• Nur kurz sah Epicharis ihrer Sklavin nach, dann erhob sie sich, ging zum Wandschrank und holte ihre neueste Erwerbung hervor: (wieder mal) ein reichlich verziertes Spielbrett. Das Spiel hieß Fidchell und war keltischen Ursprungs. Epicharis hatte sich die Regeln mehrere Male erklären lassen müssen, ehe sie sie verstanden hatte. Das Brett war noch unbespielt. Da sie allein war, wollte sie die Regeln noch einmal durchgehen. So stellte Epicharis behende die winzigen Spielfigurchen in Form von schwarzen und weißen Pferdeköpfen auf die Startfelder und begann leise mit sich selbst redend, die einzelnen Züge noch einmal durchzugehen. Sie saß immer noch vor dem majestätisch anmutenden Spielbrett, als Kassandra zurück kam.

  • Eigentlich hatte Kassandra gedacht, der Rückweg wäre leichter zu finden. Aber als sie wieder auf dem Forum war, sah alles genauso neu und fremd aus wie zuvor. Prompt war sie auch falsch abgebogen und hatte sich zunächst verlaufen. Erst als sie gar nicht mehr weiter wußte, nahm sie ihren ganzen Mut zusammen und fragte nach dem Weg. Und sie hatte Glück ! Der Händler den sie schließlich fragte war überraschend freundlich gewesen und hatte ihr den Weg genau erklärt.


    Wieder ein wenig selbstsicherer, dafür aber reichlich spät kam Kassandra zurück und wollte iher Herrin berichten. Zwar glaubte sie nicht, dass ihre Herrin noch im Tablinum sein würde, trotzdem sah sie dort zuerst nach. Umso überraschter war sie, Epicharis wirklich dort anzutreffen.


    Ihre Herrin schien sie noch gar nicht bemerkt zu haben, denn ihr Blick ruhte immer noch auf einem Spielbrett vor sich. Kassandra kannte von zu Hause ähnliche Spielbretter - wenngleich diese bei weitem nicht so edel und wertvoll gearbeitet waren wie dieses - doch um welches Spiel und um welche Reglen es hier ging, wußte sie nicht.


    Eigentlich wollte sie ja nur einen kurzen Blick hineinwerfen und hatte daher nicht angeklopft. Nun stand sie aber schon in der halb geöffneten Tür und brachte zuerst ein überraschtes ohhh ? über die Lippen. Schnell trat sie nun ein um sich zurück zu melden. Herrin, ich bin wieder da. Es hat leider etwas gedauert, aber Eure Briefe sind unterwegs. sagte sie mit einem Lächeln. Ihr Blick zeigte aber immer noch die Verwunderung darüber, dass ihre Herrin hier war.

  • "...und dann den hier zwei Felder nach rechts? Nein..das ist gegen die Regel. Aber der hier könnte...." murmelte Epicharis und sah überrascht auf, als Kassandra eintrat. Sie musste wohl länger hier gesessen haben, als sie angenommen hatte. Der Weg zum Postofficium war nicht in zehn Minuten gegangen, und dass Kassandra schon wieder hier war, bewies, dass Epicharis sicherlich eine gute Stunde damit verbracht haben musste, mit sich selbst zu spielen und gegen sich zu verlieren. Dieses komische, keltische Fidchell-Spiel war wohl nicht für römischen Verstand ausgelegt, dachte sie frustriert und schob das Spielbrett bedauernd fort.


    "Oh, du bist schon wieder da? Das ging ja fix. Hast du es denn gleich gefunden?" fragte sie die Griechin, griff nach ihrem Becher und trank einen tiefen Schluck Wasser.

  • Der Hinweg war einfach Herrin und Eure Briefe sind sicher auf dem Weg ! berichtete Kassandra noch einmal freudig lächelnd, jetzt wo die Herrin sie bemerkt zu haben schien. Dann fügte sie etwas zerknirschter hinzu doch auf dem Rückweg hab ich mich wohl etwas verlaufen und musste nach dem Weg fragen. Daher bin ich wohl etwas spät. Dennoch war sie erleichtert, dass niemand sie vermisst zu haben schien oder vielleicht sogar angenommen hätte, sie wäre einfach weggelaufen. Denn an so etwas hatte Kassandra selbst noch in keiner Sekunde gedacht.


    Dass Epicharis aber immer noch hier allein im Tablinum saß verwunderte sie nun doch etwas. Hatte sie einfach nur die Zeit vergessen, wollte sie allein sein oder war sie es, weil zur Zeit das Haus recht verlassen schien. Zumindest hatte sie weder Dhara, Nordwin noch sonst jemanden aus der Familie der Herrin bei ihrer Rückkher angetroffen. Sie bot ihrer Herrin sogleich ihre Dienste an. Ihre Stimme wirkte aber nicht besorgt, sondern es klang eher nach einer Entschuldigung für den letzten Satz, "dass sie recht spät sei". Herrin, gibt es etwas, was ich für Euch tun oder mit dem ich Euch eine Freude machen kann ?

  • "Sehr gut", entgegnete Epicharis und nickte bestätigend. "Dass du dich verlaufen hast, ist nicht weiter schlimm. Immerhin hast du auch wieder zurück gefunden und bist nicht unterwegs verloren gegangen", versicherte sie Kassandra und winkte ab. Heute war sie nachsichtig, und sie hatte die Griechin schließlich auch nicht sofort nach deren Aufgabe wieder hier gebraucht, um etwas zu erledigen. So überlegte sie, als Kassandra sie fragte, ob sie noch etwas tun könnte. Zuerst wollte ihr nicht recht etwas einfallen, denn der Becher war noch gut gefüllt mit Wasser und es mangelte ihr auch sonst an nichts. Doch dann kam Epicharis eine Idee in den Sinn. "Hm, vielleicht gibt es da etwas. Spielst du gern? Oder hast du vielleicht einmal von diesem Spiel gehört? Es ist keltisch und heißt Fidchell. Bedauerlicherweise wollen mir die Regeln nicht mehr so recht einfallen, obwohl der Händler sie mir ganze dreimal erklärt hat... Sag, gibt es griechische Brettspiele, die du beherrscht? Was spiel man so in Griechenland?" löcherte sie nun Kassandra und lehnte sich zurück. Das war interessant für sie, denn Epicharis liebte jegliche Form von Spielen über alles.

  • Fidchell ? Nein, der Name und das Spiel sagen mir leider gar nichts Herrin. gab Kassandra offen zu. Ja, sie mochte Spiele ebenfalls sehr gern. Besonders die Abende, an denen sich ihr Vater sich dafür die Zeit für sie nahm hatte sie immer sehr genossen. Sie überlegte kurz, welche Spiele ihr spontan einfielen und von denen sie auch den lateinischen Namen kannte. Ich habe zu Hause sehr gerne gespielt. Mein Lieblingsspiel war Senet. Es hat fast die gleichen Regeln wie das römische Duodecim scipta und dabei konnte ich immer meinen Vater schlagen ... antwortete sie begeistert und musste bei dem Gedanken, wie sich ihr Vater immer so schön darüber ärgern konnte, sogar kurz lachen. ... und dann spielten wir auch oft Rotunda. Sie malte spontan mit ihren Fingern in der Luft das Spielbrett der Rundmühle nach. Dass sie den lateinsichen Namen von den Wachen gehört hatte, die es immer vor den Zellen spielten erwähnte sie aber nicht. ... dann gibt es bei uns ein Spiel, das nennt sich Pentagramma. Bei dem hat jeder Spieler fünf Steine und muss versuchen die anderen Steine des Gegners einzufangen. Aber das haben bei uns meist nur die Männer gespielt wieder zeichnete sie dabei das Spielbrett - fünf parallele Linien - in der Luft nach. Ihrer Herrin schien es zu gefallen und daher gab Kassandra freudig Auskunft.

  • In jener kurzen Zeitspanne zwischen Heimkehr von der quaestortätigkeit und der allabendlichen cena, so wusste Myrtilus, würde sein Neffe irgendwo im Hause anzutreffen sein. So machte sich der frischgebackene augur bald auf den Weg, nachdem man ihn auch tatsächlich von Vesuvianus' Ankunft unterrichtet hatte, und suchte den Jungen. Er hatte ausgesprochenes Glück und fand ihn im tablinum, in jenem Raum, in welchem die clientes empfangen wurden und welcher das familieneigene Archiv beherbergte. Ganz nebenbei war dies auch der erste Raum, in dem der Alte nachsah.


    Zuerst steckte er lediglich den Kopf ins Zimmer, dann, als er Vesuvianus gewahrte, folgte erst der Rest. "Ah, da steckst du", grüßte Myrtilus seinen Verwandten und steuerte auf einen der Stühle zu, auf welchen sonst nur die Klienten Platz nahmen. Er setzte sich leicht umständlich und sah Vesuvianus einen Moment zu bei dem, was er tat, doch schließlich räusperte er sich und fragte in seiner leicht senilen und doch freundlichen Art: "Herius, mein Bester, könnte ich wohl einen Moment deiner kostbaren Zeit für mich beanspruchen? Es gibt da, nebst zwei höchst erfreulichen Mitteilungen einige Dinge, die ich gern mit dir besprechen täte."

  • Zwei Tage vor dem geplanten Marsch durch Rom hatte Vesuvianus nach einer Vielzahl an Wegen in die verschiedensten Officii das Tablinum aufgesucht, um in diversen Unterlagen über die damalige Angelegenheit mit deinem Vater zu blättern. Er hatte eine Idee ins Auge gefasst, an deren Umsetzung er sich möglicherweise sogar am morgigen Tag machen würde. Myrtilus fand ihn in der einen Hand zwei Schriftrollen haltend und in der anderen mehrere Wachstäfelchen, die er beabsichtigte, zum Tisch zu jonglieren.


    "Ah, Onkelchen", erwiderte Claudius den Gruß, lief vorsichtig weiter und hörte gleichzeitig zu. "Wir können gleich reden, ich muss nur erst den Tisch erreichen."


    Er grinste wie damals als Knabe, wenn er etwas verbergen wollte. Hoffentlich fiel das dem Onkel nicht auf. Vielleicht war auch dessen Gedächtnis inzwischen nicht mehr so gut.

  • "Hm", kommentierte Myrtilus. die Jonglageversuche seines Neffen "Äußerst interessantes Unterfangen. Ich bin gespannt, ob du es.." Doch da klapperte schon die erste Wachstafel auf den gewienerten Boden und Myrtilus verkniff sich vorerst jedweden weiteren Kommentar und brachte die runzeligen Falten seines Gesichts in die Form eines Grinsens. "Ah", sagte er schließlich doch. "Mach dir nichts draus, du bist das Jonglieren eben nicht gewohnt."


    Er rutschte auf seinem Stuhl etwas zurück und brachte damit die Falten seiner toga wieder derart in Unordnung, dass sein vestispicius wie so oft die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sich wünschen würde, Myrtilus wäre in Baiae geblieben. Mit geschürzten Lippen, welche das ausklingende Grinsen darstellten, erinnerte er sich an seine Anliegen und begann mit den freudigsten zuerst. "Wenn du genug mit deinen Tafeln gespielt hast, höre, was ich dir mitzuteilen habe, Herius. Ich verschwieg dir meine Absichten bewusst, das vorweg. Doch nicht, um dich im Unwissen zu lassen, sondern weil ich fürchtete, du könntest einem alten Mann seinen sehnlichsten Wunsch absprechen", leitete er eine Neuigkeit ein und grinste dabei wie ein kleiner Junge, dem man eben ein Spielzeugpferd geschenkt hatte. "Man ernannte mich am vorgestrigen Abend zum augur", sagte er dann und fügte sodann hinzu: "Und gestern traf Tiberius ein, mein Sohn. Du kennst ihn sicher noch, er ist ein guter Junge. Kommt direkt aus Athen." Vaterstolz erfüllte nun Myrtilus' Antlitz.

  • "Von wegen nicht gewöhnt", brummte Claudius und setzte den Rest der Tafeln geräuschvoll auf dem Tisch ab. "Als Tribunus habe ich auch mit solchen Dingern herumhantiert. Allerdings hatte ich in meinem Officium einen Lagerburschen. Sollte ich mir hier vielleicht auch zulegen."


    Er blickte zu seinem Onkel hinab. "Ja, gute Idee: Hinsetzen. Ich bin heute schon genug herumgerannt. Ist man ja nicht unbedingt mehr gewöhnt, wenn man den Centurioposten lange hinter sich gelassen hat."
    Mit einem Ächzen, das weniger durch die steifen Knochen, als vielmehr durch die Anstrengung des Tages verursacht wurde, ließ sich Claudius fallen und streckte die Beine kurzzeitig aus. Bald darauf zog er sie aber wieder heran, stützte die Arme auf den Tisch und legte as Kinn in eine der Handflächen, während er seinem Onkel zuhörte.


    "Augur? Naja, wenn das deine Berufung ist? Herzlichen Glückwunsch!" Für Vesuvianus wäre dieses Amt gewiss nichts gewesen, wenngleich er an die Zeichen, die Götter den Menschen gaben, glaubte. Deuten müssen, wollte er sie jedoch nicht. Er wusste, dass es nur eine begrenzte Anzahl von Auguren gab und es nicht leicht war, in dieses Collegium zu gelangen, daher würdigte er - seiner Meinung nach - die Neuigkeit in ausreichendem Maße.


    Als die Sprache auf Tiberius kam, hob er jedoch überraschend den Kopf und legte den soeben noch aufgestützten Arm auf den Tisch.


    "Tiberius? Das kommt überraschend. Hast du denn von seiner Ankunft gewusst?"


    Vesuvianus fragte sich, wie alt der Junge wohl inzwischen sein mochte, wusste es aber nicht genau zu sagen. Er war zu lange in der Legion gewesen, um die Familienentwicklung lückenlos miterlebt zu haben.


    "In welchem Alter ist Tiberius jetzt? Ich weiß nur, dass er, nun ja, recht jung, wenn man bedenkt…"
    Er brach ab und grinste in sich hinein, als er ein Husten vortäuschte. Myrtilus war schon betagt gewesen, als er diesen Sohn zeugte. Eine beachtliche Leistung, wie Claudius fand, aber doch keine Ereignis, um es zu thematisieren.


    edit: Inhalt geä.

  • Myrtilus lachte leise. "Du musst nur rufen, und es wird jemand kommen", entgegnete er das, was Vesuvianus ohnehin schon wusste. Amüsiert betrachtete er, wie das Alter scheinbar auch schon Einzug in die Glieder seines Neffen gehalten hatte, und lächelte stolz ob der Glückwünsche. "Danke, mein Lieber. Ich stehe in Flavius Furianus' und Tiberius Durus' Schuld. Sie setzten sich bei Kaiser und Senat, sowie im collegium an sich für mich ein. Wir sollten dies bein der nächsten Wahlen berücksichtigen", sprach er und neigte den Kopf zur Seite, um Vesuvianus dabei wie ein Uhu zu mustern. Immerhin kam es nicht sonderlich oft vor, dass sein Neffe einen Anflug von Schwäche zeigte, so wie jetzt.


    Myrtilus' Gesicht hellte sich schließlich um noch eine Nuance weiter auf, als sie erneut von seinem Sohn sprachen. "Oh nein, das nicht. Du weißt doch, dass ich während ihrer Jugendtage schärfer darauf hätte achten sollen, dass sie mehr schreiben. Keiner schickt mir Briefe. Ich kann nur hoffen, dass Ofella zumindest ihr versprechen hält und mich ab und an bedenkt", jammerte Myrtilus und seufzte anschließend kopfschüttelnd. "Er ist sechsundzwanzig*", entgegnete er auf die Frage nach dem Alter hin und nickte. "Jaja...ich denke oft an Silvana, weißt du? Ach, und wie wir damals in Baiae diese Überschwemmung hatten und uns tagelang nur im Obergeschoss der villa aufhalten konnten... Das waren Zeiten..." Myrtilus grinste, in Erinnerungen schwelgend. Ja, das musste die Zeit gewesen sein, in welcher sie Tiberius gezeugt hatten... Der Alte räusperte sich. "Nun, wegen Tiberius' Karriere bin ich ebenfalls hier", leitete er das Gespräch neu ein. "Er trat bei seiner Ankunft an mich heran und offenbarte mir, ins Militär eintreten zu wollen. Nun, wie du weißt, kann ich den ordo senatorius nicht vorweisen, und das ist auch das Problem." Myrtilus' Stimme war nun ernster geworden, und beim Sprechen hatte er sich vorgeneigt.



    Sim-Off:

    * was hoffentlich in etwa stimmen mag, ich werde mal nachfragen. Nicht, dass ich hier falsche Tatsachen verbreite... ;).

  • Vesuvianus hörte den Ausführungen seines Onkels zu. Der Flavier und der Tiberier waren ihm natürlich ein Begriff, aber er äußerte sich nicht weiter dazu. Was ihm allerdings zu eine Feststellung veranlasste, war die erneute Erwähnung von Ofella.


    "Wie kommt es, Onkel, dass dir Ofella andauernd im Kopf herumspuckt? Davon einmal abgesehen musst du ein gutes Verhältnis zu ihr gehabt haben, wenn du auf ihre Briefe hoffst."


    Claudius blickte skeptisch. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass die beiden miteinander harmoniert hatten. Zwar war Onkel Galeo dafür bekannt, die Ruhe mit Löffeln vertilgt zu haben, aber ob er Nerven wie Drahtseile besaß, wagte Vesuvianus zu bezweifeln. Einzelheiten wollte er dennoch nicht erfragen, er wandte sich lieber dem Thema Tiberius zu.


    "Ja, es ist als Patrizier nicht mehr akzeptabel, wie vor Jahren die Mannschaftsdienstgrade zu besetzen, nicht einmal wenn es sogleich der Centurioposten ist, der anvisiert wird. Vormals ging auch noch die Kleidung des ritterlichen Tribunpostens, für den der Ordo Senatorius nicht Voraussetzung ist, aber auch diese Zeiten sind vorbei. Er wird sich den Ordo verdienen müssen, Galeo, sofern er keinen Fürsprecher findet. Habt ihr euch darüber denn bereits Gedanken gemacht?"


    Wieder stützte Claudius sein Kinn auf die linke Hand, der Arm ruhte auf der hölzernen Tischplatte, was ein Zeichen von Nachdenklichkeit war. Diese beiden Möglichkeiten gab es, eine war mühevoller.

  • Der Alte lehnte sich etwas vor und legte seine Hände auf den Schreibtisch, hinter welchem Vesuvianus saß. Dabei achtete er penibel darauf, dass ein symmetrisches Muster entstand, was mit den knochigen Händen, die von zu viel Haut überzogen zu sein schienen, gar nicht so einfach war. Er musterte seinen Neffen einige Herzschläge lang, ehe er etwas entgegnete. "Oh, sie spukt mir nicht im Kopf umher, Herius. Ich habe sie gern, und sie hat mir deinen Spross anvertraut, auf dass er gedeihen möge. Und ich verstehe partout nicht, warum ihr beiden nicht mehr miteinander klar zu kommen scheint. Vielleicht bereitest du eine kleine Überraschung vor, ehe sie hier eintrifft, mh? Vermutlich fehlt eurer Bindung ein wenig...nun, Feuer." Myrtilus hob eine Braue und sah dabei äußerst verschmitzt drein. Als sei diese Bemerkung nicht schon Grund genug für Vesuvianus, abwertend zu reagieren, fügte er hinzu: "Wer weiß, vielleicht wird der Junge sein Erbe bald mit seinen Brüdern teilen müssen. Diese Kutsche ist noch nicht abgefahren, Herius." Er klang zwar weise, doch vermutlich hatte sein Neffe ihm schon gar nicht mehr zugehört, oder aber er würde gleich abrupt das Thema wechseln. So zumindest schätzte Myrtilus Vesuvianus ein.


    Ehe die Situation aber eskalieren konnte, lenkte der alte Mann ds Gespräch erneut auf seinen eigenen Sohn, wenngleich es durchaus auch einiges über Lucius zu besprechen gab. "Deswegen bin ich hier, Herius, weil ich mir Gedanken gemacht habe. Ich möchte Zeit und Geduld dsr Flaviers nicht über genüge strapazieren, daher wäre es keine so gute Idee, erneut Furianus um Hilfe zu bitten. Die Frage ist daher, wen wir um eine Empfehlung bitten könnten. Tiberius hat deutlich gemacht, dass sowohl der Dienst an den Göttern, als auch eine Tätigkeit in der Verwaltung nichts für ihn ist. Er sucht die Herausforderung, das merkt man ihm an. Für ihn kommt nur ein Tribunat in Frage, doch diesem würde er sich mit aller Inbrunst widmen, das hat er mir versichert." Myrtilus schwieg einen Moment und lehnte sich erneut zurück. "Ich frage mich, wer sonst als Fürsprecher in Frage käme. Der junge Mann, welcher Epicharis zu ehelichen gedenkt - was war er noch gleich? Vielleicht sollte man sich auch auf die Verbindung Antonias stützen. Andererseits giltst du selbst auch als erfahrener Soldat, und als solcher wirst du Potential gewiss erkennen. Ich könnte mir allerdings vorstellen, dass man die Voreingenommenheit nachsagen wird, immerhin gehört Tiberius zur Familie. Ah je, eine schwierige Entscheidung. Ich hoffe, dass du mir helfen kannst, Herius. Du kennst dich in der Gesellschaft Roms bereits aus."

  • Vesuvianus konnte sich nicht erinnern, dass ihn in den letzten Jahren jemand derart verblüfft hatte. Sodass er für Augenblicke nicht wusste, ob er laut loslachen oder einen Entsetzenslaut ausstoßen sollte. Myrtilus hatte das Unglaubliche geschafft. Der gestandene Ex-Tribun gluckste verhalten, weil er weder lachen noch einen Uuaah-Laut ausstoßen wollte.


    "Eine Überraschung vorbereiten? Du meinst sie kommt wirklich?" Schon alleine diese Gedanken waren des Schreckens wert, aber der Folgesatz des alten Mannes war die Krönung. Feuer? In der Verbindung fehlte das Feuer? Das stimmte nicht im Ansatz. Claudius brachte Ofella fast ausschließlich mit Funkenflug in Verbindung, der aber weniger aus romantischer Leidenschaft als vielmehr aus den Blitzen ihrer empörten Augen, den Geschossen ihrer Zunge oder ohrfeigenden Händen resultierte. Einzig die Optik, in die hatte sich Claudius vor Jahren verguckt, die sprach ihn noch immer an, wenn nur der Charakter ein sanftmütigerer wäre.


    Doch als wäre es nicht genug, setzte der alte Mann noch einen obendrauf. Vesuvianus schaute ihn für einige Herzschläge sprachlos an, bevor er sich räusperte, um wenigstens den Versuch einer Antwort machen zu können.


    "Meinst du nicht, sie ist dafür bereits zu alt?"Vor allem aber war es für ihn derzeit schwer vorstellbar, dass in ihm etwas wie Lust aufkeimen konnte. Allein schon wenn er ihre Stimme hörte gefror es in ihm. Ja, wenn sie vielleicht still bliebe, sich zu nichts äußern würde, vielleicht dann. Manchmal half auch viel Wein.


    Vesuvianus war nicht bei der Sache, als Galeo weiter sprach. Erst beim Stichwort Tribunat wachte er auf, unterdrückte eine Nachfrage, sondern hörte fortan aufmerksam zu.


    "Du suchst einen Fürsprecher. Aristides ist zu gering im Rang, als dass er etwas bewirken könnte. Gracchus halte ich da schon für geeigneter. Selbstverständlich kann ich mich auch für ihn einsetzen, wobei es dann wiederum gut wäre, wenn ich zunächst mit ihm persönlich sprechen könnte. Hält er sich augenblicklich in der Villa auf? Vielleicht könnte ich, sofern der Junge militärische Qualitäten hat, meinen ehemaligen Legaten, Senator Purgitius, auf ihn ansprechen."

  • Glücklich wirkte Vesuvianus ja nun nicht gerade, vielmehr ernsthaft entsetzt. Und aus diesem Entsetzen heraus ward eine Idee im Geiste des Alten geboren, zu welcher er sich selbst beglückwünschte und die er durchzuführen gedachte, wenn Ofella nur ersteinmal hier eingetroffen war. Lucius würde sich gewiss über einige Geschwister freuen, und Ofella mochte zwar beinahe so alt wie sein Neffe sein, doch mit dem Segen der Iuno würde das schon hinhauen, darauf vertraute der Alte.


    "Natürlich kommt sie her", erwiderte er auch prompt. "Und ich finde wirklich, dass du ihr Unrecht tust. Sie ist eine herzensgute Frau, Herius, man muss sich nur die Zeit nehmen, ihre Sicht der Welt zu verstehen und sie respektieren." Nun ja, das stimmte vermutlich nicht ganz. Ofella war durchaus in manchen Situationen etwas schwierig, und vermutlich sah Myrtilus das Ganze auch deswegen anders, weil er nicht mit ihrer verheiratet war. Sein musste. Er räusperte sich. "Ach Herius, wir beide wissen doch, dass die Götter so manches Wunder wirken", entgegnete Myrtilus auf die Frage nach dem Alter hin. Er war sich sicher, dass sein Neffe sich seiner ehelichen Pflichten bewusst war. Aber vermutlich war er gerade deswegen auch so erschüttert darüber, dass Ofella anreisen würde? Vielleicht war er gar nicht so erpicht darauf, mit seiner Ehefrau weitere Kinder zu zeugen? Myrtilus legte den Zeigefinger an die Lippen und dachte nach. Für ihr Alter sah Ofella wahrlich nicht schlecht aus, und das wusste sie auch. Vielleicht ergab sich für den Alten eine Möglichkeit der Intervention, doch vorerst schob er die Sache beiseite und sagte abschließend: "Nun ja, die Zeit wird zeigen, was geschehen wird, nicht wahr? Warten wir einfach, bis Ofella eintrifft."


    Was seinen eigenen Jungen betraf, war Myrtilus natürlich augenblicklich wieder bei der Sache. Er nickte gemessen auf die Frage hin, ob der Junge in der villa sei. "Oh ja, ist er. Es wäre vermutlich die beste Idee, würdest du selbst mit ihm Reden. Du verstehst einiges mehr von der Legion als ich. Würde Tiberius zur See fahren wollen, könnte ich ihm weitaus besser helfen, aber so..." Myrtilus zuckte mit den Schultern. "Hm, Senator Purgitius. Er scheint mir eine vortreffliche Ansprechperson zu sein. Herius, wenn du es einrichten kannst, wäre ich dir sehr verbunden, wenn du an ihn herantreten könntest. Ich weiß nicht, wie viel er deinen Empfehlungen abgewinnen wird, doch wird er sicherlich deine Meinung als erfahrener Soldat einzuschätzen wissen, Familie hin oder her. Nimm am besten den Jungen mit, damit der Senator gleich ein gutes Bild von ihm bekommt."

  • Claudius blickte seinen Onkel skeptisch an und schwieg. Von der Herzensgüte einmal abgesehen war es ja gerade das Problem, Ofellas Sicht der Welt zu verstehen bzw. nachzuvollziehen. Vielleicht lag es aber auch an seiner anders gearteten Sichtweisen, diese Möglichkeit räumte er immerhin ein.


    "Ja, warten wir ab", erwiderte Claudius nach einer Pause. "Vermutlich ersuche ich dich später des Öfteren um Rat, denn mir scheint, dass du ein Frauenversteher bist." Was Claudius von sich nicht unbedingt behaupten konnte. Wurde es ihm zu kompliziert, schottete er prinzipiell ab. In diesem Fall drang nichts mehr zu ihm durch. Er fand es stets müßig, Frauenlogiken verstehen zu müssen. Am liebsten war es ihm immer noch, je weniger eine Frau sprach.


    Dankbar über den Themenwechsel nickte Claudius nochmals zustimmend, als die Sprache auf die Vorsprache bei Senator Purgitius kam.


    "Aber wie gesagt, ich müsste mir selbst erst einmal ein Bild machen, um zu wissen, wo seine Stärken sind."

  • Ein Frauenversteher? Myrtilus hob eine Braue und schmunzelte amüsiert. "Gewiss bin ich das nicht. Wäre ich es, hätte es nicht so lange gebraucht, bis ich seinerzeit Silvana überzeugen konnte, kein Scheusal zu sein, wie sie am Anfang stets behauptet hatte", erwiderte der Alte und gedachte seinem verstorbenen Weibe. "Nun ja, um Rat fragen kannst du dennoch jeder Zeit. Du solltest ihr gleich zu Anfang ein Geschenk machen, diesen Rat gebe ich dir jedoch gleich. Du weißt ja, wie berauscht die Frauen von Überraschungen und liebevollen Zuwendungen sind." Ein abschließendes Nicken zeugte davon, dass das Thema nun wirklich abgehakt war und Myrtilus sich nun gänzlich seinem Anliegen widmen würde. "Ich verstehe. Herius, wenn es deine Zeit erlaubt, werde ich sogleich anweisen lassen, den Jungen herzuholen, damit du ihm deine Fragen stellen kannst." Die Zustimmung kam recht bald, und ein schon etwas älterer Sklave wurde angewiesen, den jungen Herren herzuholen. Myrtilus ließ sich derweil etwas Wasser einschenken und Nüsse anreichen, auf welchen er schwerlich herumkaute, während er verstohlen seinen Neffen musterte. "Sag", begann er dann wieder, denn die Neugier hatte ihn nun doch erneut fest im Griff. "Du vermisst es nie, bei einer Frau zu liegen? Ich bin wahrlich zu alt, als dass mich jemand haben wollte, und doch sehne ich mir so manches Mal ein Paar verführerische Schenkel herbei", sagte Myrtilus und gluckste vergnügt. :D

  • An ein Geschenk hatte Claudius längst selber gedacht. Gleichzeitig war ihm klar, dass es nicht zu gering ausfallen durfte, wenn er beabsichtigte, Ofella damit zu beeindrucken und etwas zu bewirken. Inzwischen hatte er offensichtlich auch akzeptiert, dass der Besuch unausweichlich nahte und er wollte jetzt einfach das Beste draus machen. Wäre ja gelacht, wenn er auf dem Exerzierplatz und im Streitgespräch unbezwinglich war, aber vor einer Frau kapitulierte, noch dazu seiner eigenen Frau.
    Am liebsten hätte er seinen Onkel, der Ofella sicherlich inzwischen besser kannte als er, gefragt, ob er sie eher hart oder weich anfassen musste, aber diese Blöße gab er sich dann doch nicht. Irgendwie musste er das selbst herausfinden, er wusste nur noch nicht wie.


    Abwesend mit den Gedanken nickte er, als Galeo den Vorschlag machte, seinen Sohn rufen zu lassen. Sein ganzes Denken war von Ofella gefangen, obwohl sie noch nicht einmal zugegen war. Frauen besaßen Macht, mehr als einem lieb sein konnte. Wichtig war nur, dass man diese Tatsache vor ihnen verheimlichte. In Anwesenheit seines Onkels durfte er sich aber noch ungewappnet zeigen.


    "Hm?", fragte er aus den Gedanken geschreckt, als Myrtilus erneut das Thema 'Weib' zur Sprache brachte. Dann jedoch blieb ihm die Spucke weg, bei dem, was der alte Mann fragte bzw. äußerte. Ein paar verführerische Schenkel und Galeo, aber vermutlich hatte man auch im Alter noch diese Bedürfnisse, schlussfolgerte er.
    "Einen Schoß und eine Brust, in die man zeitweise versinken kann, ja, da wird auch der härteste Mann weich", sinnierte er vor sich hin und merkte erst, nachdem er geendet hatte, dass die Worte seinen Mund verlassen hatten. Er räusperte sich.


    "Wer vermisst das nicht, aber es gibt noch andere Dinge, die genauso erfüllend sind. Die Arbeit zum Beispiel." :D

  • "Ach Junge, du wirst das schon machen, daran habe ich keinen Zweifel", sagte Myrtilus in die Stille hinein und schmunzelte. Er hegte ähnlich Gedanken wie sein Neffe, was das Schlachtfeld und die Frauen anging. Ofella war zwar eine Frau für sich, aber irgendetwas musste schließlich zur Heirat geführt haben, nur eine Ehe aus politischen Zwecken war dies nicht gewesen. Immerhin war die ehemalige Lucretia eine der letzten Lucretier gewesen, die überhaupt in Rom lebten, alle anderen Verwandten befanden sich in Griechenland oder Spanien, weit genug weg also, um einen spontan verwandtschaftlichen Besuch einzuplanen, was vermutlich Vesuvianus' Glück war, wenn sie alle so waren, wie er Ofella einschätzte.


    Vesuvianus so sinnierend zu sehen und vor allem zu hören was er sagte, amüsierte den Onkel. Schmunzelnd kaute er vor sich hin, und kurz darauf war der Claudier wieder gefasst und räusperte sich, was Myrtilus ein kehliges Lachen entlockte. "Na, Herius, gib es doch zu, du vermisst es! Warum begibst du dich nicht dann und wann in eines der zahlreichen Häuser, in denen Liebesdienste angeboten werden? Derer waren es in Baiae schon viele, hier in Rom muss es sie geben wie Möwen im Hafen Ostias." Myrtilus lehnte sich vor. "Unter uns gesagt:
    Solche Damen reden meist nicht, sie erfüllen dir nur deine Wünsche. Und es gibt durchaus bessere Etablissements, ich weiß, wovon ich spreche",
    verkündete Myrtilus und zwinkerte seinem Neffen zu. Zwar waren die Besuche in solchen Häusern immer weniger geworden, was teilweise auch an Myrtilus' - leider! - eigenwilligem Körper lag, doch die Erinnerung hatte er sich bewahrt. Was sein Neffe nun aber von sich gab, nahm Myrtilus die Sprache. Verständnislos starrte er den 'Jungen' an. "Das ist nicht etwa dein Ernst, oder doch?" fragte er entsetzt nach. "Herius, wie kann es etwas wichtigeres geben als das Zeugen eines Erben, als die Fortführung des claudischen Blutes? Natürlich sollte man seinen Erben auch etwas hinterlassen, doch in deinem Falle ist durchaus genug vorhanden, meinst du nicht? Lucius kann aufblicken zu dir, und auch deine Töchter haben in jedem Falle einen Grund, stolz auf ihren Vater zu sein."

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