• Cupidus fühlte sich unbehaglich gemustert. Ihm waren wohl die Anstandsformen ein wenig entfallen, doch der Befehl des Praefectus an die Offiziere lautete eindeutig, ein Auge auf die Männer zu haben, damit sich Iunia Narcissa ungestört im Lager bewegen konnte.
    Er blickte zu Merowech.
    "Gut, an einer Unterhaltung ist nichts auszusetzen, ihr habt ja dienstfrei", meinte er dann. Nein, seine Männer wussten sich zu benehmen. Dann wandte er sich wieder an die Damen, deren Wortführerin sich als Iunia Narcissa vorstellte, eben jene Verlobte seines Vorgesetzten.
    Er straffte die Schultern. "Ich bin Decurio Cupidus, Führer der ersten und zweiten Turma" meldete er mit soldatischem Ton. Dann wurden seine Gesichtszüge etwas weicher, ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel. Er machte hier ja keine Meldung vor einem Vorgesetzten.
    "Es freut mich, dich kennen zu lernen, Iunia Narcissa, dein Verlobter hat deine Anwesenheit bereits angekündigt. Ich hoffe du fühlst dich hier wohl, die Männer werden dir keinen Grund zur Klage geben", meinte er höflich.
    Wiederholt fragte er sich, wie eine junge Frau, kaum den Kindesbeinen entwachsen, sich in dieser Umgebung wohl fühlen konnte... Aber die Liebe schien starke Bande zu schmieden.

  • Wie erwartet beantwortete er ihre Frage und das in einem soldatischen Ton, der ihr ein zauberhaftes Lächeln ins Gesicht brachte. Irgendwie fand sie grade Gefallen an der Schlichtheit aber Bestimmtheit, die der soldatische Ton so mit sich brachte. Ihr neugieriges Lächeln gefror aber für einen Sekundenbruchteil, als er Silanus erwähnte. Dieser hatte sie also bereits als seine Verlobte vorgestellt? Die Schwarzhaarige wunderte sich etwas darüber, denn ihr selbst hatte er nichts verlauten lassen und machte auch nicht den Eindruck, als würde er sie wirklich haben wollen. Was aber auch ganz in ihrem Sinne war. Wollte er sie so etwa vor den vielen, netten und überaus durchtrainierten Männern schützen? Sie schmunzelte etwas und nahm sich vor, ihn darauf noch einmal anzusprechen, wenn Ort und Zeit passend waren.


    "Davon bin ich überzeugt, Decurio. Ich habe mich gerade von der Qualität deiner Männer überzeugt, sie halten sich und ihre Ausrüstung in Form und sind ausgesprochen höflich. Außerdem wurde mir zugesichert, dass mir und auch meiner Sklavin keine Gefahr von wilden Germanen droht."
    Sagte sie dann ebenso höflich. Den Teil, ob sie sich wohl fühlte ließ sie allerdings unkommentiert, das würde nur in einer endlosen Schimpftirade enden und die war sowieso nur für ihren Verlobten bestimmt.

  • Als die junge Dame zu strahlen begann, schien die Sonne aufzugehen. Nun, scheinbar fühlte sie sich in Gegenwart von vielen Männern doch recht wohl, langsam schlich sich ein Gedanke in Cupidus Kopf. Musste er etwa seine Männer von IHR schützen? Das letzte was er wollte war Ärger wegen einer Frau, also würde er weiterhin Augen und Ohren offen halten.
    Trotzdem hatte Cupidus nicht das Gefühl, dass sie ihm schon alles gesagt hatte, eine kleine Verstimmtheit klang aus ihrer Stimme. Er beschloss, sie bei Gelegenheit zu fragen, wenn keine seiner Soldaten anwesend waren.


    "Herrin, du entschuldigst mich, ich habe noch zu tun und muss dringend ins Balneum", meinte er mit entschuldigendem Lächeln und sah an sich hinunter. Die muskulösen Arme, die unter der Tunika hervorschauten waren dick mit Staub bedeckt, von seinem Gesicht garnicht zu reden. Dann verbeugte er sich leicht, nickte seinen Männern zu und machte sich auf den Weg zu den Unterkünften.

  • Dass er ins Balneum musste, sah sie auch und sie schmunzelte. Mit einem gönnerhaften Nicken nahm sie seine Verabschiedung hin und sah ihm noch einen Moment nach. Er schien sich jedenfalls gut zu kümmern und das war einiges wert. Nicht auszudenken was aus dem römischen Reich werden würde, gerade hier an der Grenze in wildes Land, wenn die Truppen in Moral oder Kampfkraft nachließen.


    Daher wandte sie sich wieder an Einar. "Wozu braucht man eine Spatha genau?" Da war sie wieder, die Neugierde.

  • Einar verfolgte die kurze Unterhaltung zwischen der Iunia und Cupidus mit einem Schmunzeln. Dass sie die Verlobte des Praefectus Alae war hätte er auch ahnen können, doch so weit hatte er im ersten Schreckmoment noch nicht gedacht. Als der Decurio dann wieder in einer Staubwolke in Richtung Thermen verschwand, wandte Narcissa sich wieder mit einer Frage an Einar. Prompt antwortete er:
    "Die Spatha ist die optimale Nahkampfwaffe, wenn man vom Pferd herunter kämpfen muss. Sie ist lang und ermöglicht einen guten Schwung, der in vollem Gallopp einigen Schaden am Feind anrichten kann."
    Erst jetzt bemerkte er den zackig-soldatischen Ton in dem Einar sprach und fügte dann etwas milder hinzu: "Allerdings ist das gute Stück auch im Nahkampf zu Fuß einiges Wert. Gib mir eine Parma, also den Rundschild der römischen Reiterei, und ich halte dir jeden Banditen vom Leib." Stolz lächelte der junge Germane, der sich in der römischen Armee sichtlich wohl fühlte. Hier gab es Verpflegung, ein Dach über dem Kopf und eine ordentliche Hierarchie. Was wollte man(n) mehr?

  • "Und auch jeden anderen Parasiten, der unerlaubt oder mit feindlicher Absicht ins Imperium hereinwill.", fügte Merowech zustimmend hinzu. Er meinte damit die Germanen des freien Germanien, hoffte allerdings, dass er mit dieser Äußerung Einar nicht zu nahe trat. "Anwesende natürlich ausgenommen.", fügte er deshalb rasch hinzu.

  • "Ganz ehrlich gesagt hoffe ich, dass wir nicht in die Situation kommen, dass du mir einen Banditen vom Leib halten musst. Obwohl ich sicher bin, dass du dazu durchaus in der Lage wärst. Gibt es denn viele Banditen und Parasiten hier in der Gegend?"


    Narcissa lächelte, aber ihre Gedanken waren etwas unfreundlicher. Sie hoffte nämlich darauf die beiden Soldaten konnten ihr etwas erzählen, dass Silanus immer wieder herunter spielte. Ihre Anreise mit nur zehn Soldaten war noch nicht vergessen.

  • "In letzter Zeit war es eigentlich ziemlich ruhig.", antwortete Merowech. Die letzten schweren Kämpfe lagen nun schon über ein Jahr zurück. Und außerdem fanden sie in der Nähe von Borbetomagus statt, welches eine gute Tagesreise von Confluentes entfernt lag.

  • Merowech musste schmunzeln. Irgendwie war er nämlich froh, dass es schon länger nicht mehr zu Kämpfen gekommen war. "Im Moment vertreiben wir uns die Zeit mit den Probaten, was für uns ein gutes Training ist und manchmal ein angenehmer Zeitvertreib. Das nächste Blutvergissen kommt vermutlich früh genug.", antwortete Merowech. Irgendwie hatte er die Ereignisse, welche bei Borbetomagnus statt gefunden hatten, in seinem Inneren vergraben und verdrängt.

  • "Also, mir wird sicherlich nicht langweilig. Ich reite regelmäßig mit dem Decurio Cupidus und dem Rest der Turma aus. Wir reiten Patrouillen entlang des Limes und kontrollieren außerdem auf dem Weg Händlerkarren nach Schmuggelware," ergänzte Einar, der langsam etwas gesprächiger wurde. Immerhin konnte er hier wirklich mitreden.
    "Wir waren erst kürzlich in eine Scharmützel mit Waffenschmugglern verwickelt, dabei gab es einige Verwundete auf unserer Seite und auch Gefallene auf Seiten des Gegners." Er hatte keinen besonders bedauernden oder anderweitig emotionalen Unterton in seiner Stimme. Immerhin machte er gerade seine Ausbildung zum Medicus und als solcher sollte man mit Blut und Toten umzugehen wissen. Ohnehin würde er vor einer Frau niemals seine Gefühle offenbaren, geschweige denn von Albträumen oder Ängsten erzählen.

  • Mit einem Nicken bedachte Narcissa die Ausführungen beider Soldaten. Irgendwie hatte sie damit gerechnet, dass diese etwas blutrünstiger waren - gerader hier, so direkt "an der Front". Aber dem war nicht so und im Grunde war das auch nicht weiter schlimm, solange sie im Ernstfall wußte, was zu tun war. Und diesen Eindruck machten sie.


    Sie ließ ihren Blick einmal über die Via schweifen und dachte kurz darüber nach, was sie noch fragen wollte. Jetzt hatte sie schon mal die Möglichkeiten, ihnen Löcher in den Bauch zu fragen, doch ihr fiel nicht mehr viel ein.


    "Seid ihr auch gelegentlich in Confluentes? Ich kenne die Stadt noch gar nicht und mich würde interessieren, was es dort alles gibt?"

  • Merowech antwortete: "Nein, ich bin Rätier und komme aus Veldidena. Das liegt in den Alpen, in der rätischen Provinz. Da ich aber das römische Bürgerrecht möchte und mir mein früheres Leben zu eintönig war, habe ich mich bei den Auxiliares gemeldet."

  • Einar grinste leicht. "Ich komme auch nicht von hier, sondern stamme aus Mogontiacum. Aber wir kommen selbstverständlich auch mal aus dem Castellum raus. Entweder, wenn wir auf Patrouille in der Stadt sind, oder wenn es unser Dienstplan erlaubt. Heute zum Beispiel habe ich keine Aufgaben, außer natürlich meinem üblichen morgendlichen Ausdauerlauf und der Pflege meiner Ausrüstung." Er deutete auf seine Spatha und nickte bekräftigend. "Also keine Sorge, wir können uns zur Genüge austoben." Das letzte Wort unterstrich er mit einem weiteren Grinsen. Viele der Legionäre oder Offiziere hatten Freundinnen außerhalb des Castellums wohnen und warteten nur noch auf den Ablauf ihrer Dienstzeit um diese endlich heiraten zu dürfen. Manche der Männer hatten sogar schon Kinder, die sie an freien Tagen stolz präsentierten. "Aber Confluentes ist keine besonders spannende Stadt. Hier gibt es lediglich einige Verwaltungsgebäude, den Hafen, das Forum, einige nette kleine Tavernen...najo und das war's eigentlich auch schon. Das typische kleine Provinzkaff am Rhenus halt." Er lächelte verschmitzt und knibbelte ein bisschen an seiner Tunika herum. Mogontiacum war schon eine ganze Nummer größer, doch da wo er herkam wäre Iunia Narcissa vermutlich vor Abscheu aus den Carbatinae gekippt.

  • Hätte sie. Oder wenigstens ihren Mundwinkel verzogen, so wie sie es jetzt tat. Langweilig! Confluentes war also langweilig, na toll. Das hatte ihr gerade noch gefehlt. Sie war nach Rom gekommen und wurde jetzt in eine "nicht besonders spannende" Stadt gesteckt, das hatte Silanus ja ganz toll hingekriegt. Was sollte sie also hier anfangen? Mit ihrer Zeit und ihrem Leben? Sie seufzte einen Moment und blickte an den Männern vorbei zu einem unbestimmten Punkt in der Ferne. Sie wünschte sich nach Rom zurück.

  • Da Narcissa momentan etwas abwesend wirkte und Merowech seinen freien Tag zu genießen versuchte, fragte beiläufig zu Einar gewandt: "Du Einar, wie siehts aus, hast du Lust, einen Teil deines Soldes beim Würfeln zu verlieren?" Würfeln war eine der wenigen Abwechslungen, die einem im Lager geboten wurden. Und führ solche Anlässe hielt Merowech meistens eine Amphore Wein oder ein Fässchen Met bereit.

  • Uuuh, Würfeln! Da würde sie aber wenigstens zusehen, wenn die Männer spielten! Sie mochte Würfelspiele und Glücksspiele und hatte oft mit ihrer jungen Schwester zusammen gesessen und sich Spiele ausgedacht, meistens ging es darum die Puntzahl des anderen zu erraten oder etwas anderes. Ihre Schwester war ja auch erst acht. Interessiert blickte Iunia die beiden an.


    "Was genau spielt ihr denn?"

  • Einar horchte auf. "Würfeln? Gern." Er grinste breit und zog auch sofort einen ledernen Becher und ein paar hölzerne, selbstgeschnitzte Würfel hervor. Er hatte diese immer in einem Beutel an seinem Gürtel befestigt, zumindest innerhalb des Lagers. Mit einer freundlichen Geste bot er sowohl Merowech, als auch Narcissa einen Platz auf dem halbierten Baumstamm an, der als Bank vor der Baracke diente und stellte den Becher zwischen sich und Merowech. "Nun, wir werfen jeweils drei Würfel. Der mit dem höchsten Ergebnis gewinnt. Im Grunde genommen ganz einfach." Einar schenkte der Iunia ein Lächeln und erblickte gleichzeitig einen Meldereiter, der gerade die Porta Praetoria passierte. Das Trampeln der Hufe erschütterte das Straßenpflaster, als der Reiter sie wenig später passierte und vor der Principia abstieg, um seine Tasche mit Meldungen, Post und Berichten abzugeben. Alsbald verließ der Tabellarius die Principia wieder und machte sich auf in Richtung der Ställe, um sein Pferd unterzubringen. Dem Meldereiter folgten dann auch bald einige Tesserarii, die die Briefe unter den Männern verteilten. Einer der Strabsschreiber kam direkt auf Einars Baracke zugelaufen und grüßte die kleine Truppe auf der Bank lax.
    "Salve. Ich hab' Post hier. Einar, der hier ist für dich." Der junge Eques nahm das Schreiben verwundert entgegen, während der Tesserarius zur nächsten Baracke weiterging. Er überflog das Schreiben und schaute verdutzt zu Merowech. "Mir hat mein Vetter Wieland geschrieben. Wusste gar nicht, dass ich einen habe. Er ist bei der Cohors III Brittanorum equitata in Raetien."

  • Als ihr ein Platz angeboten wurde, setzte sich Narcissa direkt. Es versrpach interessant zu werden und sie hörte der kurzen und präzisen Ausführung von Einar zu. Klang wirklich einfach und sie freute sich schon darauf. Während der Botenreiter da war und einen Brief aushändigte, schickte Narcissa die kleine Sklavin los um verdünnten Wein und einige Knabberein zu holen.


    "Ich nehme an ihr dürft an einem freien Tag etwas verdünnten Wein trinken, oder? Ich habe noch etwas von dem griechischen, der ist wirklich lecker und fast zu schade, um ihn zu verdünnen." Dann beobachtete sie Einar und lächelte ihn auch an. "Und hat dein Vetter gute Neuigkeiten für dich?" Die Idee, dass diese Frage auch etwas zu persönlich sein könnte, kam ihr dabei nicht.

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