• Offensichtlich war der Onkel nicht ausgelastet. Anders konnte sich Vesuvianus dessen augenfälliges Gefallen am Thema Weib und Sex nicht erklären. Myrtilus kurbelte damit Überlegungen an, die der langjährige Soldat oft genug verdrängt hatte. Hinzu kam, dass er sich langsam in eine Verteidigungsposition gedrängt fühlte, was er zwar registrierte, aber wenig offensiv abzuändern gedachte.


    "Ich weile erst seit Beginn meiner Amtzeit in Rom, Galeo. Du vergisst, dass ich über Jahre in der Legion gedient habe und die war in Mantua stationiert. Mantua, Onkel, nicht Rom."


    Zwar gab es gerade im Umfeld von Legionslagern gewisse Etablissements, aber Claudius würde sicherlich nicht irgendwelche Frauen benutzen, über die bereits ganze Cohorten gezogen waren.
    Er strich sich über das Kinn, als Myrtilus auf den Erhalt des claudischen Blutes zu sprechen kam.


    "Natürlich ist es nett, wenn jemand das Bett zeitweise mit dir teilt, aber dabei geht es ja nicht ständig um das Zeugen eines Erben. Schon deswegen nicht, wenn die dafür benötigte Frau in einer anderen Provinz weilt."


    Auf Bastarde konnte er gut und gerne verzichten. In seiner Position musste er darauf besonders Acht geben, zumindest hatte er das bislang getan. Schließlich rief er sich zur Ordnung. Diese Gedanken waren absurd. Warm etwas auffrischen, was längst abgehakt war? Er winkte ab.


    "Galeo, das geradlinige Verfolgen einer Karriere kann sehr befriedigend sein. Zugegeben eine andere Art von Befriedigung, aber nicht minder erfüllend wie der Samenerguss im Schoß einer Frau. Ich habe mir außerdem das Zeil gesetzt, den Namen Claudius wieder in den Senat zu bringen. Es ist viel zu lange her, als der letzte unseres Geschlechts dort gesessen und Politik gemacht hat. Eine Frau lenkt von diesem Ziel nur ab, jedwede Betätigung in dieser Beziehung ebenso."


    Wie zur Bestätigung zog er eine Wachstafel hervor, auf der Daten festgehalten waren, die aktive Claudier in wichtigen Gremien enthielten. Er wies auf das letzte Datum.


    "Viel zu lange her."

  • Nach einiger Zeit des Wanderns durch die Villa Claudia traf Tiberius im Tablinum ein. Der Sklave, welcher Severus durch die Villa geführt hatte, wurde durch einen Handwink Tiberius´ von seinem Dienst befreit, den Claudier zum Tablinum zu führen. Bevor er seine Augen schärfen konnte, um seinen Vater zu finden, fielen ihm zwei Männer in den Augenschein, welche sich gerade über "brisante" Themen unterhielten. Mit einem Lächeln auf den Lippen ging er schnellen Schrittes auf die beiden Männer zu. Stumm nahm er sich einen der vielen Stühle in der Nähe und setzte sich neben die beiden.


    "Störe ich?"


    Er räusperte sich kurz und sprach dann weiter, ohne eine Antwort auf seine Frage zu erwarten.


    "Der Sklave sagte mir, ich soll zu dir kommen Vater? Wenn es um meinen weiteren Weg im Dienste Rom geht, ist es sehr erfreulich. Doch sehe ich, dass auch andere Themen hier einen gewissen Stellenwert besitzen."


    Mit einem Grinsen blickte er Herius an, ein symbolisches Nicken war der Ersatz der fehlenden Begrüßung, welche Tiberius in der Eile vergessen hatte.

  • Das Eintreffen Severus’ begrüßte Claudius als wohltuende Unterbrechung, der immer delikater gewordenen Unterhaltung mit seinem Onkel. Er musste die Worte erst einmal sacken lassen.


    "Keineswegs", erwiderte er daher besonders aufgeschlossen, und weil er den jungen Mann nicht zuzuordnen wusste, Myrtilus aber eingangs die Ankunft seines Sohnes erwähnt hatte, schlussfolgerte er richtig, noch bevor das Wort Vater fiel. ER nickte zurück, hoffte aber noch auf eine nachträgliche Vorstellung.


    Er registrierte mit Zufriedenheit, dass der Junge wegen der in Aussicht stehenden Unterstützung für seinen Werdegang derart schnell in das Tablinum geeilt war. Das machte einen pflichtbewussten, ja ehrgeizigen Eindruck. Claudius nickte anerkennend, verzog aber im Verborgenen das Gesicht, als die Anspielung auf das vorherige Thema kam. Sein Blick glitt zu Myrtilus, er hoffte, dass dieser den richtigen der beiden von Severus gebotenen Aufhänger wählen würde.

  • Myrtilus hob eine Braue. "Na, nun sage mir nicht, dass du noch nie etwas vom lupanar 'Zur siebten Glückseligkeit' in Mantua gehört hast! Das kenne ja selbst ich, und ich komme aus dem Süden und war seit einer halben Ewigkeit nicht mehr in Mantua" ereiferte sich Myrtilus und grinste breit. "Ach ja, bedauerlich, bedauerlich. Karriere und Frauen lassen dich doch stets vereinbaren, zumindest war das zu meiner Zeit so. Damals, als ich noch jung war... Warum kaufst du dir nicht eine nette Dirne auf dem Sklavenmarkt, ich hörte, nubische Frauen seien offen für so manche Dinge. Und eine Sklavin würde für die nötige Zerstreuung sorgen, gerade, wenn du unseren Namen erneut in den Senat bringen willst. Du wirst dich sonst noch einmal zu Tode ackern, glaub mir." Von Rom nach Baiae war es zudem nicht gerade weit, und eine andere Provinz war es auch nicht, Myrtilus fragte sich, ob er vielleicht etwas wissen sollte, was er nicht wusste. Wenn Vesuvianus sich nicht versprochen hatte, so meinte er gen Ende vielleicht gar nicht Ofella? Überrascht sah der Alte seinen Neffen an. "Gibt es etwas, das ich wissen sollte? Beabsichtigst du gar, dich Ofella zu entledigen?" Das wäre ja...das wäre... Myrtilus machte große Augen und schüttelte irritiert den Kopf. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass ein Claudier sich je von seiner Frau getrennt hatte. Das Eintreffen seines Sohne unterbrach die schockierten Gedanken. Tiberius setzte sich, und Myrtilus nickte ihm grüßend zu. "Tiberius, ja, ganz recht. Es geht um deinen Werdegang. Herius wird dir dabei behilflicher sein können als ich selbst. Er kennt die Gesellschaft Roms und auch einen ehemaligen Legaten, der zudem Senator ist und sich für sich einsetzen könnte. Herius wird dir dabei helfen, den ordo senatorius zu erlangen." Myrtilus lehnte sich zurück und sann über die Aussage nach, dass zu wenig Claudier im Senat saßen, während sein Neffe und sein Sohn ein ernsthaftes Gespräch führten.

  • Während die zwei sich miteinander beschäftigten, brummelte Myrtilus leise vergnügt vor sich hin und lauschte dem, was gesagt wurde. Wenn etwas gesagt wurde, hieß das, denn sowohl sein Neffe als auch sein Sohn schienen sich im gegenseitigen Anstarren und mimischen Gesten zu üben....

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