Büro - Der Auftrag des Senates

Marcellus war nicht das erste Mal in diesem Haus und daher viel es ihm auch auf, dass im Atrium immer noch das Chaos herrschte. Für einen zweifachen Consul, Princeps Senatus und ehemaligen Prätorianerpräfekten war Vinicius Hungaricus allen Anschein nach nicht gerade darauf bedacht, sein Atrium dementsprechend Repräsentativ zu halten. Der Patrizier achtete darauf, dass er sich nirgendwo schmutzig machte und wartete auf den Hausherren, als dieser angekündigt wurde.

Der einfache Consular scherte sich nicht um Marcellus' Gedanken zum Zustand des Hauses, selbst wenn er davon gewußt hätte. Stattdessen wartete er darauf, daß Marcellus in sein Büro tritt, so wie Hungi es seinem Sklaven aufgetragen hatte.

Es dauerte einen kurzen Moment, bis Marcellus bewusst wurde, dass der Senator ihn hier nicht empfangen würde, sondern dass er sich selbst in dessen Büro bequemen musste. Er zupfte also seine Magistratentoga zurecht und betrat das Officium.

Ah, Claudius Marcellus. Sei gegrüßt. Hungi stand auf und begrüßte den Magistraten etwas förmlich. Dann wies er mit der Hand auf die Sitzgelegenheiten. Aber setz dich doch. forderte er ihn auf, während er selber Platz nahm.

Da du so schnell hergekommen bist, nehme ich an, daß du meine Nachricht erhalten hast? fragte er eher der Form halber.

"Ich danke dir Senator Hungaricus! Ich nehme an, dass es um mein neues Amt als Quaestor Classis geht. Leider habe ich die Senatssitzung an diesem Tag verpasst, da ich nicht in Roma war und da ich von Natur aus ein neugieriger Mensch bin, habe ich mich natürlich so schnell wie möglich auf den Weg zu dir gemacht, als ich deine Nachricht erhielt."

Er nickte dem Senator dankend zu und setzte sich ebenfalls. Es war wirklich ein unglücklicher Zufall, dass Marcellus, der als Quaestor sitzungsrecht im Senat hatte, genau am Tag dieser Besprechung nicht anwesend war. Zugern hätte er sich die unterschiedlichen Meinungen der Senatoren angehört, als hier nur noch das Endergebnis präsentiert zu bekommen.

Du liegst vollkommen richtig mit deiner Vermutung. bestätigte Hungi dessen Ausführungen.

Der Senat hat mehrere Aufträge für dich, um genau zu sein drei. Fangen wir mal mit dem ersten an.

Zum einen sollst du dich in der Classis oben umhören. Der Senator Prudentius Commodus erzählte von einer gewissen Stimmung gegen den Senat, die bei der Classis herrschen sollte. Der Senator konnte nichts genaueres sagen, vielleicht findest du mehr heraus und wenn es stimmt, weshalb die Classis so gegen den Senat eingestellt ist.

Der zweite Auftrag steht in direktem Zusammenhang mit dem ersten. Du sollst dort die Moral verbessern und dergleichen, keine Auszeichnungen vergeben, sondern was mit ihnen unternehmen, Altar weihen, kleines Manöver, und so etwas.

Interessiert und aufmerksam folgte der Patrizier den Worten des Senators und machte sich seine Gedanken dazu. Aus dem Munde des Senators klang dieser Auftrag ziemlich simpel und einfach. Ob er sich jedoch letzten Endes auch als solches erwies, war wohl wieder eine andere Sache.

"Ich habe verstanden Senator. Ich hoffe, dass die Kommandeure und Soldaten der Classis das genauso sehen. Bekomme ich eine schriftliche Vollmacht des Senats die mich mit den entsprechenden Befugnissen ausstattet und mit der ich mich legitimieren kann?"

Bekommst du. antwortete Hungi und hoffte im gleichen Zug, daß der Claudier mit der Befugnis nicht überall rumstolpern würde. Obwohl er bei der Vorstellung innerlich grinsen mußte.

Was den dritten Auftrag angeht... begann er wieder, so sollst du dem Statthalter von Germania zur Hand gehen. Erkundung von Nebenflüssen, Zustand der Flußgrenze feststellen und ähnliches wurde im Senat kurz angerissen, aber ich bin sicher, der Legatus Augusti pro Praetore wird dir sicher etwas adäquates zustecken können. Du hast sicher schon gehört, daß mein Bruder Lucianus, der neue Statthalter von Germania ist?

Verwundert sah Marcellus den Senator an. Bisher hatte er noch nirgends gehört, dass Vinicius Lucianus der neue Statthalter von Germanien war. Daher schüttelte er verneinend den Kopf und gab sich überrascht.

"Das ist mir neu, aber bestimmt ein großer Vorteil, da ich unter deinem Bruder ja auch als Quaestor Consulum gedient habe und wir somit gut aufeinander abgestimmt sind. Es wird mir die Arbeit bestimmt erleichtern. Gibt es sonst noch irgendetwas, dass ich wissen sollte?"

Aha, eigentlich war es eher eine rhetorische Frage gewesen, die er gestellt hatte, denn er nahm an, daß es schon stadtbekannt war, daß sein Bruder jetzt der LAPP von Germanien war. Aber gut, da hatte er sich getäuscht.

Wenn du keine Fragen mehr hast, war es das. antwortete Hungi auf die Frage seines Gegenübers. Mein Bruder wird in den nächsten Tagen nach Germania aufbrechen, ich bin mir sicher, er hätte nichts dagegen, wenn du dich seinem Zug gleich anschließt, sofern du deine Arbeit nicht früher beginnen möchtest.

"Ich werde gerne auf dieses Angebot zurückkommen. In den nächsten Tagen findet das kaiserliche Konvent statt, zu dem ich geladen wurde. Danach steht einer Abreise nichts mehr im Wege. Ich danke dir für deine Zeit Senator und bitte dich, mir die Vollmacht in die Villa Claudia bringen zu lassen."

Mit einem Kopfnicken, deutete der Patrizier an, das er dieses Gespräch von seiner Seite, für beendet betrachtete. Es gab im Moment nichts weiteres zu klären und Marcellus wollte vorher auf das Schreiben des Senats warten, in dem seine Aufgaben und Vollmachten bestimmt noch einmal ausführlich aufgeführt wurden. Er wartete also, bis der Senator in verabschiedete.

Aha, von einem solchen Konvent hatte Hungi keine Ahnung. Aber gut, seine Kontakte ins Kaiserhaus waren ja seit seiner Entlassung auch nicht mehr so gut gepflegt wie davor.

Ich würde sagen, du nimmst die Vollmacht gleich mit. Hungi stand auf, ging an seinen Schreibtisch, nahm eine Papyrus-Rolle in die Hand und gab diese dem Quaestor.

Der Patrizier nahm das Schreiben entgegen und überflog den Text, der zu seiner Verwunderung äußerst nichts aussagend und allgemein gehalten war. Für Marcellus selbst war dies nur ein Vorteil, da es einen ziemlich großen Handlungsspielraum offen ließ. Er ließ sich jedoch nicht anmerken, rollte das Papyrus wieder zusammen und lächelte dem Senator dankend zu.

"Ich danke dir Senator. Wenn dies alles war, dann werde ich mich nun zurückziehen und meine Vorbereitungen treffen."

Hungi nickte leicht.

Ja, das wäre alles. Ich wünsche dir viel Erfolg in Germania und bin gespannt auf deinen Bericht.