• Meines Katers wegen blieb ich heute der curia fern und sandte lediglich Livius Pyrrus aus, der die unterzeichneten Formulare zu Didius Albinus bringen und zu unterzeichnende Dokumente und Notizen abholen sollte. Ich hatte mich früh morgens aus dem Bett gequält, obwohl ich lange wach gewesen war. Auf das ientaculum allerdings hatte ich verzichtet, mir war ganz bestimmt nicht nach essen zumute. Mein Brummschädel vertrug keine Sonne, also blieben auch die Vorhänge geschlossen, als ich mich endlich aufgerafft und zum Schreibtisch geschleppt hatte. Mühsam hatte ich meinen Namen unter die Siegel mit dem wuchtigen Löwen gesetzt, hatte Pyrrus zurechtgewiesen und ihm aufgetragen, mich vor dem frühen Abend nur ja nicht zu belästigen. Anschließend war ich wieder im Bett verschwunden, um erst spät am Tag wieder daraus aufzutauchen und Camryn fauchend nach dem balneum zu schicken, um mir ein Bad bereiten zu lassen, das den Körper reinigen und die Sinne klären sollte.


    Während sie beschäftigt war, saß ich in meinem cubiculum herum und trommelte nachdenklich mit den Fingern auf dem schweren Holz der Tischplatte. Schließlich kam sie, um mich zum Bad zu rufen. Ich dankte und schickte sie fort. Vermutlich nicht das, was sie erwartet hatte. Soviel konnte ich an ihrem verwunderten Ausdruck ablesen, ehe sie mich allein ließ. Noch eine Weile verharrte ich in dieser Denkerpose, dann raffte ich mich einem alten Mann gleich auf und verließ mein Zimmer, um mich dem Bad zu widmen.


    Das balneum war angefüllt vom duftigen Wasserdampf des edlen, in den Boden eingelassenen Marmorbeckens. Auf dem Wasser schwammen Blütenblätter und das Becken wurde erhellt vom Schein der darum aufgestellten Kerzen, was mich dazu veranlasste, mit den Augen zu rollen und ergeben zu seufzen. Frauen! Kein Mann brauchte einen solchen Schnickschnack. Erlesene Öle und eine angenehme Temperatur waren alles, was für ein wohltuendes Bad vonnöten war. Die tunica fiel, ebenso wie das darunter befindliche subligaculum. Beides ließ ich in einem unordentlichen Stapel liegen, wie es sich gehörte, damit die Sklaven auch mal etwas für ihr Brot taten. Einzig den Siegelring von Onkel Cicero zog ich vom Finger und legte ihn behutsam auf den Hocker mit der frischen Kleidung. Dann stieg ich ohne die Temperatur des Wassers zu prüfen in das Becken, ließ mich bis zu den Schultern einsinken und seufzte wohlig. Nach einer kurzen Weile hielt ich die Luft an und tauchte unter, bis meine Lungen nach Luft lechzten. Das belebte die Sinne und erfrischte, auch wenn das Wasser wärmer als meine Körpertemperatur war. Dichte Nebelschwaden zogen inzwischen durch den Raum, benetzten meine feuchte Haut und auch die Mosaike an den Wänden. Kondenswasser perlte von den winzigen Steinchen ab, während ich vollkommen entspannt bis zum Kinn im Wasser lag und mir jetzt doch wünschte, ich hätte Camryn nicht fort geschickt.


    Doch gerade als ich ernsthaft in Erwägung zog, mir das Bad auch ohne weibliche Anwesenheit zu einer vollkommenen Entspannung zu machen, tauchte Deandras Bild in meinem Kopf auf. Verwirrt blinzelte ich in den Wassernebel hinein, doch zum ersten Mal seit der Entgleisung in ihrem cubiculum zeigte ich weder Scham noch Reue bei diesen Gedanken an sie. Im Gegenteil, ich erkannte, dass ich das Bild durchaus nutzen konnte, und baute es daher weiter aus. Mit halb geschlossenen Augen, benebelt von dem Gedanken, sie real hier zu haben, hatte meine Hand ihren Weg nahezu von allein gefunden und gab sich beste Mühe, das Bad zu einem wahrlich entspannenden Abschluss des verschlafenen Tages zu machen.


    Deandra in einer flammend roten tunica, wie sie ihr Haar verführerisch aus dem Nacken strich und mir den Hauch eines Blickes zuwarf... Ein Blick, wie sie ihn mir an jenem Tage in ihrem Zimmer zugeworfen hatte. Nicht der Bruder war ich, den sie so lange gehabt hatte. Ich stand nun direkt hinter ihr, setzte die Lippen auf ihren Nacken und zog eine feurige Spur aus flüchtigen Küssen zu der Fibel auf ihrer Schulter, welche die Kleidung hielt. Mit eiligen Fingern löste ich zuerst die eine, dann die andere, bis sie schließlich entblättert in den sanften Wellen ihrer tunica stand und ich an ihren Rücken heran trat. Meine Hände erkundeten ihren Körper, berührten die verlockende Haut und drehten Deandra schließlich herum, um das gleiche nun von dieser Seite zu tun....


    Was war der Mensch ohne Fantasie? Mein Herzschlag hatte sich beschleunigt, Blut rauschte in meinen Ohren, der Atem ging keuchend und alles Denken klammerte sich an die samtigweiche Haut Deandras und was noch passieren würde. Nebenbei lief meine Hand zu Höchstformen auf, fuhr mit kraftvollen, aber dennoch bedachten Bewegungen weiter den Weg entlang, den ich ihr zugedacht hatte, und versetzte mich allmählich in euphorische Höhen. Es waren längst nicht mehr nur Wasserperlen, die auf meiner Stirn standen und diesen Höhenflug begleiteten. Mit einem letzten Bildnis Deandras im Kopf, wie sie mir diesen Blick zuwarf, von dem ich nicht genug bekommen konnte und den ich zuerst und zuletzt in ihrem Zimmer gesehen hatte, als ich mich erdreistet hatte, sie zu küssen, entlud sich meine Anspannung. Den Kopf bog ich in den Nacken, erleichtert aufseufzend, blutberauscht und erlöst. Die Hände ließ ich allmählich sinken, vollkommen entspannt und kein bisschen beschämt. Die Ahnen hatten mir nicht geholfen, mich zu entscheiden, doch spätestens nach diesem Bad wusste ich, was ich wollte.


    Ich verweilte nicht mehr lange, vielleicht den sechsten Teil einer Stunde, ehe ich mich um einiges positiver gestimmt aus dem Marmorbecken stemmte, mir ein Tuch schnappte und mich notdürftig trocknete, was sich angesichts der Luftfeuchte als gar nicht so leicht erwies. Doch schließlich hatte ich mich angekleidet und steckte den Ring zurück auf den ihm angestammten Finger. Ich verließ das balneum, um mir etwas zu essen organisieren zu lassen. Auf dem Weg in mein Arbeitszimmer summte ich leise vor mich hin. Mit dem Bad waren nicht nur Anspannung und Missmut von mir abgefallen, sondern auch diese grässliche Unentschlossenheit, gepaart mit Unsicherheit war verschwunden, als sei sie niemals da gewesen.

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