• Der Abend des Banketts war schon recht weit fortgeschritten. Einige Gäste hatten sich sogar schon auf ihre Gästezimmer zurückgezogen, doch noch unterhielt man sich angeregt, und eine ausgelassene Stimmung hatte sich bei den meisten Gästen breit gemacht. Die Damen waren schon alle verschwunden oder hatten sich zumindest gut versteckt, denn ich hatte keine erblicken können, als ich den Festraum verlassen und die Latrinen aufgesucht hatte. Schwankend, aber schlussendlich war ich doch am Ziel angelangt. Der claudische Wein war mild und schmeckte herrlich, sodass ich mich nicht sonderlich gezügelt und Becher um Becher genossen hatte. Deandra hatte ich den ganzen Abend lang nicht gesehen. Zu Anfang hatte ich noch Ausschau gehalten, verstohlen und insgeheim, doch durch die gute Unterhaltung mit dem Flavier und den fortwährenden Genuss beim Essen hatte ich es schließlich aufgegeben und weiterhin dem Wein gefrönt.


    Nun wollte ich eigentlich zurück zu Gästen, ausgelassener Stimmung und Wein. Man hatte schließlich zur Freude vieler Gäste doch noch irgendwo her Musikanten organisiert, sodass nun die Klänge von Musik von fern an mich heran drangen. Es musste nach Mitternacht sein. Auf meinem Weg kam ich an einer Säule vorbei, auf der die Büste eines verflossenen Claudiers stand. War ich hier eben nich schon einmal gewesen? Angestrengt dachte ich nach, kam aber zu keinem Ergebnis, weswegen ich mit den Schultern zuckte und einfach weiterging. Die kühle Luft des Gartens drang vom peristylium her herein und ließ mich verweilen. Unschlüssig wägte ich Für und Wider ab, entschloss mich aber dann, einen Moment frische Luft zu atmen und lenkte meine unsteten Schritte hinaus in die Dunkelheit des Säulenganges, der an den claudischen Garten des Gutes grenzte. Dort lehnte ich mich an eine Säule. Stehen war zwar noch möglich, aber warum eine Stütze verschmähen, wenn sie doch vorhanden war? In meinem Kopf drehten sich die Gedanken um sich selbst und ineinander, benebelt vom Wein und träge vom Essen.

  • Nichts war langweiliger als ein Bankett, bei dem sich lauter gesetzte Leute die Köpfe über Finanzen, Politik, Haushaltführung oder Erinnerungen an ihre Jugend zerbrachen. Es kostete mich erhebliche Beherrschung, nicht in Abständen die Augen zu rollen. Irgendwann staute sich aber so viel Unmut über die sinnlos verbrachte Zeit an, dass ich – möglichst unauffällig – das Weite in Form des Säulenganges suchte. Dort angekommen hätte ich mir am liebsten mit einem Schrei Luft gemacht. Wie konnten andere Menschen dieses dumpfe Rumhängen nur aushalten? Das war mir unbegreiflich.


    Nachdenklich verknoteten sich meine Finger, als ich – den Blick auf den Boden geheftet – langsam den Gang entlang schritt. Das Leben floss zäh dahin, bot keinerlei Anlass zu besonderer oder gar euphorischer Freude, weswegen auch ein Tag dem anderen glich. Nicht einmal der Nachtspaziergang in Rom hatte diese Kette an Belanglosigkeiten spürbar unterbrochen. Ich seufzte und gab mir jede Mühe, dieses Resümee sofort wieder zu verdrängen. Vielmehr lauschte ich während des Gehens mit leicht geneigtem Kopf der Musik, deren Klang mich zu einem Tagtraum inspirierte. Tanzen schickte sich ja für eine Römerin guten Geblütes nicht, aber hier im Schutz der Dunkelheit machte ich heimlich ein paar dieser gleitenden Bewegungen, die ich vorhin bei diesem einfachen Mädchen beobachtet hatte, das sich sein Geld mit solcherlei Darbietungen verdiente. Wie wohl das Leben eines solchen Mädchens ansonsten verlief? Ob sie wohl glücklicher als ich war? Besitzstand und ein guter Name vermochten dieses Empfinden jedenfalls derzeit bei mir nicht auszulösen.



    Edit: Rechtschreibung

  • Da ich an die Säule gelehnt da stand, bemerkte mich der nächtliche Besucher nicht, der nun ebenfalls den Weg ins Peristyl gefunden hatte. Um bei der Wahrheit zu bleiben, bemerkte ich sie zuerst auch nicht, Deandra, da sie kaum ein Geräusch mit ihren Schritten verursachte. Als ich sie dann schließlich sah, wirkte sie gedankenverloren und glitt auf unsichtbaren Schienen dahin, wie die Peregrine, die vor einer Weile ihren Körper auf recht ansehnliche Weise zum Takt der Musik bewegt hatte.


    Statt mich zu erkennen zu geben, machte ich noch einen Schritt weiter zurück, in die Schatten der Säule und des hortus hinein, um Deandra verstohlen zu beobachten, wie sie die Schritte der Tänzerin nachahmte. Sie wirkte nicht so geübt wie diese, aber für mich war sie in diesem Moment das schönste Geschöpf unter dem Himmelszelt. Ich dachte an die Gegebenheiten des Bades am Vortag nach, was angesichts des Alkoholeinflusses schon nicht mehr so flüssig ging.


    "Nnie gab es eine sch...önere Frau", sagte ich leise und kam zurück ins Licht, wenn man denn von Helligkeit sprechen mochte. Im Garten war alles dunkel in dunkel, und so auch hier. Dennoch konnte man einander im beinahe gespenstischen Licht der schmalen Mondsichel erkennen. Meine Augen leuchteten, die Zunge war schwer, das Sprechen nicht mehr ganz so einfach - aber ich gab mir Mühe, und Wunsch und Wille waren eins, als ich auf sie zu trat und zwei Schritte vor ihr stehen blieb.

  • Dass mich jemand bei den unschicklichen Handlungen beobachten würde, hatte ich weder erwartet noch fand ich es besonders gut. Über mich selbst verärgert zog ich die Stirn kraus, noch bevor ich einordnen konnte, wer der unerwartete Beobachter überhaupt war. Dabei hätte ich ihn umgehend erkennen müssen, schließlich kannte ich ihn ja mehr als genau: Corvi.


    Im nächsten Augenblick stand mir unsere letzte Begegnung vor Augen: Er hatte vor Tagen auf mich wie ein Wechselbad gewirkt. In munterer Folge änderte er damals sein Verhalten, ständig musste ich die Gefühle wechseln und die Abschlussdusche war extrem kalt. Erneut schauderte es mich bei dem Gedanken daran. Ich war im Stolz verletzt zurückgeblieben, hatte etwas wie Verachtung ihm gegenüber gespürt, weil er unentschlossen, fast handlungsunfähig auf mich gewirkt hatte. Und nun stand er hier und lallte mich an. Ich wollte ihm nachhaltig böse sei, merkte aber, wie unzureichend mir das gelang. Es gab offensichtlich zu viele gute Seiten an ihm, um diese verachtenswerte jetzt ausreichend hochspielen zu können. Aber egal, das musste er ja nicht unbedingt merken.


    Ich legte den Kopf ein wenig schief, betrachtete ihn – soweit das wegen der Körpergröße überhaupt ging – von oben herab und entgegnete: „Welche deiner Bettgefährtinnen spukt dir denn gerade durch den Kopf?“


    Die schnippische Antwort kam überzeugend, denn ich schob noch leichten Groll vor mir her. Außerdem war er ohnehin nicht mehr ganz klar und diesen Zustand quittierte ich bei Männern stets mit Missfallen.

  • Das ehrlich gemeinte Lächeln blätterte förmlich von meinem Gesicht und hinterließ für einen Kurzen moment einen schmerzlichen Ausdruck darauf, der kaum einen Wimpernschlag später schon wieder undeutbar wurde. Zumindest glaubte ich das. Tja, und nun? Einfach mit der Entscheidung herausplatzen, die ich getroffen hatte? Ihr gar nichts davon sagen oder sie langsam heranführen? Es dauerte ziemlich lange, bis ich mich zwischen diesen drei Möglichkeiten entschieden hatte, sodass eine unangenehme Pause entstand, in der ich mit mir selbst und meinem widerwilligen Geist beschäftigt war. Schließlich jedoch hatte ich mich entschieden, und zwar für die dritte Variante. Sicherlich würde sie es missbilligen, wenn sie nichts davon erfahren würde und sie würde es auf den Wein schieben, wenn ich gleich damit herausplatzte. Also wollte ich zuerst, dass sie mir nicht mehr böse war, was sie ja augenscheinlich war. Ich zog die Brauen kurz zusammen und verringerte die Distanz zu Deandra erneut, dann hob ich eine Hand und strich ihr flüchtig über die Wange. Ehe sie die Hand fortwischen konnte, nahm ich sie selbst wieder herunter.


    "Du weissss dass ich ge-gerade an dich gedacht hab", hauchte ich ihr mit Falernerdunst angereicherter Stimme entgegen. Schnell sprach ich weiter, ehe sie etwas einwenden konnte.
    "Ich weiß, du denksss, ich bin nichmehr ganz klaah im Kopf. Das stimm dauch sicher. Aber wenn... wennsch eins weiß, dann isses dass ich das ernst meine."


    Jetzt hatte ich mich selbst nicht verstanden, hoffte aber, dass Deandra mit ihrem klaren Verstand wusste, was ich meinte. Insgeheim verfluchte ich die Neigung zum Wein ind prekären Situationen, da sie mich jetzt unzurechnungsfähig erscheinen ließ und die Zunge schwer werden ließ.


    "Ich war...blind", redete ich weiter und musterte Deandras Reaktionen.

  • Hatte ich ihn etwa getroffen? Überraschend wechselte der Ausdruck auf seinem Gesicht und mit ihm meine Grundhaltung. Gespannt wartete ich auf weitere Veränderungen, aber die blieben erst einmal aus. Irritiert schaute ich zu Boden, hob dann den Blick, um den Garten zu betrachten, als stünde dort sonst nie ein Busch oder Stamm, kehrte aber alsbald wieder auf sein Antlitz zurück.
    Was sollte ich nun denken? Nahm er an, ich konnte Gedanken lesen? Sicher nicht.


    Als er sich schließlich rührte und mir mit gerunzelten Brauen über die Wange strich, kam aber auch keine weitere Erkenntnis. Wie passt denn solches Verhalten zusammen? Streicheln hat etwas mit Zärtlichkeit zu tun, da runzelt man doch nicht die Brauen. Und ein düsterer Blick drückt Ärger aus, dazu passt dann ja wohl kein Streicheln. Aber vielleicht konnte man ja mit Alkohol im Blut diese Handlungen dekodieren und ich als Saftliebhaber stand außen vor. Sein Pegel war jedenfalls nicht zu missdeuten, viel zu schwanger war sein Atem und die Zunge offensichtlich viel zu schwer. Ich seufzte.


    Wusste ich, dass er mich gemeint hatte? Ich dachte kurz nach und nickte innerlich. Ja, im Grunde hatte ich es gewusst.
    Ich bedauerte, dass er nicht bei klarem Verstand war, denn das schmälerte die Aussagekraft seiner Worte, behinderte den bedeutungsvollen Gedankenaustausch und eröffnete bestenfalls die Aussicht auf ein die Langeweile des Abends milderndes Gespräch. Und leicht würde nicht einmal das werden, denn wieder wusste ich mit dem Wortfragment nicht allzu viel anzufangen.


    „Blind wofür?“ Nein, Gedankenlesen klappte heute wirklich nicht.

  • Jetzt kam es, jetzt würde es kommen. Ich würde es ihr sagen und alles war wieder in Ordnung. Nur wie? Was waren die besten Worte hierfür? Hatte ich nicht so oft nach den rechten Worten gesucht, sie mir zurecht gelegt und dann verworfen, nur um erneut etwas auszudenken? Und jetzt war alles weg, die Situation eine ganz andere, als ich geplant hatte. Nun war ich es, der seufzte. Wenn sie sich doch nur vorher hätte blicken lassen, als ich noch bei klarem Verstand und glaubwürdig gewesen war. Ich nahm mich zusammen und sprach langsam, um die schwere Zunge zu kompensieren.


    "Blind für das, was in mir vorgeht. Alsich in deinem cu..cubiculummm war und du mich gefangen hasss mit dei'm Sein. Schwusstes da noch nich, aber... aber jetz weis ichs", sagte ich angestrengt. Auf dem Bankett brach man gerade in schallendes Gelächter aus, was mir irgendwie unangenehm war, da es das, was ich sagen wollte, in ein lächerliches Licht rückte, obwohl es mir wichtig war. Merkte Deadra das auch oder erschien es nur mir wie die Ironie der Götter, in diesem Moment jemanden lauthals lachen zu lassen? Ungerührt der Zweifel fuhr ich fort.


    "Also, ich weisss nich, ob du.. na was du über Soffussss denkss. Aber wenn du es biilligsss..."
    Ich zögerte noch kurz und sah auf eine Säule irgenwo hinter Deandra, dann holte ich tief Luft.
    "Ich möchte um dich werbn."

  • Die Wirkung hatte das ja anscheinen nicht verfehlt. Aber was es bewirkte, war mir auch nicht ganz recht. Der ungläubige Tonfall und vor allem das Gesicht passte nicht dazu. Sie nahm mich nicht ernst. Ich seufzte und hob die Hände an ihre Oberarme, um sie eindringlich anzusehen. So eindringlich das mit einem leicht vernebelten Blick eben ging. Ich fand mich nicht lächerlich, nur in einer ungünstigen Lage für diese Bitte. Daher war es kein direktes Ja, was über meine Lippen kam, ehe ich nickte.


    "Ehe du was sagsss... Ich meine das ernst."

  • Ich nickte zunächst, um ihn zu beruhigen. Gleichzeitig wollte ich mich damit selber ruhig stellen, wobei ich mir gar nicht erst die Mühe machte, seine Worte in ihrer Konsequenz großartig zu überdenken. Das Hin und Her und Auf und Ab der Gefühle der letzten Tage hatte mir mehr als gereicht. Also lächelte ich ihn an, fasste zunächst mit der Rechten sein linkes Handgelenk, um mich alsbald in Etappen aus seinem Griff zu befreien. Nur flüchtig hielt ich seine Hände fest, suchte seinen Blick und deutete mit einer Kopfbewegung und den Augen in Richtung Garten.


    „Du siehst doch das Regenbecken dort“, vergewisserte ich mich mit einem kurzen Blick in seine Augen. „Wenn du darin kopfüber untergetaucht bist, höre ich mir gern deine Worte noch einmal an.“


    Ich stand bereit, um ihn zum Becken zu begleiten, rechnete aber nicht wirklich damit, dass er es umsetzte. Ich hatte mir abgewöhnt, die Worte Angetrunkener ernst zu nehmen. Daher fiel die Erwartung entsprechend kleiner aus als sie es sonst gewesen wäre. Nicht auszudenken, dachte ich flüchtig bei mir, wenn er diese Worte bei klarem Verstand geäußert hätte. Der Situation ergeben, versuchte ich das Beste daraus zu machen, nahm sie in Teilen mit Humor und lächelte ihn weiterhin tapfer an.

  • Sie nahm mich also wirklich nicht ernst. Was hatte ich anderes erwartet? Natürlich nahm sie das nicht ernst. Es war auch äußerst plump rübergekommen, noch dazu war ich trunken vom Wein und alles in allem nicht gerade sehr glaubwürdig. Als sie sich von mir losmachte, ließ ich die Hände schon beinahe selbst sinken und wünschte mir, meinen Geist nicht bereitwiillig an sein Falernergefängnis gesperrt zu haben. Ihre Forderung war lächerlich und bestätigte nur den Eindruck, den ich allein ihres Gesichtsausdrucks wegen hatte. Kurz sah ich sie verärgert an - immerhin bat ich nicht alle Tage irgendwelche Frauen darum, um sie werben zu dürfen, schon gar nicht, wenn sie einst Schwestern gewesen waren - dann manifestierte sich ein Entschluss in mir.


    Deandras Hände hielten meine noch zögerlich fest während sie lächelte, und ich legte den Kopf schräg.
    "Du glaubsss mir nich. In Ordnung. Vielleicht tusss du es gleich."


    Und vermutlich zum ersten Mal im Leben war ich im Begriff, ohne vorheriges Nachdenken im angetrunkenen Zustand eine Lächerlichkeit zu begehen. Oder nein, ich dachte ja nach. Wenn Deandra einen Beweis haben wollte, so sollte sie ihn bekommen. Entschlossen wandte ich mich also unter ihrem milde belächelnden Blick ab und ging zu diesem ominösen Regenwasserauffangbecken, das zwischen Brust- und Hufthöhe als Steinaufbau im hortus stand. Mit einer Hand merkte ich, dass es recht kalt war. Grimmig entschlossen warf ich Deandra noch einen Blick zu, holte Luft und tauchte mit dem Kopf in das kalte Wasser ein.


    Es traf mich wie ein Schlag, so kalt war es plötzlich. Einige Luftblasen entflohen meinen Lippen vor Schreck, doch dann zwang ich mich, den Kopf so lange unter Wasser zu halten, bis mich der Sauerstoffmangel zwang, nach Luft zu schnappen. Ich hob den Kopf, blieb aber vornübergebeugt stehen, weil ich tropfte wie ein nasser Hund. Dass ich meine toga einnässen würde, hatte ich nicht berücksichtigt. Doch Deandra stand nahe - und so griff ich mit einfach ihre palla und trocknete Gesicht und Haare. Fragend sah ich sie an. Wirst du mir nun glauben?


    "Ich bin nass", erklärte ich leicht vorwurfsvoll.
    "Und ich möchte immer noch um dich werben."

  • Er machte es tatsächlich. Ich konnte es kaum fassen und blickte ihm mit überraschtem Gesichtsausdruck hinterher. Mit einiger Verzögerung, von durcheinander stürzenden Gedanken begleitet, folgte ich ihm zu diesem Becken, fing den vorwurfsvollen Blick ab, fühlte mich durchaus schuldig, aber nur etwas, und beobachtete wie er eintauchte.
    Er tat es also wirklich … ruinierte den Sitz seiner Toga, riskierte nicht nur ein körperliches Schockgefühl, sondern auch die Belustigung anderer.


    ‚Das macht doch kein normaler Mensch!’, dachte ich und grübelte angestrengt. So was riskiert man doch nicht zum Spaß, nicht mal wenn man betrunken ist. Gut, vielleicht, wenn man betrunken ist, aber Corvi war bestenfalls angetrunken. ‚Was, wenn ich seine Aussage von eben doch ernst nehmen kann?’
    Dann tat sich jedoch die nächste Frage auf: 'Warum will er um mich werben?' Jaaa, klar. Man wirbt, weil man den anderen gewinnen will. Aber so war die Überlegung ja auch nicht gemeint. Viel interessanter war herauszufinden, warum er mich gewinnen wollte … falls ich mit meiner Einschätzung richtig lag. Einen Prestigegewinn bedeutete es jedenfalls nicht, seine ehemalige Schwester als Frau besitzen zu wollen. Es erhöhte nicht das Ansehen, brachte keineswegs finanzielle oder politische Vorteile, schuf keine Brücke zur anderen Familie, die nicht ohnehin bereits da war. Im Gegenteil – es konnte Ärger bedeuten. Wer wusste schon, wie Vesuvianus, die Claudier insgesamt, dazu stehen würden?


    Den Grund, mich aus Besitzdenken nicht verlieren zu wollen, schob ich ganz schnell beiseite, denn er erschien mir zu banal, um sein Handeln zu rechtfertigen. Was als einzig vernünftige Erklärung übrig blieb, waren tiefere Gefühle. Konnte ich daran glauben? ‚Möglich wär’s’, gab ich mir selbst zur Antwort. ‚Er wirkte ziemlich zerrissen, als er mich vor Tagen aufgesucht hatte.’ Zu weiteren Überlegungen kam ich nicht, denn soeben tauchte sein Kopf wieder auf.


    Bereits beim Zusehen hatte es mich gefröstelt, denn es war Winter und das Wasser dementsprechend kalt. Ich hatte längst die Schultern hochgezogen und die Arme um den Leib geschlungen, um mir wenigstens die Einbildung eines Wärmeschutzes zu gönnen. Den jedoch verlor ich just in diesem Augenblick, weil mir Corvi kurz entschlossen die Palla von den Schultern zog. Recht so, wird er gedacht haben. Wenn sie solch abwegige Handlungen von mir verlangte, werde ich mich entsprechend revangieren. Der Vorwurf in seiner Stimme war nicht zu überhören und ich vermochte es nicht, deswegen meinerseits vorwurfsvoll zu blicken. Anschließend wiederholte er tatsächlich seinen Wunsch, den ich mir erst dreimal im Geist wiederholen musste, ehe ich eine Antwort fand.


    „Du meinst es ernst, oder?“, fragte ich mit zaghafter Stimme. Zu dumm, dass ich keine Gedanken lesen konnte.

  • In der unangenehmen Pause, in der sie nachzudenken schien, befühlte ich den edlen Stoff in meinen Fingern, der nun durchlässt und nicht länger wärmespendend war. Es mochte zwar auf den Frühling zugehen, aber kalt war es trotzdem noch, und Deandra musste frieren, wie alle Frauen es unweigerlich taten, die überflüssige Fettpölsterchen vermieden. Und ich hatte sie auch noch der palla beraubt. Mein noch feuchtes Haar entließ ab und an einen Wassertropfen, der über Gesicht oder Nacken hinab in den Stoff der toga rollte. Ich fröstelte zwar, erweckte jedoch den Anschein, dass es mir nichts oder nicht viel ausmachte. Immerhin war ich ein Mann und wollte nicht zitternd vor einer Frau stehen, der ich eben auf ziemlich plumpe Art einen Antrag gemacht hatte, wie ich inzwischen feststellen konnte. Meine Gedanken waren noch immer träge, auch wenn das kurze Wasserbad durchaus geholfen hatte, schlagartig klarer zu werden und so zumindest das schlimmste Lallen zu vertreiben. Ohne Zweifel sprach ich immer noch angestrengt, aber nicht mehr so wie zuvor. Schenkte man nicht Blumen, Schmuck und derlei zu solchen Anlässen? Und ich kam lediglich mit Falerneratem und sonst nichts daher. Das musste ich ändern! Vom Wein beflügelt und einem pochenden Herzen angetrieben, schritt ich langsam auf Deandra zu, die palla über eine Schulter gelegt, umschloss ihr Gesicht mit meinen Händen und beraubte sie eines Kusses. Er fiel bedeutend inniger aus, meinerseits zumindest, als der letzte in ihrem cubiculum, der mich trunken und süchtig gemacht hatte. Mir wurde schlagartig klar, dass ich sie eifersüchtig verteidigen würde, wenn es sein musste, und dass ich einen anderen Mann an ihrer Seite niemals würde akzeptieren können. Die Hände wanderten über ihre Schultern und verweilten kurz, aber lange genug, um das Bild in den Kopf zu rufen, das mir beim Bad in den Sinn gekommen war. Sie glitten weiter zum Rücken und zogen Deandra noch näher heran, ehe ich ihre Lippen schließlich freigab, sie aber dennoch festhielt.


    "Muss ich diese Frage wirklich noch beantworten?" fragte ich sie, als wir beide wieder Luft geholt hatten. Meine toga war verrutscht und zerknittert. Ich würde vermutlich Hilfe brauchen, um sie zu richten, sollte sie sich nun abwenden und mich stehen lassen.

  • Worte sind wichtig, ich wollte sie hören, aber Handlungen waren mitunter noch aussagefähiger. Corvis Handlungen zählten zu dieser Kategorie, obwohl weder meine Sinne noch mein Gedächtnis seinen trunkenen Zustand ausblenden konnten. Und doch steckte so viel Überzeugungskraft in der Art seiner Berührung, seinem Kuss, dass ich nach den Augenblicken der Überraschung die steife Zurückhaltung aufgab und anschmiegsam wurde.


    Zunächst zögerlich, aber mit den aufkommenden Herzklopfen mutiger, erwiderte ich den Kuss – fast drängend, was mich selbst einen Lidschlag lang verwunderte, bevor ich konsequent sämtliche Gedanken in dieser Hinsicht abschaltete. Während ich die Arme um seinen Körper schlang, entstand ein Gefühl, das schwer zu beschreiben war. Es beinhaltete Gelassenheit gegenüber der uns anhaftenden Problematik, es war mit Ruhe und Sicherheit, besser noch mit Selbstverständlichkeit zu umschreiben, es zauberte ein Dauerlächeln auf das Gesicht, produzierte Unmengen von berauschenden Wirkstoffen, die das Blut schneller kreisen ließen, den Atem beschleunigten und über die Haut ganze Armeen imaginärer Krabbeltiere jagte, die in lockerer Folge Schauer über die verschiedensten Körperregionen verteilten.


    Völlig klar, ich wollte ihn, mehr als alles andere. Und natürlich musste er keine Antwort mehr geben, von seiner Seite war alles gesagt. Aber meine Antwort stand vielleicht noch aus – trotz der ebenfalls eindeutigen Handlungsweise. Ich ließ die Nähe seiner Haut noch einmal auf mich wirken, bevor ich mich in Richtung Ohr reckte. Laut reden war mir nicht möglich und es erschien mir auch nicht angemessen.


    „Wir haben die gleichen Träume und ich werde mit dir um ihre Verwirklichung kämpfen.“


    Und wieder weilte die Wange nur einen Hauch von ihm entfernt.

  • Mit einem Hochgefühl in der Brust vernahm ich ihre Worte. Es hätte ihrer so wenig bedarft wie meiner, denn auch Deandras Handeln sprach bereits Bände. So lächelte ich sie nur an, schob all jene Gedanken fort, die mahnten und auf die Schmach verwiesen, mit der Außenstehende diese Entwicklung vielleicht betrachten würden, und drückte sie noch näher an mich, wodurch wir leicht ins Schwanken gerieten und ich grinsend mit dem Rücken an einer nahen Säule Halt fand. Ich lachte verhalten und küsste sie auf die Nasenspitze.


    "Das war so tssiemlich der banalste Antrag, der je gemacht worden ist", sagte ich und tauchte in ihren Blick ein. Erneut verschmolzen unsere Lippen in einem Kuss. Kurz war da der Gedanke an Sophus und dass ich nun guten Gewissens zu Vesuvianus gehen und vorsprechen konnte, ohne dass sich Deandra hintergangen fühlen würde. Doch der sich unter ihrer tunica abzeichnende und an mich drückende Körper Deandras verdrängte beinahe jedweden Gedanken aus meinem Kopf. Forschend glitten meine Hände in ihren Nacken, strichen das Haar beiseite und über die weiche Haut. Da war es wieder, das Bild in meinem Kopf. Meine Küsse wurden fordernder, ohne dass ich es bewusst beeinflussen konnte. Die Ader an meiner Schläfe pochte synchron zum schnellen Herzschlag und im Rausch der nervenaufreibenden Mischung aus Wein und Frau und etwas anderem, das ich nicht genau bestimmen konnte, das aber vorhanden war und mich trunken machte. Der Verstand, der darauf pochte, es dabei zu belassen und nun wieder die Gesellschaft der anderen zu suchen, wurde kurzerhand abgeschaltet. Der Grund war einfach: er störte.

  • Wie gut, dass nicht ich durch den verloren gegangenen Halt an die Säule gedrückt wurde. Harter Hintergrund und Corvis Gewicht abfangen? Also nein. Aber lustig war es allemal und so musste auch ich schmunzeln, als das ungestüme Verhalten seinen Tribut verlangte. Es war zudem schön, unbekümmert lachen, schmusen und scherzen zu können. Bisher war ja alles kompliziert gewesen und ich genoss die Entkrampfung.


    „Ja, also das finde ich auch“, bestätigte ich mit einem Lachen und gleichzeitigem Kopfnicken seine Einschätzung bezüglich der Qualität und Originalität des Antrags. „Ich hätte dir viel mehr zugetraut.“ Meine Augen blitzten verwegen.


    Offensichtlich ließ sich Corvi damit herausfordern, aber nicht etwa zu einem Wortgefecht, sondern vielmehr einem Lippenbekenntnis der anderen Art, zu dem ich mich ohne große Mühe überreden ließ. Und da war sie schon wieder – die direkte Verbindung von den Lippen, über die Schultern, die Arme und den Bauch hinein in Regionen, die bislang ohne jegliche Bedeutung für mich waren. Ich schloss die Augen und lauschte in mich hinein, sofern das überhaupt ging, denn da waren noch seine Hände, die während ihrer Entdeckungstour gleichfalls meine Aufmerksamkeit banden. Wohin konzentriert man sich denn jetzt? Wie mit diesen sich überlagernden Gefühlen umgehen? Dabei dachte ich immer, Liebe nimmt das Herz ein. Weit gefehlt: Sie raste irgendwie durch den gesamten Körper.


    Und jetzt? War nicht jetzt DIE Gelegenheit? War es nicht genau das, was ich seit vielen Tagen wissen wollte? Traute ich mich? Was siegt – Neugier oder Verlegenheit? Die Entscheidung fiel schnell, denn der Gedanke ließ sich nicht einmal mehr gewaltsam aus dem Kopf vertreiben. Mit klopfendem Herzen und durch die fordernden Küsse inspiriert konnte mich nun nichts mehr aufhalten.
    Während meine Hände erstmalig seinen Körper erkundeten, den die Augen schon lange kannten, suchte ich gleichzeitig den Kontakt zu seinem Becken. Flüchtig fragte ich mich, ob das nun schicklich oder eher unschicklich war und was er wohl denken musste, aber schlussendlich war es mir egal.


    Irgendwann würde ich gerne einfach so in seinen Armen liegen wollen, die Welt aus sicherer Position betrachten, von allem Leid sehr fern zu sein, das Glück und die Zufriedenheit gepachtet zu haben, aber jetzt, JETZT ging es eben gerade nicht. Zu viel Wissbegier - oder war da noch mehr? - brannte in mir und wollte gestillt sein. Dieser Gedanke ließ keine Ablenkung mehr zu, daher lösten sich meine Lippen von seinen, ich legte die Stirn an seine Wange, bekämpfte erfolglos das heftige Atmen, bestand einzig noch aus dem Gespür für diese geheimnisvolle Gegend, dachte somit nur noch an eins ...

  • Körperliche Nähe zu einer Frau war eine der besten Drogen, die neben dem Alkohol existierten. Diesen Standpunkt hatte ich zumindest stets vertreten, aber das hier war anders. Ich war bei Deandra nicht nur darauf aus, meinen Spaß zu haben. Da war noch etwas, das mir den Atem raubte und die Brust beengte, und das war sicherlich nicht die zarte Frau, die mir nah war. Ich hätte an unser Gespräch denken müssen, denken sollen, aber ich tat es nicht. Um ehrlich zu sein: Ich dachte gar nicht mehr nach, sondern suchte mit dem Rücken festen Halt an der Säule - die mein Retter in der Not war und ohne die ich vermutlich nicht mehr gestanden hätte - und zog Deandra so nahe als möglich an mich heran. Ich spürte die seitlichen, vorstehenden Knochen des weiblichen Beckens, das sich gegen meinen Unterleib drückte. Wie in Trance befreite ich meine Lippen und blickte sie verwundert an, doch das aufkeimende Verlangen wuchs und wurde stärker mit jeder Sekunde, die mich ihr berauschender Duft in Bann zog. Es war demnach nicht verwunderlich, dass Deandras ausgefahrene Sinne alsbald etwas bemerkten, das im "Ruhezustand" eines jeden Mannes nicht so zu spüren war, wie es das nun war. Erneut versenkte ich meinen Kopf an ihrer Halsbeuge, bedeckte Hals und Schulter mit Küssen, die sie unweigerlich erschauern lassen mussten, sofern sie da nicht kitzelig war.


    Mein Atem kam stoßweise, alles Denken ausgeschaltet, alle Sinne auf die Person vor mir gerichtet, für die ich eben noch den Kopf in ein Regenfass gesteckt hatte. Wenn mir jemand diese Situation vor einem Jahr prophezeiht hätte, wäre ich in schallendes Gelächter ausgebrochen und hätte einen dezenten Vogel gezeigt. Jetzt aber dachte ich über dieses skurrile Verhalten nicht einmal mehr nach. Immerhin waren Deandra und ich kurz davor... Ja, was genau eigentlich? Ich hielt inne im Streicheln, Kosen und Küssen, um sie anzusehen. Meine war Stimme heiser vor Verlangen und zu der schweren Zunge war nun auch noch die Fiebrigkeit des Moments hinzu gekommen.


    "Deandra...." War das meine Stimme? Sie klang tiefer als gewöhnlich und ließ mich einen Wimpernschlag verdutzt über die Ursache nachdenken. Dann jedoch sog ich mit der neuen Luft wieder diesen betörenden, dezenten Duft ein, und ich vergaß sogar die Frage. Meine Lenden pulsierten, ich zwang mich dazu, weiterzureden.


    "Gehen...wir rein?"


    Oh nein, nicht weil es etwa kühl war, weil ich meine toga richten lassen oder zu den anderen zurückkehren wollte. Es waren das Pochen und die feurigen Küsse, die mich dazu veranlasste, diesen - zugegebenermaßen - undeutlichen Vorschlag zu machen. Nun war ich gespannt, wie Deandra reagieren würde.

  • Nein, ich bemerkte nicht einmal seinen Blick, nahm keine Geräusche vom Festsaal mehr wahr, sah weder Umgebung noch dachte ich über irgendetwas nach. Alles bis auf einen kleinen Kreis war ausgeblendet, alles außer ihm – das, was ich hören und spüren konnte. Da waren Vorgänge, die mich in ihren Bann schlugen. Sein Atem - ich hatte noch nie einen Mann in gleicher Weise atmen gehört. Faszinierend auch die Wirkung dessen auf mich: Es steckte an.


    Und dann waren noch unglaubliche Veränderungen bei seinem Unterleib. Über alle Maßen beeindruckt verfolgte ich, wie er sich veränderte, wie etwas entstand, das zuvor weder in Größe noch in Festigkeit da gewesen war. Ich ahnte instinktiv, dass diese Veränderung mit mir, meiner Nähe zusammenhing. Dieses Wissen ließ ein Lächeln erscheinen, Wärme in das Herz eintreten, Blut in jene Region rauschen, die sich unvermittelt mit einem unbekannten Prickeln bemerkbar machten und mich, um dem etwas entgegenzusetzen, dazu veranlassten, mich nur noch näher an ihn zu drängen. Es bedurfte keiner Ewigkeit, bis ich herausfand, dass ruhiges Stehen die Eindrücke minderte, kleinste Bewegungen sie hingegen für mich verstärkten.


    In diese aufgepeitschten Empfindungen hinein traf heißer Atem meine Halsbeuge, dem eine Reihe kleiner Küsse folgten, die einen Schauer nach dem anderen auslösten. Miniaturhärchen nahmen jede noch so winzige Berührung auf, vervielfachten sie und schickten sie als inflationäre Botschaft meines ohnehin mageren Widerstandes gegen Dinge, die vor einer Heirat niemals stattfinden durften, in den Blut- und Atemkreislauf. Ich wollte etwas, von dem ich nicht einmal wusste, wie es war und wie es ging. Wieso überhaupt regiert nur noch das Gefühl? Warum schaltet sich der Verstand beim Körperkontakt mit einem begehrten Menschen einfach ab?


    Seine Stimme riss mich schließlich aus diesem Kreislauf heraus. Sie klang ungewohnt dunkel, auf ihre Art anregend, wie alles andere auch. Es dauerte daher Momente, bis ich dem Inhalt der Worte folgen konnte.


    „Ja, gehen wir“, raunte ich mit ebenfalls ungewohnter Stimme. JETZT wollte ich ihn gänzlich kennen lernen. Das konnte, das durfte nicht verboten sein, weil ich es so sehr wollte. Ich hoffte zu diesem Zeitpunkt noch, stark genug zu sein, um meine Unberührtheit bewahren zu können – bewahren für eine ganz besondere Nacht.

  • Die Nähe ihres Körpers und die daraus resultierende Hitze ließen mich die Kühle der uns umgebenden Nacht und mein erst angetrocknetes Haar vergessen. Von der Warte einer Patrizierin aus gesehen musste es so falsch sein, was wir zu tun beabsichtigten, aber ich dachte schon seit einigen Minuten nicht mehr an die lästige Etikette oder eventuell aus dem Tun resultierende Folgen. Ich wollte Deandra, und ich wollte sie jetzt. Aus diesem Grunde klang ihre Zustimmung wie Musik in meinen Ohren. Ich lächelte breit und hob Deandra kurzerhand auf die Arme.


    "Ich kann ja schon mal üben", grinste ich und machte exakt zwei Schritte, ehe ich meine Freundin, die Säule, erneut als helfende Stütze missbrauchen musste, diemal seitlich. Aus der Traum vom stolzen Daheinschreiten der Simulation eines Über-die-Schwelle-tragens, das musste ich mir eingestehen.


    "Hoppla. Vielleicht isss es doch besser, wenn....?" sagte ich und lachte, nachdem ich Deandra wieder sanft abgestellt hatte. Wenn sie selbst ging, war es vermutlich besser, schließlich wollte ich sie nicht fallen lassen, wenn ich des Falerners wegen aus dem Gleichgewicht kam und schwankte. So ließ ich ihr den Vortritt, zumal ich auch gar nicht wusste, wo ich denn mit ihr im Schlepptau hätte hingehen sollen. Sicher, ich war bereits in ihrem claudischen cubiculum gewesen, doch der Weg dahin war mir weniger als schwammig im Gedächtnis geblieben und angetrunken, in Ordnung, betrunken wie ich jetzt war, würden wir eher in einer Besenkammer landen und am nächsten Morgen für Gerüchte sorgen, die man nurmehr schwerlich ausmerzen konnte. Ich küsste Deandra erneut, diesmal auf den linken Handrücken, und deutete eine Verbeugung an.


    "Nach dir."

  • Während mich Corvi auf die Arme nahm und ich seines Gesichtausdruckes gewahr wurde, kam ich mir unvermittelt wie eine Beute vor – zugegebenermaßen stellte ich ein freiwillig zur Verfügung gestelltes Beutestück dar. Aber nicht dieser Gedanke ließ mich mit den Beinen strampeln, sondern der, dass ich höchst ungern den Boden unter den Füßen verlor – das war schon immer so gewesen, und wenn es Corvi nun vergaß, hing das entweder mit seiner Trunkenheit zusammen, die doch größer als angenommen war, oder mit aussetzendem Verstand. Ich musste nun meinerseits lächeln, als er, aus dem Gleichgewicht gekommen, wieder Halt an der Säule suchte.


    „Ja, da musst du noch erheblich üben“, bestätigte ich lachend, als er mich wieder absetzte. Natürlich wusste ich von diesem Ritual, welches römische Mädchen kannte das nicht? Mit Bedauern stellte ich fest, dass der Rausch dadurch unvermittelt einen Abbruch genommen hatte. Ich störte mich eben doch erheblich daran, wenn jemand nicht Herr seiner Sinne war. Sein Lächeln und der Kuss auf die Hand, auch wenn ich mich damit gerade wie unsere Mutter fühlte :P, ließ mich aber den Gedanken vergessen.
    Ich schob meine Hand in seine, stellte für den Moment fest, dass diese ernorm viel Platz bot, und machte den ersten Schritt Richtung Wohnräume der Villa.

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