter ihrer Herrin, zeitweilen durch kleine Menschenschwaden hindurch und hatte anfangs sogar Mühe, bei ihrer Herrin Schritt zu halten. Sie entschuldigte sich kaum hörbar bei einer Person, welche sie angestoßen hatte. Dann schloss sie wieder auf…Als ihre Herrin sie für einen Moment musterte, schüttelte sie nur den Kopf „Nein, keinen großen Herrin“
    Lana verneigte sich für die gutmütige Frage der Herrin etwas und ging dann ihren gewöhnlichen Gang fort. „Meine Mutter trug auch den Namen, den ich nun trage und des Vaters Namen ist mir so fremd wie die große neue Welt hier in Rom“

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