Atrium - Balbus, Hungi

  • Der Ianitor führte den Prätorianer ins Atrium. Es herrschte das übliche geschäftige Treiben, bevor das Abendessen serviert wird. Ursus, der Chefsklave, wurde nur selten müde, seine ihm Untergebenen von einem Eck zum anderen zu schicken und oft genug murrten die Sklaven über dessen Anwandlungen, aber sie waren es mehr oder weniger schon gewohnt. Daher verwunderte es den Ianitor nicht, dass er im Atrium auch ein paar Sklaven herumeilen sah. Er wandte sich an den Besucher.


    Wartet bitte hier, ich verständige den Herrn sogleich.

  • Ein paar Momente musste sich der Princeps Praetorii gedulden, denn erstens war Hungi gerade wieder in eine spannende Lektüre vertieft gewesen und zweitens eilte man nicht zu seinem Besucher hin, das würde ja so ausschauen, als ob man gar nichts zu tun hätte. Nichts desto trotz ließ Hungi sich aber nicht übermäßig viel Zeit.


    Princeps Praetorii Prudentius Balbus. Es ist lange her.

  • Aus der Gewohnheit heraus versteifte sich Balbus' Haltung schlagartig, als er die Stimme seines ehemaligen Chefs vernahm. Ebenfalls aus Gewohnheit salutierte er kurz und sagte: "Salve, Praefect, ich danke dir, dass du ein wenig deiner kostbaren Zeit für mich erübrigen kannst."


    Seine Haltung hatte sich wieder etwas gelockert und er fügte hinzu: "Es ist in der Tat lang her."

  • Die Sklaven, die vorher den Weg durchs Atrium genommen hatten, kehrten gleich um, als sie den Hausherrn mit einem Besucher sahen. Sie mussten jetzt einen anderen Weg durch das Haus wählen... oder besonders unauffällig das Atrium durchqueren, was aber Hungi auch nicht gerne sah. Doch er maß dem jetzt keine Bedeutung bei sondern bot dem Prudentier einen Sitzplatz an.


    Für einen meiner ehemaligen Untergebenen doch immer. Aber sag, zu einem gemütlichen Plausch wirst du mich wohl eher weniger aufgesucht haben, nicht wahr?

  • Balbus nahm den angebotenen Sitzplatz dankend in Anspruch und ein leichtes Lächeln legte sich auf sein Gesicht.


    "Auch wenn ein solcher Plausch sicherlich interessant und erheiternd wäre, muss ich diese Frage doch trotzdem verneinen." begann er.
    "Ich bin hier, um meinem Vater einen Gefallen zu tun. Er würde dich und deinen Bruder gerne zu einem kleinen Essen einladen."

  • Ein Essen? Das war mal was anderes. Das ist aber eine nette Idee. Wann soll es denn sein?


    Kurz überlegte Hungi, aber er konnte sich nicht erinnern, schon mal bei Prudentius Commodus gewesen zu sein. Tatsächlich fällt mir gerade ein, daß ich es bisher sträflich vernachlässigt habe, deinen Vater zu besuchen. Seine Miene bekam eine leicht skeptische Nuance. Es soll doch in Rom stattfinden, oder? Nicht, daß sie jetzt nach Germania reisen sollten wegen eines Essens...

  • "Ja, es soll hier stattfinden. In unserer Casa in der Via Flaminia." bestätigte Balbus.


    "Der Termin ist der ANTE DIEM VII ID FEB DCCCLVII A.U.C. (7.2.2007/104 n.Chr.). Und sowohl mein Vater, als auch ich würden uns sehr freuen, wenn du und dein Bruder es einrichten könntet daran teilzunehmen."

  • Der siebte Tag vor den Iden also... Hungi überlegte, ob er da schon etwas vorhatte, aber ihm fiel nichts ein. Ja, in Ordnung, da dürfte ich Zeit haben. Wie es bei meinem Bruder aussieht, weiß ich natürlich noch nicht und kann daher dementsprechend weder zu- noch absagen, aber ich werde es ihm ausrichten.

  • Tu das. antwortete Hungi. Aber jetzt erzähl aus der Castra. Ist noch immer der furchtbare Koch dort? Der, der den Puls mit maximal zwei Salzkörner würzt? Und wie macht sich mein Nachfolger? Hält er euch ordentlich auf Trab?

  • Balbus musste leicht lachen. "Ja, der Koch ist immer noch da und treibt uns in den Wahnsinn. Letzte Woche kam er auf die Idee mal etwas 'exotischeres' kochen zu wollen. Ich sag nur soviel, dass die Anforderung die auf meinem Tisch landete, unter anderem diverse Dinge standen, die ich erst aus Tylus hätte importieren lassen müssen."
    Er machte eine wegwischende Handbewegung.
    "Ich habe ihm zu verstehen gegeben, dass er froh sein soll, dass ich nicht aus ihm etwas exotisches koche und sehe mich derzeit nach einem Ersatz für ihn um."


    "Dein Nachfolger macht sich ganz gut und ich höre immer wieder klagende Milites, also würde ich sagen, dass sie es ähnlich sehen." sagte er grinsend.


    "Derzeit herrscht allerdings Ruhe, da er ja persönlich die Cohorten befehligt, die nach Hispania aufgebrochen sind."

  • Aus Tylus? Ja was wollte der? Säue mit Perlen füttern? Hungi schüttelte lachend den Kopf. Der Koch war einer derjenigen, den er wirklich nicht vermisste. Manchmal war es so schlimm, daß Hungi sich von Ursus etwas einpacken ließ, weil das Zeug in der Castra einfach nicht genießbar war. Besonders schlimm war es bei dessen Anwandlungen. Einmal hatte er eine "Garum-Woche" wo komplett alles mit Garum gewürzt war, einschließlich der Süßspeisen. Das Fleisch und das Gemüse ersoff förmlich im Garum, kaum einer konnte diesen Fraß runterwürgen. Daher haben viele der Soldaten ihre Ration an die Gefangenen gegeben und sich vom Markt Kleinigkeiten zu essen geholt. Hungi übersah diese kleinen Unregelmäßigkeiten, schon alleine deswegen weil er nicht anders agierte. Warum der Koch dennoch Koch blieb? Weil Hungi der Meinung war, daß Soldatenessen kein lukullische Köstlichkeit sein sollte, die Soldaten sollten ja nicht gefräßig werden.


    Ein Ersatz wird wohl das beste sein, der Koch wird ja auch nicht mehr der Jüngste sein. quittierte er schmunzelnd.


    Ahja stimmt, Hispania. Ich bin schon gespannt auf seinen Bericht, wie es dort wirklich aussieht.

  • "Es ist nur leider schwer einen ähnlich schlechten Koch für die Gefangenen und die Milites zu finden. Überall wimmelt es von guten Köchen, doch niemand will zugeben, dass er schlecht ist." sagte er scherzend.


    "Ich erwarte den Bericht ebenfalls gespannt. Und ein wenig fürchte ich mich davor ihn dem Kaiser bringen zu müssen."

  • Der letzte Satz überraschte Hungi.


    Wieso solltest du? Ich denke doch wohl, daß Crassus persönlich dem Kaiser Bericht erstatten wird? Er konnte sich nicht vorstellen, daß Crassus so etwas an seinen Untergebenen abtreten würde.

  • Oha, da hatte sich doch glatt ein kleines Missverständnis eingeschlichen.


    "Den endgültigen Bericht am Ende wird er ihm natürlich selbst überbringen. Doch wird es vorerst an mir hängen bleiben, die Berichte, die bis zu Crassus' Rückkehr in Rom eintreffen dem Kaiser zu präsentieren."

  • Ah, jetzt verstand Hungi.


    Ahso, diese Berichte... Es hätte mich auch stark gewundert.


    Hungi stand auf. Richte deinem Vater aus, daß ich mich schon sehr auf diesen Abend freue. Da fällt mir ein, gibt es einen speziellen Anlass für dieses Essen?

  • Auch Balbus stand auf, war es doch nun offensichtlich Zeit den Abschied in Angriff zu nehmen.


    "Ich werde es ihm ausrichten." sagte er. "Es gibt wohl mehrere kleine Anlässe. Zum einen natürlich die Wahlen, die er hofft erfolgreich hinter sich zu bringen. Dann erwähnte er etwas von 'auf den neusten Stand kommen' oder so ähnlich. Und er möchte einer jungen Verwandten die ersten Schritte in der Gesellschaft ermöglichen."

  • Hungi nickte als ob er zustimmen wollte. Ah, bei dieser Fülle an möglichen Gesprächsthemen kann es uns ja auf keinen Fall langweilig werden. Er grinste. Nicht, daß ich davon ausgehe, daß je ein solcher Fall eintreten könnte. fügte er noch rasch hinzu. Die Götter bewahren einem vor einem Mißverständnis solcher Art.

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