Spaziergang am Morgen

  • Valeria fühlte sich nicht wie sie selbst, sondern wie eine außenstehende Person, die diese Handlungen betrachtete und die Worte vernahm. Sie konnte nicht verhindern, dass ihr Tränen in die Augen traten, aber sie war zu stark und selbstbewusst, um dem nachzugeben und wirklich zu weinen. So stand sie nur da und lauschte seinen Worten, erinnerte sich an die zeit im Praetorium und wurde erst wieder lebendig, als er sie auf die Stirn küsste. Statt ihn gleich zu entlassen, schlang Valeria ein letztes Mal die Arme um seinen Hals und hielt ihn eine halbe Ewigkeit so fest, ohne etwas zu sagen, ohne sonst etwas zu tun. Eine Träne lief ihr an der Wange herunter, sie blinzelte sie fort und drehte dann den Kopf schräg nach oben, um Livianus einen Kuss auf die Wange zu geben.


    "Das wünsche ich dir auch, Marcus", flüsterte sie. Dann ließ sie ihn los und ging zum Gasthaus zurück, ohne sich noch einmal umzusehen. Es wäre wohl zu schmerzlich gewesen, denn trotz allem verbanden sie noch ganz innige Gefühle mit Livianus.



    Als sie das Gasthaus erreichte, ging sie sogleich auf ihr Zimmer, gab Anweisungen zum Packen und wies einen Sklaven an, den anderen ihr Unwohlsein auszurichten. Kaum zwei Stunden später reiste sie gen Heimat, nach Colonia.

  • Livianus stand noch eine ganze Weile da und starrte ins Leere. Das war nun die Trennung, die er sich weder gewünscht, noch damit gerechnet hatte. Noch auf dem Weg nach Germanien hatte er an eine mögliche Versöhnung geglaubt und sich ausgemalt, wie es wohl werden würde, wenn sie sich wieder zum ersten Mal nach so langer Zeit in den Armen lagen. Doch nun war alles gänzlich anders gekommen und im tiefen Inneren spürte er trotz des großen Schmerzes über diesen Verlust, dass es wohl das beste war…… für ihn, aber vor allem für Valeria. Als Soldat ging er einer ungewissen Zukunft entgegen, die man lieber mit niemanden teilen sollte.


    Vielleicht wollte das Schicksal es aber auch einfach nicht anders. Zuerst der große Verlust, den er mit dem Tod Aemilias erleben musste und nun auch das Beziehungsaus mit Valeria, noch bevor es richtig begonnen hatte. Ein Zeichen der Götter? Vielleicht! Aber auf jeden Fall ein Bestätigung für Livianus, dass es wohl nicht zu seinem Schicksal gehörte, jemanden an seiner Seite zu haben. Was auch immer die Götter mit ihm vorhatten – er wusste nun, dass er es auf sich allein gestellt bestreiten musste.


    Irgendwann bemerkte er, dass der Tag nun zur Gänze hereingebrochen war und sich die Stille nach und nach im Alltagslärm verlor. Mir seiner Hand wischte er sich die Tränen aus dem Gesicht, die ihm noch kurz zuvor über die Wangen gelaufen waren und sah sich dann um. Valeria war gegangen und irgendwie hatte er in diesem Moment eine Vorahnung, dass ein Wiedersehen lange auf sich warten lassen würde. Er atmete noch einmal die kühle Abendluft tief ein und ging dann zurück zu seinen Männern, um alles für die Reise nach Italia vorbereiten zu lassen.

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