[Schiff] Perle von Tylus

  • Die "Perle von Tylus" lag ruhig und beschieden vor Anker am Pier XIV. Die festen Taue klammerten das Schiff an den Steg und obwohl schon die nächtliche Stunde eingebrochen und die Nachtwache bereits auf ihrer zweiten Runde war, ebbte die Geschäftigkeit an besagten Pier nicht ab.
    Unter der Aufsicht eines stämmigen Tylusiers mit geschorenen Kurzhaar und einer knielangen Tunika schleppten Arbeiter und Sklaven Fässer, Säcke und allerlei Kisten über die wackelnden Holzplanken von den großen Lagerhäusern zum Schiff. Leuchtende Fackeln erhellten den Weg.


    Ioshua stand an Bord des Schiffes und kontrollierte die Verladung der Waren. Mit den ersten Sonnenstrahlen sollte die Reise losgehen. Eine Reise von mehreren Wochen, möglicherweise auch mehr als einem Monat würde diese Fahrt in Anspruch nehmen. Ioshua war mit dem Kapitän, einem erfahrenen Tylusier, der schon hundertemale die Strecke um das Kap von Afrika genommen hatte und allen Situationen gewachsen sein würde. Erster Zwischenstopp würde Tarraco sein, bei guten Windverhältnissen in gut einer Woche zu erreichen.
    Solange mußten die Vorräte also erreicht sein und die Kalkulation der Rationen für eine zwanzigköpfige Mannschaft war eine Sache für sich. Hinzu kamen eine Fünf-Mann starke Bordwacht, die zum Schutz des Schiffes die Fahrt begleitete. Denn der Bauch des Schiffes war gefüllt mit allerlei kostbaren und edlen Stoffen, feinste Ware für die reichen und vornehmen Provinzen. Zwar galt das Meer zwischen Syrien und den Säulen des Herakles als weitgehend sicher und ungefährlich, doch gerade für die weitere Fahrt hinauf ins mare britannicum und an die Ausläufer der Rheinmündung war für ein Handelsschiff mit einer solch kostbaren Ware ein Risiko.


    Nachdem alles ordnungsgemäß verstaut war und die Wachen ihren Posten bezogen, machte Ioshua kehrt und begab sich in seine Unterkunft in den tylusischen praetoria.

  • Mit den ersten Sonnenstrahlen, als die Sonne gerade über den Horizont hervorlugte und einen gleisenden Lichtstrahl über dem Wasser projezierte, wölbte sich das majestätische Segel der "Perle von Tylus" und das Schiff der königlichen Handelsflotte trieb langsam aus dem Hafen, Ostia und Roma hinter sich lassend.


    An Deck stand der königliche Bezirksverwalter seiner Majestät, Ioshua Hraluch, im aufbauschenden Wind und genoß die frische Seeluft an diesem Morgen, der nicht zu heiß und für eine rasche Überfahrt günstige Windverhältnisse bot.

  • Die Sonne strahlte und ein leichter Ostwind bließ sie vorwärts immer näher ihrem ersten Ziel. Ioshua stand an der Brüstung auf der Schiffsbrücke und ließ das Augen über das Deck, die Masten und den unendlichweiten Ozean schweifen. Das Schiff lag ideal im Wind und machte eine gute Fahrt.
    "Noch drei Tage, dann sind wir in Tarraco." rief der Gubernator, der Steuermann von hinten. Er war ein verwegener Kerl, sein Haar wirbelte im Wind und seine Waden strotzten so vor Manneskraft. Ioshua, für einen Moment aus seiner Lethargie gerissen, wuchtet seinen massigen Körper gleichmäßig um eine 180° - Achse und schreitet gemütlich ein paar Meter, während er mit einem gleichgültig klingenden "Gut gut." seine Zufriedenheit zum Audruck bringt. Dann fährt sein Blick auf das Heck und die langziehende Furche, die die Dhow auf dem Wasser hinterlässt. Langatmig sieht er zurück, den Weg, den sie gekommen sind. Der Punkt am Horizont wird immer kleiner.


    Aufeinmal erwacht er, ruckartig reißt er sich los und steigt eine Stiege hinab in sein Quartier.

  • Da war er, der Hafen von Tarraco, nach fast 10 Tagen erreichten wir die östlichen Gestaden vor der hispanischen Küste und den Sitz des Statthalters dieser Provinz.
    Langsam trieb die Perle von Tylus in den Hafen, das Wappen des Königs zierte das Schiff und flatterte eifrig im Wind.


    Die Reise nach Tarraco war eigentlich nicht mehr als ein Zwischenstopp, immerhin führte uns das nächste Ziel in das mare britannicum, draußen vor der Küste war das Wetter rauher und die Wellen höher. Es galt also, die Vorräte aufzufüllen, eventuelle Reparaturen vorzunehmen und den Männern ein letztesmal Gelegenheit zu geben, festen Boden zu betreten.


    Nachdem Ioshua einen der Matrosen beauftragt hatte, die Formalia in der Hafenkommandantur zu erledigen, kümmerte er sich persönlich um die Besorgung erforderlicher Waren.



    Sim-Off:

    An alle Händler, Produzenten, Betriebseigner, die in Hispania sind. Das wäre jetzt keine schlechte Gelegenheit, einen nicht geringen Auftrag zu bekommen. ;)

  • Die Waren wurden verstaut, die Amphoren sicher im Bauch des Schiffes gelagert. Bei letzterem hatte Ioshua selbst einen sorgsamen Blick drauf, denn die Beschädigung der Tongefäße bei einem heftigeren Seegang hätte unschöne Folgen haben können, was die ansonst rosige Handelsmission sichtlich betrübt hätte.


    So machte sich die "Perle von Tylus" eines Tages, drei Tage, nachdem sie in Tarraco angekommen war, auf ihre Reise gen Süden, entlang der hispanischen Küste zu den Säulen des Herakles. Dort endete das mare internum und die See würde rauher werden, gleichermaßen die Anforderungen, die an Besatzung und Steuermann geboten sein werden.

  • Die Säulen des Herakles, die Verbindung zwischen Europa und Africa lag hinter ihnen. Das mare internum hatten sie zurückgelassen und ein neues Meer breitete sich vor ihnen aus.


    Gades war letzte Station, bevor man die Reise nach Norden antreten würde. Kein langer Aufenthalt war geplant, als die "Perle von Tylus" langsam in den kleinen Provinzhafen einlief.


    Die Kultur unterschied sich hier schon bei weitem von der in den romanisierten Großstädten wie Tarraco oder Carthago Nova. Viele einheimische Iberer lebten hier, die noch wenig von den römischen Gebräuchen übernommen hatte, und der tylusische Bezirksverwalter fühlte sich an Vertrautes erinnert. Nicht umsonst war Gades Anlaufpunkt für viele tylusische Frachter, die den Weg um das Horn von Africa genommen hatten.


    Gades war nicht mehr als eine Routineunterbrechung der andauernden Reise, neben einer grobflächigen Inspektion der verladenden Güter und einer umfangreichen Säuberungsaktion an Deck, informierte man sich über anstehende Schwierigkeiten, mit denen ein Schiffer in dieser Zeit rechnen mußte. Unerwartete Wetterkapriolen, oder unvorhergesehene Begegnungen mit den berüchtigten Nordmännern sind eher unangenehme Erlebnisse, denen man umso lieber aus dem Weg zu gehen hofft.
    Gerade auch aus diesem Grund führte die "Perle von Tylus" eine eigene Bordwacht mit, 15 bewaffnete Soldaten unter der Führung eines Hauptmanns.


    Gades brachte nicht viel Neues. Bis auf die Erkenntnis, daß sich die Aufstände im Inneren des Landes anscheinend ausweiteten und seit Tagen keine Reiter mehr aus der Hauptstadt Corduba eintrafen - irgendwas schien da nicht zu stimmen - gab es nichts Nennenswertes.
    Einige Händler berichteten von normannischen Kriegsbooten im mare britannicum. Der Alkoholgehalt, dem diese Aussagen zugrunde lagen, war allerdings deutlich überhöht, und in Wahrheit handele es sich lediglich um normannische Händler, die ihre Waren in römischen Provinz Britannia abzusetzen suchten.


    So brach die Dhow unter tylusischer Flagge nach einem ereignisarmen Zwischenstopp schließlich auf zu ihrer letzten Etappe richtung Germania.

  • Ein rauher Wind wehte und die Luft schmeckte salzig. Schlagartig hatte sich das Wetter verändert und damit auch der Wellengang als sie das mare britannicum erreichten und die Meeresenge zwischen der Insel und dem Festland passierten.


    Unliebsame Überraschungen blieben aus. Den gefürchteten Nordmännern begegneten sie nicht.


    Der königliche Bezirksverwalter stand die ganze Zeit über an Deck und trotzte den Wellen und dem Wind. Seine Nase führte ihn geradeaus, dorthin, wohin sie wollten und mit eisener Miene und stoiischer Gelassenheit krallte er sich an die Reling.
    Wenn er zwanzig Jahre jünger, fünfzig Kilo weniger und kein Tylusier wäre, er hätte sich bestimmt bei der römischen Flotte gemeldet.


    Allmählich näherte sich man den Gestaden der germanischen Küste, dort wo der Rhenus in das Meer mündete, würde die "Perle von Tylus" vor Anker gehen und dann würde die hektische Betriebsamkeit losgehen mit dem Verladen der kostbaren Fracht auf geeignete Frachter, die ihre Waren gen Süden in die Hauptstadt und zum zentralen Warenumschlagsplatz der Provinz überbringen würden.
    Da die Ware nicht wenig war, würden die Umladungsaktionen sicher einen ganzen Tag brauchen. Außerdem mußte ein annehmbarer Preis mit den Inhabern der Frachter vereinbart werden für die Rheinüberfahrt und auch das stellte sich Ioshua als schwierig vor, da diese Leute wohl kaum mit der Kunst tylusischer Feilsch- und Handelskunst vertraut waren.


    Generell verstand sich der prachtvolle Bezirksverwalter als Tylusier und jemand, der in den östlichen Hochkulturen aufgewachsen war, zuweilen als etwas besseres und hatte nicht unbedingt, eine allzu hohe Meinung von dem Großteil der "Barbaren" aus den niedercivilisierten Ländern, wozu er auch nicht selten die Römer zählte deren Dekadenz wahre Ausmaße besaß. Doch er hatte sich allzu oft geirrt oder sich eines besseren belehren lassen. Letztlich kam es für ihn nur aufs Geschäft an, und da waren alle gleich, ob Römer, Griechen, Germanen, solange derjenige, mit dem er den Handel pflegte ein offenes und ehrliches Gesicht hatte und keine zwielichtigen Züge offenbarte.

  • Chion hatte inzwischen sein Pferd in einem Mietstall untergebracht und die Satteltaschen gegen eine große Ledertasche getauscht.
    Er lief langsam an den vielen Schiffen vorbei bis er eindlich eines mit der Aufschrift Perle von Tylus fand. Er wollte gerade an Bord
    gehen, als jemand laut zu brüllen anfing.


    "Heda. Was machst du da? Ach das ist auch egal. Verschwinde einfach. Wir heuern niemanden mehr an."


    "Ich bin Chion. Ihr sollt mich nach Alexandria bringen. Dafür habe ich eine Erlaubnis von Lucius Annaeus Florus."


    sagte Chion und zeigte die Wachstafel nun dem bärtigen Seeman der vor ihm stand.


    Hiermit erlaube ich, Lucius Annaeus Florus, dem Besitzer dieser Tabula, die Verwendung des Schiffes welches unter dem Namen "Perle von Tylus" meinem Bruder gehört. Die Befehle des Inhabers sind wie Befehle meines Bruders anzusehen und sofort zu seiner vollen Zufriedenheit auszuführen.



    Da der Seeman sowie auch die anderen Männer an Bord nicht lesen konnten und sie Chion nicht einfach so trauten, musste Chion erst zwei Stunden
    warten. Dann kam endlich der Kapitän. Dieser konnte lesen und nach kurzer Zeit fand sich Chion wieder in einer kleinen aber gemütlichen Kajüte wieder,
    wo er seine Sachen in einer Kiste verstaute. Der erfahrene Kapitän ließ inzwischen Proviant aufladen und auch einige waren mit denen er selbst in
    Alexandria Handel betreiben wollte. Gegen eine kleine Gebühr wusste Chion auch nichts davon. Nach zwei Tagen und einer letzten Nacht in den vielen
    Bordellen und Tavernen Ostias, waren alle Seeleute wieder an Bord und auch der Proviant war fertig verladen. Die Perle von Tylus würde endlich in
    See stechen.

  • Leichtfüßig wie immer ging Chion über das Brett, das die Dhow mit dem Pier verband. Er war froh endlich von dem Schiff herunterzukommen.
    Nicht weil er keine Schiffsreisen mochte oder ihm übel geworden war, denn die Reise war sogar erstaunlich angenehm verlaufen, nein er freute
    sich einfach in Alexandria zu sein. Oft hatte er von der Stadt gehört, doch er war nie hier gewesen. Er hatte mit dem Kapitan noch vereinbart,
    dass ihn zwei der tylusischen Seemänner an Land begleiten sollten für den Fall der Fälle. Sein Herr hatte schon geschimpft und wollte ihn zum
    Training in eine Gladiatorenschule schicken, doch glücklicherweiße hatte er das vergessen. So beschützt und mit einer leichten Leinentunika und
    einer breiten Ledertasche ging er von Bord.

  • Am letzten Tag seines dreitägigen Aufenthalts in Alexandria, kam Chion ein letztes Mal zurück zu dem Schiff. Diesmal trug er eine Tasche mit vielen verschiedenen Dingen, die er für seinen Herrn hatte besorgen müssen. Neben einigen Abschriften von bekannten Büchern und einem Dolch mit kunstvollem Elfenbeingriff, trug er auch einige Baupläne von Alexandria selbst und von einigen bekannten Gebäuden in seiner Tasche. Als er wieder an Bord war verstaute er die Dinge in seiner Kabine, und trat heraus um mit dem Kapitän zu sprechen. Dieser erklärte ihm, dass nun genügend Proviant in den Lageräumen verstaut war und dass die Dhow nun ablegen könne. Nach dem Gespräch ging Chion noch einmal kurz von Bord um bei einem Händler mit einem Bauchladen noch einige Pasteten und Honigküchlein zu kaufen. Der Schiffsproviant war nicht seine Sache, doch zumindest die ersten beiden Tage würde er ihn nicht ertragen müssen. Die Ausgaben würde er vor seinem Herrn sicher irgendwie erklären können. Als er wieder an Bord war nickte er dem Kapitän zu und das Schiff legte ab.

  • Als die Perle von Tylus endlich in den Hafen von Ostia einlief war Chion froh endlich wieder in Italia zu sein.
    Seine Sachen hatte er schon am Vortag gepackt, sodass ihn nichts mehr auf der Perle hielt. Er verabschiedete
    sich noch bei einigen Mannschaftsmitgliedern, mit denen er gut ausgekommen war und auch beim Kapitän
    bevor er das Schiff verließ und die Mannschaft wieder ihrem Alltagsgeschäft überließ. In Ostia hollte er sein
    Pferd von dem Mietstall ab und nach einem ordentlichen Essen in einer Taberna verließ er die Stadt in Richtung
    Mantua.

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