Ankunft eines alten Freundes

  • Es war ein ziemlich frischer Tag im Winter und in den Gassen Roms war nur wenig los.
    Aufgeregt wie ein kleines Kind hatte sich der Iulier seinen ledernen Mantel umgeworfen und war nach draußen vor die Porta gegangen.


    Unter der nicht wirklich wärmenden Tunika verbar sich ein Brief aus Germania.


    Schnell schweifte Senecas Blick in alle möglichen Richtungen.


    Noch zu früh, sagte er sich und holte mit einer Hand den Brief hervor, während er sich die andere unter seinem Mantel wärmte.



    An den Tribunus Cohortis Praetoriae Caius Iulius Seneca
    Casa Iulia
    Roma - Italia


    Ich grüße dich, mein Freund und Patronus!


    Bedauerlicherweise musste ich feststellen, dass unser Kontakt nach deinem Einheitenwechsel nahezu abgebrochen ist. Ich diene immer noch als Decurio in der III turma. Mir unterstehen die alten Hasen aus dem hispanischen und germanischen Feldzug. Man kann stolz darauf sein, solche Männer hinter sich stehen zu haben.
    Es war anfangs nicht leicht, als der Kommandostab praktisch ausgetauscht wurde. Wir konnten uns nur schwer an die neuen Stabsoffiziere und Offiziere gewöhnen. Mittlerweile tun wir unseren Dienst wie früher, wenn auch nicht mit so viel Begeisterung und Tatendrang, wie wir es früher taten. Ich hoffe, dass sich die Legio IX Hispana bald wieder beweisen kann. Bisher gab es keine Gelegenheit dazu. Die Grenze bei uns ist relativ Ruhig, gerade jetzt, wo der Winter kommt.
    Für mich persönlich ist die IX. nicht mehr relevant. Ich tue mich sehr sehr schwer, meine alten Kameraden und Freunde zu verlassen, doch ich will weg, nach Roma. Sicher willst du meine Gründe dafür hören. Ich weiß es selbst nicht, irgendwie hat sich alles verändert. Sicher, es sind noch einige Soldaten von früher da, aber sie werden bald als Veteranen irgendwo im Imperium angesiedelt. Danach, daran will ich gar nicht denken. Die Hispana wird mir zwar fehlen, aber ich halte es nicht mehr aus. Ich werde in den nächsten Tagen nach Roma reisen, die Papiere für meine ehrenhafte Entlassung aus der IX. halte ich bereits in Händen. Heute Abend werde ich eine große Feier veranstalten und mich von allen Kameraden verabschieden.
    Ich werde gegen Abend in Roma ankommen und hoffe einfach einmal, dass ich in der Casa Iulia empfangen werden kann.


    Ehre und Stärke


    Aulus Caecilius Sabinus


    Tatsächlich würde sein alter Kamerad nach Roma kommen.


    Seneca setzte sich auf eine Bank, die neben der Porta stand. Die Wintersonne fiel ihm ins Gesicht und er schloss die Augen.
    Wie in einem Zeitsprung kehrte er in die alten Zeiten zurück.


    Was hatten sie nicht alles durgemacht? Sie waren gemeinsam in Hispania gewesen, zwar war Sabinus erst kurze Zeit später zum Feldzug dazugestoßen, aber er hatte bestimmt genau so viel mitgemacht. Danach waren sie gemeinsam in Germania gewesen, im Krieg, danach bei der Ausbildung so vieler mutiger Männer.


    Kurz öffnete er die Augen, bevor er sie wieder schloss und im Reich der Gedanken versank.
    Würde er immer noch die gleichen pechschwarzen Harre wie früher haben, dazu die blauen Augen?


  • ~Aulus Caecilius Sabinus~



    Kamerad, steh auf!


    Der ziemlich hoch gewachsene, ehemalige Decurio stand lächelnd vor seinem alten Freund und warf einen Schatten auf dessen Gesicht.
    Er war die Straße von rechts gekommen und war leise an Seneca herangetreten, als er bemerkt hatte, dass dieser die Augen geschlossen hatte.
    Die Decurionenrüstung trug er trotz seines Zivilistenstatus.


    Das wenige, was Sabinus mitgebracht hatte, trug er in einer Tasche neben sich.

  • Zitat

    Original von Aulus Caecilius Sabinus


    Kamerad, steh auf!


    Plötzlich wurde es dunkel. Seneca öffnete seine Augen und erblickte einen Mann, der ihm an Körpergröße mindestens gleichkam und ihm daher das Licht der Sonne komplett verbarg. Er hatte dunkle, schwarze Haare und einen mittelbraunen Teint.
    Die Rüstung, die ihn als Decurio auszeichnete, reflektierte das Licht und blinkte.
    Er war es also tatsächlich.


    Mein Freund entfuhr es dem Iulier und er stand auf. Die Sonne zeigte sich dabei trotzdem nicht.


    Mit einem Lachen und einer Umarmung begrüßte er seinen Kamerad.


    Wie geht es dir? Und wie war die Reise?


    Mensch, wir haben uns so lange nicht gesehen. Erzähl doch mal.


  • ~Aulus Caecilius Sabinus~


    Der noch relativ junge Mann konnte sich nun auch kein Lachen mehr verkneifen und drückte den Iulier. Er sagte erst gar nichts und spürte nur den Druck, den sein Freund erwiederte. Sie hatten sich tatsächlich wieder getroffen, nach so langer Zeit.


    Meine Güte, es war sicher eine Ewigkeit.
    Aber dafür verlief die Reise recht schnell. Die Straßen sind soweit befahrbar. Und mir geht es eigentlich ganz gut. Immer wenn ich in Rom bin, bin ich glücklich, zumindest anfangs,
    fügte er noch schnell hinzu und lächelte, bevor die beiden die Casa betraten.




    edit:nebensatz hinzugefügt

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