[Libitinarius Post Mortem] Der Tod eines Medicus, Akt 1- Szene 2


  • Das Bestattungsunternehmen lag am Rande der Stadt Mantuas. Es war kein sonderlich auffälliges Haus, doch der Geruch von Tod und von dem Vergänglichen lag hier in der Luft. Die meisten Römer mieden das Haus auch gerne. Wer dachte schon an seinen bevorstehenden Tod. Zwar hatten besonders die Armen diesen vor Augen und zahlten fleißig in Begräbnisvereine, sogenannte Collegia funeraticia, ein. Aber dem Tod so zu begegnen war eine andere Sache. Marcus marschierte mit einem Soldaten auf der Legio I auf das Haus zu. Es gab wohl noch zwei andere Bestattungsunternehmen in der Stadt, aber Post Mortem wurde Marcus besonders ans Herz gelegt. ‚Ob hier in Mantua besonders viele Menschen starben?’ Der Gedanke huschte durch Marcus grüblerische Überlegungen.


    Vor dem Libitinarius angekommen, blieb Marcus unbehaglich stehen. Doch dann faßt er Mut und trat in das Bestattungsunternehmen ein. Quietsch! Die Tür öffnete sich schwierig. Innen drang ihm penetranter Blumenduft entgegen. Aber was für Blumen, Lilienduft. Der Geruch nach Tod und Gräbern. Eine Katze mit grünfunkelnden Augen starrte Marcus entgegen. „Miaunz....“ Sie lief auf Marcus zu und umstrich geschmeidig sein Bein. Genervt drängte Marcus das Tier zur Seite, doch sie schien einen Narren an Marcus gefressen zu haben. Sie schmiegte sich wieder an Marcus Bein heran.


    „Verschwinde, Du Mistvieh!“


    Marcus trat nach der Katze. Laut maunzend sprang sie davon und fauchte. Ein Mann kam aus einem Hinterraum auf Marcus zu. Er trug eine lederne Schürze um seinen Oberkörper und strich sich schnell seine Haare glatt. Dünn konnte man den Mann nicht bezeichnen, aber er hatte etwas ausgedörrtes und etwas hageres an sich. Auch wirkte er schon verlebt, hatte einen Ansatz von Tränensäcken unter den Augen und war blass und mit dem Schatten eines Dreitagesbartes an den Wangen. In seinen Augen lag etwas lauerndes. Einem solchen Mann würde man bestimmt nicht seine Tochter oder sein Geld anvertrauen. Aber hier ging es ja nur um die Toten.



    „Ah, ein Legionarius! Salve, Miles! Du hast sicherlich von meinem Unternehmen gehört, weil einem Deiner Bekannten, oder gar Familie?, ein Uuunglück wiederschehen ist! Ja, Du bist gaaanz richtig hier, Miles! Niemand geleitet die Toooten vor Hades Pforten so gut, wie wir es tun...haha...nein, ein Tempel sind wir natürlich nicht und somit nicht Mercurius Diener. Das war bildlich gesprochen! Kommt doch hereiiin, mein Heeer, koommt hereiin!“


    Der Mann sprach geschwollen und hatte die Angewohnheit immer wieder die Vokale in die Länge zu ziehen. Dabei schien er jedoch eher zu flüstern. Marcus sah ihn verdattert an und folgte dem Mann weiter hinein. Vorbei an einem Regal mit Urnen, Weihrauchschalen, die intensiv seinen Duft verströmten und verschiedenen Fresken, die Charon, den Styx oder die Unterwelt darstellten.

  • Der Inhaber des Libitinarius führte Marcus an einer Tür vorbei, die halb aufstand. Einige Leichenbahren standen hier bereit und intensiver Geruch nach Balsam und Ölen drang aus dem Raum hervor, gemischt mit dem leicht süßlichen Gestank einer Leiche. Abergläubisch murmelnd wandte Marcus schnell den Blick davon ab und trat an die Sitzgelegenheiten heran, die ihm der Mann anbot. Marcus ließ sich niedersinken und sah sich etwas unbehaglich um. Der Mann nahm ihm gegenüber Platz.


    „Nuuuun mein Heeeeerr, wer ist denn der Verstorbene und ist er Dein Verwaaaaandter?“


    Marcus riß sich von dem Anblick einer schauerlichen Wachsmaske ab und schüttelte schnell den Kopf.


    “Nein, es handelt sich um den Medicus der Legio Prima. Er ist kürzlich verstorben und wir wollen ein Begräbnis organisieren. Man sagte mir, Du kannst mir dabei helfen?“


    Der Mann nickte und rieb sich freudiger Erwartung die Hände. Schnell zog er etwas zum Schreiben hervor und sah Marcus aufmerksam an.


    “Guuuut, mein Heeeerr. Wenn Du es ganz unseren Händen überläßt, wird das eine Bestattuuuung die niemand in der Legio vergeeeessen wird, positiv gesehen natürlich. Wenn ich mich erst mal vorstellen darf, Vulpius Homicidus! Gut, dann beginnen wir doch am Anfaaaang. Wurde die Conclamatio schon gesprooochen? Die Einbalsamierung durchgeführt? Sind denn Familienangehörige in der Stadt? Wie sieht es mit der Totenwache aus? Was wird von der Legioooon übernommen und was soll mein Bestattungsunternehmen maaaachen? Etwas Wein vielleiiiiicht?“


    Etwas verblüfft über all die Fragen lehnte sich Marcus zurück. Beim Weinangebot schüttelte er jedoch sofort energisch den Kopf. In der Umgebung wollte Marcus bestimmt nicht etwas zu sich nehmen.


    „Conclamatio? Nein, es gibt aber auch keine Angehörigen. Einbalsamierung? Auch nicht. Ich habe nach einem Priester geschickt, damit er die Leiche rituell reinigt. Ansonsten wäre es mir recht, wenn Du den Leichenzug und das gesamte drum herum der Leichenwache unternimmst, genauso all die späteren Schritte!“


    Vulpius schrieb hastig die Wünsche seines Kunden auf.


    „Gut, dann das Nächste. Leichenzuuuug sagtest Du? Durch Mantuaaa oder durch das Kaaastell? Und was für eine Art der Bestattuuuung? Feuerbestattung? Wenn ja, mit welchem Sarkophaaag. Fichte ist natürlich billiger, Zeeeedernholz edler und wohlgefällig fürs Augeeee, wenn er verbrennt. Und wie sieht es mit der Grabesstätte auuus? Ein Familiengraaab? Und die Urne, aus Stein wie Marmor oder aus Toooon?“


    Überfordert ließ Marcus sich das durch den Kopf gehen. Nach einigen Momenten nickte Marcus schließlich.


    „Kastell! Feuerbestattung! Ton! Für das Holz mach mir einen Kostenvorschlag. Kein Familiengrab, sondern in einem...wie heißen die noch mal?“


    Er sah Vulpius fragend an, der sah von seinem Gekritzel auf.


    „....Columbarium?“


    Marcus strahlte auf. Der Mann konnte ja Gedanken lesen. Hervorragend, da wird es bestimmt noch was werden.


    „Genau!“


    Vulpius lächelte zufrieden, schrieb das nieder.


    „Guuuut, dannn zur Bestattuuuung. Wieviele Klaaaageweiber und wie inbrünstig. Das ist natürlich eine Koooostenfrage! Und wer hält die Laudatio funebris? Du? Und wie sieht es mit den Ahnenmasken auuus?“


    Grübelnd kratzte sich Marcus am Nacken.


    „Ein paar reichen, aber sie werden nicht ins Kastell dürfen...die Klageweiber und sie sollen schon zeigen, was für ein Verlust der Tod des Medicus für die Legio bedeutet. Er war vielen wohl ein guter Kamerad. Die Laudatio? Ich weiß es nicht...wahrscheinlich! Ich muss mich da noch weiter informieren! Ahnenmasken? Ich hab keine Ahnung, ob er überhaupt welche hatte, Ahnen meine ich natürlich!“


    Vulpius winkte ab.


    „Das ist nicht soooonderlich schlimm. Gut, dann gröbste haben wir aaaaabgeklärt. Ich laaasse Dir eine Liiiste mit den Kooosten zuschicken und Vorschläge bezüglich der Ausstattung. Billig wird es nicht, aber ich nehme an die Legio trägt die Kosten? Gut! Dann werde ich als erstes Pooollinctores mit Dir schicken. Sie werden die Leiiiiche vorbereiten und auch die Tooootenwache mit Dir beginnen. Du musst nur dafür sorgen, dass auch Männer bei dieser koooommen werden. Noch Fraaagen, mein Heeerr?“


    Marcus schüttelte den Kopf und war noch mal froh hierher gekommen zu sein. Das ging doch schneller als er gedacht hatte. Vulpius stand auf und rief nach einigen seiner Angestellten, den Pollinctores. Zwei Männer kamen nach vorne. Ohne viel Worte verlieren zu müssen, wies Vulpius diese ein, sie nickten verstehend. Marcus verabschiedete sich von Vulpius und verließ sehr erleichtert mit den Männern das Bestattungsunternehmen.

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