Direkt vor der Rostra hielt eine Sänfte, die auf Grund ihrer prachtvollen Verziehrungen einiges an Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein Sklave eilte herbei um den Vorhang beiseite zu schieben, der gleich darauf Marcellus mit einer schwungvollen Bewegung entstieg. Er sah sich auf dem Forum um. Ein wahrlich wundervoller Tag für sein Vorhaben, der ihm zugleich das Wohlwollen der Götter bestätigte. Er zupfte seine blütenweiße Toga zu Recht und bestieg dann mit langsamen und eleganten Bewegungen die Rostra. Um noch mehr Leute auf sich aufmerksam zu machen, hob er die Hände und begann mit seiner Rede.
"Bürger von Rom! Hört mich an!
Ich möchte am heutigen Tage, vor euch und vor den Augen der Götter, offiziell meine Kandidatur zum ehrenwerten Amt des Quaestors bekannt geben. Mein Name ist Lucius Claudius Marcellus und ich stehe heute vor euch, um zum einen meine Pflicht als Patrizier zu erfüllen und zum anderen meiner Berufung gegenüber Rom nach zu kommen, indem ich mich für dieses öffentliche Amt zur Verfügung stelle.
Ich habe nicht vor euch wie die meisten Kandidaten, die hier auf dieser Rostra bereits im Laufe der Geschichte ihre Reden gehalten haben, mit meinem Lebenslauf oder meinen bisherigen großen und kleinen Errungenschaften zu langweilen, da ihr zweifellos erkennen könnt, dass ich bereits ein vorgeschrittenes Alter erreicht habe, bei dem es einiges zu berichten gäbe.
Dennoch sei euch kurz gesagt, dass ich unserem Kaiser im Moment als Procurator Aquarum diene und wie ihr vorhin bereits gehört hab, dem edlen Geschlecht der Claudier angehöre. Ein Geschlecht, das sich seit der Gründung Roms für unser Reich aufopferte und es zu dem machte, was es heute ist. Ich fühle mich also nicht nur Rom sondern auch meiner Ahnen verpflichtet, ihre Arbeit fortzuführen und unserem Kaiser und euch allen, mit vollster Leidenschaft und Hingabe zu dienen.
Und das meine lieben Freunde, ist wohl der größte Unterschied, der mich von den meisten meiner Vorgänger unterscheidet. Es ist meiner Meinung nach äußerst fraglich, ob jemand die Stimme der Wähler wirklich verdient, nur weil er bereits dieses oder jenes Amt inne gehabt hat. Was zählt, ist doch nur, welche Wirkung er auf sein Publikum hat und ob man seinen Worten Vertrauen schenken kann, oder ob sie wieder nur das übliche Herunterlabern seiner unzähligen Verdienste um unser Reich beinhaltet. Nur was sind diese Verdienste wirklich wert? Habt ihr euch schon einmal diese Frage gestellt? Ich habe auch schon von Senatoren gehört, die zum Statthalter einer Provinz ernannt wurden und ihre Amtszeit absaßen ohne auch nur einen Finger zu rühren. Was mich aber am meisten dabei wundert, wenn nicht sogar entrüstet, ist die Tatsache, dass solche Statthalter es schaffen im Senat wieder gewählt zu werden. Woran kann das nun liegen frage ich euch? Hat er genug einflussreiche Freunde, die ihm eine Statthalterschaft auf Lebenszeit ermöglichen? Oder haben wir vielleicht nicht genug fähige Senatoren, die diese Arbeit auch wirklich zur Zufriedenheit der Bürger ausüben könnten? Ich kann euch darauf keine Antwort geben, aber ich kann euch versichern, dass ich dem nachgehen möchte.
Ich bin keiner der üblichen Ja-Sager, die dem Anschein nach bereits zu Hauff im Senat sitzen und sich gegenseitig den Rücken decken. Ich scheue nicht davor zurück unangenehme Fragen zu stellen oder hinter die Fassaden der Großen und Mächtigen zu blicken. Meine Kandidatur als Quastor ist nur der erste Schritt eines langen Weges, den ich für euch und zum Wohle Roms beschreiten möchte. Es ist an der Zeit, dass die Söhne der Erbauer und Gründer Roms ihrer Bestimmung folgen und wieder mit Argusaugen darauf achten, was mit ihrem Erbe geschieht.
Egal in welches Amt mich der Senat im Falle meiner Wahl einsetzt, ich werde versuchen es nach besten Wissen und Gewissen auszufüllen, um euch, dass Volk von Rom, nicht zu enttäuschen und meinem Ziel einen weiteren Schritt näher zu kommen. Ich hoffe, ihr schenkt mir euer Vertrauen. Ich kann euch versichern, auch wenn mein Weg lang und beschwerlich wird und ich mit dem einen oder anderen Rückschlag rechnen muss, dass ihr es nicht bereuen werdet mir eure Stimme gebenzu haben.
Lang lebe Rom!“