Atrium | MTD und Claudius Marcellus

  • Stesichoros
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    Der Ianitor führte den Quaestor ins Atrium und dort in eine Sitzecke mit Korbstühlen. Mit einer Geste, sich zu setzen, erklärte er


    "Wartet einen Augenblick!"


    Damit verschwand er in den Tiefen der Villa.


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    Kurz darauf erschien Manius Tiberius Durus, der Aedilis Curulis, in einer weiten, langärmligen Tunika, die von einem Gürtel zusammengehalten wurde. Er war recht überrascht, vom Quaestor besucht zu werden - vermutlich war es etwas privates, da er nicht in der Basilica besucht wurde.


    "Salve, Claudius! Was verschafft mir die Ehre?"

  • Als der Tiberier im Atrium auftauchte, begrüßte Marcellus ihn mit einem schlichten Kopfnicken.


    "Salve Tiberius Durus! Ich komme heute in einer eher unangenehmen Angelegenheit zu dir und habe es daher auch vorgezogen dich nicht offiziell in der Basilica aufzusuchen, sondern die Sache vorerst inoffiziell zu besprechen. Ich möchte auch nicht lange um den heißen Brei herumreden. Soweit ich gehört habe, pflegst du seit kurzem mit einem gewissen Pompeius Antipater Umgang. Trifft dies zu?"

  • Durus war höchst überrascht. Er war sich nicht einmal sicher, wer dieser Pompeius Antipater war. Pompeier waren ihm bereits mehrere begegnet, aber wer von ihnen Antipater geheißen hatte...vielleicht sollte er besser nachfragen, bevor er sein Gedächtnis bemühte.


    "Wer ist dieser Pompeius Antipater? Und warum wäre ein Umgang mit ihm ein trauriger Umstand?"

  • "Jemand der dich vor kurzem besucht und für seinen Kult gewinnen wollte – dem Cultus Ishtaris. Er war auch bei mir und hat mir erzählt, dass er dich bereits für einen Gedichtswettbewerb gewinnen konnte, den der Cultus veranstalten möchte. Und er hat mir gesagt, dass du ihm bereits zugesagt hast. Seine Sklavin wurde auch gesehen, als sie dich allein in deinem Officium aufsuchte. Ich hoffe deinem Gedächtnis wieder auf die Sprünge geholfen zu haben."

  • Durus erinnerte sich sofort an die wohlproportionierte Sklavin, mit der er ein Stelldichein im Archiv gehabt hatte. Dann hatte der Tuniken-Verleiher wohl Antipater geheißen...wenn er recht darüber nachdachte, war das sogar gut möglich...


    "Er wollte mich nicht für seinen Cultus gewinnen. Damit hätte er auch kaum Erfolg gehabt, Claudius. Allerdings habe ich tatsächlich für den Wettbewerb zugesagt. Ich wusste nicht, in welchem Rahmen das ganze stattfindet. Eigentlich hatte ich eher ein Symposion erwartet..."


    Entweder war Claudius ein sehr besorgter Mann oder aber er traute ihm tatsächlich zu, vom Glauben an die guten, alten Götter abzufallen und irgendwelche wollüstigen Göttinnen aus seiner alten Heimat anzubeten.


    "Und Dich hat er auch besucht und mit meinem Namen geworben?"


    Das wiederum überraschte ihn etwas...

  • "Nicht nur mich! Auch den Consul und dessen Bruder Vinicius Hungaricus. Ich bin mir sicher, dass er auch weitere Magistrate des Cursus Honorum sowie andere einflussreiche Bürger aufgesucht hat, um für seinen Kult zu werben. Der Consul und ich waren uns jedenfalls einig, dass die Magistrate des Cursus Honorum keines Falls mit diesem Kult in Verbindung gebracht werden sollte. Weder als Teilnehmer einer seiner Veranstaltung und schon gar nicht als scheinbares Mitglied. Wenn wir uns offen bei solchen Zusammentreffen dieses Kultes zeigen, dann sind solche Gerüchte recht schnell in die Welt gesetzt. Du weißt wie schnell sich so etwas durch Rom verbreiten kann."

  • Offensichtlich war Marcellus richtiggehend aufgeregt. Also fragte Durus nach und hielt bei dieser Gelegenheit einen vorbeigehenden Sklaven ein, dem er mit einer Geste befahl, 2 Becher verdünnten Wein zu bringen.


    "Ist der Kult denn gefährlich? Ich habe mich kaum mit ihm befasst, muss ich zugeben. Also abgesehen von seiner Unsittlichkeit."

  • "Ob er gefährlich ist kann ich dir noch nicht genau sagen. Es ist auf jeden Fall sehr ungewöhnlich, dass ein fremder Kult mit einer äußerst freizügigen Sklavin um neue Mitglieder oder Gönner wirbt. Dieser Antipater ist mir nicht ganz geheuer und auch seine Art sich bei der römischen Oberschicht einen Namen zu machen, ist ziemlich ungewöhnlich und fragwürdig. Bei mir ging er sogar soweit, sich bei meiner sechzehnjährigen Tochter einzuschmeicheln, ihr Briefe zu schreiben und sogar ein Geschenk zu zusenden – und dies nicht in Rom sondern in Mantua. Da kann ich nicht mehr an einen Zufall denken. Dies sieht mir eher nach einen sehr taktischen Vorgehen aus, dem man nachgehen und es gegebenenfalls unterbinden sollte."

  • Bei der Erwähnung der freizügigen Sklavin kamen ihm plötzlich sehr viele Assoziationen in den Sinn, aber er ließ sich natürlich nichts anmerken. Stattdessen nickte er und zog eine Augenbraue hoch. Er hatte gar nicht gewusst, dass die Claudier ebenfalls eine Tochter frei hatten! Vielleicht wäre diese auch eine gute Partie - wenn die Sache mit den Flaviern nicht funktionieren würde. Aber das war jetzt nicht der Augenblick, Heiratspolitik zu betreiben.


    "Ohne Deine Einverständnis? Das ist wahrlich sehr ungehörig! Vielleicht bin ich ihm gegenüber doch zu offen gewesen..."


    Er rieb sich das Kinn und schien einen Punkt 100 Schritte hinter der Wand des Atriums zu fixieren.
    In diesem Augenblick erschien der Sklave mit einem Tablett, auf dem zwei schlichte, aber elegante Becher mit verdünntem Wein vom Familiengut in Hispania standen.

  • "Das denke ich auch. Der Consul sieht die Angelegenheit jedenfalls so wie ich und hat mir in dieser Sache freie Hand gegeben. Ich werde diesem Cultus also in nächster Zeit wohl etwas mehr Aufmerksamkeit schenken als mir eigentlich lieb ist und als erste Amtshandlung alle Magistrate des Cursus Honorum informieren und ihnen nahe legen, sich von diesem Antipater und seinem Kult deutlich zu distanzieren."


    Ohne auf eine einladende Geste zu warten, nahm sich Marcellus einen Becher vom Tablett des Sklaven und wartete, bis auch Durus zugriff. Das ganze Gerede mit dem Aedilis hatte ihn wohl etwas durstig gemacht.

  • Marcellus lehrte seinen Becher in einigen großen Zügen und nickte dem Aedilis dann dankend und verständnisvoll zu. Dieser Mann wusste sich einen Fehltritt einzugestehen und die notwendigen Gegenmaßnahmen zu ergreifen.


    "Dann ist diese Sache wohl geklärt Aedilis. Ich bin froh über dein Verständnis und deiner Ehrfurcht vor der Entscheidung unseres Consuls. Ich werde ihm berichten, dass du dich in Zukunft von diesem Cultus und von Pompeius Antipater fernhalten und jedwede Unterstützung ablehnen wirst."

  • "Gut, dann danke ich Dir für die Information, Claudius!"


    erwiderte Durus mit einem Lächeln, das aber wenig mit persönlicher Freude zu tun hatte.


    "Möchtest Du noch etwas Wein?"

  • Marcellus verneinte dieses Angebot durch eine Geste mit seiner Hand und machte dann anstallten wieder aufzubrechen.


    "Vielen Dank, aber ich muss weiter. Die Nachricht des Consuls habe ich dir ja somit überbracht und werde ihm auch vom positiven Ausgang unseres Gespräches berichten. Wir sehen uns Aedilis. Vale!"

  • Durus verabschiedete sich freundlich und geleitete den Gast bis zum Ende des Atriums, von wo aus ihn ein Sklave hinausführte und der Ianitor ihm die Tür aufhielt.
    Der Hausherr machte sich unterdessen auf den Weg zurück in sein Officium.

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