• Mehrere Wochen gingen die Verhandlungen nun schon. Für Tacitus' Kräfte nicht die beste Medizin. Er fragte sich, was ihn noch erwarten würde. Zudem hatte er schon seit Beginn des Prozesses eine ständige unterschwellige Feindschaft gegen seine Person seitens des Gerichts wahrgenommen und auch der Imperator schien nicht milde gestimmt. Und da wurde Tacitus klar wie Rom sich verändert hatte.
    Wie eng mochte dieser Kreis aus Speichelleckern und Jasagern sein, der sich um den Kaiser schloß wie eine Schlange um ihre Beute. Er hatte irgendwie das Gefühl, ganz gleich wieviele Beweise er für seine Unschuld bringen mochte, wieviele Tatsachen auch für eine Entlastung sprachen, diese Leute würden nicht abrücken oder an ihm lassen, nur um an ihm ein Exempel zu statuieren.
    Rom, das war schon lange keine gemeinsame Idee mehr, ein Glaube, der das Volk verband. Ein Senator, und war seine Schuld vor den Göttern noch so eindeutig, so einen konnte man tolerieren, zur Not gab er halt politische Macht und einen lachhaften Bruchteil seines Vermögens ab.
    Für Tacitus stand fest, dieses Rom hatte sich verändert, und er war ratlos. So kam es, daß er eines morgens an einem freien Verhandlungstag das Oraculum aufsuchte. Wer sonst, als sie, würde ihm seine Fragen beantworten können.

  • Eine dürre Frau in einem weiten wallenden weißen Gewand empfängt den Besucher in der Voralle, welches der letzte Raum ist, zu welchem die Besucher zutritt haben. Schummrig ist das Licht, es riecht nach verbrauchter Luft und Weihrauch, unmengen von Weihrauch. Im Hintergrund ist ein durchdringendes, unmenschliches Kreischen zu hören, als würde Metall über Metall gezogen, doch die Sacerdos lässt sich nicht davon beirren und hebt nur ein wenig ihre Stimme, so dass der Mann sie hören kann.


    "Salve, was führt dich hierher?"

  • Eine Priesterin trat auf ihn zu und fragte ihn, was ihn hierhinführe.


    "Ich dachte, das könnte mir das Orakel beantworten." antwortete Tacitus zweideutig. 8)


    "Ich möchte es fragen wie mein Schicksal aussieht, das Schicksal Roms. Werde ich dieser Stadt treu bleiben oder wird man mich zwingen, sie zu verlassen ? Wird das Gericht meiner Unschuld glauben ?"


    Viele Fragen stellte er, doch sie hingen alle irgendwie miteinander zusammen. Auf das Gericht ging er nicht weiter ein. Er würde erwarten, daß das Orakel über alles informiert ist. ;)


    Dann holte er ein Säckchen hervor, das in seiner Toga verborgen war, und überreichte es der Priesterin.


    Sim-Off:

    WiSim

  • Die Sacerdos spart sich jeglichen Kommentar zu den Erwartungen an das Orakel. Oft sind es Menschen die verzweifelt sind, die ihren Weg hierher finden, die Handlungsanweisungen von den Göttern wollen, oder wissen, was die Zukunft ihnen bringt. Der Weg zu einem Haruspicer wäre dabei geeigneter, doch wer zum Orakel kommt, der sollte sich schon sicher sein.


    Sie nimmt den Weihrauch, öffnet das Säckchen und betrachtet den Inhalt.


    "Das sind viele Fragen auf einmal. Ich werde sie dem Orakel überbringen. Warte hier."


    Mit dem Weihrauch in der Hand verschwindet sie in den langen Gang, schreitet abwechselnd durch Licht und Schatten und taucht schließlich in die Dunkelheit ein.



  • Tacitus suchte einen geeigneten Sitzplatz, fand aber keinen. Der Platz vor dem Eingang zum Orakel war wirklich sauber gefegt.
    So hatte er ein wenig Zeit und besah sich in aller Ruhe die Architektur des Gebäudes, wobei er sich klamheimlich fragte, wer wohl der Architekt dieses Hauses gewesen sein mußte. ;)

  • Das Kreischen aus dem Heiligtum schwillt an, dann verstummt es abrupt und geht in ein beruhigendes beständiges Summen über. Aus dem Eingang dringt bald Nebel hervor, der sich jedoch längst verlfüchtigt hat, bis er in den Vorraum gelangt.


    Es dauert etwas, dann schreitet die Priesterin den langen Gang zurück, ihre Augen sind glasig, vom Weihrauch benebelt, als sie vor Helvetius Tacitus zu stehen kommt. Sie hebt ein Papyrus in die Höhe und beginnt, langsam, aber ohne Betonung zu lesen.


    Wer Frieden will, bereite den Krieg vor, wer Krieg will, sorge für Frieden.
    Denn nur wer den liebt, den er hasst, kann den hassen, der er will lieben.
    Jeder Anfang ist auch ein Ende, wie der Kreis sich im Chaos dreht.
    Selbst der Kleinste vermag den Lauf des Schicksals zu verändern,
    Der im Winde weht.
    Was du bist ist der König in deiner Welt,
    Der über ein Reich regiert, wie es ihm gefällt.
    Verhärtung und Starre ist, was dich deckt,
    Das Potential Glück zu haben, was dich schreckt.
    Schöpfungskraft und Veränderung ist, was dich treibt,
    Ein langes Leben das was dir bleibt.
    Nur wer sich ohne Ziel auf die Reise macht,
    Dem zeigt sich, was die Zukunft bringt,
    Doch ist es die Vertrautheit, die dich zu Boden zwingt.
    Schicksal! Blindes, dummes, armes, ach so ahnungsloses Schicksal,
    Du wirst kein anderes Ziel mehr haben,
    Als die Suche nach dem heiligen Aal.
    Wer mit Pluto essen will, der muss einen langen Löffel haben,
    Wer sein Gericht selbst zubereitet, der nimmt nur die besten Zutaten.
    Denn nichts schmeckt so gut, wie von eigener Hand gekocht,
    Und am besten wird es kalt serviert,
    Auch wenn uns nichts wie das Essen, wie der Wein interessiert.
    Wie mit dem Essen, so ist es auch mit dem Wein:
    Wie man in die Amphore hineinruft, so schwappt es heraus.
    Weil Wein nur belastet, wollen wir nicht Mitwisser sein,
    Schon ist das Gewissen aus.
    Höre und du wirst hören. Sieh und du wirst sehen.
    Denn nur wer die Augen öffnet, kann dorthin gelangen,
    Wo die Narren hingehen.


    Nachdem sie geendet hat, zerknüllt sie das Papyrus, dreht sich um und wandelt langsam zurück inden Raum des Orkakels.

  • Was für ein Geschrei ?! Tacitus zuckte zusammen. Dann wurde es ganz ruhig und er fragte sich, ob es das richtige gewesen ist, das Orakel aufzusuchen.


    Schließlich nach einer Weile kam die Priesterin zurück und beginnt mit der Verkündung des Orakelspruchs. In Tacitus schwirren die Gedanken und sie sind nicht wirklich klar. Gemächlich nimmt er sich den Spruch zur Brust, als die Priesterin ihn wieder verlässt, in der Hoffnung beim Ordnen seiner Gedanken auf einen Fingerzeig zu stoßen.


    ..Denn nur wer den liebt, den er hasst, kann den hassen, der er will lieben... Ein merkwürdiger Vers, das soll einer mal einem erklären. Tacitus grübelte weiter. Ein langes Leben das was dir bleibt. - Ein langes leben, was ihm bleibt ?! Wenn das alles ist ? - Doch ist es die Vertrautheit, die dich zu Boden zwingt. Diese Satz murmelte Tacitus mehreremale vor sich hin. Ihn richtig einzuordnen fiel ihm schwer. War das das Zeichen ? Sollte er fort aus Rom ? War er schon zu lange im Äther der Metropole gefangen ?


    Mit einer Menge Einsichten, doch immernoch ziemlich ratlos, verließ Tacitus den Platz.

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