Opferdienst

  • Laevina wiederholte innerlich diesen Namen und blickte mit Respekt auf den Mann. Jegliche Kokkettierung war ihr fremd, also versuchte sie nicht einmal anders zu sein, als sie war. Genau aus diesem Grund war ihr Blick freundlich und offen. Es ist erstaunlich, dass die Bewohner der Stadt Ceres nicht ehrten. Wer würde denn noch uns die Felder voller Weizen und Früchte, Wachstum und Reifen schenken? Ceres ist eine der wichtigsten Göttinnen auf Erden. Verzeih, wenn meine Verwunderung über diese Umstände mich zwingt, meine Stimme zu erheben. Aber..es macht mich sprachlos. Rufus hat die Gaben im Korb. Früchte, eine kleine Strohpuppe, Wein. Und eine kleine Geldspende. Laevina ließ Rufus es machen.

  • Ich nahm die Gaben und legte sie auf den kleinen Altar.


    "Wir wollen nun beten."


    Ich sah die beiden, Rufus und Helvetia, an, und ergriff anschließend das Ende meiner Toga, um meinen Kopf zu bedecken als Zeichen der spirituellen Reinheit. Ich deutete den beide an, es ebenso zu tun. Dann wandte ich mich der Göttin zu.


    Weihrauch war kostbar, teuer und selten, da er aus dem fernen Osten importiert werden mußte, und die Vorräte gingen zur Neige. Dennoch verzichtete ich nicht drauf, und entzündete ein paar Gramm, nicht viel.
    Darauf sprach ich mit gesenkten Haupt das Gebet.


    "Oh, erhabene Göttin, Wunder der Fruchtbarkeit und der Gaben, hilf Deinen treuen Dienern, bestrafe diese Stadt nicht für den Frevel, den sie begangen. Zeige Milde und Fürsorge für die Menschen, die Dich verehren und erweise ihnen Deine Gunst."


    Die Opfergaben brannten darnieder, der Rauch stieg in die Nase der Göttin. Die Sesterzen landeten in einer kleinen Schatulle, deren Inhalt nicht gerade rosig war.


    Ich ließ den beiden noch etwas Zeit, um eigene Bitten an die Göttin anzuhängen und evtl diese Bitten mit einem Gelübde zu verbinden.

  • Auch Laevina kniete sich zu den Fuessen der Statue und ueberliess eigentlich den Vorrang den Maennern. Sie schirmte sich ab und betete leise, ihr dankbarer Blick traf spaeter Publius Annaeus Domitianus und die Gewissheit, dass sie dem Tempel und ihrer Glaeubigkeit gutes getan hat, liess Laevina noch ein paar Sesterzen fallen. Was Laevina gefluestert hat, war unverstaendlich. Nur ein Name fiel immer wieder. Helvet...Sulla... Appius... dann in einem Stueck..Appius Helvetius Sulla
    Dann ... mein Vater... Rufus stand schon auf und wartete in einem respektvollen Abstand zu seiner Herrin.

  • Das Opfer war geendet und die Göttin zeigte sich gnädig.


    "Die Göttin ist dankbar und hat das Opfer angenommen." verkündete ich, während ich mich wieder aufrichtete. "Das ist ein gutes Zeichen. Die Götter haben Corduba noch nicht in Stich gelassen."


    Ich trat auf Laevina zu. "Helvetia ? Bist Du verwandt mit einem Helvetius Sulla ?"


    Die Gewissheit lag ziemlich nahe. Viele Helvetier gab es in Corduba nicht.

  • Grazil erhob sich Laevina. Ihre ebenmaessigen Gesichtszuege haben sich bei dieser Frage nicht veraendert. Nur ein Hauch von Neugier und leichter Verwunderung ueber diese Frage zeichneten sich in ihrem Blick. Das ist mein Vater. Sie neigte ihren Kopf bei dieser Antwort und... Goetter Goetter, Goetter.... wieviel Stolz und Bewunderung widerspiegelte sich in ihrer Stimme! Appius Helvetius Sulla ist mein Vater wiederholte sie erneut und senkte diesmal den Blick. Kennst du ihn? Nochmal verneigte sich Laevina vor der Statue. Wenn ich unversehrt in den Schoss der Familie meines Vaters in Rom ankomme, werde ich die Goettin im Rom ehren, wie es ihr gebuehrt. Rufus warf einen mahnenden Blick und schuettelte den Kopf. Diese jungen Dinger haben keine Ahnung von Gefahr und plaudern alles und jedem, was sie wissen. - murmelte er. Laevinas Antwort war ein suesses Laecheln einer unschuldigen jungen Frau, beruhigehnd und reumuetig zugleich.

  • 'Helvetius Sulla' schoss es mir in den Kopf. Ich knirschte mit den Zähnen. Der Kopf dieser ruchlosen Bande, die seit Wochen die Stadt in ihrem Würgegriff hatten. Ein Intellektueller, nicht wie Strabo ein Demagoge und wortreicher Aufrührer. Er war der politische Kopf der Rebellen, jemand, der die Tragweite seiner Handlungen nur zu genau abschätzen konnte. Er konnte gefährlich werden, ein zweiter Catilina, wer weiß ? Aber Catilina ist damals auch an seiner eigenen Eitelkeit zugrunde gegangen.


    Ich besah mir dieses Mädchen, das die Tochter eines der größten Feinde Roms sein sollte. Behutsam legte ich den Arm auf ihre Schulter. Ich war einen Kopf größer als sie.


    "Mögen die Götter Dir allzeit Kraft geben, die schwere Stunde Deines Schicksals zu erdulden. Sie wachen über Dich. Sie sehen in Dir keine Verräterin des römischen Volkes. Sie begünstigen Dich. Sei stark !"


    Eine Stimme sagte mir, daß sie es nicht sein konnte. Sie hatte wenig gemein mit den Taten ihres Vaters, oder vielleicht hoffte ich es auch nur. Sie war hübsch.

  • Verraeterin???? Dieser Gedanke schoss in ihren Kopf, blieb dort und verursachte Bauchschmerzen. Sie sah diesem Mann ins Gesicht, stolz, hochmuetig, herausfordernd. Was erlaubte er sich, sie mit einem Verraeter-Spruch zu belegen? und was soll das heissen, dass ie Goetter in ihr keine Verraeterin sehen? dann in welcher Person sehen die Goetter einen Verraeter oder eine Verraeterin? Dieser Mann spricht in Raetseln... Ihre weichen rosa Lippen oeffneten zu einem Dank und schlossen sich wieder. Der hochmuetige Blick wurde zu einem fragenden. Die Stimme verlaengerte die Vokale... Goetter waren und sind immer wohlwohlend zur Gens Helvetia und zu meinem Vater, der gegen .... sie stockte und fuhr fort die Ungerechtigkeit kaempft. Auch mit seinem Leben. Die Goetter gaben mir meinen Vater wieder Ihre Stimme ueberschlug mit zaertlichem Gefuehl. Es gibt wenige Maenner, die so stark sind, fuer seine Ideale zu kaempfen! Laevina verspuerte diesen Drang, den Stolz, den sie fuer die Taten ihres Vaters hegte, diesem Mann ins Gesicht zu schleudern. Doch nach dieser hitzigen Tirade besann sie sich und warf einen reumuetigen Blick zu Publius Annaeus Domitianus. Verzeih mir mein stuermisches Verhaltensie versuchte diese Unannehmlichkeit mit einem Laecheln zu beseitigen. Man sah ihr, dass sie aufrichtig sprach und das zur Rede brachte, was sie wirklich empfand. Laevina war irgendwie sogar ruehrend anzusehen in dieser hitzigen Rede. Ihre Wangen erroeten leicht und die blonden Locken der Farbe vom reifen Weizen umspielen ihr noch maedchenhaftes Gesicht. Die Rehaugen schauen auf den stattlichen Mann und die hohe Stirn schien keine unreinen Gedanken zu verbergen.

  • Ich blieb starr, rührte mich nicht. Ja, beinahe könnte man behaupten, ich verkrampfte. Wie konnte man nur eine solche Naivität und Sturrheit besitzen ?
    Doch ich schrieb es der Blindheit vor Liebe zu ihrem Vater und zu ihrer Familie zu, daß sie die Fakten nicht anerkennen wollte. Helvetius Sulla war ein Verbrecher, ein Verräter am Antlitz des Kaisers, jemand, der sich gegen die Götter stellte.


    Besänftigend versuchte ich auf sie einzuwirken.


    "Sei unbesorgt ! Die Götter behüten die Gens Helvetia, und Dich..."


    Der Name ihres Vaters kam mir nicht über die Lippen.


    "Vertraue darauf ! Doch was ist passiert, daß die Götter Dir deinen Vater wiedergaben ?"


    Ich wurde neugierig.

  • Meine Mutter dachte, dass ihr Ehemann tot ist. Sie erzählte mir über die Heldentaten meines Vaters mit Stolz. Erst, als meine Mutter vom Aufstand erfuhr und sein Name fiel, teilte sie mir mit, dass mein Vater noch lebt. Doch sie war schon krank und so nahm sie mir auf ihrem Totenbett dieses Versprechen ab, zu meinem Vater zu reisen. Laevinas Antlitz wurde traurig, als sie über ihre Mutter sprach. Man sah ihr an, dass diese Trauer über den Verlust des geliebten Menschen. Die hellen Augen gaben den Schmerz frei, der Laevina viel reifer und in einem anderen Licht zeigte. Und jetzt muß ich auch diesen wunderbaren Menschen, den ich lieben und ehren gelernt habe, verlassen. Ihre Stimme klang leise und entschlossen.

  • Beinahe bemitleidend sah ich zu Helvetia hinunter.


    "Du hast in der Tat ein schweres Schicksal erfahren. - Oft stehen die Götter denen Menschen am nächsten, denen sie die größten Lasten aufbürden."


    Ich hielt inne.


    "Sei unbesorgt. Die Götter haben für dich rosigere Zeiten vorgesehen. Sie werden dich entschädigen."


    Ich setzte meinen Schritt fort richtung Tempelausgang. Währenddessen fragte ich sie


    "Verlassen ? Wohin wirst du gehen ?"

  • Sie folgte seinen Schritten. Das trotzige Kinn hebte sich in seiner Hochmut und ein Blick, der wußte, was Schmerz, Verlust und Trauer bedeuten, schnitt ihm die letzten Phrasen ab. Die Götter haben mich schon jetzt entschädigt! Ich durfte meinen Vater, den ehrbarsten Menschen kennenlernen, mit ihm sprechen, seine väterliche Liebe erwidern. Ist das nicht ein wunderbares Geschenk der Götter? Was weißt du schon von der Entschädigung der Fortuna! Ihre Stimme war nicht erhoben, die Worte wurden mit Stolz und Inbrust ausgesprochen und in den jungen Augen loderte das, was ein erwachsener und erfahrener Mensch dermaßen vermißt... Glaube und Enthusiasmus der Jugend. Ihre Hand berührte sanft seine in Eifer dieser kurzen Rede. Ich finde mein Schicksal nicht schwer. Es fällt mir nur schwer, meinen Vater hier allein zu lassen. aber es ist sein Wille, dass ich andere Mitglieder der Gents Helvetia kennenlerne. Sie umging die Frage nach dem Ziel ihrer Reise und wie es ihr schien ziemlich geschickt. Warum interessiert dich mein Schicksal? Kennst du meinen Vater? stellt sie zum ersten Mal die Fragen.

  • Was fiel ihr ein, mich derart anzufahren ? Mich, einen Diener der Götter. Sie hatte wahrlich Mut.
    Der Hauch des Windes, die sanfte, wenn auch kurze Berührung ihrer Haut, lässt den Groll schnell entweichen. Die Angespanntheit der Gesichtsmuskeln schwindet.


    "Ja, ich kenne ihn." sprach ich mit stoischer Ruhe.


    Wer kannte ihn nicht. Doch mehr war ich nicht in der Lage zu sagen. Sie wußte, wer ihr Vater ist, genauso wie ich es wußte. Doch es war überflüssig, es zu sagen. Womöglich würde Sie es sich auch gar nicht eingestehen.


    Beinahe traurig sah ich sie an, nachdem ich ihr geantwortet hatte.

  • Sie vergaß die Vernunft und ihre Erziehung. Das hat sie an seiner Stimme und dem kurzen Blick verstanden. Mit gesenktem Blick bat sie um Verzeihung. Bitte, verzeih mir, wenn ich dir gegenüber die Stimme erhoben habe. Sei versichert, meine Absicht war es nicht, mich derart zu vergessen. Es ist wahrscheinlich zu viel für mich ihre Hand fuhr zur hohen glatten Stirn und berührte sie, als ob Laevina Kopfschmerzen bekommen würde. Ihr Gesicht zeigte die aufrichtige Reue, dass sie sich gehen ließ, zumindest nach ihren eigenen Kriterien urtleilend. Bist du schon lange in Corduba und dienst den Göttern hier? Seid du und mein Freund alte Freunde? Wenn du meinen Vater kennst, dann vielleicht erfreust du ihn mit deinem Besuch in unserer Casa? Vater wird sich bestimmt freuen. Ich kenne meinen Vater leider so wenig. Zuerst habe ich ihn sogar gehasst Laevina steckte die lockige Strähne ihres Haares nach hinten und glättete ihre Frisur mit der Innenfläche ihrer Hand, eine weibliche Geste, die abtastend gleichzeitig prüft, ob die Frisur sitzt.

  • Sachte hebe ich ihr Kinn und sehe ihr dabei verständnisvoll in die Augen. Ein Lächeln umspielt meine Lippen.


    "Ich lebe schon so lange in Corduba, ich weiß gar nicht, wann ich das letztemal etwas anderes sah."


    Ich atmete schwer.


    "Ich werde mit deinem Vater reden."

  • Ein warmer, vertrauensvoller und offener Blick kreuzte sich mit seinem. Die rosa Lippen berührte das sanfte Lächeln und gab dieses in seiner einfachen bestechlichen Art an den Mann, dessen Finger ihr Kinn hielten, weiter. Dann kann ich meinem Vater deinen Besuch ankündigen? Die Freude huschte über diese jungen Gesichtszüge und Laevina versuchte sich weich jedoch realtiv bestimmend befreien. Kannst du mir schon sagen, wann ich mit deinem Besuch rechnen kann? Erzähle mir, woher kennst du meinen Vater? Hast du an seiner Seite in Germania gekämpft? Sie überschüttete den guten Mann mit den Fragen. Als sie das verstanden hat, lachte sie einfach leicht kokkett in seine Augen, die mit der feurigen Eifer der Jugend brannten.

  • Ich wurde aufeinmal wieder etwas ernster.


    "Nein. Erzähl ihm nichts !" sagte ich entschlossen.


    Sie stellte viele Fragen. O wie zart ihre dünne Stimme doch in meinen Ohren klang !


    "Ich lernte ihn in den Thermen kennen." gab ich kurz zur Antwort.


    Das war noch nichtmal gelogen. Auch wenn "kennen" etwas übertrieben war, außerdem lag diese Begegnung schon Monate zurück. Er würde sich kaum noch an mich erinnern.

  • Eine Überraschung? Ihre Stimme bekam leichte mißtrauische Noten. Auch der Blick, obwohl es ihr nicht sonderlich stand, zeigte sich mißtrauisch. Er konnte aus eigener Erfahrung heraus beobachten, weil seine Jahre ihm es erlaubten und einen erheblichen Vorteil gegenüber Laevina schafften, wie sie schnell nachdenkt und diese mißtrauischen Gedanken wegwirft. Wie das leichte höfliche Lächeln wieder auf ihrem Gesicht aufblüht. Ich würde so gern hier bleiben, mit meinem Vater. Es war auf einmal so befreiend, diesem unbekannten Mann die Herzenswahrheit zu verkünden. Ich will nicht nach Rom. Ich will ihn nicht verlieren, aber ich bin stolz, dass er zu seinen Idealen steht und für sie kämpft. Ich bin nur ein Stein, der stört... Sie biß ihre Unterlippe. Auf einmal war sie mehr Kind als junge Frau. Dann wiederum umgekehrt. Ich mag Hispania mit ihrer siedenden Sonne, mit kurzem Frühling und langem Sommer. Mit diesem ständigen Erwarten, wann endlich der Abend kommt, um der Hitze im Hochsommer zu entkommen. Die Winde, die hier wehen, schreien, du bist zu Hause. Aber Rom ist auch die Stadt der Gens Helvetia und ich werde mit Ehre diese Zugehörigkeit tragen, egal, wo ich bin. sie sah ihren Gesprächspartner an und ihr Lächeln wurde reumütig. Wo sind bloß meine Manieren! Ihr Lachen war ansteckend. Ich rede und rede... Du hast bestimmt was besseres vor, als die Ausschweifungen eines jungen unreifen Mädchens zu hören.

  • Ich sah das junge Mädchen und ich spürte eine stärkere Abneigung, der das Kind, kaum hatte er es gesehen, abschieben wollte in die Ferne. Aber sein Schicksal war ohnehin besiegelt. War es da nicht vernünftig die eigene Tochter in Sicherheit zu bringen ?


    "Ich will nicht, daß er auf meine Ankunft vorbereitet ist. Doch du, Helvetia, widersetze dich nicht dem Wort deines Vaters. Sei eine gute Tochter ! Er will doch nur dein Bestes."


    Mit diesen Worten bereitete ich mich darauf vor, mich von ihr zu verabschieden. Ich mußte los und der Weg durch die Stadt war nicht klein.

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