"Da hast du mich vollkommen mißverstanden - ich zweifele gewiß nicht an meiner Stärke, noch an meiner Fähigkeit eine schwierige Situation zu meistern." Äußerlich war seine Stimme absolut ruhig, sein Gesicht verriet nur dem geübten Beobachter, daß es in seinem Innern anders aussah. Er hatte sicher seine Schwächen - aber mangelnder Mut oder Stärke gehörten sicher nicht dazu; er merkte, wie es innerlich in ihm brodelte, aber je mehr das der Fall war, desto ruhiger wurde er äußerlich.
"Ich habe mir lediglich Sorgen darüber gemacht, daß du alleine in eine solche kommen könntest."

Begleitung auf dem Weg nach Hause
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"Es ist meine Entscheidung, mein Wunsch dich wieder zu sehen." Entgegnete ich ihm deutlich. "Das ich dabei in Gefahr geraten kann, ist ganz alleine meine Sorge, auch wenn dein Name fallen wird, du hast nichts damit zu tun. Du fürchtest dich doch mehr um deinen Ruf als um meinen, Metellus. Aber so denkt jeder." Ein kurzes Lächeln glitt über meine Lippen und ich fragte mich, für wen er mich hält. War ich für ihn überheblich und naiv, alle Gefahren und Risiken auf mich zu ziehen oder sah er etwas anderes, vielleicht sogar mein Selbstbewusstsein, meine Art Probleme zu lösen? "Ist es nicht so?" wiederholte ich, als ich bemerkte, das er zögerte.
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Genauso schnell wie es in seinem Innern zu brodeln begann, hatte es sich auch wieder beruhigt.
Wenn er denn tatsächlich schon mal so weit gedacht hätte... - aber wieviel Ruf konnte ein einfacher Miles verlieren? Crassus würde ihm sicher den Kopf abreissen - dennoch stünden seine Chancen besser, daß ein solcher Vorfall irgendwann als Jugendsünde betrachtet würde.
Aber wie sollte er das in Worte fassen? Ihre Annahme war einfach zu plausibel, was auch immer er jetzt sagen würde, es würde sich lediglich wie eine Ausrede anhören."Ich wollte dir nicht die Fähigkeit oder die Stärke absprechen deine Entscheidungen durchzuführen, oder andeuten, daß letztere übereilt und riskant sind. - Es würde mich einfach freuen, dich gesund und munter wiederzusehen..."
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Unser Gang hatte sich nochmals verlangsamt, etliche überholten uns und während der Caecilier sprach war mein Blick stets darauf konzentriert jeden seiner Ausdrücke auf seinem Gesicht zu erhaschen. "Ich weiß, du hattest nicht vor , mir zu zeigen, das du an mir zweifelst. Denn ich wollte dir nur damit sagen, das ich dich von jeder Schuld schützen möchte, sollte es zu einer unplanmäßiger Auseinandersetzung zwischen mir und meinen Onkel kommen. Es ist sehr leicht jemand in eine Sache hinein zuziehen, viel leichter als einen herauszuhalten." Abermals klang meine Stimme streng, die ich als ein Merkmal meiner Vernuft identifizierte.
"Aber eines sollten wir nicht vergessen, der Ruf leitet sich von der Familie ab, nicht nur von unserer Person. Sorge dich nicht, es ist nichts geschehen, weshalb wir bestraft werden könnten. Ich bin in Sicherheit, bis wir die Casa erreicht haben, immerhin begleitest du mich und wenn man einen Miles nicht vertrauen kann, wen dann überhaupt noch." -
Wieder einmal hatte sie recht - es war tatsächlich viel einfacher jemanden in eine Sache hineinzuziehen als ihn herauszuhalten. Nur war es ungewohnt für Minor, daß er aus einer Sache herausgehalten werden sollte...
"Du hast recht - wir haben nichts unrechtes getan, ich begleite dich lediglich nach hause, damit niemand auf dumme Gedanken kommt, wenn er dich alleine durch die Stadt gehen sieht."Er schwieg einen Moment und fragte schließlich: "Du wohnst also bei deinem Onkel und seinem Sohn und dein Vater ist bei der Legio I?"
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"Metellus...!" flüsterte ich leise, fast mit mir selbstsprechend, als er mir zustimmte. So brach für einen Moment die Stille ein und mein Blick wandte sich auch wieder von ihm ab, erneut auf den unseren Weg gerichtet. Wie entschlossen er durch die Straßen ging, vielleicht kam ich heute erneut an Stadttor, weil es mir gefiel , hn dabei zu bebachten, wie er seinen Dienst ausführte. Mit dieser Begründung gab ich mich zufrieden, dabei lächelte ich leicht und lenkte meine Gedanken auf ein Ziel zu, dem Gespräch mit meinen Onkel.
"Das ist nicht ganz korrekt." antwortete ich zügig, nachdem Metellus das Schweigen brach und mich aus meiner Planung riss. "Constantius ist nicht Senecas Sohn. Er ist sein Neffe, wie ich seine Nichte bin. Und Helena, Constantius Schwester lebt auch in der Casa Iulia, sicherlich hast du schon von ihr gehört. Mein Vater ist bei der Legio I, wie fast jeder Iulier. Sie alle versuchen als große Feldherren in die Geschichte einzugehen. Bei euch Caeciliern scheint das nicht anders zu sein." fügte ich nun mit einem leichten Humor hinzu. -
Ein leichtes Grinsen zeigte sich auf seinem Gesicht: "Allerdings haben wir keinen Caesar oder Augustus in unseren Reihen vorzuweisen... - Die augenblickliche Stellung des Crassus ist wohl mit Abstand der Höhepunkt der jüngeren und mittleren Familiengeschichte. - Ist dein Onkel Seneca auch bei der Legio I?"
Nach wie vor sah er sich immer wieder mal um, da er aber die ein oder andere bekannte Ecke entdeckte, gab es keinen Grund sich weitere Sorgen um den Rückweg zu machen. Stattdessen widmete er seine volle Aufmerksamkeit wieder seiner Begleiterin, erst jetzt wurde ihm wirklich klar, was sich an ihrem Aussehen im Vergleich zum Vortag unterschied - ihre weinrote Tunika war nicht nur elegant, sie sah vielmehr richtig festlich aus, als wäre Iulia auf ihrem Weg zu den Ludi gewesen. Aber dann wäre sie ja niemals an seinem Stadttor vorbeigekommen. - War sie tatsächlich extra noch einmal dorthin gekommen? -
Gar nicht so verwundert registrierte ich Metellus Wortwahl, dennoch beunruhigte es mich innerlich, das er Caesar und Augustus ansprach. War es das Ansehen der beiden das mir vielleicht Angst machte? Das sich Metelus desöftern umdrehte, entging mir nicht und war mir auch durchaus angenehm, dabei gab er mir Zeit zu überlegen. Es kam nach wie vor auf korrekte Aussagen an, ob es mein Gesprächspartner nun ein Miles war oder einer meiner Angehörigen. Und eben als ich das Wort ergreifen wollte, kam er mir zuvor. "Mein Onkel ist Tribun, bei den Prätorianern." antwortete ich knapp. "Ich werde also bestens bewacht." fügte ich widerrum scherzend dazu, versuchte damit dennoch nicht zu bezwecken den Caecilier zu beunruhigen.
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"Tribun bei den Praetorianern... -nicht schlecht!" mit einem Augenzwinkern fügte er hinzu: "Soll heißen, wenn ich bei dir nicht meine allerbesten Manieren an den Tag lege, bekomme ich entweder Ärger mit dem halben militärischen Apparat oder dein Onkel unterrichtet meinen Großcousin und der erledigt das dann selber..." Er konnte sich Iulia allerdings vielmehr dabei vorstellen, wie sie ihm das selbst äußerst deutlich machen würde, da mußte er nur an holprige Passagen ihres Gesprächs am Vortag denken. Es war wirklich schwer vorzustellen, daß sie sich hinter ihren Verwandten verstecken würde.
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"Von welchen schlechten Manieren sprichst du, es kommt mir schon vor als wäre es gefährlich mit dir durch Roma zu gehen. Wobei ich dir alles zutrauen würde. Sollte die Ausgangssperre einen Zorn in dir geschaffen haben, der tief in die weilt, das mich nicht wundern würde, wäre es doch der passende Zeitpunkt sich von ihm zu befreien. Leider kannst du das nicht, die Disziplin scheint zu viel Besitz von der ergriffen zu haben, das macht dich wiederum harmlos." Es kam gar nicht mehr vor, das ich wie früher bereut habe, vielleicht doch zu genaue Worte gewählt zu haben, nun war ich mir dem sicher was ich Aussage, für mich war es offen, in einen gewissen Rahmen und es war ehrlich. "Wie soll ich dich nur meinen Onkel vorstellen, als meinen Beschützer, meinen Freund. Er wird sicherlich fragen wohin das noch führen könnte." Abwartend und entschlossen sah ich ihm ins Gesicht, hatte ich ihn nun doch verunsichert? Vielleicht verlangte ich jetzt doch zu viel von ihm, es war mir dennoch vollkommen egal.
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"Das war natürlich nur rein hypothetisch gemeint...;) " erwiderte er. Sein Gesicht wurde ernster als sie ihren Onkel erwähnte: "Als was willst du mich denn vorstellen?" Er sah sie direkt an. Er hoffte, sie werde ihm nicht böse sein wegen dieser Gegenfrage - als was würde sie ihn vorstellen wollen ? Beschützer hörte sich sehr dramatisch an, Freund - was bedeutete das für sie?
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Das er mir eine Gegenfrage stellte war klug von ihm, es war ihm viel zu risikoreich, wenn er mir antworten würde. So ließ ich ihn nicht lange auf eine Antwort warten und auch mein Gesichtsausdruck zeigte keine Reaktion, er wirkte im Moment wohl mehr milde, als streng.
"Ein sehr wichtiger Punkt, den du anspricht, wem wird mein Onkel wohl mehr dulden? Einen Caecilier, der eine Iulierin kennen gelernt hat und nachdem höflichen Worte eine engere Verbundenheit entstanden ist oder einen Miles, der im Dienst war und trotz einer Ausgangssperre seinen Posten verlassen hat, um eine fremde Dame nach Hause zu geleiten? Was würde ihm wohl mehr zusagen?" So gab ich die Frage dennoch an Metellus zurück. -
"Vermutlich wird ihm weder das eine noch das andere zusagen..." meinte er nun recht niedergeschlagen. "Immerhin ist ihm die Gens Caecilia bekannt..." Aber was nützte das - er war ein einfacher Miles und er hatte nicht die geringste Ahnung welche Art Zusammentreffen zwischen ihnen überhaupt gesellschaftlich angemessen waren. Kurzum, er würde vermutlich im hohen Bogen rausgeschmissen werden... Es sei den Iulia kannte sich da besser aus und hatte eine Idee.
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Nun war es mir also gelungen, der Caecilier war endlich ratlos. Ich hatte das Gefühl dieses Probelm stellte sich für ihn größer dar, als der komplizierteste Befehl den er je erhalten hatte. "Und genau diesen Vorteil sollten wir uns zu nutzen machen, wenn du mit deinem Großcousin über mich sprichst und er bei meinen Onkel gutes über dich zu berichten hat, dann sollte uns doch nichts im Wege stehen." Sicherlich wurde ihm bewusst, das ich auf nichts anderes hinauswollte, als ihn zu bitten, den Stand seines Großcousins Crassus und das militärische Verhältnis das er zu meinen Onkel pflegte auszunuten. Wenn es auch nur gering war, doch die Worte Crassus hatten für meinen Onkel wohl den größten wert. Immernoch gelassen blickte ich ihn an, unbewusst das wir fast zum stehen gekommen waren und uns nun alle Bürger überholten. Sein Gesicht gefiel mir, es hallte so wenig von dem seines Bruders. Er schien Crassus zu sein Vorbild ernannt zu haben, obwohl ich ihn nicht persönlich kannte.
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Sein Gesicht erhellte sich ein wenig, als er merkte, daß Iulia die Situation weniger aussichtslos zu beurteilen schien als er. Er wußte allerdings nicht so genau, wie er das Crassus alles erzählen sollte, aber das würde sich finden. Schließlich blieb da ja noch die Ausgangssperre. "Das will ich gerne machen, allerdings weiß ich nicht, wann ich es schaffen werde zur Casa Caecilia zu kommen..." Das würde bestimmt noch ewig dauern - zumindest der gefühlten Zeit nach.
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"Wir dürfen nicht so voreilig handeln, ist das vielleicht eine deiner Schwächen und ich dachte Quintus Caecilius Metellus hätte eine unglaublich Gabe, jede von ihnen ausgezeichnet verbergen zu können." Daraufhin setzten wir unseren Weg fort. "Sollte dein Großcousin nicht eingeweiht worden sein, wenn ihn mein Onkel anspricht, denke ich, das dies kein so großes Problem darstellen würde, als wenn es umgekehrt wäre. Hoffentlich ist Crassus auch gut auf dich zu sprechen, immerhin wird es meinen Onkel brennend interessieren, wer hinter deinem Namen steckt." Mein Blick wirkte nun sogar herrschend auf ihn, versuchte ich gerade über einen Miles zu triumphieren? Als gäbe es keine Schwäche mehr in mir, die vor Monaten noch an mir zerrte. Halfen mir jene schrecklichen Geschehnisse vielleicht sogar zu mehr Selbstvertrauen, als das ich je hatte?
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"Du findest bestimmt jede Schwäche, wenn du es draufanlegst..." erwiderte er mit dem Anflug eines Grinsens, das sein Gegenüber ein wenig im Ungewissen ließ, wie ernst seine Aussage genau gemeint war. "Hm, ich wüßte nicht, was Crassus Schlechtes über mich erzählen sollte. Er wird aber wohl auch sagen, daß er mich lange Zeit nicht mehr gesehen hat... - ob das deinen Onkel zufriedenstellt?" Iulia schien eindeutig das Kommando in dieser Sache übernommen zu haben, was ihm allerdings sehr recht war, da er keine wirkliche Vorstellung davon hatte, wie sie am besten vorgehen sollten. Rom war in dieser Hinsicht wahrlich komplizierter als die Provinzen.
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"Eine sehr gute Frage, denn auch ich habe meinen Onkel lange nicht mehr gesehen, das letzte Mal vor ein paar Monaten in Germania, sonst nur in meiner Kindheit, er kennt mich kaum noch. Das trifft auch auf mich zu, immerhin behandelte er mich um eines strenger, wenn ich ihn von meiner verbliebenen Zeit, ohne ihn, die ich ihn Roma erlebt habe, erzähle. Daher müssen wir Crassus und Senecas Verhältnis zueinander nutzen." Antworte ich, ohne dabei genau auf seine Worte einzugehen. Kehrte aber dennoch auf seine Aussage zurück. "Du glaubst ich entdecke jede Schwäche? Nein, du musst dich irren, so exakte Menschenkenntnisse besitzte ich nicht, woher auch, von Pergamenten? Ich denke nicht das so solche Talente einem im Blut liegen muss. Es wird einem erlernt, wie bei einem Miles, du besitzt sie, du kannst mich genau einschätzen und dir ist auch klar, wie weit ich gehen könnte, ob ich gefährlich bin oder nicht. Das scheinst du zu spüren, dem bin ich mir sicher." lobte ich ihn mit ernster Miene.
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"Gerade weil auch ein Miles so etwas erst im Laufe der Zeit erlernt, bleibt mir da noch einiges zu lernen", widersprach er. Warum mußte das alles so kompliziert sein, nur weil er Iulia wiedersehen wollte? "Das hört sich ja fast so an, als würden wir eine Verschwörung planen..." - ein Gedanke, der ihm gar nicht gefiel. Er versank in nachdenkliches Schweigen.
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Verwundert sah ich ihn an, aber er hatte Recht, es war nichts anderes als eine Verschwörung, die langsam Gestalt annahm. Ein Wort, das zu so viel Schlechtes führen konnte, wenn man ernst darüber nachdachte, wie tief dessen Bedeutung doch lag. Daher versuchte ich Metellus nicht in die Nähe solcher Überlegungen zu leiten. "Wir planen also eine Verschwörung. Aber sie soll doch zu nichts negativen führen, daher ist es vollkommen richtig so zu handeln. Nachdem alles geklärt ist, werden sowohl dein Großcousin wie auch mein Onkel merken, das alles besprochen war. Und sie werden sicherlich nicht wütend sein. Hast du so viel Angst um dich oder..."zögernd lag mein Blick nun auf seinen Augen "...um mich?"
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