• Am Morgen der Parentalia hüllte Durus sich nicht wie gewohnt in die Toga Praetexta, sondern wählte eine schlichte, graue Toga. Zum einen war Lupus als Angehöriger der Gens gestorben, zum anderen waren die Parentalia, an denen man der Ahnen gedachte.


    So vorbereitet betrat er das Atrium, um den Ahnen Opfer darzubringen. Die Sklaven hatten bereits Kränze am Lararium aufgestellt - für jede Totenmaske, die drumherum standen, eine.


    Nun wartete er auf den Rest der Familie, um das Opfer zu begehen, mit dem die Parentalia bei der Familia Tiberia Romana begannen...

  • Auf einen seiner Verwandten musste Durus nicht warten, denn Tiberius Vitamalacus war schon anwesend. Er trug nur eine schlichte Tunika, sass schweigend und unauffäligg auf der Bank, direkt an ein Säule gelehnt.


    Direkt neben ihm lag der kleine Luchs Taranis auf der Bank, schlief friedlich, während Tiberius Vitamalacus über sein Fell strich.

  • Wie jeden der letzten Morgende war Albina früh aufgestanden und hatte sich einfach vor das Fenster gesetzt und in das Peristyl geschaut. So saß sie dort nun immer, bis Aesara kam um ihr beim Ankleiden zu helfen und ihr die Haare zu richten. Bei dieser Prozedur verlor sie meist kein Wort. Sie wusste ohnehin nicht, was sie zur Zeit sagen sollte. Sie dachte fast pausenlos nach und trauerte innerlich.
    Heute am Tag der Parentalia hatte sie sich eine unauffällige dunkle Tunika angezogen und Aesara hatte ihre Haar schlicht im Nacken zusammengesteckt. Doch diese einfache Aufmachung tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Ihr natürlich schönes Aussehen wurde eher noch hervorgehoben.
    Allerdings täuschte auch diese wiederum nicht über ihr emotionsloses Gesicht hinweg und es war Glück, dass dies aufgrund des Anlasses dieser Feier vermutlich keinem weiter auffallen würde. Der wahre Grund der dahinter steckt blieb das Geheimnis von Albina und ihrem Cousin.


    So schritt sie in das Atrium und blickte sich vorerst um. Zunächste erkannte sie ihren Cousin Durus und nickte ihm schlichtweg zu. Doch in einer hinteren Ecke sah sie dann auch Quintus. Auf ihn zu zugehen fiel ihr schwer, hatte sie sich doch trotz seiner liebevollen Art in dieser Angelegenheit in den letzten Tagen fast völlig zurück gezogen.
    Ein paar Schritte vor ihm blieb sie stehen und grüßte ihn mit dem Versuch eines Lächelns. "Salve."
    Dann wandte sie ihren Blick vorerst wieder Taranis zu.

  • Durus registrierte die beiden Tiberier. Quintus hatte er zuerst gar nicht bemerkt, doch als Albina ihn grüßte wandte er sich um und entdeckte beide.
    Da er bereits einige Zeit gewartet hatte, beschloss er, das Opfer zu beginnen - schließlich wollte man rechtzeitig beim Opfer der Virgo Vestalis Maxima erscheinen!


    Er wandte sich um und warf einen auffordernden Blick auf Quintus und Albina, dann drehte er sich zum Lararium, wobei sein Blick die wartenden Sklaven streifte. Durus zog sich langsam die Toga über den Kopf und benetzte seine Hände mit Wasser, das ihm ein Sklave in einer Schüssel präsentierte.


    Langsam holte er anschließend Weihrauch hervor und streute es in die accera, die zuerst ein Zischen von sich gab und dann den wohlriechenden Duft des Harzes verströmte. Erst jetzt nahm er die Gebetshaltung mit den geöffneten Handflächen ein und begann in archaischem Latein:


    "Oh maiores, Patres matresque,


    heute beginnt das Fest der Parentalia, Euch zu Ehren und zum Dank, die Ihr uns hervorgebracht habt. Neun Tage wollen wir Euer ehrfurchtsvoll gedenken."


    In der nun folgenden Pause holte er den gutus, das Gefäß, das den Wein für das Opfer beinhaltete, hervor und goss auf theatralische Weise ein wenig in die patera.


    "Nehmt an unsre Opfer, o Tiberinus Silvius, Sohn des Capetus, und Marcus Tiberius Allodius, Vater unser, Vater aller Tiberier!


    Wir, Eure Söhne und Töchter, blickten das vergangene Jahr hindurch demütig auf Eure Taten und bemühten uns, Euer Andenken nicht zu ehren und zu mehren.


    Nehmt an den Wein, die Frucht der Erde und unserer Arbeit!"


    Natürlich verschwand der Wein nicht einfach so, aber Durus war sich dennoch sicher, dass die Ahne das Opfer angenommen hatten.
    Nun brachte ein Sklave eine Amphore mit Wein - es war bester Wein aus dem Familiengut in Hispania.
    Vor dem Lararium waren drei Becher aufgestellt, die Durus nun nahm. Der Sklave goss aus der Amphore hinein und sogleich traten zwei Sklaven hervor und nahmen die Becher aus der Hand von Durus. Sie würden an verschiedenen Stellen im Haus aufgestellt werden.
    Den dritten Becher hingegen nahm Durus und stellte ihn vor das Lararium zurück.


    Nun war das salinum an der Reihe. Auch dieses Gefäß ergriff Durus bestimmt und holte mit zwei Fingern eine Priese Salz hervor, die er auf den Wein in der patera streute.


    "Nehmt an das Salz, die Würze und den Quell des Lebens."


    Und erneut traten zwei Sklaven hervor, die jeweils eine patera trugen, welche nun von Durus mit einigen Priesen gefüllt wurden. Sie würden neben den Weinbechern an der westlichsten und der östlichsten Stelle des Hauses aufgestellt werden.
    Durus' Blick traf auf die Büste seines Vaters, die ein wenig abseits von den großen Köpfen der Gens standen. Einen Augenblick verharrte er. Sein Vater würde ihm gnädig sein, oder? Wenn er das Militärtribunat ergriff? Und wenn nicht?

  • Auch der Alte war erschienen. Er stellte sich abseits in eine Nische und beobachtete die Zeremonie mit verschlossenen Armen.
    Es war seine erste Parentalia seit Jahren und der Weihrauch stieg ihm in die Nase und fing an zu gribbeln.
    Es konnte nicht mehr lange dauern und er mußt zu niesen beginnen.

  • Als auch Iuvenalis eintrat, wischte er seine Zweifel über die Gunst seines toten Vaters beiseite. Nun war der letzte Teil des Opfers angebrochen: Brot, die alltäglichste Speise der Welt.
    Einer der Sklaven reichte ihm einen Laib, den Durus an den Sollbruchstellten in die sechs Stücke teilte.
    Während ein paar Sklaven die übrigen Brote abnahmen, hielt Durus zwei Stücke hoch, sodass die Familienmitglieder, aber auch die Ahnen, die Speise gut sehen konnten.


    "Nehmt an das Brot, die Frucht der Erde und unserer Arbeit! Steht uns bei, aufdass es auch dieses Jahr in diesem Hause nicht ausgehen werde!"


    Er riss ein kleines Stück ab und warf es in die patera mit dem Salzwein. Den Rest stellte er auf das Lararium. Es würde im Laufe der Woche nach und nach verbrannt werden.


    Wieder nahm er die Gebetshaltung an, um das Opfer abzuschließen, während die Sklaven die Brotstücke wegtrugen. Zwei würden zu den übrigen Gaben kommen, der Rest in die Küche für das Frühstück der Sklaven.


    "O maiores, Patres matresque,


    die Ihr uns im letzten Jahr beigestanden seid und unser Haus mit Glück gesegnet habt!"


    Durus dachte einen Augenblick an all die Geschehnisse. Quintus war Senator geworden, Durus Aedil, Iuvenalis an den Kaiserhof - es war ein politisch ereignisreiches Jahr für die Tiberier gewesen!


    "Wir, die wir eure Gräber pflegen, Euer Andenken ehren, Euch Opfergaben bringen, bitten Euch:


    Steht uns bei im kommenden Jahr, mehrt den Wohlstand, schützt unser Heim und das aller Tiberier, wo auch immer sie leben mögen.


    Zum Dank werden wir Euch auch weiter ehren und Euer Andenken auch in die Erinnerung des Volkes holen."


    Diesmal dachte Durus an die Spiele, die Quintus plante. Das würde die Ahnen sicher milde stimmen!
    Einen Moment wartete er, dann drehte er sich nach rechts um und nahm den Togasaum vom Haupt und blickte in die Gesichter der Familienmitglieder, die versammelt waren.

  • Der Alte konnte es sich gerade noch mal verkneifen und mußte nicht Niesen und somit auch die Feier nicht unterbrechen was ihn sehr erleichterte.
    So hörte er wieder gespannt den Worten des Durus zu der seine Sache recht gut machte.


    Als er am Ende zu ihm sah nickte ihm Iuvenalis anerkennend zu.

  • Durus betrat am letzten Tage der Parentalia wieder das Atrium. Die Sklaven hatten bereits Körbe zusammengepackt, um das Picknick auf den Grabstätten der Tiberier abzuhalten. Da es ums Essen ging, trug Durus ausnahmsweise keine Toga, sondern ein Pallium, das jedoch aufgrund des Anlasses wieder eher unauffällig gehalten war. Nun wartete er auf die anderen Familienmitglieder, um gemeinsam mit ihnen in alter Tiberier-Tradition zu Fuß zu den Gräbern der Maiores zu pilgern.

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