• Gefährlich war es geworden, und ruhig. Schon seit längerem waren die Stadttore abgeschnitten und nur streng kontrollierte Warentransporte zogen in die Stadt.
    Das machte sich natürlich auch auf dem Markt bemerkbar, und bei den Leuten. Die Nahrungsvorräte waren knapp, denn es kam nicht genügend Nachschub und das meiste ging gewiss zur Versorgung der Rebellen, ihrer Soldaten und dem Genuß ihrer Führer drauf.


    So kam es wie es oft kam, während eines Krieges, die Leidtragenden waren die Zivilbevölkerung. Der Ärger staute sich zu allem Überfluss, als die Obersten beschlossen die Nahrungsmittel zu rationieren. Aufeinmal standen Frauen, Kinder und Greise vor den Lagerhallen der Stadt, doch sie standen vor verschlossenen Türen und alle Müh war vergebens, sich mit dem Nötigsten einzudecken.
    Doch während gleichzeitig der Mangel die Not verstärkte, feierten die Führer der Rebellen saftige Orgien, der Wein floss in Strömen und die Dirnen waren willig und jung.


    Ohne Frage war die Stimmung gereizt innerhalb der Colonia und die Lage angespannt. Ich betete jeden Tag zu den Göttern, zu Merkur dem Schutzgott der Reisenden, und damit auch der Boten, daß mein Brief in Emerita ankommen möge. Lange würden wir diese Situation nicht mehr durchhalten und es würde nur noch eine Frage der Zeit sein, bis erste zivile Opfer zu beklagen sein würden und das ganze in einen Bürgerkrieg mündete.


    Aus Vorsicht, nicht erwischt zu werden, aus irgendwelchen unerpfindlichen Gründen prangerte mein Bildnis an einigen Plakaten überall in der Stadt, von Fabius und Mummius hatte ich nebenbei nichts mehr gehört, auch nicht von Mephisto und ich hoffte, daß sie noch am Leben wären, obwohl das Leben in den feuchten, modrigen Kerkern der Befestigungsanlage gewiss kein angenehmes war.


    Ich erreichte den Vorplatz zum Tempel des Iuppiter Optimus Maximus, unbeschadet, und schickte ein Stoßgebet gen Himmel. Hier auf sakralen Boden fühlte ich mich sicher. Die Rebellen würden es nicht wagen, das Eigentum des Gottes, erst recht des Höchsten aller Götter, zu schänden. Jedenfalls bildete ich es mir ein. Die Rache wäre ohne Frage grausamer und furchterregender als jede menschliche Rache sein konnte.


    Langsam schritt ich die Stufen hinauf in das Innere des großen Tempels, in dem die Statue des Höchsten auf mich herabschaute. Sorgfältig begann ich daran, die Gaben auszubreiten.

  • Viel war es nicht und so langsam kamen mir die Zweifel, ob der göttliche Iuppiter diese Gaben überhaupt annehmen würde. Kein Stier - wo sollte ich einen solchen auch herbekommen - oder sonstige Kostbarkeiten, vornehmlich Feldfrüchte, Gerste, Hafer, Obst, aber auch Brot und Wein.


    Ich weiß nicht, ob es meine anfängliche Naivität war oder mein schier unermeßliches Vertrauen in das Einsehen, welches die Götter mit uns haben sollten, in jener mißlichen Lage, in der wir uns nun schon seit mehreren Wochen befanden.


    Ich legte die Gaben auf eine Operschale und plazierte sie auf dem foculus, direkt vor dem großen Standbild des Optimus Maximus. Dabei kniete ich mich selbst auf den kahlen Steinboden, zog den oberen Zipfel der Toga über meinen Kopf und entzündete den Weihrauch. Wenn nur nicht einer der oberen Priester mich jetzt entdecken würde.


    Der Weihrauch breitete sich schnell aus und stieg mir in die Nase. Ich streckte meine Arme in die Höhe und sprach die Worte, daß nur ich und der allmächtige sie verstehen konnten.


    "O allmächtiger Iuppiter Optimus Maximus !


    Dir zu geben und zu opfern, kniee ich vor Dir in der Asche deinerselbst,
    alles zu geben, was mein Herz zu geben vermag,
    Deine Macht und Deine Großmut zu erfahren wie Du Deine Taten oft vollbracht.
    So nimm von mir diese Gaben, meine eigene Frömmigkeit,
    an der sollst Du dich laben.
    So geb ich Dir, daß Du mir gibst und was Du mir hast gegeben,
    will ich Dir auf ewig vergelten.


    Ich bitte Dich, gerechter Gott,
    erhöre meine Bitten und Rufe, verschone diese Stadt, die stolze,
    die sich rühmt des irdischen Herrschers Heimat zu sein,
    verschone diese Menschen, die getrieben in frevelhafte Litaneien.
    Zeige Deine Macht und Deine Großmut zu erfahren wie Du Deine Taten oft vollbracht.


    O allmächtiger Iuppiter, zeige Dich mächtig und erhaben,
    so will ich Dir zu Ehren, ein Haus der Freude richten, wo
    es ruft und schallt Deinen Namen.
    Denn so gebe ich, was Du gegeben."


    Anschließend drehte ich meinen Oberkörper nach rechts, um das rituelle Ende des Gebets anzuzeigen. Darauf goß ich den Wein aus einem Krug in im Boden vorhergesehene Löcher. Langsam plätscherte die Flüssigkeit und verschwand schließlich ganz im Boden.
    Dann wurden die Gaben verbrannt. Weißer Rauch stieg auf, der durch eine Dachöffnung nach oben ins Freie auftauchte.
    Demütig senkte ich das Haupt und verharrte in Stille.

  • Iuppiter sah auf seinen Diener hinab.


    Und er hatte Mitleid.


    Trotz der Schlichtheit der Zeremonie war der Mann redlich, redlicher als so mancher, der ihm mit großem Pomp zu dienen vorzeigte.


    Doch noch hatte sich der Göttervater nicht entschieden ob er sich in die Querelen seiner Kinder diesmal einmischen sollte. Um nun dem Sacerdos dies zu zeigen, ließ der Herrscher des Pantheons den weißen Rauch sich auf wundersame Weise teilen, als der Mann den Kopf wieder hob. Es waren klar zwei Rauchsäulen entstanden, die sich in unterschiedlicher Richtung kräuselten. Noch war der Weg des Schicksals ungewiss ...

  • Langsam brannten die Gaben hinunter und der Rauch stieg immer weiter. Mein Blick wanderte nach oben und so sah ich wie sich die Rauchsäule auf wundersame Weise teilte. Ein Zeichen ? Fürwahr, das wird es sein.
    Erleichtert atmete ich auf. Der Gott hatte das Opfer angenommen. Nun würde sich zeigen, in welche Richtung das Schicksal Cordubas sich drehen würde.


    Nachdem ich die ruhende Asche auf dem Foculus entfernt und alle Utensilien wieder an ihren Platz gestellt hatte, begab ich mich langsamen Schrittes hinaus aus dem Tempel, nicht ohne ein letztesmal einen Blick auf die Statue des Optimus Maximus zu werfen, und es war, als sähe er mich direkt an.
    Aber vielleicht bildete ich es mir auch nur ein, und das kam von den vielen Weihrauch, der noch im Raum lag und sich nur langsam verzog.


    So trat ich nach draußen, in der Gewissheit, den Gott hinter mir zu haben.

  • In diesem Moment schossen zwei besoffene Milizionäre aus Spaß mit Steinschleudern auf vorbeikommende Passanten. Auch auf den gerade aus dem Tempel heraustretenden Mann wurde ein Steinchen abgeschossen, dass den Mann direkt auf der Stirn traf und damit sicherlich sehr schmerzhaft war;)


    Sim-Off:

    Der Einbau metaphysischer Elemente mutet schon recht merkwürdig an... :dagegen: -.^

  • Arg, verdammt ! rieb ich mir die Schläfe. Irgendwas hatte mich getroffen und ich sah mich um, wer der Übeltäter sei.


    Da sah ich die beiden Milizionäre. Nicht mal auf sakralen Grund kannten diese auch nur ein Fünkchen Ehrfurcht. Ich lächelte in mich hinein, tiefgründig und geheimnisvoll. Der Zorn des Gottes würde sie für diesen Frevel strafen.


    Dann rannte ich weiter und war kurz darauf verschwunden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!