• Der kleine Zug, bestehend aus den zwei Sänften, vielen Gepäckträgern und einer kleinen Gefolgschaft an Sklaven, erreichte endlich die Tore Roms.
    Sogleich postierten sich einige Leibwächter um die Sänften, denn man war am vorzeitigen Ziel dieses Tages.
    Eine Kutsche und drei gespanne warteten schon seit dem Morgengrauen vor den Toren Roms auf die Herrschaften, die man nach Ostia bringen würde.


    Sogleich entstieg Furianus mit Schwung der Sänfte und blickte sich zufrieden um. Seine verlobte hatte er noch nicht persönlich begrüßen können und die Regenwolken waren glücklicherweise schon hinfort gezogen.
    So ging er zu Claudias Sänfte und spaltete die Vorhänge vorsichtig mit der Hand entzwei. Lächelnd streckte er ihr seine Hand zur Hilfe entgegen.


    "Salve, Claudia. Entschuldige, dass ich dich nicht schon vor der porta begrüßt habe, doch solch ein Wetter verstimmt mich recht schnell. Und einen verstimmten Lucius wollte ich dir nicht zumuten, Liebste."

  • Claudia hatte den Weg von der Villa hierher nicht wirklich genossen, da durch den Regen die Vorhänge langsam feucht geworden waren und das ständige Trommeln auf dem Dach an ihren Nerven zerrte. Es war eine grosse Erleichterung, als der Regen endlich aufhörte und ausser den Schritten auf dem Pflaster waren nur noch Stimmen zu hören.


    Als die Sänfte anhielt und Furianus die Vorhänge beiseite schob, erschien ein Lächeln in ihrem Gesicht. Sie ergriff seine Hand und entstieg langsam der Sänfte.


    "Salve Lucius. Eine lange Begrüssung an der Porta wäre bei diesem Wetter auch nicht unbedingt angenehm gewesen."


    Sie schaute sich ein wenig um.

  • "Das hast du vollkommen Recht."


    Pflichtete er ihr bei und führte sie an der Hand zu einer geschlossenen Kutsche, deren Tür bereits vorsorglich aufgemacht worden war und die Herrschaften nur eintreten mussten. Es war eine Kutsche der bequemeren Sorte, keine mit Holzbänken, sondern mit Polstern und reich verzierten Vorhängen, die eigentlich nur dem Schutze vor fremden Blicken dienten, denn Fenster hatte man bereits verbaut.

  • Claudia betrachtete die Kutsche von aussen etwas skeptisch, doch als sie einen Blick hinein werfen konnte, war sie durchaus erfreut. An der Hand ihres Verlobten, stieg sie in die Kutsche. Sie setzte sich und begann es sich bequem zu machen.

  • Furianus folgte ihr, nachdem er einigen Sklaven noch Anweisungen bezüglich des Gepäcks gegeben hatte, in die Kutsche hinein.
    Auch er machte es sich ihr gegenüber bequem und zögerte nach einer Schriftrolle zu greifen. Schließlich hatte er noch viel Zeit einen Blick hinein zu werfen, doch seine Verlobte würde sich nur langweillen. So ergriff er das Wort erneut.


    "Bis Ostia werden wir sicherlich einen vollen Tag benötigen. Falls du etwas benötigen solltest, so zögere nicht danach zu fragen. Ostia werden wir spät abends erreichen und uns dann in der dortigen flavischen Casa ausruhen, um dann am nächsten Morgen per Schiff gen Misenum zu reisen."


    Erklärte er ihr, so dass sie Bescheid wusste und nicht dachte er würde sie sofort in Ostia das Schiff zumuten.

  • "Das klingt nach einer sehr vernünftigen Planung." sagte sie. Sie war zwar etwas verwundert, dass die Flavier in Ostia lediglich eine Casa besassen, aber störte sich daran nicht weiter.


    "Warum hast du dich eigentlich für eine Schiffsreise entschieden?" fragte sie.

  • "Das Meer fasziniert mich."


    Erwiderte er und hätte sich am liebsten geschollten, denn er liebäugelte mit einer Privatyacht, was er jedoch verschwieg.


    "Wusstest du, dass zu den Zeiten des Achilles und des großen Troja das Mare Nostrum schlicht die "Große Grüne" hieß? Es ist faszinierend und mir stellte sich beim ersten Lesen auch die Frage warum man das Meer so nannte, ist es doch eher bläulich, als grün.
    Da gibt es verschiedene Theorien, wie die, dass das Mare Nostrum an einigen Stellen so tief ist, dass es anstatt blau grün schimmert. Eine andere Theorie ist, dass das Volk am Nil, die Ägypter, ihren lebensspendenden Fluss den Großen Grünen nannten. Und da der Nil einem Meer ähnelt und dann auch noch in das Mare Nostrum mündet, gab man dem ganzen Meer jenen Namen, den der Fluss stets trug."


    Erklärte er ihr, um so das Gespräch ein wenig aufrecht zu erhalten. In der Hoffnung sie nicht ermüdet zu haben, lächelte er kurz und schaute, nachdem der Vorhang leicht weggeschoben wurde, nach draußen.


    "Wir wissen so vieles nicht voneinander, doch es freut mich, dass diese Lücken sich langsam schließen. Zwar glaube ich daran, dass ich dich noch ein ganzes Menschenleben kennenlernen werde, doch ich bin dazu bereit und sehe dem lächelnd entgegen, freue mich darauf.
    Doch ich wundere mich, dass du mich nicht fragst warum ich nach dem Amt des Architectus Proovincialis nun ein weiteres, den Equestern vorbehaltenes, Amt eingenommen habe."

  • "Ich mag das Meer nicht sonderlich. Es ist meist gefährlich es zu bereisen und Rom war stets ein Landreich." sagte sie.


    Sie lauschte seinem Vortrag und nickte lächelnd.


    "Nein, das wusste ich noch nicht." sagte sie daraufhin. Sein jugendlicher Überschwang erfreute sie immer wieder und sie hörte ihm gerne zu, wenn er versuchte sie mit seinem Wissen zu beeindrucken, so wie es kleine Jungen bei ihrer Mutter taten.


    "Nun, ich dachte mir, dass du schon weisst was du tust und das es auch deinem Wunsch entspricht. Daher wollte ich deine Entscheidung nicht hinterfragen."

  • Ihr Verständnis überraschte ihn, die Abneigung dem Meer gegenüber überraschte ebenfalls, doch nicht im positiven Sinne. Er mochte das Meer, es war so weit und klar, so mächtig und doch sanft.


    "Und wenn ich es möchte? Wenn ich dich darum bitten würde meine Schritte stets zu hinterfragen, würdest du es tun?"

  • Nun richtete er vollends seinen Blick auf sie.


    "Bald wirst du meine Frau sein, ein Teil von mir. Die Vorstellung eines Lebens voller Gleichgültigkeit und Desinteresse für die Schritte und Gedanken des Ehepartners empfinde ich als grässlich an. Als ein Teil von mir sollst du das Recht haben alles zu hinterfragen, so wie auch ich mir das Recht nehme selbiges bei dir zu tun.
    Auch wenn du nicht meiner Patria Potestas unterstehen wirst, sui iuris bleibst, wirst du dennoch ein Teil von mir sein, so wie ich ein Teil von dir. Eigenständige Personen werden wir zwar immer noch sein, doch als eine Einheit, eine Familia. Ich werde Verantwortung für dich tragen, meine Handlungen werden auch dich stets betreffen, mit dir in Verbindung gebracht. Selbiges gilt auch für dich und deine Taten.
    Deshalb sehe ich es als notwendig an, dass wir als Einheit leben und über alles informiert sind, auch über etwaige Gründe für solch gewichtige Schritte."


    Er bemühte sich das Wort " Ich" nicht allzu sehr hervortreten zu lassen, denn seine Worte waren durchaus fordernt gesprochen und er ergriff zum ersten Mal - ohne beschönigende Worte - sein Recht als Ehemann etwas eindringlicher zu mahnen.

  • Obwohl sie nun völlig irritiert war, verriet ihr Gesichtsausdruck nichts davon und sie schaute noch genauso lächelnd, wie bereits seit Beginn der Kutschfahrt.


    "Es tut mir leid, wenn ich dich gekränkt haben sollte. Das ich deine Entscheidung nicht hinterfragte, war kein Ausdruck von Desinteresse, zumindest war es nicht so beabsichtigt. Vielmehr wollte ich dir dadurch zeigen, dass ich grosses Vertrauen in dich und deine Entscheidungen habe."

  • Furianus war wohl ein wenig zu streng, nachdem er in dieses unschuldig lächelnde Gesicht blickte und sich dann entschuldigend an sie wandte.


    "Entschuldige, ich hätte meine Worte mit mehr Bedacht wählen sollen."


    Auch er zwang sich ein kleines Lächeln ab.


    "Dein fehlendes Hinterfragen war auch nicht die Intention für meinen ... Ausbruch. Die Arbeit nagt an mir, man merkt es wohl schon. Vielleicht auch das Alter, wer weiß"


    Und wieder dieser Blick der Flucht durch das Fenster.

  • Claudia konnte ein kurzes Auflachen nicht unterdrücken, als er das Alter erwähnte.


    "Es liegt sicherlich an der Arbeit, Liebster. Dein Alter hat noch kein Recht über dein Gemüt zu bestimmen."

  • "Vermutlich hast du, wie so oft, Recht."


    Sagte er seufzend und lächelte ihr wieder unbeschwert entgegen. Ein Seitenblick zu den Schriftrollen, die neben ihm lagen, und er wandte sich wieder an sie.


    "Doch ich schaffe es wohl nicht sie ganz zu verbannen. Selbst in dieser Zweisamkeit bewacht mich die Arbeit streng."

  • Sie lächelte.


    "Dann widme dich deiner Arbeit. Sie ist wichtig für Rom und damit auch wichtig für mich. Wenn ich zum Wohle Roms ein wenig zurückstehen muss, so ist dies ein Opfer, dass zu tragen ich bereit bin."

  • "Als Römer schätze ich deine Worte, Liebste, als Verlobter nicht."


    Sagte er lächelnd, denn er musste sich selbst gestehen ein wenig Neid gegenüber Rom zu verspüren, falls sich seine Verlobte zu bereitwillig zurückstellte, zu oft.


    "Schließlich tragen wir Roms Ideale und, was wohl entscheidender ist, Roms Zukunft in uns."


    Diese leichte Andeutung an den Nachwuchs entlockte ihm ein Grinsen, während er sich eine der Rollen nahm und das Siegel aufbrach, um darin zu lesen.
    So fuhren sie weiter gen Ostia.

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