Forum Romanum | Arvales Fratres - vota pro salute principis

  • Der dritte Tag des neuen Jahres brach an und vor dem Tempel der Concordia auf dem Forum erschienen unzählige Staatsklaven. Sie trugen drei grosse Sänften, in denen je ein weisser Ochse und zwei ebenso makelose weisse Kühe. Es hiess, der Magister der Arvales hätte in den letzten Tagen persönlich auf den Märkten der Stadt die besten Opfertiere gesucht und habe sich bemüht, eben diese besten Tiere für die Bruderschaft zu sichern.
    Kiron, der Aufseher der Staatsklaven und selbst ein Freigelassener, war etwas nervös, denn er wusste, sie würden diese Transportsänften durch die halbe Stadt tragen und es war ihnen auch nicht erlaubt jetzt die Sänften abzusetzen. Zusätzlich zu den Tieren ruhte auch der Blumenschmuck auf den Schultern der Männer, doch die schwere Last war nicht Kirons einzige Sorge, er hatte ja genug Träger einsetzen können. Vielmehr sorgte ihn, das die Tiere, besonders der Ochse unruhig wurde. Zwar hatte man zuvor die Tiere mit Krätern beruhigt, doch wenn die wirkung nachliess, oder aus irgendeinem anderen Grund eines der Tiere probieren wollte aus zu brechen, dann könnten sie kaum etwas dagegen tun. Aber, beruhigte er sich, es sollte ein Opfer für die Trias werden, es würde schon gut gehen. So warteten sie, das die Bruderschaft aus dem Tempel heraus treten würde.


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    Und es dauerte nicht lange, da trat aus dem Tempel Quintus Tiberius Vitamalacus, Magister der Arvales Fratres heraus, gewandet in eine makelose, helle Toga praetexta, der Purpursaum setzte prachtvoll vom weissen Stoff ab. Doch besonders stiess seine Kopfbekleidung hervor : ein Ährenkranz, gebunden mit einen weissen Stoff.


    Gemessenen Schrittes trat er an oberste Stufe der Treppe, welche zu dem Tempel herauf führte, wartete darauf, das seine Brüder sich neben und hinter ihm versammelten.

  • Auch Tiberius Durus, der verwandte des Magisters trat aus dem Tempel. Wie Vitamalacus trug er eine strahlende Toga Praetexta und den Ährenkranz mit dem Band, der ihn als Frater Arvalis auszeichnete. Heute würde er sein erstes öffentliches Opfer abhalten, weshalb er ein wenig nervös war. Andererseits hatte er bereits so oft zu Hause geopfert, dass es kaum ein Problem darstellen würde.
    Als er den Tempel verließ, streifte sein Blick über die versammelten Menschen und die Sänften, in denen die Opfer getragen wurden.



  • Furianus, ebenfalls mit der toga praetexta und mit dem Ährenkranz mit weißer Binde bekleidet, trat als Dritter aus dem Tempel und postierte sich neben dem Magister. Ein recht eigenartiges Bild bit sich ihm zugleich, als er die Tiere in den Sänften sah - ein Lächeln gewann ihm dieses Schauspiel ebenfalls ab.


    Als Ethos ihres Standes, als Repräsentanten der unerschütterlichen römischen Tradition standen sie nun da, die 12 Patrizier unter Patriziern.

  • Auch Marcellus trat kurz nach den anderen aus dem Tempel und stellte sich auf den vorgesehenen Platz. Da er erst seit kurzem wieder aus Achaia zurückgekehrt war, gab er heute sein Debüt bei einem solchen Umzug der Bruderschaft. Gespannt sah er sich um und beobachtete jeden Schritt seiner Kollegen, um keinen Fehler begehen.

  • Die Bruderschaft hatte sich an den Stufen des Tempels versammelt, Tiberius Vitamalacus blickte von mal über die Träger und die Opfertiere, versicherte sich, das alles zu seiner Zufriedenheit war. Dann setzte er sich gemessenen Schrittes in bewegung, wohl wissend, das die Bruderschaft es ihm gleich tun würde.
    Betont würdevoll und leicht steif stieg er Stufe um Stufe herab, lenkte seine Schritte auf Via Sacra über das Forum. Hinter der Bruderschaft schlossen sich die Träger an. Un dahinter würden sich jene römischen Bürger anschliessen, welche der Prozession folgen wollte. Wer das nicht wollte, blieb einfach stehen und liess das Schauspiel auf sich wirken.
    Besonders als der Magister das Zeichen das Carmen Arvale mit tiefer, kräftiger Stimme einstimmte.

    "enos Lases iuvate
    enos Lases iuvate
    enos Lases iuvate


    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris


    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber


    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos


    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato


    triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe"

  • Mit einer Haltung, als wäre seine Wirbelsäule aus Holz und unbeweglich, schritt auch Durus die Stufen des Tempels hinab. Dann reihte er sich direkt rechts von Vitamalacus in die Prozession ein und führte so gemeinsam mit seinen Mitfratres den Zug an.
    Dann fiel er mit seiner mittelmäßigen Baritonstimme in das Carmen Arvale ein, das sie bereits zu Genüge im Tempel geübt hatten. Eigentlich machte dem Patrizier singen Spaß, aber er hatte selten Gelegenheit dazu - höchstens im Bad und im Templum Concordiae.


    "Neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris


    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber


    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos


    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato


    triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe"


    Gebetsmühlenartig (obwohl es solche in Rom überhaupt nicht gab oder zumindest Durus derartiges nicht kannte) wiederholten die Brüder das Lied auf ihrem Marsch über die Via Sacra...

  • Wie Aurelius im Zuge der Bruderschaft beobachten konnte, schienen doch etliche Bürger den Patriziern über die heilige Straße zu folgen, welche - wie ganz Rom an jenem Tage - von einer sanftmütigen Sonne belächelt und vom monotonen Singsang der Römer durchdrungen wurde.

  • Da Furianus einer schönen Stimme nicht mächtig war, nahm er diese Pflichterfüllung auch aus dem Grunde der Schonung seiner Kehle nicht in dem Maße wahr, wie es die Pflicht verlangt hatte.
    So schritt auch er in der vordersten Reihe mit und sang leise, die Lippen in täuschend reger Bewegung ,einem lauten Gesang nachahmend, führend.


    "Neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris


    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber


    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos


    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato


    triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe"


    Natürlich war sein Blick an dem der Brüder gemessen nicht sonderlich konzentrierter, hatte er doch genügend Übung in den heiligen Wortern der Bruderschaft erfahren dürfen - besonders zu den alljährlichen Opferritualen in ihrem Tempel.

  • "Neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris


    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber


    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos


    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato


    triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe"


    Marcellus war äußerst froh darüber, dass er den Text dieses Liedes noch rechtzeitig auswendig lernen und nun so halbwegs mit seinen Kollegen mithalten konnte. Stolz bei dieser Prozession an vorderster Stelle mit dabei zu sein, stimmte er so gut es ging mit ein.

  • Der Prozessionszug zog langsam die Via Sacra über das Forum entlang, der sonore Klang des Carmen Arvale begleitet ihn, wie auch der bsänftigende Geruch der langsam in den Schale auf den Sänften schwelenden Kräuter. Es ging vorbei am Haus der Vestallinnen, vorbei am Tempel der Venus et Roma und am Flavischen Theater.
    Gemessenen Schrittes ging Quintus Tiberius voran, lenkte seine Schritte auf die Via Tusculana, steuerte so den Zug auf die Porta Caelimontana zu.

  • Auch Mars begleitete den Prozessionszug, was natürlich die Mehrheit der Leute nicht mitbekam. Aber er erfreute ich an dem Gesang sowie dem Ernst und der Würde, mit der die Männer ihren Pflichten nachkamen. Auch diesmal würde er im Gegenzug seinen Anteil dazu leisten, dass die Grenzen nicht überrannt wurden und die Felder nicht ausdörrten. Für den Rest war Dea Dia zuständig.

  • Der Zug erreichte jene Stelle, welche schon seit langen Zeiten die schon seit langer Zeit für die vota pro salute principis der Arvales Fratres verwendet wurde. Magister nach Magister gab die Stelle seinem Nachfolger weiter, doch die genaue Durführung konnte von Magister zu Magister varieren.
    Heute setzten die Trägersklaven ihre schwere Last in einem Halbkreis ab, blieben aber daneben stehen. Die Tempeldiener, welche die Opfertiere in das Zentrum führen würden, eilten zu ihren Tieren, andere hingegen stellten im Mittelpunkt des Kreises Feuerschalen auf, in denen langsam Weihrauch und Kräuter verbrannten.


    Der innerste Halbkreis wurde von den Arvalbrüdern selbst gebildet, ihr Magister in ihrer Mitte. Noch erklang der Monotone Gesang der Bruderschaft, doch langsam verstummte das Carmen Arvale und Tiberius Vitamalacus trat in das Zentrum, genau zwischen zwei Feuerschalen.

  • Durch seinen dezenten Gesang brillierte Furianus keineswegs und war auch jetzt zum ersten Male richtig froh nicht Magister der Bruderschaft sein zu müssen.
    Wenn er schon jetzt in der Aufregung unterging und all seiner Sinne beraubt war, er konnte sich nicht vorstellen zwischen diesen beiden Feuerschalen und dann noch in der Mitte zu stehen.
    Sein Blick auf die Brüder gegenüber verriet, dass diese sich wohl nicht anders fühlten, besonders die, die diesem Ritual zum ersten Male beiwohnten, wie auch er.


    Doch nun wartete er gespannt auf die weitere Druchführung und rief sich immer wieder den exakten Opferablauf ins Gedächtnis, den er - ihm bangte es schon davor - durchführen musste.

  • Noch einmal erklang das


    "Triumphe, Triumphe, Triumphe!"


    zum Abschluss, dann stand Durus schweigend im Kreise der Fratres. Der Kranz auf dem Haupt juckte ein wenig, was seiner würdevollen Haltung jedoch nichts nahm. Sein Blick war starr auf Quintus gerichtet, der inmitten der Arvalbrüder und der Opferhelfer stand und die vota beginnen würde.

  • Die letzten Klänge des Carmen Arvale verstummte und mit einer langsamen Handbewegung forderte Tiberius Vitamalacus von allen Anwesenden Ruhe ein. Besonders nervös waren in diesem Augenblick die Tempeldiener, welche die drei Opfertiere ruhig halten sollten. Nichts wäre unpassender, ein schlechteres Omen als das laute Blöcken eines dieser Rinder.


    Aber es herrschte Ruhe und die Stimme des Tiberius Vitamalacus und das leise Knistern der Feuer in den Opferschalen waren alles, was nun zu hören war.


    "Heute, ANTE DIEM III NON IAN DCCCLVII A.U.C., wie an dem Beginn eines jeden Jahres, rufen wir, die Arvales Fratres, das Capitolinische Trias an."


    Die Stimme hallte über die Köpfe der Menschen hinweg, jedes Wort schien mit bedacht gewählt.


    "Wir tuen dies zum Wohle Roms !"


    "Wir tuen dies zum Wohle unseres Principes Imperator Caesar Augustus Lucius Ulpius Iulianus Divi Traiani Filius, Pontifex Maximus, Tribuniciae Potestatis, Censor, Imperator, Pater Patriae !"


    "Wir tuen dies zum Wohle seiner Familie !"


    "Wir tuen dies zu Ehren seiner Ahnen !"


    Dann verstummte er, verharrte im Schweigen. Dies war das Zeichen, das nun das erste Opfer beginnen würde. Im Hintergrund erklang zuerst leise, dann lauter werdend, gedämpfte, würdevolle Musik. Ein Tempeldiener näherte sich Tiberius Vitamalacus mit einer Waschschale, andere hielten sich bereit die Opfergaben zu bringen und der Ochse wurde vorsichtig von den Bändern befreit, die ihn auf der Tragesänfte festhielten.

  • Tiberius Vitamalacus wusch seine Hände in der Schale, welche der Tempeldiener ihm gereicht hatte, benetzte auch sein Gesicht, um so die rituelle Reinheit sicherzustellen. Als Zeichen das er nun der Opferherr war, legte ein Tempeldiener einen weissen Mantel um, dessen Kapuze tief in sein Gesicht ragte.
    Dann wandte er sich dem nächsten Tempeldiener zu, der ihm ein eine geöffnete Schachtel darbot, in der sich Weihrauch befand. Tiberius nahm diesen, drehte sich zu der Opferschale neben sich.


    "Für das Wohl Roms, für das Wohl unseres Imperators, rufe ich nun dich an, Iupitter, oberster Gott, Sohn des Saturns und der Ops."


    Langsam und Würdevoll liess er den Weihrauch in die Opferschale fallen, dann drehte er sich wieder rechts um, nahm die nächsten Opfergaben, Wein und Kekse, entgegen, drehte sich zürück.


    "Für das Wohl Roms, für das Wohl unseres Imperators, bitten wir dich, Iupitter, oberster Gott, Sohn des Saturns und der Ops, diese unsere Gaben anzunehmen."


    Wieder legte er die Opfergaben ab, in der Opferschale schwellte der Weihrausch langsam vor sich hin, im Hintergrund wurde das Flötenspiel langsam lauter und der Ochse wurde heran geführt.
    Der Kopf des weissen Tieres war prachtvoll mit roten Wollbinden geschmückt, über seinem Rücken lag eine weisse Wolldecke. Während sich Tiberius Vitamalacus dem Tier zu wandte, befestigeten die Tempeldiener die Ketten an den Beinen des Tieres an im Boden eingelassenen Befestigungen.


    Langsam umrundet der hochgewachsene Tiberier das Tier, musterte es ründlich. Natürlich gab es nichts zu bemängeln, schliesslich war das Tier sorgfältig ausgesucht worden. So musste er nur einmal nicken und erneut reichte man ihm die Schale in der er sich die Hände wusch und reichte ihm auch das malluium latum, mit dem er sich die Hände trocknete. Tempeldiener gingen die Reihen der Arvalbrüder und Zuschauer ab, beschrenkelten diese mit Wasser.


    Jetzt machten sich die Tempeldiener daran, den Schmuck des Tieres zu entfernen und der Victimarius reichte dem Opferherren das Opfermesser und erneut umrundete dieser das Tier, strich dabei mit dem Messer über den Kopf des Tieres. Dann reichte er das Messer zurück.
    Nun folgte der traditionelle Wortwechsel zwischen Opferherr und Victimarius.


    "Agone ?"


    "Age !"


    Das Messer durchschnitt die Kehle des Tieres, es war ein sauberer, glatter Schnitt und das Blut floss reichlich. Tempeldiener machten sich daran in Schalen dieses aufzufangen.
    Der tödlich verletzte Ochse ging langsam zu Boden, kein Laut drang aus seine Kehle und bald darauf war das Tier tot, der Boden um das Tier herum war Blut getränkt. Dann öffnete der Schlächter das Tier und entfernte die Innereien, welche er in die Patera legte. Dann machte er sich daran, das restliche Tier zu zerlegen.
    Ein Tempeldiener hielt derweil die Spendenschale Tiberius Vitamalacus hin, der die ihm dargebotenen Innereien eindringlich musterte. Schweigen herrschte, nur das Flötenspiel der Tempeldiener erklang, während alles auf die erlösendenden Worte wartete.

  • Durus stand weiter schweigend in der Reihe. Mit wachem Blick verfolgte er jede Handlung von Quintus - bald würde er selbst an der Reihe sein, für den Imperator ein Opfer darzubringen. Kurz huschte sein Blick zu der weißen Kuh, die sein Messer spüren würde. Dann verfolgte er den völlig ruhigen Ochsen.


    Die Kekse kokelten noch, als der Stier unter der Axt des Victimarius zusammenbrach. Als die Innereien zutage traten, fiel Durus auf, dass er wenig Ahnung von Innereien hatte. Zwar hatte er schon oft zu Hause geopfert, aber die Innereien hatte er stets nur flüchtig betrachtet - schließlich war er kein Metzger und für die Dinge, die in den Dingen steckten, interessierte er sich kaum.


    Seine Hände ballten sich kurz zur Faust - bald würde er an der Reihe sein...

  • Gründlich musterte er die Eingeweide des Tieres, überprüfte ob nichts fehlte, ob keine schwarzen oder andersartig negativ zu deutetenden Stellen zu sehen war. Doch so gründlich er auch schaute, konnte er nichts finden. Er reichte die Schale dem Tempeldiener zurück und sprach die Erlösenden Worte.


    "Litatio!"


    Dann trat er langsam rückwärts zurück, schlug die Kapuze zurück und liess sich den Mantel wieder abnehmen. Er reihte sich in das Halbrund der Bruderschaft ein, es war nun an einem seiner Brüder das nächste Opfer durchzuführen.

  • Wie es der Opferablauf und die göttliche Ordnung verlangte, so war er nun an der Reihe sich in die Mitte zu begeben.


    Furianus, dieser Ehre und der angemessenen Würde bewusst, schritt langsam aber dennoch zielsicher der Mitte des Kreises entgegen. Er postierte sich vor dem kleinen Waschbecken und tauchte demonstrativ langsam seine Hände hinein, die auch sogleich von einem popa, der mit einem weißen Leinentuch bereit stand, abgetrocknet.
    So wusch er sich, wie es Brauch und Sitte war, rein, bevor er seine toga leicht löste und das Stück Stoff über sein Haupt legte. Natürlich war dort wiederum ein popa zur Hilfe abgestellt worden, der diese "Kapuze" zurecht zupfte.


    Das weisse Rind, welches heute von ihm der Iuno geschenkt werden sollte, stand schon angekettet, mit der Wolldecke und weißen und scharlachroten Wollbinden um die Stirn, den infulae mit vittae, bereit.
    Die Opferprüfung, hostiam probare, vollzog er sogleich, indem er das Tier langsam umrundet hatte und mal hier und da kurz inne hielt, um den Schein einer sorgfältigen Prüfung aufrecht zu erhalten - jeder wusste bereits, dass das Tier vorher sorgfältig erwählt und kleine Mängel auch mit ein wenig Farbe retuschiert wurden.


    Nun wurde ihm von einem weiteren Opferhelfer die Schüssel mit der von den Vestalinnen gefertigten mola salsa gereicht, wie auch ein Weinschlauch.


    "Dieses Tier weihe ich der großen Iuno!"


    Rief er in klarer und fester Stimme aus, um sogleich danach die mola salsa aus der Schüssel über das beruhigte Rind zu streichen und es mit dem Wein zu übergießen. Somit war es nun ein heiliges, ein sakrales Tier.


    Nun hatte Furianus etwas zeit sich zu ordnen und noch einmal Luft zu holen, denn das Tier wurde nun entschmückt. Dies taten, weshalb sie auch sehr zahlreich vertreten waren, Opferhelfer.


    Ein popa, der mit einem goldenen und mit wunderschönen Edelsteinen besetzten Opfermesser zu ihm schritt, überreichte ihm dieses, das culter. Das Opfermesser lag aufgrund seiner Verzierungen und dem prunkvollen Design sehr schwer in der Hand, was Furianus nicht besorgte, denn er würde das Tier nicht schlachten müssen.
    Den Richtlinien solch eines Opfers folgend strich er dem Tier mit dem culter von Kopf bis zu dem Schwanz, damit es vollkommen entkleidet geopfert werden sollte.
    Mit angemessen ernstem Gesichtsausdruck wandte er sich mit den Händen gen Himmel gestreckt zu der Menge.


    "Große Iuno, Hüterin der Ehe und Geburt, Herrin Roms!"


    Eine kleine Kunstpause folgte und er fing wieder an, als der Nachhall seiner Stimme verstummte.


    "Heute haben wir uns hier versammelt, um dir dies Geschenk zum Wohle der kaiserlichen Familie zu überbringen!


    Herrin Roms, große Iuno, behüte unseren Kaiser und seine Gemahlin, sowie auch das Blut jener, das Ulpische, auch dieses Jahr!


    Lasse die Ehe weiterhin blühen, lasse auch weiterhin Leben entspringen und gedeiehen!


    Dir zu Ehren opfern wir, dir zu Ehren unser Geschenk!"


    Mit der Ruhe, die sein Opferritual bisher beherrschte, übergab er das Messer einem victimarius, einem Schlächter. Während dieser und der Opferhelfer mit der Schale, in der das Blut hineinfliessen sollte, postierten, trat Furianus einige Schritte zurück. Schließlich sollte das Gewand rein bleiben, denn eine Blamage durch einerblutverschmierte Toga wollte er sicherlich nicht.


    "Agone?"


    Rief ihm der Schlächter zu, worauf Furianus lautstark antwortete.


    "Age!"


    Noch bevor seine Worte und der Nachhall verklungen waren, durchschnitt der geübte Mann dem Rind die Kehle und das Blut floss zuerst auf den Boden, wurde jedoch erfolgreich von der Blutschale aufgefangen.
    Nun war wieder eine kleine Zwangspause nötig, da das Blut abrinnen musste, bevor sich der victimarius an sein Werk machen konnte.
    So schnitt er nach ein paar Minuten das tote Tier auf und trennte die Eingeweide sorgfältig heraus, legte sie auf die patera.
    Nachdem alle Eingeweide herausgeschnitten und der Schlächter sich an die weitere Verarbeitung des Rindes machen konnte, wurde die patera zu Furianus getragen, der schon vor einem kleineren Sockel stand, der anschließend die patera trug.


    Natürlich eignete sich Furianus mit der Hilfe des Hausschlächters der Flavier zuvor die Anatomie des Rindes an, denn er wollte nicht unvorbereitet opfern und das Herz mit der Niere nicht verwechseln.
    So stand er eine Weile die Eingeweide des prächtigen Tieres prüfend vor der Schale gebäugt und achtete insbesondere darauf, dass sein Gewand nicht schmutzig wurde, die Hände waren es sowieso schon.


    Nach einer Weile befand er, dass die Untersuchung nun genug gedauert hatte und er die Menschen nicht länger auf die Folter spannen sollte. Und so drehte er sich glücklich und mit blutroten Händen zu den Brüdern und der rings um diese versammelten Zuschauer.


    "Litatio!"


    Erklang es über den Platz und er sah, wie alle ihr voller Ungewissheit verstelltes Gesicht nun mit einem Lächeln versahen. Danach begab er sich zu einer weiteren Schüssel mit Wasser, wusch sich die Hände und ließ sie sich abtrocknen, um sich sogleich wieder in die Reihen der Brüder zu stellen.
    Das letzte Opfer konnte beginnen.

  • Ruhig und gelassen, wie es es seine Art war, verfolgte das Opfer seines Mitbruders. Er hatte keinen Zweifel, das dieser in der Lage war, das Ritual durch zuführen und auch am abschliessenden Urteil hatte er nicht gezweifelt.


    Nun lag es an seinem Verwandten Durus Minerva ihr Opfer darzubringen.

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