Ein etwas anderer Weg, der zu gehen war

  • Er wollte Farold einen Gefallen tun und hatte sich, zusammen mit einem jungen Mann aus der Stadt, auf den Weg gemacht nach Magna zu reiten um dort mit einem Furisto die Lieferung neuer Pferde zu besprechen. Es war ungewohnt in dieser Rolle, aber der junge Duccia hatte selber kaum Zeit momentan, mussten doch die 3-jährigen bis zur Auktion an Ostara austrainiert sein und so hatte er sich überreden lassen.


    Bereits seit zwei Tagen waren sie auf dem Gebiet des freien Germaniens und in wenigen Stunden würden sie das Dorf Gundhrabans erreicht haben. Hätte er vorher gewusst, was sie, speziell ihn erwartete, hätte er wohl Alles getan um nicht hierher zu kommen. Aber die Nornen wollten es wohl so und so kam es, wie es kommen mussten.


    Der Weg gabelte sich einige dutzend Schritte vorraus in zwei Wege und sie würden den linken Weg nehmen müssen um noch ein Stück gen Norden zu reiten. Doch noch ehe sie an der Gabelung ankamen, sahen sie, wie aus dem Schnee Gestalten hoch kamen und auf den Weg sprangen. Die Pferde wichen erschrocken zurück oder stiegen, doch erfahrene Hände beruhigten sie schnell wieder und legten sich sogleich an ihre Waffen.


    "Was wollt Ihr? Macht Platz!"


    Eure Pferde, Eure Waffen und Alles, was Ihr sonst noch bei Euch habt!


    Die Stimme war rauh, unangenehm und der Dialekt zeugte von einem Germanen, der eher in östlicheren Regionen zu Hause war. Sieben Mann standen vor ihnen, schlecht ausgerüstet, zerlumpt, eindeutig hungrig. Und so wirkten sie auch: hungrig! Wie hungrige Wölfe starrten sie die Beiden Männer und ihre Pferde an und ihre Hände lagen um die Griffe ihrer Waffen: Keulen, Ger und einer sogar besaß ein Sax. Es war nicht schwer die Gruppe einzuordnen: Vogelfreie. Verdammt und zu Allem bereit, denn sie hatten nichts mehr zu verlieren, bis auf ihr Leben und selbst das war nichts mehr wert. Ausgestoßene, die man ohne Angst auf Verfolgung einfach töten konnte.


    Der junge Mann neben ihm blieb erstaunlich ruhig und er war dessen zufrieden.


    "Ihr werdet es nicht bekommen!"


    Nur über unsere Leichen, knurrte sein Begleiter und er sah zu diesem rüber.


    Nichts leichter als das! war die ätzende Antwort und plötzlich stürmten alle sieben auf sie zu. Hinter sich hörte er noch Geräusche und wusste plötzlich, dass da mindestens noch zwei waren. An umdrehen und fliehen war nicht zu denken, sie mussten mitten durch. Und so gab er dem Hengst, Falbala, die Hacken in die Seite, so das dieser einen kräftigen Satz nach Vorne machte und auf die Männer zuhielt. Aus dem Augenwinkel sah er noch, das sein Begleiter ähnlich reagierte.


    Seine Hand lag auf dem Sax an seiner Seite und zog es. Gerade noch bemerkte er die Keule, die auf ihn zuflog und er duckte sich und einen halben Herzschlag später war er mitten im Getümmel. Todesmutig hatte sich einer der Vogelfreien in seine Zügel geworfen und die Anderen drangen auf den Älteren nun ein, während er von oben mit dem Sax und auch mal mit der Faust auf sie einschlug. Dabei war er bemüht nicht nur die Zügel wieder frei zu bekommen, indem er das Pferd ein-, zweimal zum Steigen brachte, sondern er versuchte auch, mit jedem Moment verzweifelter auf dem Pferd zu bleiben. Noch hielt er sich tapfer, aber er sollte keine Möglichkeit erhalten aus diesem Kampf als strahlender Sieger hervorzugehen.


    Blut spritzte von Wunden, die er schlug und selber geschlagen bekam und dann spürte er, wie er den Halt verlor und zu Boden gerissen wurde. Instinktiv riß er das Sax hoch und einer der Angreifer spießte sich darin förmlich auf. Dadurch gewann er etwas Zeit, die er aber zugleich wieder bei dem Versuch das Sax zu befreien verlor. Sein junger Begleiter saß ebenfalls nicht mehr auf dem Pferd, hatte es aber halb freiwillig verlassen, um nicht auf dem Boden zu liegen und der Übermacht dort begegnen zu müssen. Er kämpfte gegen drei der Männer, während drei, von Beiden irgendwie erwischt, bereits blutend und vielleicht schon tod, auf dem Boden lagen.


    Hergen kam mit Mühe in die halb aufrechte Position, das blutverschmierte Sax wieder in der Hand und zur Abwehr erhoben, als ein Ger von oben auf ihn herabprallte. Das Metall der Gerspitze klirrte auf der Scheide des Gers, als sie aufeinandertrafen und die Wucht ließ ihn etwas zurücksinken, aber sofort drückte er gegen und versuchte weiter hoch zu kommen, als sein Kopf zu explodieren schien.


    Hinterrücks hatte sich einer der Vogelfreien angeschlichen und mit der Keule brutal zugeschlagen. Das er fiel und der Länge nach wie ein gefällter Baum zu Boden stürzte, bekam er nicht mehr mit. Das Sax fiel ihm aus der kraftlosen Hand und die Augen sahen voller Zorn und Erstaunen in den hellblauen, fast wolkenlosen Himmel, der sich über den Baumwipfeln ausbreitete. Der Schnee färbte sich rot an seinem Bein, wo ihm ein Ger eine tiefe Schnittwunde zugefügt hatte und an seinem Kopf, wo die Keule den Schädel eingeschlagen hatte. Ein letztes Mal entwich warmer Atem als Dampf seinem Mund und dann blieb er reglos, mit blicklosen Augen im kalten Weiß liegen.


    Es mochte keine Schlacht gewesen sein, wie sie in den Legenden und Liedern immer wieder vorkamen, aber er hatte gekämpft, wie es sich für einen tapferen Krieger gehörte und so würden ihn wohl die Walküren nun heim führen, heim nach Walhalla.


    Als der Kampf zu Ende war, lagen vier Personen tod im Schnee, nur zwei waren Vogelfreie und auch wenn keiner von ihnen ohne Verletzungen davon gekommen war, waren es doch die beiden Männer mit ihren Pferden, die diesen Kampf verloren hatten.

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