Arbeitszimmer | Felix, Calpurnia

  • Der junge Sklave eilte sich, um das Arbeitszimmer des Hausherrn zu erreichen, denn er fürchtete sich vor Felix' Zorn. Jeder Sklave im Haus fürchtete sich vor Felix' Zorn. Er kündigte mit knappen Worten an, dass Flavia Calpurnia untertänigst darum bat, mit dem Senator sprechen zu dürfen und erwartete im gleichen Atemzug bereits, dass Felix seinen Zorn ob dieser Dreistigkeit an ihm würde auslassen. Doch der Junge hatte Glück, schon war er aus dem Raum entlassen, und er eilte sich zurück zur Tür zu gelangen, um die Flavia zu seinem Herrn zu bringen.


    Nur wenige Minuten später klopfte er noch einmal leise an die Tür, trat ein und kündigte den Besuch an.

  • Wie lange war ich nicht mehr hier gewesen? Es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Aber die Erinnung an die Pracht der Räume war immer noch frisch. Ich hätte den Weg zum Arbeitszimmer von "Onkel" Felix sicher alleine gefunden, aber der Anstand gebot es, sich führen und melden zu lassen.
    Auf die Reaktion von Felix war ich schon gespannt. Wir hatten nie das allerbeste Verhältnis. Distanziert, aber korrekt, sind wir bisher miteinander umgegangen. Nun musste ich abwarten wie es sich weiter entwickelte.


    "Also übe Dich in Geduld und bewahre die Fassung!", dachte ich und gönnte mir ein dünnes Lächeln.

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  • Von dem Sklaven vorgewarnt hatte ich mich bereits moralisch auf den Besuch der Spanierin vorbereitet. Als es klopfte, setzte ich mein freundlichstes Lächeln auf und ließ sie eintreten.


    "Sei gegrüßt, Calpurnia!"


    Rein äußerlich hatte sie sich in all der Zeit kaum verändert.


    "Wie gehts, was führt dich nach Rom?"

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  • Felix gab sich freundlich. Aber Felix ist Politiker.


    "Sei gegrüßt, Felix! Es ist sehr freundlich von Dir mich so rasch zu empfangen.".


    Langsam ging ich auf ihn zu. Er war etwas kahler geworden und auch etwas runder in den Hüften. Doch die Zeit geht an keinem spurlos vorbei.


    "Was mich herführt? Der Wunsch zur Rückkehr in den Schoss der Familie? Ein neuer Anfang? Der Drang wieder im Zentrum des Universums zu leben und die Ödnis der Provinz, wie ein altes, ungeliebtges Gewand, abzustreifen? Oder vielleicht ein wenig von allem?".


    Freundlich sah ich ihn an und lächelte.

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  • Calpurnia schien nicht gelernt zu haben, dass man Fragen NICHT mit Gegenfragen beantwortete. Ohne es zu merken wechselte ich auf mein zweitfreundlichstes Lächeln.


    "Oh, dann willkommen in Rom! Möchtest hier in meiner Villa wohnen, oder hast du anderswo eine standesgemäße Bleibe?"


    Ich versuchte mich zu erinnern, in welchen Kreisen Calpurnia verkehrte; doch wollte es mir nicht einfallen.

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  • Scheinbar hatte ich, unbewusst, wieder in ein Flavisches Fettnäpfchen getreten. Langsam fragte ich mich, warum ich versuchte mit dem römsichen Zweig der Familie wieder zu verstehen.


    "Dein Angebot ehrt mich, Felix. Um ehrlich zu sein, hoffte ich darauf, eine Zeit hier wohnen zu dürfen. Es geht mir um mehr Nähe zur Familie. Zumal die hispanische Seite derzeit nur noch aus mir besteht. Aber das nicht der Hauptgrund für meinen überfallartigen Besuch. Mir geht es viel mehr um die Beziehung zur Familie. Die haben durch die Ereignisse um Messalina und ihren Sohn merklich gelitten. Es ist mir ein Anliegen diesen Makel zu tilgen.".


    Vermutlich hatte ich mich wieder in irgendeinerweise daneben benommen. Zusammen reissen und durch! Nur hier, im Zentrum des Hochadels, kann ich lernen, wie man sich richtig benimmt.

  • "Gelitten?"


    Ich erinnerte mich an unzählige Besuche der Prätorianer, unangenehme Fragen und sonstige Unannehmlichkeiten.


    "Oh ja, das trifft den Nagel auf den Kopf. Doch du trägst keine Schuld daran, Calpurnia."


    Zumindest nicht für Messalinas Eskapaden... ihre eigenen -so vorhanden- hatte ich glücklicherweise erfolgreich verdrängt und wollte nicht versuchen sie wieder in Erinnerung zu rufen. (:D)
    Deshalb lächelte ich, und beschloss Calpurnia einen Neuanfang zu gewähren.


    "Dann sei willkommen unter meinem Dach, Calpurnia. Ich werde zu deiner Begrüßung ein Abendessen mit allen Bewohnern des Hauses geben... so dir das recht ist, versteht sich."

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  • "Deine Großzügigkeit überwältigt mich, Felix. Du hast sicher gemerkt, das es hier und da etwas an Schliff fehlt. Nun, wenn ich einen Neuanfang wagen will, dann auch richtig. Somit bitte ich Dich Fehler die ich begehe, nicht in unendlicher Gleichmut zu übersehen, sondern mich gezielt darauf hinzuweisen. Das mir diese grundlegenden Dinge nicht mitgegeben wurden, bitte ich mir nachzusehen. Wir wurden halt etwas anders erzogen."


    Tiefer ging die verbale Verbeugung nicht. Hoffentlich hatte er mich richtig verstanden. Mir ging es darum, endlich meinen Platz in der Gesellschaft zu finden. Und wo sollte ich es besser lernen, als hier?

  • Ich musste mich beherrschen, sie nicht ungläubig anzustarren. In der Tat, ein Neuanfang.


    "Wenn du dies wünschst, gern. Ich werde es auch einigen... vertrauenswürdigen... Familienmitgliedern ans Herz legen."

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  • "Ich wünsche es! Es ist wohl an der Zeit, das ich mich endlich so benehme, wie es die Familie von mir erwartet. Meine wilden Jahre sind zu Ende. Mein bisheriges Leben war schnell, leichtlebig und ohne Ziel. Das soll sich nun ändern."


    Nur wenig, war mir bisher so wichtig, wie diese Rückkehr in die Familie.


    "Aber ich will nicht noch mehr deiner Zeit in anspruch nehmen. Wenn Du erlaubst, würde ich mich gerne zurückziehen. Die Reise war lang und anstrengend.".

  • "So soll es dann sein. Lass dir von den Sklaven ein schönes Zimmer geben, so du dies noch nicht getan hast. Ich lasse dich rufen wenn die Cena bereitet ist."


    Ich fragte mich welches Lebens-erschütternde Erlebnis Calpurnia so gewandelt hatte. Nun, wir würden es beim Abendessen erfahren - oder auch nicht.

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  • Mit einer leichten Verbeugung, dankte ich Felix und verabschiedete mich. In der Hoffnung einen Sklaven zu finden, der mir weiterhelfen würde, verliess ich das Arbeitszimmer. Dieses Haus wimmelte vor Sklaven und Sklavinnen. Daher war ich optimitisch.

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