Nachdem sie vor wenigen Stunden den Entschluss gefasst hatte, sich ein wenig die Beine zu vertreten um sich langsam an die stadtrömische Luft zu gewöhnen, stand sie nun in einem kleinen aber entzückenden Park in der Nähe des Forums.
Natürlich folgte ihr in gebührendem Anstand Ikarus, den ihr Cousin ihr mitgegeben hatte. Generell war er von ihrer Idee einfach hinauszugehen nicht sonderlich begeistert gewesen. Daher hatte sie ihm zumindest ihr Wort gegeben sich nicht allzu weit von der Villa zu entfernen und nie mehr als ein paar Schritte zwischen sich und Ikarus kommen zu lassen. Und obwohl sie nicht wusste, welchen Auftrag Quintus Ikarus erteilt hatte, so war sie sich doch sicher, dass sie es selbst, wenn sie es beabsichtigt hätte, es ihr nicht gelungen wäre.
So ignorierte sie die Anwesenheit des Sklaven einfach und schritt gemächlich den kleinen Weg entlang und bewunderte die schönen Blumen die am Rande des Weges wuchsen.
Sie dachte einfach nach. Über ihre lange Reise, ihren ersten Tag gestern hier in der Stadt und an die Menschen die ihr hier bereits begegnet waren. An den Ianitor, der ihr die Tür geöffnet hatte , an Ikarus und auch an Titus, der Schatten ihres Cousins, der ihr bei seinem ersten Erscheinen beinahe die Sprache verschlagen hatte. Aber vor allem dachte sie über ihre Verwandten nach, ihre Cousine, die sie anscheinend nicht mochte, und ihr auf den ersten Blick unsympathisch war. Doch Albina hielt nicht viel von ersten Eindrücken und hatte schon früh gelernt, dass man nicht gleich Vorurteile aufbauen durfte.
Sie dachte an Durus, der ihr von den Spielen berichtet hatte, die er als Aedil veranstaltet hatte.
Aber vor allem dachte sie über Quintus nach. Zunächst war sie ein wenig eingeschüchtert von seiner Art gewesen, aber langsam gewann sie das Gefühl, die beiden würden sich vermutlich doch besser verstehen, als zunächst anzunehmen war. Irgendetwas faszinierte Albina an ihrem Cousin. Aber sie wollte und konnte derzeit nicht weiter darüber nachdenken. Es gab wichtigeres worauf sie ihre Gedanken verwenden sollte.
Quintus war zwar so großzügig gewesen, dass Thema , welches er gestern bereits in der ersten Unterhaltung angeschnitten hatte, auf ein paar Tage zu verschieben damit sie sich zunächst eingewöhnen konnte. Aber ein paar Tage waren auch nur ein kleiner Aufschub für eine so wichtige Entscheidung.
Ihre Eltern hatten sie aus eben diesem Grund, und sie konnten es leugnen so viel sie wollten, darüber war sich Albina sicher, zurück nach Rom geschickt.
Sie sollte heiraten. Sich zum Wohle der Familie in eine lebenslange Bindung fügen. Und an sich war es nicht diese Vorstellung, die ihr Kopfzerbrechen bereitete. Es war das Bewusstsein darüber, dass sie vielleicht jemanden heiraten musste, den sie nicht einmal sonderlich mochte.
Nun gut, auch darin würde sie sich fügen. Es war nun einmal das Privileg der einfacheren Bevölkerung Ehen aus weniger wichtigen Motiven zu schließen und ihr war klar, dass es als ihre standesgemäße Pflicht galt eine vorteilhafte Ehe einzugehen. Doch wer würde es sein. Wer würde das Wohlwollen ihres Cousins, unter dessen Fürsorge sie nun ja stand, gewinnen.
Sie bezweifelte nicht, dass es genug potenzielle Kandidaten gab. Sie war nun einmal mit einem liebreizenden Äußeren gesegnet und darüber hinaus hatte sie eine vorbildliche Erziehung genossen. Selbst im Illyricum hatte sie bereits Männer kennengelernt, die ein solches Interesse an ihr hatten. Aber einem jeden von ihnen hatte ihr Vater wegen der Dreistigkeit einer solch lächerlichen Bitte die Nase vor der Tür zu geschlagen. Für ihren Vater kam nur ein Römer aus hohem Hause in Frage.
Was würde noch passieren? Wie würde ihr Leben sich nun entwickeln? Albina wusste es nicht. Und währen sie weiter und weiter den Weg entlang wanderte ärgerte sie sich darüber, dass sie selbst auf ihre Zukunft am wenigsten Einfluss hatte. Sie konnte kaum mehr tun als abwarten.
Und während sie all dies dachte, zog sie unbewusst ganz leicht ihre Stirn in Falten und ihre schönen Lippen kräuselten sich , sodass ihr engelsgleiches Gesicht verriet, dass sie tief in Gedanken war...
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