[Insula] Ein Dach über dem Kopf

  • "...tarällerä, tarällera und nun sind wir wieder da..."


    Das waren die einzigen Geräusche, die man in der ganzen Insula zu dieser Tageszeit, nein es war eher Nachtzeit, hören konnte. Ein fröhliches, wenn auch ein wenig schiefes Gepfeife, welches von einigen improvisierten Gesangseinlagen ergänzt wurde. Warum war dieser Mann wohl so glücklich? Nun, die Frage lässt sich doch recht einfach beantworten: Ein Abend in einer Taverne, ein Lederbeutel, der nicht mehr den süßen Gesang des Geldes von sich gab und eine leicht angeheiterte Stimmung sollte reichen, um sich den Rest zusammen zu reimen. Wem das nicht reicht ... ja, Artorius Tacitus ist betrunken (was jetzt auch die bereits erwähnte, schiefe Tonlage erklärt). Ein 'wieso' kann man sich sparen, denn jeder sollte wissen, wieso sich ein Mann betrinkt, das lernte man überall und meist sogar von seinem eigenen Vater. Kommen wir aber lieber wieder zurück zu unserem Protagonisten, der es nun endlich zu seiner Wohnung geschafft hat ...


    "Scheiße ... ich halt das nimmer aus. Immer diese ... uhooo, wieso dreht sisch alles ... immer diese, diese Weiber da. Die verdrehn einen imma den Kopp und mache dann nix. Wu soll das noch hinführe?" Mit einigen Schwierigkeiten öffnete Tacitus die Tür seiner Wohnung und torkelte hinein, das Zuschließen völlig vergessend. Nach einigen Momenten, in denen er sich fremd in diesem Raum vorkam, kratzte er sich mehrmals am Hinterkopf und stieß dann einen erleuchtenden Laut aus: "Ahhh ... isch bin zu ... zu ... zuhause! Haste fein gemacht mein braver Pegasos." Mit zusammengekniffenen Augen tätschelte er das imaginäre, geflügelte Pferd, bis er versuchte, sich auf eben diesem abzustützen, was in einer schmerzhaften Landung auf dem Holzboden endete, die Tacitus wieder ein klein wenig Klarheit verschafften. Ein weiteres Mal schaute er sich in den wohlbekannten und doch so fremden Gefilden um, diesmal aber mit stark geweiteten Augen, als würde Charon persönlich vor ihm stehe und darauf warten, den Artorier über den Acheron zu bringen. “Verflucht sei der Alkohol! Nie mehr rühre ich ihn an! Hörst du mich Dionysos oder Bacchus, oder wie auch immer? Nie mehr!!“


    Und ein kleiner Schnitt. Hier haben wir das klassische Beispiel von leeren Versprechungen, wie sie doch so oft im Zustand des 'Vollrausches' auftauchen. Auch hat man die Halluzinationen gesehen, wie sie ebenfalls oft bei Opfern der Trunkenheit auftauchen. Aber wie man ...


    “Halt de Gusch dahinne! Wat laberst du hier?“ Tacitus schüttelte den Kopf und schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn, um vielleicht eine Milderung zu erlangen, was auch nur ansatzweise funktionierte. “Ich musse mal hier weg ... hm wo lebt nochmal dieser andere Artorier? Öhm, verwa .... verwandt bin ich doch mit dem. Corvis ... ne Corvinis, ne auh net. Verdammt wie heißd er denn ... ahhh Corvinus. Roma oder so war das ... isch glaub, da muss ich ma hin...“ So flink, wie es der Wein zuließ, stand Tacitus auf und polterte ich Richtung Tisch, der am anderen Ende des Raumes stand. Zugegeben, der Raum war nicht sehr groß und was manche Leute als Holzplatte bezeichneten, traf wohl eher auf den Tisch hier zu, aber für eine bessere Lebensweise brauchte man mehr Geld und das hatte er nicht. Außerdem kam er mit dieser Einrichtung bisher ganz gut zurecht.
    “Irchentwo hiea muss och noch die Adresse stehen ... eije, wat brummt mir die Rübe“ Am Tisch angekommen, schmiss er sich mit seinem Oberkörper drauf, um wenigstens etwas Halt zu haben, da er ansonsten wohl wieder gefallen wäre, was die Nachbarn irgendwann auch nicht mehr lustig gefunden hätten. Einige grobe Armbewegungen später verabschiedeten sich die Tongefäße in einem lauten Scheppern (die Mitmieter überhörten es) und eine Art Grunzen war ebenfalls zu hören. “Ei, wo isses denn hi?“ Wieder schob er seine Arme komplett über den Tisch und die Holzschalen schlossen sich der Reise der Löffel an und landeten ebenfalls unangenehm hölzern klingend (hat Holz nunmal an sich) auf dem Boden (so langsam musste es den Nachbarn doch auch schicken?!), aber wieder fand er keinen Zettel.


    Wenn er wüsste ... hahaha ... den hatte er letztes Jahr in einem Anfall des Wahnsinns verbrannt. Genauso wie alle seine Schriftstücke und einen Stuhl und seinen geliebten Holzlöffel. Der jetzige war von absolut niederer Qualität ... in seinen Augen ...aber hört hin:


    “.... *schnaaaaaarch* .... *schmatz* .... *schnaaaarch* ....“


    Jaja, die Tücken des Alkohols, sie nehmen einfach kein Ende und so gab sich Tacitus ob freiwillig, oder unfreiwllig seinem Schlaf hin. Ach ja ... 'Noli pertubare' – Bitte nicht stören ;)

  • Der nächste Morgen ist angebrochen und hier und dort hörte man die Vögel zwitschern und schon einige Menschen durch die Straßen ziehen. Ja, das Leben in Mantua begann zu dieser frühen Tageszeit, die wohl die beste war, um seinen Geschäften nachzukommen. Sklaven huschten hier und dort umher, feilschten mit den Händler, die Nachtwache wurde abgelöst und die Kinder sprangen fröhlich umher. Alles schien wie an jedem Morgen ... etwas, was sich unser lieber Tacitus wohl auch in diesem Moment wünschte.


    “Oh maaaan ... was ist denn mit mir los? Das war vielleicht eine etwas zu heftige Nacht. Wieviel Kannen mussten das gewesen sein ... mir brummt der Schädel immernoch.“ Verschlafen war wohl der passendste Ausdruck, der auf den Artorier zutraf. Tatsächlich gehörte die letzte Nacht wohl zu den heftigsten und ausgelassensten, die er in naher Vergangenheit erlebt hatte, aber er konnte sich glücklich schätzen, den Alkohol etwas besser zu vertragen, als manch ein anderer, sonst läge er mit Sicherheit etwas länger auf dem Tisch - vorausgesetzt er wäre überhaupt so weit gekommen. Tacitus, noch immer mit geschlossenen Augen rieb sich sachte an der Schläfe in der Hoffnung, die Kopfschmerzen zu vertreiben, aber nach kurzer Zeit brach er ab. Es schien sinnlos, das konnte wohl nur die Zeit heilen und ein Spritzer Wasser vielleicht. Er reckte sich noch einmal, öffnete seine Augen und bekam einen Schock! Die Tür stand offen, überall Chaos, die Einrichtung lag Kreuz und Quer, Tonscherben waren über den kompletten Boden verteilt und zu allem übel merkte er schließlich, wie sein Hinterkopf schmerzte. Man musste ihn niedergeschlagen haben, anders konnte er es sich nicht erklären! “Verdammt! Ein Dieb!“ Hastig sprang der Artorier auf, schnappte sich den erstbesten Gegenstand, der jemanden verletzen konnte und rannte zur Tür. Zwar konnte er sich sicher sein, keinen mehr zu finden, ein Dieb wäre ja eh schon längst weg, aber nachschauen schadete ja nichts.


    Zu amüsant ... wenn er nur wüsste, dass er das alles selbst zu verantworten hatte. Dieb ... tzz, lächerlich. Wieder eine Nachfolgeerscheinung des Alkohols: Der Erinnerungsverlust an die Stunden direkt nach dem Alkoholkonsum, aber wenden wir uns lieber wieder unserer Hauptperson zu:


    “Naja, was hätten sie schon groß mitnehmen können? Bei meinem Gehalt als Leibwache, von so nem geizigen Möchtegernreichen konnte ich mich grad so selbst ernähren. Mit der Miete hier wurde es schon oft knapp, was nicht zuletzt daran lag, dass ich gerne mal auf ein Schlückchen in der Taverne vorbeischaute...“ Tacitus ließ den Hocker – seine improvisierte Waffe – wieder sinken und drehte sich wieder um. Ein Chaos ... ein komplettes Chaos und er war es leid, hier zu leben. Er musste zu seiner Familie, mit ihnen Reden und danach brauchte er Arbeit. Eine vernünftigere Arbeit. Sein Vater hatte ihm immer schon erzählt, dass er zur Legion gehen sollte ... war nicht die ruhmreiche Legio I hier in Mantua? Dort könnte er sich ja melden, wenn er aus Rom zurück wäre. “Diese Unordnung werd ich wohl nur provisorisch wegschaffen ... hab wichtigere zutun.“ murmelte er und begann, die Scherben wegzuschaffen.


    So sehen wir also einen Mann bei der Hausarbeit. Wahrscheinlich ist ein solcher Anblick nicht einmal halb so oft zu genießen, wie es sich eine römische Frau wünschte. Würde nurnoch fehlen, dass er sich um den bestehenden Nachwuchs kümmerte, aber da fehlte ihm etwas: Der Nachwuchs und bisher war da auch nichts vielversprechendes geschehen. Wenn Tacitus nun auch noch in die Legio eintritt, wird das mit einer Frau sowieso noch etwas dauern ... aber wie man auch so schön sagt: Gut Ding will Weile haben. Zumindest wird ist es nun wieder an der Zeit, den Blick auf Tiberius zu werfen, der es in einer meisterhaften zeit geschafft hat, das Chaos in seiner Wohnung so zu minimieren, dass es fast schon ansehnlich wirkte.


    “Das wäre geschafft .... viel packen muss ich eh nicht. Hab ja nicht viel und ansonsten?“ Artorius Tacitus zuckte mit den Schultern und packte die nötigsten Sachen ein. Außerdem hatte er noch eine kleine Notreserve an Geldmünzen, wo er sich nun dachte, dass es Zeit wäre, diese zu plündern. “Ach ja ... dieser alte Sack kann mich eh mal kreuzweise. Kündigen ... nein danke, ich mach mich einfach ab!“ Das waren wohl mit eine der letzten Worte, die er in Mantua sagte ...


    Und wir müssen und vorerst von einem trinkfreudigen, meist gut gelaunten Bürger verabschieden, aber ihn sollte so schnell keiner vermissen. Zumal er eh bald wiederkehren würde...

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