Die Mädchen begannen auf ein unsichtbares Zeichen an ihre Instrumente zu benutzen.
Es wurde still in den Raum und man hörte nur die Musik, Flöten und Zimbeln. In einer sanften und ruhigen Art spielten sie. Doch dann…
…Amesis betratt den freien Platz vor dem Altar.
Der Stoff, der ihren Körper bedeckte war dünn, farbenfroh und leicht, es waren nur Schleier.
Ruhig stand sie in der Mitte, ihre Gesicht erhoben und das Licht der Lampen spiegelte sich auf ihrem Antlitz. Sie hob die Arme an und streckte sie dem Himmel entgegen.
Ihre Füsse trippelten im Rhythmus der Flöte und zweier Zimbeln. Ihre gerundeten Arme riefen jemanden herbei, der immerfort entfloh. Sie stellte ihm nach, leichter als ein Schmetterling, wie eine neugierige Psyche, wie eine umherschweifende Seele, und es schien, als wolle sie davonfliegen...
Ihre Gebärden drückten Seufzer aus, ihre ganze Gestalt ein solches Schmachten, das man nicht wusste, ob sie einen Gott beweinte oder unter seinen Liebkosungen verging. Die Lider halb geschlossen, schwang sie ihren Bauch in wogendem Auf und Ab, ließ ihre Brüste erzittern, allein ihr Antlitz blieb starr und ihre Füße hielten nicht inne...
Dann folgte die Liebesraserei, die nach Erfüllung verlangt. Sie tanzte wie die Priesterinnen Indiens, wie die Nubierinnen vor den Katarakten, wie die Bacchantinnen Lydiens. Sie bog sich nach allen Seiten, einer Blume gleich, die der Sturmwind schüttelt. Die Brillanten an ihren Ohren hüpften, der Stoff auf ihrem Rücken schillerte; von ihren Armen, ihren Füßen ihren Gewändern sprühten unsichtbare Funken, die die Männer entflammten.
Eine Harfe erklang; die Menge antwortete mit Beifallsrufen.
Ohne die Knie zu beugen, spreizte sie die Beine, neigte sich so geschmeidig nach hinten, daß ihr Kinn den Boden berührte; und ihr Körper bebte vor Lüsternheit. Dann wirbelte sie um die Tische, rasend wie ein Hexenkesel, und mit von Seufzern der Wollust unterbrochener Stimme rief sie ihm zu: "Komm! Komm!" Sie kreiste unaufhörlich; die Pauken dröhnten zum Zerbersten, die Menge brüllte.
Doch der Gott vor ihr entwich immer wieder ihren Armen, sie stellte ihm nach, seufzend und voller Verlangen, an jeder der sieben Säulen des Tempels lies sie jetzt einen Ihrer Schleier fallen. Immer wieder versuchte sie ihn zu erhaschen, ihre Hände griffen nach den Menschen um sie, zogen sich zurück und ihr Gesicht nahm jetzt den Ausdruck der Verzweiflung an, nur noch der letzte Schleier blieb ihr um ihren Geliebten frei zu kaufen.
Ja sie war Ishtar am Tor zur Unterwelt.
Mit dem letzen Paukenschlag löste sich der Stoff, sie stand inmitten einem Lichtregen der über ihr herniederprasselte und dann war es still und dunkel.
Als die Lichter wieder entzündet war, war Amessis verschwunden.