Ein Ausritt | Arrecina, Rutger und Phaidra

  • Pinien und Olivenbäume säumten den kleinen Weg, der sich durch sanft geschwungene Hügel zog. Ein feiner Dunstschleier lag über der spätsommerlichen Landschaft. Es ging schon auf Mittag zu. Laut erklang das Lied der Zikaden. Ein leichter Wind machte die Hitze erträglich und brachte einen würzigen Kräuterduft mit sich.




    Rutger ging mit der Stute am Zügel neben Arrecina her, sog tief die warme Luft ein, und lies den Blick über diese liebliche Landschaft schweifen. Sie hatten eine ganze Weile gebraucht, um von der Villa Flavia aus durch die Stadt bis zur Porta Quirinalis zu finden. Rom war ein widerlicher Moloch, fand Rutger. Stinkend, lärmend, voller Römer.
    Sie hatten dann die große Straße hinter sich gelassen, und waren auf diesen kleine Weg eingebogen. Phaidra schien sich auch ihres Lebens zu freuen. Ungeduldig schritt sie aus, streckte die Nase in den Wind und wieherte dann schmetternd.
    Am Wegesrand lies Rutger die Stute haltmachen. Sogleich begann sie, das trockene Gras zu rupfen.
    "So, Flavia Arrecina, du kannst aufsitzen."
    Rutger zeigte ihr, wie sie sich hinstellen sollte.
    "Komm, greif in die Mähne, ich nehme dein Bein, gebe dir Schwung, und schon sitzt du oben."

  • Arrecina hatte sich auch noch nicht an Rom gewöhnen können und ihr erging es da wohl nicht anders als Rutger, denn sie empfand diese Stadt auch als ziemlich dreckig und vor allem laut und überbesiedelt. Sie mochte es eher lieber wenn die Städte überschaubar waren und das war in Rom nicht der Fall. Hier rannten sich die Leute ja schon über den Haufen wenn sie nur mal kurz aus den Häusern gingen um über eine Strasse zu laufen. Immer musste man auf der Hut sein, dass man nicht umgerannt wurde oder ein Wagen kam und einen plattfuhr.
    Es hatte ihr nichts ausgemacht, dass sie einen ziemlich weiten Weg laufen mussten, aber in Rom direkt zu reiten wäre auch ein Unding gewesen, obwohl man sich schön den Weg hätte freimachen können, aber was verboten war, war verboten, obwohl sie das nie wirklich kümmerte. Die Gegend war wunderschön und es war ihr bei ihrer Anreise gar nicht so aufgefallen, doch jetzte hatte sie einen richtigen Blick dafür bekommen. Die Sonne schien durch das Grün der Bäume und das Gras war so grün, dass man den Wunsch entwickeln konnte sich einfach reinfallen zu lassen und den blauen Himmel zu beobachten. Ein Lächeln zeichnete sich bei ihr ab, als die Stute begann zu wiehern und zeigte, dass es ihr sichtlich gefiel. Hier konnte man wirklich seine Hüllen fallen lassen und einmal wirklich als sich selber auftreten ohne auf seinen Stand zu achten, denn sie schienen hier so ziemlich alleine zu sein.
    Sie kam auf die Seite wo Rutger stand und sah ihm zu wie sie aufzusteigen hatte und kurz kam ihr der Gedanke, dass sie hoffte nicht auf der anderen Seite wieder runter zun fallen, das würde sonst ziemlich schmerzhaft werden und darauf konnte sie verzichten mit blauen Flecken nach Hause zu kommen, denn das würde wieder Fragen aufwerfen die sie nicht beantworten wollte. "So?" fragte sie und griff der Stute in die Mähne um sich dann von Rutger hochhelfen zu lassen, aber dabei stellte sie sich so ziemlich ungeschickt an und hing letztendlich halb auf dem Tier und halb auf Rutger und gab sicherlich ein köstliches Bild ab.

  • "An der Mähne festhalten! Lehn dich jetzt auf ihren Rücken... "
    Rutger packte Arrecina an den Hüften und hievte sie ein Stückchen höher.
    "So, jetzt... - he, vorsichtig!" - Er wich einem ihrer Füße aus - "jetzt schwingst du das rechte Bein hoch, und dann, hopp, über ihren Hintern rüber, auf die andere Seite... na also!"
    Zum Glück war Phaidra mit Grasfressen beschäftigt. Sie stand still, drehte nur einmal den Kopf, begutachtete die beiden Menschen, und widmete sich wieder der Wiese.
    Rutger blickte schmunzelnd zu der Flavierin, die jetzt hoch zu Roß saß, auf.
    "Keine Angst, bleib einfach ruhig sitzen, Gewicht schön nach hinten... und das Atmen nicht vergessen."
    Er wartete bis Arrecina sich akklimatisiert hatte, und beobachtete dabei neugierig wie sie sich machte. Wußte man doch, daß die Römerinnen im Allgemeinen verzärtelte und wehleidige Dinger waren.
    Dann führte er die Stute eine Weile im Schritt den Weg entlang. Ihr Gang war weich, fast schwebend.
    Rutger korrigierte ein paarmal Arrecinas Sitz, und kommandierte in freundlichem Tonfall Dinge wie "Aufrecht sitzen." , "Schultern zurück." oder "Knie anlegen." , bevor er wiederum stehenblieb, um selbst auch aufzusteigen.

  • Sie tat ja schon was er sagte und fasste feste in die Mähne und erwischte sich bei dem Gedanken, dass sie der Stute ja nicht weh tun wollte. Das Aufsteigen kam ihr schwerer vor als gedacht und es kostete sie einiges an Mühe sich auf das Pferd zu ziehen und schließlich zu sitzen. Sie brachte es sogar fertig weiter zu lächeln und nicht an sich rumzuzupfen, damit alles wieder an Ort und Stelle saß, denn ihre Tunika hatte nun einige Falten, aber das war ihr grade ziemlich egal.
    Arrecina rutschte sich allerdings etwas da oben zurecht, damit sie einen guten Sitz und gleichzeititg auch einen guten Halt hatte, denn es würde ihr nichts bringen wenn sie gleich wieder hinunterfallen würde und dann wieder nach oben musste. Es war eine wackelige Angelegenheit uns sie hielt sich weiter an der Mähne fest und versuchte sich daran ihr Gewicht so zu halten wie Rutger ihr es sagte.
    Es war ein schönes Gefühl hier oben zu sitzen und ein Schmunzeln blieb auch weiterhin auf ihrem Gesicht. Was wohl ihr Vater sagen würde wenn er sie nun so sehen könnte? Immer wieder korrigierte sie ihren Sitz wenn Rutger es ihr sagte, auch wenn ihr solche Kommandos gar nicht zusagten ließ sie diese kommentarlos über sich ergehen. Sie hatte schon fragen wollen, wann er denn auch kommen wollte als er die Stute anhielt und dann selber aufsetzte und somit nun hinter ihr saß. Es war ein komisches Gefühl zusammen mit einem Sklaven auf einem Pferd zu sitzen und sich nun von ihm lenken zu lassen. Doch auch hier machte sie sich keine weiteren Gedanken und dachte nicht weiter über diese Situation nach. "Was machen wir jetzt?" fragte sie und drehte ihren Oberkörper ein wenig um ihns ehen zu können. "Wo reiten wir hin?" Sie hatte wieder vergessen, dass er sich hier eigentlich auch nicht auskennen konnte.

  • Gewandt schwang Rutger sich hinter Arrecina auf den Pferderücken, griff um sie herum und nahm die Zügel auf.
    "Immer der Nase nach!" Er zwinkerte der Flavierin zu.
    Als Phaidra bei dem zusätzlichen Gewicht mißmutig hin und her tänzelte umschlang sein starker Arm Arrecinas Taille, und hielt sie sicher bis die Stute sich wieder beruhigt hatte. Rutger roch selbst nach Pferd, dazu ein bisschen nach Rauch und nach Schweiß. Sein Atem streifte warm Arrecinas Nacken, als er fröhlich "Auf gehts!" rief, und Phaidra mit leichtem Schenkeldruck in einen lockeren Trab fallen lies.
    Die Bäume zogen an ihnen vorbei, und der Wind wehte ihnen um die Nase. Phaidra setzte elegant die Hufe, und ihr Rücken schwang sacht auf und nieder, als sie eifrig vorwärtsstrebte.


    Der Weg führte eine kleine Anhöhe hinauf, von da hatte man kurz Sicht auf die große Stadt Rom. Vom Dunst verschleiert lag sie da, zwischen die Hügel gebettet, und sah weiß und verheißungsvoll aus.
    Dann ging es wieder bergab und zwischen goldenen Felder hindurch. Kleine Eidechsen stoben von den Steinmäuerchen längs des Weges auf, als die Reiter vorbeitrabten. In der Ferne zeichnete sich eine Reihe von Schnittern ab. Gleichförmig schwangen sie ihre großen Sensen, während sie langsam vorwärtsgingen und das Korn niedermähten. Gebundene Garben standen aufrecht hinter ihnen auf dem Feld verteilt.


    Nach einiger Zeit wurde der Weg schmaler, war nur noch ein Pfad, und verlor sich dann in einer leicht ansteigenden Ebene, mit vergilbtem Gras und niedrigen Büschen bedeckt, und von vereinzelten Schirmpinien bewachsen. Blendend weiß leuchteten ausgebleichte Schneckenhäuser in der Sonne. Irgendwo bimmelten hell kleine Ziegenglocken. Plötzlich schwang sich ein großer brauner Raubvogel aus einem Gebüsch auf. Mit ausgebreiteten Schwingen segelte er hoch hinauf in den strahlend blauen Himmel.
    Phaidra scheute, und sprang abrupt zur Seite. Rutger hielt Arrecina, und zügelte das Pferd mit Mühe. Sie verfiel in einen unruhigen Schritt, wollte immer wieder schneller werden, und zog bockig an den Zügeln.

    Rutger lachte. Er fühlte sich lebendig und frei. Übermütig zog er Arrecina fest an sich, gab der Stute die Fersen, und lies die Zügel lang.
    "Lauf, Phaidra!"
    Ihre Muskeln spannten sich unter dem glänzenden Fell, als sie losschnellte wie der Pfeil von der Bogensehne. Ihre Hufe donnerten auf den Boden, der rasend schnell unter ihnen hinwegglitt. Schneckenhäuser zersprangen unter ihnen, und Steine spritzten auf. Die Pinien rauschten nur so vorbei. Arrecinas Haar wehte Rutger ins Gesicht, und der Wind pfiff ihnen um die Ohren. Phaidra wurde schneller und immer schneller, streckte sich, setzte in weiten federnden Sprüngen über die Ebene hinweg, und schien den Boden kaum noch zu berühren...

  • Unter anderen Umstände hätte sie es nie zugelassen, dass er ihr so nahe kam, aber sie waren alleine, also konnte sie auch eine andere Person sein wobei sie es nicht einmal schlimm fand ihn hinter sich zu haben. Sie musste sich schon in Gedanken für ihre Gedanken selber ohrfeigen, denn schließlich war er ein Sklave, wenn auch ein männlicher, aber dennoch unter ihr stehend und das würde sich auch niemals ändern, also verschwanden die Gedanken auch schnell wieder oder wurden wenigstens etwas in den Hintergrund geschoben, was bei seiner Nähe aber ziemlich oder fast unmöglich war. Sie lehnte sich leicht gegen seinen Körper und empfand es immer noch nicht als abschreckend. Mochte sie sonst immer wie eine hochnäsige Patrizierin erscheinen die sich nie die Hände schmutzig machte gab sie hier ein ganz anderes Bild von sich. Es war ein unheimlich schönes und freies Gefühl so zusammen mit ihm auf einem Pferd durch die Wege vor der Stadt Rom zu reiten. Eine Hand von ihr lag mittlerweile auf dem Arm der sie umschlang und die andere hatte sie an der Mähne liegen um sich festhalten zu können, ansonsten versuchte sie ihm zu vertrauen so gut sie es konnte.


    Sie hätte nicht gewusst was sie sagen sollte, der Anblick den sie von hier auf Rom hatte war atemberaubend und ließ eine Gänsehaut ihren Rücken hinunterlaufen. Arrecina saß locker auf dem Rücken der Stute und hielt sich nur dann fest wenn es wirklich nötig war, ansonsten ließ sie sich halten und versuchte trotzdem keine große Last zu sein. Als sie durch die Felder ritten musste sie mal wieder etwas sagen. "Ist das nicht ein wunderschönes Bild?" fragte sie ihn und zeigte auf die Menschen die das Korn mähten. Der Anblick in der Sonne war einfach schön und es schien das erste mal, dass sie so einen Ausritt tätigte. Vielleicht entsprach es sogar der Wahrheit.


    Immer mehr musste sie sich in dieser Umgebung umsehen um alles in sich aufnehmen zu können. Ihre Hände lagen immer noch an den Plätzen von eben und sie hatte auch nicht vor die Position so schnell zu ändern, was aber dann geschah damit hatte sie nicht wirklich gerechnet und sie erschrak selber vor dem Vogel der sich auf einmal in die Lüfte erhob und zukte zusammen. Ihre Hand an seinem Arm griff etwas fester zu und auf der Griff in die Mähne, um einen Halt zu bekommen wurde stärker. Ihr Herz begann immer schneller zu schlagen und sie rechnete damit, dass er sie zügeln würde, aber nicht damit, dass er sie noch anspornte. Arrecina hielt die Luft an, als er sie noch fester an sich zog und Phaidra auf einmal lospreschte als sei der Teufel hinter ihr her. Fest presste sie ihre Augen aufeinander und auch ihre Schenkel presste sie gegen den Körper der Stute weil sie Angst hatte runterzufallen.

  • In rasendem Galopp ging es zwischen locker stehenden Pinien hindurch. Um Rutger und Arrecina herum wechselten blitzschnell Licht und Schatten, dann wurde es auf einmal blendend hell, als sie am Rande eines breiten Bachbettes herauskamen. Eine Herde Ziegen drängelte sich da gerade, um zu trinken - panisch sprangen sie in alle Richtungen auseinander, meckernd und bimmelnd. Phaidra galoppierte in das Wasser hinein, das ihr glücklicherweise nur bis zu den Fesseln reichte, und dann weiter im Bach. Hoch spritzte das Wasser, und die Tropfen funkelten hell in der Sonne. Der Ziegenhirte brüllte den beiden noch üble Flüche hinterher und fuchtelte mit seinem Knotenstock, aber da waren sie schon wieder weg.


    Spritzend und platschend galoppierte die Stute noch eine Weile im Bach entlang. Als sie dann langsamer wurde, und schließlich ruhig über den kiesigen Grund schritt, waren Arrecina und Rutger völlig durchnässt. Bei der Hitze war das aber eher erfrischend.
    Der Bach floß jetzt am Rande eines dichten Pinienwaldes. Es roch intensiv nach Harz. Auf der anderen Seite sah man die geschwungene Ebene und in der Ferne zeichneten sich verschleiert Bergzüge ab, als blau getönte Schattierungen vor dem Horizont.
    "Lass uns rasten."
    Rutger lenkte die Stute ans Ufer, sprang von ihrem Rücken und half Arrecina beim Absteigen. Dann ließ er Phaidra trinken, band sie an einen Baum wo auch etwas Gras wuchs, und setzte sich in die Sonne.
    Er lehnte sich an den Stamm einer Pinie, streckte gemütlich die Beine aus, und spielte müßig mit einem Pinienzapfen, während er Arrecina nachdenklich musterte. Rutger hatte jetzt eine Entscheidung zu treffen.

  • Der Ritt schien keine Ende mehr zu nehmen, aber irgendwann traute sie sich wieder ihre Augen zu öffnen und auch wenn sie sich immer noch an den Arm von Rutger klammerte und förmlich an ihm hing empfand sie es langsam als ein schönes Gefühl, so frei durch die Gegend zu reiten. Der wind streifte ihr Gesicht und ließ ihre Haare im Wind wehen. Alle sah ganz anders aus und man bekam andere Eindrücke und das Gefühl so auf dem Rücken eines Pferdes zu sitzen und die Welt neben einem so vorbeirauschen zu sehen war unbeschreiblich. Arrecina musste sogar lachen, als die Herder der Ziegen in alle Richtungen sprangen und der Hirte sie sicher erst einmal wieder einfangen musste. Sie musste sich eingestehen, dass sie noch nie so viel Spaß gehabt hatte und langsam entspannte sich auch ihr Körper wieder etwas mehr, auch wenn ihre Hände ihren Halt nicht aufgaben.


    Der Ritt durch den Bach war ziemlich erfrischend da sie beide durchnässt wurden und sogar viele Spritzer in ihrem Gesicht landeten. Einige Tropfen liefen wie kleine Tränen über ihre Wangen, aber die Sonne sorgte schnell dafür, dass sie wieder trockneten. Keinen Gedanken verschwendete sie daran wie es nun wäre wenn man sie beide hier zusammens ehen würde, was ihr Vater sagen würde oder ein anderer der Familie.
    Der Geruch des Waldes stieg ihr in die Nase und im ersten Moment war er richtig stechend und trieb einem fast die Tränen in die Augen. Sie war es nicht gewohnt in solchen Wäldern umherzuwandeln, aber wenn man sich dran gewöhnte dann war der Geruch sogar angenehm.
    Als Rutger ihr runter half musste sie kurz ihre Hände an seine Schultern legen und ließ sich dann von dem Rücken der Stute rutschen. Nun versuchte sie erst einmal ihre völlig durchnässte Tunika etwas zu richten aber die Falten würden so schnell nicht verschwinden und sie sollte bei der Rücker sehen, dass man sie so nicht in der Villa antreffen würde und sie dann Rede und Antwort zu stehen hatte.


    "Es ist wirklich schön hier" sagte sie als sie auf ihn zutrat und einen Meter von ihm entfernt stehen blieb und zu ihm runter sah. Sie erwiederte seinen Blick und ließ die Musterung über sich ergehen. Gerne hätte sie gewusst was er dachte aber vielleicht war es auch gut es nicht zu wissen. "Wir werden aber nicht Ewigkeiten hier verweilen können" meinte sie dann und ging vor ihm in die Hocke. "Irgendwann wird es auffallen, dass wir beide nicht mehr in der Villa sind und dann kommen die Fragen, aber noch haben wir etwas Zeit. Erzählst du mir nun wie du hier her gekommen bist?" Jeglicher Befehlston war aus ihrer Stimme gewichen und sie sprach ganz normal mit ihm, aber es konnte sich auch jederzeit wieder ändern.

  • Rutger nickte langsam.
    "Ja, noch haben wir etwas Zeit, das stimmt."
    Einladend wies er auf eine hoch geschwungene Pinienwurzel neben sich in der Sonne.
    "Setz dich doch, Flavia Arrecina, dann erzähle ich dir was mir widerfahren ist. Vielleicht verstehst du mich dann ein wenig...?
    Wo soll ich beginnen... hmm, also ich war gerade unterwegs mit meinen Waffengefährten, um einen Vorposten bei Colonia auszuspähen - das ist eine eurer Städte in unserem Land - , es war eine sonniger Tag, ein bisschen so wie heute, aber nicht so heiß, als uns ein unvorsichtiger Römer in die Hände lief..."

    Er stockte, sah Arrecina ein wenig seltsam an, und holte dann weiter aus.


    "Aber du kennst ja meine Heimat gar nicht. Es ist dort alles viel grüner als hier, und satter, und kühler. Die Wälder reichen endlos weit, sie sind wunderschön und die Jagd ist gut. Wir Chatten haben uns dieses Land vor vielen Menschenaltern erobert. Die Sippe aus der ich stamme, die Hallvardungen, hat schon viele kühne Taten vollbracht. Schon lange, sehr lange kämpfen wir nun gegen eure stahlgepanzerten Legionen. Wieder und wieder versuchen sie uns alle zu vernichten, aber," - er lächelte stolz - "wir, wie schon unsere Ahnen, haben ihnen so manche Niederlage beigebracht!"
    Rutgers Blick schweifte weit in die Ferne, und etwas Wehmut klang mit, als er weiter ins Erzählen geriet.


    "Früher hatten wir einen Vertrag mit den Römern - also, ich meine mit früher, als ich noch ein Kind war. Mein Vater ist ein Drichten - er gebietet über viele Krieger - , und damals hatten wir noch eine Große Halle... Sie war sehr schön, und um eine große Esche herumgebaut. Aber dein Volk hat den Vertrag gebrochen, und uns heimtückisch angegriffen. Wir haben uns zur Wehr gesetzt, mussten aber weichen, und seitdem sind wir eigentlich ständig im Krieg..."
    "Natürlich habe ich sobald ich wehrhaft wurde auch gegen eure Soldaten gekämpft, und gegen diese räudigen Hunde von Hermunduren," - er spuckte aus - "die ihnen den Speichel lecken."


    Rutger ballte die Fäuste, so daß die Knöchel weiß hervortraten. Wenn er auch ein Feind der Römer war, so schien er die Hermunduren doch noch deutlich erbitterter zu hassen.
    "Verräter allesamt! Erst im letzten Jahr hat einer von ihnen mit trügerischen Worten viele Stämme dazu gebracht, sich gegen die Besatzer zu erheben, und hat sie dann gnadenlos ans Messer geliefert! Es war natürlich klar, daß dieser Bastard von Modorok eine Marionette der Römer ist, aber einer meiner Brüder hat sich doch von seiner Schlangenzunge einlullen lassen, und ist ihm gefolgt, und gefallen. Die Pest über die Hermunduren, und die Pest über eure römische List!"


    Er sah Arrecina dann plötzlich wieder ruhig direkt an.
    "Ich erzähle dir das, damit du dir ein Bild machen kannst. Du musst verstehen, junge Flavierin, für meine Sippe ist seit Jahren Krieg. Die großen Schlachten sind selten, doch wir erschlagen immer wieder Besatzer und ihre Handlanger, überfallen die Vorposten, brennen ihre Wehrtürme ab oder schneiden ihnen den Nachschub ab. Und so leisten wir Widerstand, und hindern eure Legionen daran, unser Land noch weiter zu erobern."
    Er lachte leise auf.
    "Bei der Gelegenheit, ich meine, bei so einem Überfall auf die Nachschublinien, habe ich mir sogar schon mal selber eine Unfreie gefangen. Eine kleine Keltin. Man sieht also, Flavia Arrecina, Sklaven zu haben, schützt nicht davor, irgendwann vielleicht mal selber einer zu sein..."


    Rutger ließ diese Worte in der Luft schweben, stand auf, ging zum Bach, und schöpfte sich mit der hohlen Hand einen Schluck Wasser. Er trank, kam zurück, und setzte sich wieder neben Arrecina.
    "Aber magst du mir nicht auch ein bisschen von dir erzählen? Du kommst scheinbar auch nicht aus Rom. Lebst du bei deinen Eltern, oder bist du schon verheiratet?"
    Fragend sah er sie an, und spielte wieder mit dem Pinienzapfen in seiner Hand.

  • Dieser Einladung kam sie auch nach, denn die ganze Zeit in der Hocke zu verweilen war nicht sonderlich bequem. Sie war sehr neugierig darauf zu erfahren was er zu berichten hatte und es schien das erste Mal überhaupt, dass ein Sklave ihr Intresse geweckt hatte, denn ansonsten war ihr das alles ziemlich egal. Auch als man der germanischen Sklavin Aila die Zunge abschnitt, weil sie nie den Mund halten konnte, hatte sie kein Mitleid gezeigt, denn mit vielen konnte man nur so umgehen, aber dafür gehorchten sie einem später umso mehr. So stand sie auf und setzte sich so auf die Wurzel, dass sie nicht ganz von der Sonne geblendet werden konnte. Sie hatte ja schon rausgehört, dass er noch nicht so lange ein Sklave war, aber er würde sich damit auch noch abfinden....müssen.


    Arrecina hörte ihm aufmerksam zu und hoffte ihn zu verstehen. Ein Römer war ihm in die Finger gelaufen? Nun dieser Römer musste auch der gewesen sein, der ihn dann versklavte, dachte sie und, dass es sich hier mal wieder um ihren geliebten Vater handelte wurde ihr ja nicht gesagt, vielleicht wäre ihr dann schon längst ein Licht aufgegangen. Sich das Land vorzustellen noch grüner als hier war schwer, man musste es sicher mit den eigenen Augen zu gesicht bekommen um zu wissen wie es ist in diesem Land zu leben. "Ich habe nur gehört, dass es bei euch in Germanien recht dunkel und trostlos sein soll. Gefährlich und unheimlich, oder sind das alles nur Geschichten die man sich erzählt um Kindern Angst zu machen?" Arrecina versuchte ihm weiter zu folgen so gut es ging. Es waren Namen dazwischen die sie kannte und dann wieder welche die sie noch nie gehört hatte, aber eines hörte sie raus....er schien doch nicht besser zu sein als ein Römer, den er schlecht hinstellte weil sie Gebiete eroberten. Er hatte doch nun selber gesagt, sie haben das Land selber einst erobert und ausserdem sind sie auch verfeindet mit anderen Sippen.


    Auch wenn sie was sagen wollte ließ sie ihn erst zu Ende reden, was eigentlich eine große Ehre für ihn war, denn er war nun einmal nur ein Sklave und hatte zu schweigen wenn Herr oder Herrin anfingen zu sprechen. Ihr Blick wanderte hinter ihm her als er zu dem Bach ging und sie beobachtete ihn, beobachtete jede seiner Bewegungen und auch wie die Wassertropfen in der Sonne schimmerten als sie zwischen seinen Händen hindurch wieder in den Bach tropften.


    "Bevor ich etwas über mich erzähle habe ich wohl doch noch Fragen. Wie kommt es, dass du meinst besser zu sein als wir Römer, wenn auch du zu denen zählst, die Länder oder Städte, Dörfer oder etwas in dieser Richtung erobern und andere Bekriegen? Es ist doch das gleiche wie mit uns. Wir sind verfeindet und du bist mit anderen verfeindet. Du nimmst dir Menschen als Sklaven und wir auch. Nur dir Götter wissen welches Schicksal uns ereilt und keiner weiß wann oder wie lange er auf freiem Fuß leben kann. Jeder weiß das und ich weiß sehr wohl, dass es jeden ziemlich schnell treffen kann ein Sklave zu werden, auch wenn ich es niemals sein werde." Das musste sie einfach sagen, denn sie wusste, dass sie niemals Sklavin sein würde, schließlich war sie eine Patrizierin einer angesehenen Gens und die wurden nicht so einfach zu einem Sklaven gemacht. Sie lächelte ihn dennoch für ihre Verhältnisse freundlich an.

    "Stimmt, ich kome nicht aus Rom und bin auch noch nicht lange hier. Ich denke das ist leicht zu merken, denn ich kenne mich hier absolut nicht aus. Ich lebte die letzten Jahre in Baiae bei meiner Großmutter weil mein Vater in die Legion ging und nach Germanien. Nun ist er aber wieder hier, wenn auch eigentlich in Mantua stationiert. Wie lange er noch bleibt weiß ich nicht. Ich bin meiner Großmutter abgehauen weil ich keine Lust mehr dort hatte und ausserdem zu meinem Vater wollte. Nun bin ich hier."
    Wieder grinste sie, was schon eine Seltenheit war. "Und verheiratet bin ich auch noch nicht und das ist eigentlich auch ganz gut so. Wobei ich nicht denke, dass mein Vater mich einfach zwingen würde." Sicher konnte sie sich da nicht sein, aber sie hoffte es einfach mal. "Was ist mit dir und Familie?" Langsam legte sie ihre Hände neben ihre Beine, die sie mittlerweile etwas ausgetreckt hatte, auf die Wurzel. Ihr Blick ging immer wieder zu seinen Händen und dort sah sie nicht nur diesen Pnienzapfen sondern auch seine wunden Handgelenke.

  • Rutger brach geistesabwesend kleine Stückchen des Zapfens ab und schnippte sie in das schnell strömende Wasser des Baches, während er Arrecina aufmerksam zuhörte. Wider Willen musste er auch grinsen, als sie so vergnügt erzählte, dass sie ihrer Großmutter entwischt war.


    "Zu deiner Frage - ja, natürlich führen wir Krieg, was ist daran schlecht? Wo sonst kann ein Mann seine Tapferkeit zeigen, und sich einen Namen machen? Und im Krieg macht man natürlich auch Gefangene. Soll man die etwa alle gleich umbringen?" fragte er verwundert.
    "Der Unterschied ist folgender: wir kämpfen um unser Land, das uns schon lange zu eigen ist, wo wir siedeln und jagen, wo unsere Ahnen in ihren Gräbern wohnen, und unsere Götter in den Hainen und heiligen Stätten. Die Römer dagegen, wollen unsere Land einfach nur haben, damit ihnen alles untertan ist. Sie beklagen sich, wie du gesagt hast, es sei zu dunkel, zu neblig, und überhaupt zu rauh. Trotzdem schlachten sie jeden ab, der sich nicht wehren kann, um ein Land zu beherrschen, das sie gar nicht brauchen, nicht mögen, und das sie nicht willkommen heisst. Ja, es ist wahr, das Land selbst, die Wälder, die Moore, die Geister, ist ihnen feindlich gesonnen, und es wehrt sich gegen die Besatzer - es schickt wilde Tiere oder Unwetter, oder einen Steinschlag, und viele Legionäre sind schon auf ewig im Moor versunken!"


    "Und außerdem kämpfen wir ehrlich, Mann gegen Mann, so daß es auf Mannesmut und Kampfesgeschick ankommt. Wir ehren unsere Götter Wodan, Donar und Ziu, wenn wir tapfer kämpfen, und verstecken uns nicht feige hinter Stahl, und ausgeklügelten Formationen, wo es gar nicht auf den einzelnen ankommt. "
    Rutger nickte bekräftigend, völlig überzeugt von seinem Standpunkt.
    "Zudem halten wir unser gegebenes Wort. Ziu, der Stammvater meiner Sippe, ist der Herr des Eides, und niemals würde ich einen Schwur brechen. Aber die Menge der Lügen, Vertragsbrüche und listigen Betrügereien, die sich die Römer uns gegenüber erlaubt haben, ist ungeheuerlich!
    Es ist also ganz und gar nicht das gleiche."

    Rutger warf den zerrupften Zapfen in hohem Bogen quer über den Bach.


    "Familie? Also, ich habe viele Verwandte, und meine Eltern, und drei von meinen Geschwistern leben noch. Meine Schwester stand kurz vor ihrer Vermählung, als ich in Gefangenschaft geriet... Aber ich habe kein Eheweib. Die, die ich eigentlich.." - er brach ab.
    "Ich bin ziemlich weit abgeschweift, glaube ich."
    Er fuhr sich etwas fahrig durch die Haare und lächelte gezwungen.
    "Ich fang noch mal von vorne an. Also, an jenem Tag, in der Nähe von Colonia, trafen wir auf einen Römer, der sich alleine in unseren Gebiet herumtrieb, wohl um uns auszuspionieren. Ich kämpfte gegen ihn, und bezwang ihn, und wir nahmen ihn gefangen, um ihn später gegen welche von unseren Leuten auszutauschen.
    Wir haben ihn gut behandelt, denn wir halten nichts davon, einen besiegten Feind noch weiter zu demütigen!
    Er war verwundet, also wurde er gut gepflegt, und versorgt... Aber das hat er uns übel vergolten. Die Heilerin, die sich um ihn gekümmert hat, hat wohl..."
    - Rutgers Miene wurde hart, und seine Stimme eisig - "...Gefallen an ihm gefunden. Irgendwie hat er sie dazu gebracht, ihr Volk zu verraten. Sie besorgte ihm eine Waffe, und verbarg vor uns, dass er sich gut erholt hatte, und schon wieder auf den Beinen war."


    "So gelang es ihm... eines Nachts... ich war nicht darauf gefasst... mich zu überwältigen. Er nahm mich als Geisel. Und dann, als er sie nicht mehr brauchte..." - Rutger sprach jetzt sehr langsam, tonlos, das Gesicht eine Maske aus Stein - "Als er sie nicht mehr brauchte, hat er Gytha die Hände und Füße mit einem Strick zusammengebunden, und sie in einem Zelt auf dem Boden liegen lassen. Das hat er dann angezündet. Und es brannte wie Zunder. Die Wochen davor waren sehr heiß. Das war das letzte was ich von unserem Lager gesehen habe. Das Zelt, in dem Gytha verbrannte."
    Starr sah Rutger auf das vorbeirauschende Wasser. Ohne eine Regung zu zeigen, sprach er dann weiter.


    "Dieser Römer hat mich Sklavenhändlern übergeben. Die haben mich in eiserne Bande geschlagen, und mein Haar geschoren, und mich mit ihren Peitschen, und... ihren kleinen Spielchen..., über die Alpen geschleift. Wir Gefangenen waren alle aneinandergekettet. Wenn einer starb, dann wurde die Leiche oft noch mitgeschleift, bis sie sie dann irgendwann abnahmen, und in den Straßengraben warfen. Und um mich rum sind die Leute gestorben wie die Fliegen.
    Aber ich habe es überlebt. So kam ich nach Rom."

    Rutger schwieg.

  • Ihre Füße bewegten sich immer wieder etwas über den weichen Waldboden, als sie dem Sklaven weiter zuhörte, doch irgendwann erstarb auch diese Bewegung und sie empfand wirklich so etwas wie Mitleid für diesen Mann. Er hatte schon viel in seinem Leben erleben müssen und auch wenn Arrecina immer so hart war so hatte sie doch auch ein Herz. "Ich habe nicht gesagt, dass man sie umbringen soll, aber ich meine damit, dass ihr nicht besser seid als wir, als die Römer, auch wenn ich als Römerin sagen muss ich kenne es nicht anders als, dass Römer halt erobern und ich finde es nicht schlimm." Arrecina zuckte wieder ihre Schultern. Sie hatte es niemals anders kennengelernt und ihr wurde immer beigebracht, dass diese Wilden soetwas wie ihre Feinde waren, aber wenn sie so die Erzählungen von Rutger hörte, dann waren es immer noch ihre Feinde,aber Feinde mit den gleichen Leiden wie sie auch die Römer hatten, eigentlich.
    "Und wir kämpfen für neues Land, ausserdem wollen wir euch den Fortschritt bringen, Ist es nicht so, dass ihr in solchen kleinen und komischen Häusern wohnt, das Wasser schöpfen müsst und überhaupt total wild lebt? Wir tun euch nur etwas Gutes" sagte sie wieder in ihren leicht hochnäsigen Tonfall, weil es ihre Art war.

    "So stark können eure Götter aber nicht sein, denn sie können uns nicht schaden auch wenn sie noch so viele Unwetter bringen würden. Unsere Götter sind mit unseren Soldaten und diese sind sicher nicht feige. Das ist doch nur der Neid weil ihr nicht gegen unsere Legionen ankommen könnt"
    knurrte sie ein wenig und kloprte mit den Fingern auf ihre angewinkelten Knie rum. "Römer halten sich an Verträge. Mein Vater zum Beispiel würde niemals sein Wort brechen, also scheere nicht alle unter einem Kamm wenn du doch keine Ahnung hast." Sie funkelte ihn ein wenig wütend an und hörte ihm dann weiter zu.


    Er sprach wegen seiner Frau oder Zukünftigen nicht weiter, auch wenn es sie intressierte wollte sie nicht nachhaken. Sie konnte es sich auch schon fast denken was vielleicht passiert sein könnte oder doch nicht?
    "Es ehrt euch, dass ihr euch um einen Römer gekümmert hattet, aber was erwartest du, dass er sich in sein Schicksal einfach so ergeben hätte? Ich glaube nicht, dass du dich in dein Schicksal schon eingefügt hast, warum hätte es dann der Römer machen sollen? Und diese Frau wusste eben was besser für sie war und was dann geschah hatte geschehen müssen." Arrecina war von dem Tod dieser Frau nicht wirklich betrübt auch wenn es ihr irgendwo leid tat für ihn, denn sie hatte das Gefühl, dass da noch mehr dahinter steckte und diese Frau vielleicht sogar die Frau war die er mochte. Auch hier hielt sie sich noch mit ihren Fragen ein wenig zurück.


    Sie hatten einfach verschiedene Ansichten von diesem Leben. Es konnte sie nicht schocken wie es ihm ergangen ist, denn das waren Geschichten die Sklaven immer erzählten, es war etwas normales für sie. Sie ging ja auch in die Arenen und sah zu wie sich die Sklaven dort zum Schauspiel der anderen abschlachten mussten und sie sah gerne zu. Für andere eine grausame Vorstellung war es für sie eine Bereicherung und Ablenkung. "Das ist das Leben Rutger" sagte sie und stand von der Wurzel auf und lief zu dem Bach hin, der nur wenige Schritte entfernt war. Das Wasser rauschte, sprudelnd vorbei, al sie reinsah. "Keiner kann wissen, was einem letztendlich in den nächsten Minuten passieren könnte. Du wirst dich mit deinem neuen Leben bei uns sicher noch abfinden und wenn du dich gut benimmst hast du vielleicht sogar eine kleine Chance eines Tages wieder deine Heimat zu sehen" sagte sie leise als sie sich etwas zu ihm drehte. "..wenn nicht, teilst du das Schicksal vieler Sklaven die bei uns gelebt haben." Vielleicht hatte er Aila ja schon kennengelernt die im Hause der Flavier lebte und nicht mehr sprechen konnte. Sie beobachtete ihn wie er da saß. Ob er sie hasste? Und was er wohl für Gedanken gegen sie hegte?

  • "Das ist das Leben..." sagte Arrecina. Rutger starrte sie ausdruckslos an. Er hätte es sich ja denken können, daß er von ihr kein Verständnis erwarten konnte - warum auch? - aber das hier war doch der blanke Hohn.
    Warum hatte er gerade überhaupt so viel geredet? Er hatte doch damit nur kostbare Zeit verschwendet.
    Rutger stand auf und ging Schritt für Schritt auf sie zu. Die Steine am Ufer knirrschten unter seinen Füßen. Die Sonne stand hoch am Himmel, die Schatten waren kurz und die Grillen zirpten laut. Phaidra döste mit hängender Unterlippe. Das Grün der Pinien war von leuchtender Intensität. Eine große blauschillernde Libelle glitt schnell über die Wasseroberfläche dahin.


    "Die Geschichte ist noch nicht zu Ende."
    Rutger stand jetzt direkt vor Arrecina. Seine Stimme war schneidend kalt. Ein gefährlicher Unterton von mühsam, sehr mühsam im Zaum gehaltenem Zorn lag darin.
    "Ich habe Rache geschworen. Ich werde diesen Mann vernichten. Er hat mir alles, alles was zählte, genommen - Gytha, und meine Freiheit. Und dieses Leid soll er selber spüren. Und deshalb werde ich ihm auch etwas sehr, sehr wertvolles nehmen... etwas, woran er ganz sicher sehr hängt... - "
    Rutgers Hände schossen vor, und er packte Arrecina mit festem Griff an den Handgelenken.
    "Seine Tochter."
    Ganz nah beugte sich Rutger an sie heran, unversöhnlicher Hass stand in seinen Augen.
    "Weißt du, Flavia Arrecina, es war wirklich ein schöner Ausritt, und ich denke du bist ein nettes, wenn auch ein wenig boshaftes Mädchen - aber du bist nun mal Flavius Aristides Tochter."


    Fest wie in einem Schraubstock hielt Rutger Arrecina, während die Gedanken in seinem Kopf rasten.
    Was würde den Neiding am härtesten treffen?
    Er konnte sie jetzt erwürgen, oder ihr den Schädel mit einem Stein einschlagen.
    Er konnte ihrem Vater ihren Kopf in einer Kiste schicken.
    Er konnte sie auch schänden.
    Er konnte sie entführen, und als Sklavin in die Hände eines ebenso grausamen Händlers wie Syagrius geben...


    Rutgers Blick bohrte sich mit einem lodernden, archaischen Durst nach Rache in Arrecinas Augen.
    "Was würdest du an meiner Stelle tun, hmm, kleine Römerin?"

  • Arrecina blieb an Ort und Stelle stehen, denn sie hatte sie die ganze Zeit schon keine Gedanken darüber gemacht was ihr hier mit ihm zusammen geschehen könnte und was nicht. Sie war eine Herrin, seine Herrin und hätte sich niemal erträumen lassen, dass er es wagen würde seine Hand gegen sie zu erheben. Das Wasser nahm weiter seinen Lauf und plätscherte am Rande des Ufers entlang. Auch als er auf sie zukam dachte sie sich nichts dabei, welch ein Fehler, aber das erkannte sie erst als es schon viel zu spät war. Rutgers Schritte gliechen eigentlich denen eines wilden Tieres und eigentlich war er das ja auch, zwar kein Tier aber dennoch wild und unbezähmbar. Aber genau das machte ihn reizvoll und anziehend, denn man musste ihn erst unter Kontrolle bekommen...eine Herausforderung für jeden Sklavenbesitzer oder der Untergang.
    Das Knirschen der Steine unter seinen Füßen wurde lauter je näher er ihr kam und sie musste wieder zu ihm aufsehen und hing förmlich an seinen Lippen.


    Es schien alles fast gleichzeitig zu geschehen und sie hatte gar keine Gelegenheit sich wirkliche Gedanken um seine Worte zu machen, da fühlte sie den eisernen Griff des Sklaven um ihre Handgelenke. Er hatte große, rauhe und starke Hände und sie wurde noch nie zuvor so angefasst. Sein Griff war grob, fest und schmerzhaft und seine Finger schienen sich in ihre zarten Handgelenke bohren zu wollen. Sie hatte immer noch nicht begriffen, auch wenn sie seine Worte gehört hatte konnte sie diese nicht verstehen, dies sagte auch ihr Blick der ihn erschrocken musterte. Ihre Hände waren zu Fäusten geballt und ihre Arme angewinkelt in ihrer Brusthöhe.
    Wie er auch sah sie ihm tief in die Augen und erkannte den ungeheuren Hass den er hatte. Ihr Vater war es gewesen? Ihr Vater sollte eine Frau getötet haben indem er das Zelt in Brand steckte? Das konnte sie nicht glauben, das war sicher eine Lüge, eine einfach große Lüge. Niemals würde ihr Vater so etwas grausames machen. Vielleicht hatte er diese Frau wirklich gefesselt aber niemals hätte er dann auch noch einen Brand gelegt.


    Erst jetzt ganz langsam löste sie sich aus dieser Starre die sie bis eben noch gefangen hatte. "Lass mich auf der Stelle los....SKLAVE!" Sie hatte die Worte hart ausgesprochen und ihm dabei unverwandt in die Augen gesehen. Er war ihr so unwahrscheinlich nahe, dass sie seinen Atem in ihrem Gesicht spüren konnte und sie wusste, dass er es ernst meinte. Sie hatte mit dem Feuer gespielt und sich schlimm die Finger verbrannt, aber nicht schnell genug hatte sie ihre Hand aus dem Feuer ziehen können und nun kokelte sie weiter in den tiefen des Feuers. "Du weißt nicht mit wem du dich hier anlegst, Sklave. Krümme mir nur ein einziges Haar und dein Leben ist verwirkt." Sie machte eine kleine Pause und trotz dieser ernsten Situation lächelte sie ihn kalt an, doch etwas hatte sich in dieses Lächeln gemischt, nämlich Angst, diese konnte sie nicht so einfach verheimlichen. "Bitte verzeih.... dein Leben ist schon verwirkt und ich werde dafür eigenhändig sorgen, dass du am Kreuz landest, also lass mich auf der Stelle los."
    Arrecina zuckte unter seinen erneuten Blicken zusammen und wich ihm einen Moment lang aus. Was würde sie machen wenn sie an seiner Stelle wäre? Das war eine Frage die sie nicht beantworten konnte, denn sie war Römerin und keine dieser Wilden Germanen. "Du weißt genau was ich tun würde, und was ich mit dir tun werde" sagte sie ihm als Antwort und begann nun sich gegen seinen Griff zu wehren was schwerer war als gedacht, denn er hatte eine enorme Kraft. Es war nun doch eine Panik von der sie ergriffen wurde und die sich in ihr rasend schnel ausbretete wie ein Feuer, welches ein Feld vernichten will. "Lass mich endlich los, das bringt alles nichts wenn du Rache willst und dann den Tod findest. Ich habe nichts damit zu tun, was mein Vater angeblich gemacht hat, wobei ich nicht einmal glaube, dass mein Vater zu solchen Taten überhaupt fähig ist." Sie kannte ihren Vater nur als liebevollen und aufpasserischen Menschen, naja, dass er auch anderen etwas antun konnte wusste sie auch, er war schließlich ein Flavier und sie hatte sehr viel von ihm und wandte es auch sehr gerne an aber, dass er so grausam sein sollte glaubte sie nicht.


    Sie hatte keine Vorstellung was er vor hatte mit ihr zu tun, denn ihm sollte doch bewusst sein, dass in wenigen Stunden das Verschwinden von ihr auffallen würde, und sie würden auch feststellen, dass ein Sklavfehlte. Sie alle waren nicht dumm, in binnen kürzester Zeit würden sie alle Möglichen Soldaten zusammengetrommelt haben und nach ihr suchen lassen. Niemals würde er lebend dieses Land verlassen können, oder hatte sie sich da getäuscht? Gab es nicht immer Wege auf denen man entwischen konnte? Schließlich verschwanden nicht ohne Grund so viele Leute hier in der Region und wurden nie wieder gesehen. Ihr Herz begann immer schneller zu schlagen und sie fühlte wohl zum ersten Mal in ihrem Leben wirkliche Angst, denn nie zuvor hatte sie etwas fürchten müssen, dafür wurde sie viel zu viel umsorgt.

  • "Du drohst mir, kleine Römerin?" Rutger lachte kalt. "Du sagst, mein Leben ist verwirkt - tja, was habe ich also noch zu verlieren!"
    Grob drückte er Arrecina auf den Boden hinunter, und presste sie mit seinem Gewicht nach unten auf den kiesigen Grund.
    "Du meinst, du hast nichts damit zu tun?" Sein Schatten fiel über sie. Haßerfüllt starrte er auf sie herunter.
    "Oh nein! Da irrst du dich! Du bist Fleisch von seinem Fleisch, und Blut von seinem Blut! Und er muß dafür bezahlen...!"
    Rutgers linke Hand hielt Arrecinas Handgelenke fest gepackt, die rechte fuhr suchend über den Boden hinweg, und schloß sich um einen scharfkantigen Stein. Er war warm von der Sonne, und lag schwer in Rutgers Hand. Feine Adern von Glimmer zogen hindurch, und glänzten in der Sonne, als Rutger ihn hochhob. Das Blut rauschte in seinen Ohren. Er sah nur noch diesen Stein und Arrecina. Der Moment dehnte sich. Ihm war schwindelig. Die Gedanken jagten durch seinen Kopf.


    Es war das beste so. Rutger mußte sie töten. Er konnte sie nicht mitschleppen. Das war viel zu riskant. Alleine hatte er eine Chance zu entkommen. Es war richtig so. Der Flavier hatte ihm Gytha genommen. Der Flavier hatte ihm die Freiheit genommen. Dreck unter seinen Schuhen sollte Rutger sein. Rutger war ein Sklave. Rutger war entehrt. Er hatte jedes Recht, sich zu rächen. Er war ein Hallvardunge. Er mußte sich rächen. Ziu wollte es so. Seine Ehre würde Rutger durch die Rache zurückgewinnen. Er würde nach Hause zurückkehren. Er würde weiterkämpfen. Sie war nur eine Römerin. Sie war die Brut seines Feindes. Er mußte sie jetzt mit diesem Stein töten. Er mußte ihr jetzt mit diesem Stein den Schädel zerschmettern. Er würde ihr jetzt mit diesem Stein den Schädel zerschmettern.


    Rutger holte aus.
    Der Stein lag warm in seiner Faust.
    Der Stein sauste in einem Bogen durch die Luft.
    Der Stein näherte sich wuchtig Arrecinas Kopf.
    Rutger hielt inne.
    Er ließ den Stein los.
    Der Stein rollte über die Böschung, und fiel platschend in den Bach.
    Rutger schloß die Augen.


    Er konnte das nicht. Sie war nur ein Mädchen. Sie hatte gelacht, als das Pferd sie stupste. Sie hatte sich beim Reiten an ihm festgehalten. Sie hatte ihm vertraut. Sie hatte ihm zugehört. Sie war jung. Ihr Haar war schön. Es roch auch gut. Sie hatte nicht einmal von der Untat ihres Vaters gewußt. Sie hatte Angst.


    Ohne Arrecina ins Gesicht zu sehen löste Rutger den Strick, der seine Tunika gürtete, und umwand ihre Handgelenke damit. Er zurrte ihn fest, und machte einen Knoten. Seine Hände zitterten. Er hob Arrecina hoch, um sie zum Pferd zu tragen.

  • Ihr Blick schien einfach nur noch Angst auszudrücken, denn sie spürte, dass er alles ernst meinte was er gesagt hatte und sie fühlte es auch denn sein Griff war so fest, dass sie gar keine Möglichkeiten hatte sich aus diesem zu befreien. Mit einem mittellauten Aufstöhnen sank sie in die Knie, da er sie auf den Boden zwang. Die Steine die unter ihr lagen bohrten sich in ihre Haut und da halt nicht einmal der dünne Stoff ihrer Tunika. Sie wollte sich nicht so gehen lassen, aber es half nichts....sie verzog ihr Gesicht wegen der Schmerzen in ihren Händen, da das Gefühl leichter Taubheit sich immer mehr steigerte. Arrecina meinte es ernst, sie hatte doch nichts damit zu tun was ihr Vater getan hatte oder nicht getan hatte. Es war sein Leben und er war ein Soldat, der alleine handelte. Man konnte ihr doch nicht die Schuld geben für etwas wo sie nicht einmal anwesend gewesen war. Sie nahm gar nichts mehr wahr was sonst umsi herum geschah, das Plätschern des Baches war für sie zu einem Tosen geworden und das Zwitschern der Vögel schien verstummt zu sein, sogar die Farben um sie herum verblassten und waren fahl geworden. Sie sah nur noch Rutger wie er über ihr stand und sie mit diesen hasserfüllten Blick anschaute. Ihr Herz und ihr Magen fühlten sich an, als hätte jemand einen Knoten in sie gemacht und ihr war übel als sie mit ansehen musste was er auf dem Boden suchte. So musste sich ein Tier fühlen wenn es in die Enge getrieben wurde und der Jäger seine Waffe zückte und diese vor den Augen des Tieres aufblitzte. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie den Stein in seiner Hand. Er war groß, er würde sie treffen, da war sie sich sicher und er würde sie töten.....dieser Sklave hatte wirklich vor ihr etwas an zu tun.


    War das nun die Strafe der Götter für ihre Taten? Wollten sie sie deswegen zu sich holen auf diese Art und Weise? Hatte sie das verdient? Was war mit ihrer Familie? Würde man sie suchen und hier dann finden? Blutübertsröhmt und vielleicht schon von wilden Tieren angenagt? Ihr Herz setzte aus und sie schloß ihre Augen, nein eher petzte sie diese zu und beugte sich leicht nach vorne, dass ihre Stirn schon fast ihre und seine Hand berührten die ja etwas in die Luft gehalten wurden. Arrecina konnte nichts weiter machen als zu warten bis der Stein sie treffen würde, denn hinsehen konnte sie nicht, aber der Aufprall musste kommen, es war unausweichlich, doch dann hörte sie das unwirkliche geräusch von einem Stein der über den Boden und dann ins Wasser geworfen wurde.


    Ihr Atem ging nur noch stoßweise und sie konnte spüren wie etwas warmes und feuchtes an ihren Wangen hinablief. Seit langer Zeit weinte sie und hatte nicht einmal Zeit sich dafür zu schämen. Immer noch wehrete sie sich nicht, es schien fast als würde sie sich nicht mehr bewegen können, als wäre sie in einer Art Starre und eigentlich war sie es auch, denn es war die Angst die sie gefesselt hatte. Fest in ihrem Griff. Als sie den Strick fühlte der sich um ihre Hände wickelte sah sie auf, aber Rutger sah sie nicht an. Wieder war ein Seufzen zu hören, als er den Strick fest um ihre Handgelenke wickelte und diese dann verknotete und nur langsam regte sich wieder etwas in ihrem Kopf. Ihr Vater würde sich Sorgen machen wenn sie nicht nach Hause kam und ihr Onkel. Rutgers Leben war so gut wie vorrüber, man würde ihn niemals Leben lassen wenn sie ihn hatten, aber warum machte sie sich darüber Gedanken? Er hatte es sicher nicht anders verdient. Worte...sie musste Worte finden....dann hob er sie hoch.....


    "Sie werden dich finden" flüsterte sie, denn zu mehr war sie grade nicht in der Lage.

  • Noch immer waren Rutgers Hände fahrig. Er fühlte sich entrückt, wie abgelöst von seiner Umgebung, als er Arrecina neben der Stute auf den Boden herunterließ.
    "Rühr dich nicht." sagte er mit gepresster Stimme, nahm ihr, noch immer ohne sie richtig anzusehen, ihren Schmuck und ihren Geldbeutel ab, fasste eine Handvoll Erde, und rieb ihr damit das Gesicht schmutzig. Dann löste er einen entbehrlichen Riemen vom Sattelzeug und fesselte ihr damit die Füße.
    Das leise Klingen eines Ziegenglöckchens drang aus dem Wald. Bei dem harmlosen Laut zuckte Rutger zusammen und spähte in alle Richtungen. Keine Menschenseele.
    Hastig nahm er die Satteldecke von Phaidras Rücken, entfaltete sie, riss sie mühsam entzwei, und wickelte den größeren Teil um Arrecina herum. Rauh legte er dann seine Hand halb auf ihre Kehle, halb auf ihr Kinn, hob dieses ein wenig an, und drohte ihr tonlos:
    "Wenn du schreist, breche ich dir das Genick." Eine leere Drohung, war ihm bewußt. Der Moment, ihr das Leben zu nehmen, war unwiederbringlich vorbei.


    Wieder hob er sie hoch, legte sie quer über den Pferderücken, und zog die Decke zurecht, so daß Arrecina nun ganz darin verhüllt war - nur noch ein langes braunes Bündel vor dem Sattel. In großer Eile verwischte Rutger noch die Spuren, die sie am Ufer hinterlassen hatten, danach führte er Phaidra wieder in den Bach und saß auf. Er hielt die umhüllte Arrecina mit einer Hand fest, als er die Stute antraben ließ. Die setzte sich auch gleich flott in Bewegung.


    Eine Weile lang wollte er noch im Bach reiten, dort blieben Spuren nicht lange bestehen, und die Hunde verloren die Witterung. Bestimmt würden sie versuchen, ihn mit Hunden aufzuspüren. Später würde er an geeigneter Stelle, auf hartem Untergrund, das Wasser verlassen, und so schnell wie möglich auf die Berge zuhalten. Rutger war zuversichtlich. Es würde ihm, mit etwas Glück, schon gelingen, seine Verfolger abzuschütteln. Diese Römer waren doch allesamt Stadtmenschen. Dann hieß es Ansiedlungen und große Straßen vermeiden, sich immer nach Norden orientieren...
    Und endlich wieder frei sein!


    So begann Rutgers Flucht aus römischer Knechtschaft.
    (Oder sollte es nur ein Fluchtversuch werden? Wir werden es bald erfahren.)

  • Er meinte es mehr als nur ernst, es wurde ihr immer bewusster je weiter er ging. Als er sie auf den Boden abstellte presste sie ihre Lippen zusammen und sah ihn an, denn er schien ihrem Blick auszuweichen. Wahrscheinlich wusste er, dass er im Unrecht war, aber sie war sich nicht sicher. Er war unberechenbar und sie musste testen wie weit sie etwas bei ihm sagen konnte und was sie besser nicht sagte. "Du hast noch eine Möglichkeit das alles gut zu überstehen. Ich werde nichts sagen, wenn du mich jetzt zurückbringst." Sicher war das eine leere Drohung von ihr, aber das musste er ja nicht wissen. Arrecina drehte ihren Kopf zur Seite wegen der Erde die er ihr ins Gesicht rieb und verzog angeekelt das Gesicht.
    Ihre Finger bewegten sich und als er begann ihre Füße auch noch zu fesseln versuchte sie vorsichtige die Fesseln um ihre Handgelenke zu lösen, aber das einzige was sie schaffte war, dass der Strick sich in ihre Haut rieb, also gab sie es auf. Das Ziegenglöckchen ließ ihr Herz schneller schlagen, denn das war doch ein Zeichen auf Rettung. Eine Ziege war doch nicht alleine unterwegs, da musste doch ein Mensch in der Nähe sein. Ihr Kopf drehte sich und sie hoffte, dass jeden Moment irgendwer aus dem Wald nach draussen trat, aber es kam keiner. Schreien dachte sie sich, doch sogleich spürte sie seine Hand und sah ihn aus großen Augen an. "Du wirst am Kreuz landen" war das letzte was sie sagte als er sie über das Pferd legte und ganz in die Decke einhüllte. Diese stank nach Pferd und raubte ihr fast die Luft und ließ ausserdem ein wenig Panik in ihr aufsteigen, denn es drang kaum noch Licht zu ihr, aber sie bekam wenigstens Luft auch wenn dieser Pferdegestank einem Kopfschmerzen bereitete.


    Arrecina hoffte sehr, dass ihr Verschwinden bald auffallen würde und, dass sie begannen nach ihr zu suchen. Was dachten sie dann nur oder fiel es ihnen schlimmsten falls gar nicht auf, dass sie weg war? Wie hatte sie nur einem Sklaven vertrauen können? Ihr Hass auf Sklaven wurde mit einem mal wieder groß und sie nahm sich vor wenn sie das hier heil überstehen würde, dass sie nie wieder einem trauen würde. Keiner der Sklaven wäre noch sicher vor ihr.......
    Jede Bewegung des Pferdes tat ihr weh, denn diese Position zählte bestimmt nicht zu den bequemsten und sie verfluchte ihn in Gedanken. Seine Drohung hatte sie doch eingeschüchtert, denn sie wusste, dass er keine Scherze machte. Das Wasserplätschern, die Hufe die in das Wasser tappten, drangen gedämpft zu ihr durch wegen der Decke und dann spürte sie wie er auch aufstieg und dann seine Hand. Wieder standen ihr die Tränen in den Augen, aber sie hatte sich vorgenommen tapfer zu sein und keine Schwäche zu zeigen, er sollte nicht über sie siegen, denn sie war sich sicher, dass es ihnen schon bald auffallen würde, dass sie nicht zu Hause war. Wie spät war es denn? Sie hatte keine Ahnung und kein Zeitgefühl, ihr Herz war einfach nur erfüllt von einer großen Furcht. Jede Bewegung der Stute tat irgendwie und irgendwo weh und sollten sie einmal Halt machen wusste sie, dass sie keinen Knochen mehr spüren würde. Ein paar Erdteile, noch von dem Dreck den sie ins Gesicht geschmiert bekommen hatte, ließen ihre Haut spannen. Wo wollte er nur hin?

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