Das Göttermahl - Nachtisch
Ein dezentes Magenknurren von Fulvius Frugi und neun strafende Blicke läuten das Ende des Hauptgangs ein. Der alte Septemvir zuckt nur entschuldigend mit den Schultern, dann geht die Aufmerksamkeit aller zurück zu den Göttern. Die Zeit des Nachtischs ist gekommen und die Septemviri müssen selbst nicht mehr lange ausharren.
Zu Vics Vorurteilen, oder eher zu seinen bestätigten Erfahrungen, gehört auch das Wissen darum, dass alle Frauen auf Süßkram stehen und davon nie genug kriegen können. Hinterher jammern sie dann zwar wieder über ihre Figur, aber das hält sie trotzdem nie ab vorher hemmungslos zuzuschlagen. Göttinnen haben dabei den Vorteil, dass sie sicherlich nicht zunehmen. Wenn man sich überlegt, wie viele Opfer jeden Tag überall im gesamten Imperium abgehalten werden und wie viele Teller jeden Tag für die Götter beim Essen bereitstehen, dann müssten die Götter schon enorm dick sein, wenn sie solche Probleme hätten. Haben sie aber nicht, und darum packt Victor der Minerve fast schon unverschämt viel Nachtisch auf den Teller. Opferkuchen mit Früchten, Aprikosenpfännchen, in Honig eingelegte Datteln, Feigen und Äpfel, süße Eiercreme, Birnenpatina und einiges Mehr findet so seinen Weg in den metaphysischen Magen der Göttin und letztendlich zurück auf den Gabentisch.
Als die Teller wieder abgeräumt werden, sind mehrere Stunden seit Beginn der Feier vergangen. Vic spürt seine Füße und ist trotz der ehrenvollen Aufgabe ganz froh, dass jede Zeremonie irgendwann ihr Ende findet. Opimius Naso stellt sich an den Tisch der Götter und die Septemviri reihen sich hinter ihm auf. "Iuppiter, Iuno und Minerva, wir danken für Eure Anwesenheit an unserer bescheidenen Tafel. Nehmt unseren Dank und unsere Bitte, wenn Ihr diese Tafel verlasst und wachtet über Euer Volk, wie Euer Volk Euch verehren wird, heute und in aller Zeit!"
Damit sind die Götter entlassen. Wie auf ein Kommando drehen sich alle Septemviri epulonum gleichzeitig nach rechts zur Tür und streben dem Wasserbecken neben dem Ausgang des Tempels zu, um sich die Hände zu reinigen. Das Epulum Iovis ist damit beendet. Die Tempelsklaven würden dafür sorgen, dass die Speisen zum Festmahl der Septemviri gebracht werden. Ein paar andere würden die nun wieder profanen Götterstatuen, die Klinen und das Geschirr zurück in die Nebenräume auf dem Capitol bringen. Wieder andere würden ganz am Ende die Cella reinigen und spät in der Nacht dann die Tore schließen.
Als die Epulonen den Tempel verlassen, knurrt wieder Fulvius Frugis Magen. Diesmal erntet er jedoch keine bösen Blicke, sondern nur gelöstes Gelächter. "Ein gutes Mahl." lobt der Magister Opimius Naso die Septemviri. "Und auch, wenn er heute keine Hauptaufgabe übernommen hat, bekommt Frugi das erste Stück Fleisch." Über den längst leeren Vorplatz des Tempels machen sich die Septemviri epulonum auf den Weg hinunter in die Stadt.