Furianus, seiner neuen Pflicht als Senator Roms wohl bewusst, trat schon am frühen Morgen seinen Weg auf die Rostra an, dem Ohr Roms.
Hier herrschte schon geschäftiges Treiben und es war nicht leicht die Aufmerksamkeit der Mitbürger zu ergattern - doch er schaffte es.
Nachdem die Übermacht an Stimmen verstummt und sie ihm sein Ohr geliehen hatten, fing er laut und kraftvoll an zu sprechen.
Römer, Brüder und Schwestern, Kinder der Wölfin – warum schweigt ihr?!
Verfolgt ihr denn nicht den Wahlkampf für den Cursus Honorum, habt ihr die Acta Diurna nicht gelesen? Ist euch nichts aufgefallen?
Ein Name, den ihr alle kennt, steht hinter den Bewerbern für unser ehrenvollstes Amt, das Konsulat. Es ist der Name des Medicus Germanicus Avarus!
Kennt ihr diesen Mann noch, kennt ihr euren Senator, der euch vor Zorn gen Palast marschieren ließ um seinen Kopf einzufordern?!
Dieser Mann, Mitbürger, hat unsere Stadt, unser Reich, unsere Ahnen, uns, ja sogar die Götter mit seinen Beleidigungen zutiefst gekränkt!
Und ihr stolzen Römer schweigt, wenn sich dieser Mann dazu erdreist euch ein weiteres Mal zu beleidigen, indem er, gerade er, sich für das Amt des ehrenvollsten Mannes ganz Roms aufstellen lässt, wenn er nach dem Amte des Consul lechzt?!
Habt ihr keinen Stolz, kein Ehrgefühl und keine Geschichte?!
Warum sprecht ihr nicht, stolze Brüder, warum schweigt ihr, Schwestern!
Wir sind Römer, das Volk der großen Staatsmänner, das Volk der Wölfin, das Volk der größten Götter und ihr, ihr lasst euch nun von einem eurer Senatoren ein weiteres Mal schänden?!
Denkt an eure Ahnen, die jedem Barbar, der es wagte Rom zu beleidigen, die Klinge an den Hals hielten! Denkt an eure Stadt, die aufgrund unserer Götter und unserer Väter erblühte! Denkt an die großen Staatsmänner, die gerührt wie Kinder ihren Tränen freien Lauf ließen, wenn sie zu Consuln gewählt wurden?!
Und jetzt, jetzt wird dieses Amt, unsere Kultur, unsere Ahnen und selbst die Götter mit einem zynischen Lächeln und dieser infamen Kandidatur belegt! Was sagt ihr bloß euren Kindern?! Was sagt ihr bloß euren Ahnen am anderen Ufer des Styx!
Ihr Männer, habt ihr etwa vergessen, wie viele eurer Väter und Brüder ihr leben für diese Stadt auf dem Schlachtfeld ließen?!
Ihr Frauen, habt ihr eure Söhne vergessen, die gerade eurem Schoße entrissen für das Vaterland ihre junges Leben gaben?!
Habt ihr kein Ehrgefühl! Erinnert ihr euch nicht mehr an diese Opfer, an diese edlen Römer?!
Sagt mir, warum schweigt Rom, warum lässt es sich dermaßen beleidigen? Es ist Germanicus Avarus, Mitbürger, ein Mann, der vor keiner Pein, vor keiner Beleidigung zurückschreckt! Ein Mann, dessen Kopf ihr vor dem Palast unseres Kaisers gefordert habt! Es ist der Mann, der sich zu dieser Stunde feige hinter den Palastmauern verkroch, der Mann, der das Mitgefühl und die milde unseres Kaisers schamlos ausnutzte!
Und nun, nun schlägt er euch, sowie allem Römischen, mit seiner Kandidatur ins gesicht!
Bei den Göttern, dieser Mann wurde von euch aufgrund seiner Worte fast zu Tode gerichtet, der Mann wurde von unserem Kaiser mit einer Nota Censoria belegt – und ihr schweigt!
Römer, verteidigt eure Ahnen und ihr Blut, dass sie bereitwillig für unser Rom hingaben, das nun in einem unvorstellbaren Maße gedemütigt wird! Gedemütigt von einem Mann, der euer Consul sein wird, falls ihr nichts unternehmt!
Diese Ansprache kostete ihn viel Kraft, da er sehr gestikulierte und seinen Worten dermaßen Gewicht verlieh. Schweißperlen standen ihm schon auf der Stirn, auch wenn der Tag eher trüb warund sich nicht viele Sonnenstrahlen bis hierher verirrt hatten. Mit einem dünnen Leinentuch wischte er sich die Zeichen seines Engagements und des Eifers für sein Volk und dessen Ehre ab. Seinen Namen nannte er nicht, denn er war hier und jetzt kein Senator oder Patrizier, sondern wie alle nur ein Römer.