[Horti Maecenatis] R. Minervina & Lana

  • Es war nun schon eine ganze Woche her, dass Minervina die Reise nach Rom hinter sich gebracht hatte. Eine Woche war es somit auch her, dass sie Helvetius getroffen hatte, mit Lana Zärtlichkeiten ausgetauscht hatte und auch mit Vitamalacus ein inniges Gespräch über ihr Verhalten führte. Eine Woche hatte gereicht, um sich wieder ein wenig zu besinnen und sich einen genaueren Weg zurechtzulegen. UNd zu diesem genaueren Weg gehörte auch, dass sie sich ihren Gefühlen zu Lana genauer bewusst wurde und sich dazu anhielt, sie wie eh und je zu behandeln: Keinen Deut besser oder schlechter. Lana war nur ihre Sklavin.


    Minervina, in der Villa Tiberia auf dem Mons Esquilins zuhause, eine bessere Wohngegend auf einem der sieben Hügel, hatte sich zu einem Spaziergang entschlossen. Und diesen Spaziergang wollte sie mit einem Besuch beim Schrein der Minervina Medicae verknüpfen. Sie hatte in einem größeren Umhängebeutel also eine Tonstatue als Opfergabe und einen kleinen Kuchen. Sie folgten längere Zeit schweigend der Straße in südlicher Richtung, denn dort befanden sich die Horti Maecenatis. Mochte es im Sommer auch - natürlich - entschieden schöner sein, so würden ihr ein paar grüne Flächen gar nicht schlecht bekommen. Als Begleitung hatte Minervina sich Lana erdacht, denn sie wollte sich möglichst unauffällig verhalten und so war es sicher verständlich, dass sie sich für ihre Leibsklavin entschied. Immer noch besser als dieser schreckliche Titus, den Vitamalacus ihr vermutlich aufgedrückt hätte. Nun gab es zwar dieses peinliche Schweigen, denn seit jener Nacht hatten sie nur Formalitäten ausgetauscht, aber irgendwann musste man ja auch wieder auf ein gemeinsames Maß kommen, nicht?


    Da rückten langsam auch schon die Bäume der Horti näher, die nun für ein wenig Entspannung sorgen sollten. Den Schrein der Minervina Medicae wollte sie aufsuchen, da diese eben zum einen ihre erwählte Schutzgöttin war, ohnehin Namensverwandte, als auch aus dem Grund, dass sie bei ihr wohl am Besten aufgehoben war, um für die Gesundheit des Miles Marcellus zu beten. Hoffentlich hatte er gute Ärzte und würde über seine Wunden hinwegkommen, denn wenn er auch irgendwie komisch war, so hatte er doch wenigstens gewissermaßen Stil gehabt. Und er hatte auch nicht schlecht ausgesehen, ebenso wie der Plebejer aus Mantua. Sie waren entschieden männlicher als all jene die sich wie ein kleines Kind rasierten und eitler waren als so manche Frau. Nun, ob Helvetius aufgrund von langer Gefangenschaft, die ihn im Übrigen furchtbar riechen ließ, seinen Drei-Tage-Bart hatte, wusste sie nicht zu sagen, aber er hatte nicht verhätschelt gewirkt.


    Sie wandte ihr Gesicht zu der nebenhergehenden Lana, die auf sie ein wenig unbeholfen wirkte - so wie sie selbst auch. Rasch suchte sie nach einem Gesprächsthema und kam auf das wohl blödeste, was es unter der Sonne gab. "Hm das Wetter ist recht kühl heute, hm? Die Sonne schafft es einfach nicht durch die Wolken." Gleichzeitig wurde ihr klar, wie lahm sie doch klang. Aber nun war es nicht zu ändern.

  • Lana nickte und sah zum Himmel auf. Sie hatte ihre Hände vor ihrem Bauch zusammen gelegt und war vorher die ganze Zeit neben der Herrin hergelaufen. Durch ihren Kopf drifteten so manche Gedanken, doch reden wollte sie noch nicht wieder so recht, nachdem die Herrin, sie ihrer Meinung nach, so kalt hatte stehen lassen...
    Doch dann lächelte sie mit einem Male etwas und sah von der Seite her zu der Herrin hin. "Wo liegt Germanien?"Lana stellte sich für den Augenblick etwas dümmlich, da sie nicht wollte, dass die Herrin sie auf frischer Tat ertappen würde. Sie wollte nur ein paar Dinge wissen, die wohl vor ihrer Ankunft passiert waren und als Sklavin war es ihr leider absolut verboten, direkt nach solchen Dingen zu fragen. "Die Leute auf der Straße haben vorhin davon gesprochen und sie haben gesagt, dass dort baumgroße Barbaren hausen würden. Kannst du mir sagen ob das stimmt Herrin?"Sie verneigte sich etwas und sah die Herrin dann der Herrin mit einem leichtgläubigen Blick entgegen, ehe sie sich wieder umwandte und still neben der Herrin herging. Vielleicht würde ihre Idee fruchten, vielleicht würde sie aber einfach auch nur auffliegen, denn wenn sie genauer darüber nachdachte, kam ihr die Idee so dumm vor, wie sie sich gerade gab.

  • Als sie das Lächeln auf Lanas Gesicht sah, musste auch sie ein wenig lächeln. Auch wenn für Minervina hinter ihrer gemeinsamen Liebelei überhaupt nichts mehr war, so sah sie doch in Lana eine Freundin und nicht nur eine Sklavin. Und die Kälte die hier herrschte war ihr nicht sehr angenehm gewesen. Auch wenn das Lächeln in der Herrins Gesicht rasch wieder schwand, als sie Lanas Frage wahrnahm. Germanien.. Warum fragte Lana ausgerechnet nach Germanien? Hatte sie vielleicht irgendwo aufgeschnappt, dass ihr Vater dort starb? Wollte sie Minervina jetzt damit wehtun, als eine Art Rache?


    "Germanien ist weiter im Norden. Selber war ich noch nicht dort, aber... meine Eltern lernten sich dort kennen. Es ist recht kalt dort." erzählte sie etwas trübsinnig. Das ihre Eltern dort auch zum Teil endeten, wollte sie nicht aussprechen. Sie litt noch immer genauso wie vor Jahren unter dem Tode ihres Vaters. Was er alles für sie vorgesehen hatte... "Aber Barbaren hausen dort, das ist richtig. Ich hatte doch damals einen Leibwächter aus Germanien, Belenor. Aber nur für kurze Zeit. Die Germanen töteten meinen Vater, deshalb kam ich mit ihm nicht klar." schilderte sie weiter und sah starr geradeaus, denn zu diesem Thema wollte sie keine innere Regung erkennen lassen. Belenor war ein guter Mann gewesen, aber dass er irgendwann in den Seitengassen verschwand wollte sie nicht verlauten lassen. Nachher hatte er Schaden verursacht und sie musste dafür aufkommen. Schrecklicher Gedanke.

  • Lana hatte nicht mit so einer schlimme Situation gerechnet und zuckte innerlich etwas zusammen, während sie nach außen, eine vornehme Betroffenheit zeigte. "Das tut mir leid Herrin, ich wollte nun keine alten Tränke wieder aufrühren. Warst du schon einmal dort?" Sie zuckte nun auch äußerlich etwas, da sie gemerkt hatte, dass sie gleich eine neue Frage gestellt hatte, doch hob sie gleich entschuldigend die Hände
    "Wenn du darüber nicht sprechen möchtest Herrin, so brauchst du es nicht..." Lana senkte den Kopf und sah zu Boden, während sie ihre Hände wieder faltete. "Ich wollte...Ich meine...", dann brach sie wieder ab und seufzte etwas..."Ich muss lernen, meine Neugier besser in den Griff zu bekommen, aber ihr habt doch Bekannte noch dort oder? Oder jedenfalls besser gesagt, einen Freund?" Sie biß sich leicht auf die Unterlippe und schwieg nun vollends. Sie hatte gerade über die Strenge geschlagen oh ja, dass hatte sie, aber schließlich war das kalte und abwehrende Verhalten der Herrin auch nicht richtig und Lana war nun sagen wir, etwas entäuscht davon und wollte nun auf ihre Art und Weise darauf aufmerksam machen, denn wenn man sie vernachlässigte würde sie schon Wege und Mittel finden um wieder auf sich aufmerksam zu machen und der Brief lag nun wirklich sehr frei auf dem Tisch.

  • Sie hörte sich Lana bis zum Ende an, welche alles Mögliche durcheinander warf. Ihre Worte weckten nicht nur Trauer, sondern auch ein wenig Zorn in Minervina. Wenn Lana schon offensichtlich bekundete, dass es sie nichts anging, warum fragte sie dann immer weiter? Sie warf ihr einen kühlen Blick zu und konzentrierte sich dann wieder auf den Weg vor sich. "Ist schon gut." beruhigte sie recht knapp und zog etwas an ihrer Palla herum, welche ihr dunkles Haar unter sich barg. Heute trug sie eine weiße Tunika und die Palla war roter Farbe. "Wie ich eben schon sagte: Ich war noch nie dort." antwortete sie auf Lanas erste Frage. In der Tat, sie war noch nicht dort. Und sie würde auch niemals nach Germanien reisen...


    "Aber wie kommst du darauf, dass ich dort einen Freund habe? Ich weiß nur von einem Cousin, den ich allerdings noch nie zuvor sah." fuhr sie fort. Ihr war bewusst, dass sie log. Sie erinnerte sich noch zu gut an ihren alten Freund Marcus Hipparchus. Wie hätte sie auch jemanden mit einem so sonnigen Gemüt und ulkigem Namen vergessen können? Vor Allem wenn man daran dachte, was sie gemeinsam durchgemacht hatten. Ob sie ihn noch einmal wiedersehen würde? Spätestens dann würde sie ihn vor Lana nicht mehr geheimhalten können, aber auch dann hatte es sie nichts anzugehen...

  • Lana nickte nur und sah nun ebenfalls wieder nach vorne. Sie war recht froh darüber, dass die Herrin nicht weiter auf sie einging, auch wenn sie eigentlich noch mehr wissen wollte, aber schließlich sollte es ja noch mehr Möglichkeiten geben dies herauszufinden. Es war nicht die Eifersucht oder so etwas die Lana dazu trieb, sondern einfach die Unwissenheit über das Haus. Bei ihrem alten Herren, kannte sie jeden kleinsten Winkel, jede noch so weit entfernte Verwandtschaft, was allerdings dort daran lag, dass sie unwarscheinlich aufpassen musste vor wem sie zu sputen hatte und wer ihr am besten gar nicht über den Weg laufen durfte..."Ich wollte nicht und ich meine, dass ist nun wirklich nicht aus Absicht gewesen Herrin. Ich habe das Zimmer etwas aufgeräumt und dann lag da dieser Brief und ich konnte nicht mit geschlossenen Augen aufräumen und so habe ich das Wort "Herz" aufgeschnappt und ich wollte nur wissen ob die Herrin bald, naja ich meine, ob die Herrin wirklich Herz für jemanden hat und Germanien kam nun hinzu, der Brief lag einfach zu offen, dass must du verstehen Herrin"

  • Als Lana ihre Erklärung ablieferte zeigte sich sehr rasch Röte auf ihren Wangen, die allerdings nicht der Verlegenheit entsprang. Minervina war zornig darüber, dass Lana den Brief gelesen hatte. Ebenso zornig war sie aber auch auf sich selbst, denn schließlich, wenn er so offen lag, hätten auch andere ihn lesen können: und das wäre sehr schlecht gewesen. "Lass dir einen Rat geben: Lese nie wieder etwas, wo nicht in riesengroßen Lettern dein Name steht. Ansonsten wirst du sehr bald eine andere Seite von mir kennenlernen." zischte Minervina verhalten und warf Lana einen zornigen Blick zu. Sie hatte überhaupt kein Verständnis dafür, dass Lana einfach in ihren Sachen herumschnüffelte und nun in ihrer Vergangenheit grub, indem sie Fragen stellte.


    "Dann wirst du Germanien wirklich sehen. Germanien ist kalt, die Gesetze sind grausam und mein Cousin ist Soldat. Ich glaube dort würde es dir nicht gefallen." sprach sie eine klare Konsequenz aus. Lana konnte schließlich nicht ahnen, dass Maxentius als Soldat nicht das kleinste Recht hatte, überhaupt eine private Sklavin um sich herum zu haben. Der Gedanke an das biestige Wetter sollte Lanas Benehmen schon ausreichend zügeln Missstimmt beschleunigte die junge Patrizierin ihren Schritt. Doch nun, da Marcus angesprochen war, ließen sich die Gedanken nicht mehr verdrängen. Sein fröhliches Lächeln tauchte wieder in ihrer Erinnerung auf. Wielang war ihre Begegnung her? Einige Sommer waren es, dessen war sie sich sicher. 12 mochte sie gewesen sein. Damals war es sein sonniges Gemüt, welches das junge Kind angesprochen hatte. Heute war es seine Freiheit und seine Warmherzigkeit, welche der jungen Frau imponierten.

  • „Es tut mir ja Leid...“, gab sie etwas bitterlich von sich und sah dann nur aus dem Augenwinkel zu der Herrin hin. „Ich habe doch nicht den ganzen Brief gelesen, schließlich gehen mich deine Sachen auch nichts an Herrin, aber wenn du alles so offen auf dem Tisch liegen lässt, dann muss man ja selbst beim aufräumen darauf sehen und das Zimmer soll doch schließlich auch aufgeräumt sein oder?“
    Lana versuchte nun ihren Kopf etwas aus der Schlinge zu ziehen, da sie auch wohl gemerkt hatte, dass es gar nicht so einfach so sein schien einfach mal etwas nachzufragen. Früher durfte sie auch nie fragen, hatte es aber über andere Wege erfahren. Es schien alles zu durchzogen, dass es sie leicht schauderte. „Ich gehe nicht zu den Barbaren!“, gab sie etwas trotzig von sich und sah nun genau zur anderen Seite. „Du willst mich doch nicht einfach weggeben Herrin oder? Nur weil mir dieser kleine Fehler passiert ist? Das kannst du nicht machen, nur weil ich so ein bisschen Wortfetzen gelesen habe!“

  • "Oh und was ich alles machen kann! Vergiss nicht, wer du bist und wer ich bin!" wies Minervina ihre Sklavin ruppig zurecht. Minervina hatte schon immer besonders viel Geschick darin, die Worte anderer auseinander zu nehmen und auf die Fetzen einzugehen. Ihre Körperhaltung war noch immer sehr aufrecht und stolz - sie würde sich doch vor einer Sklavin keine Blöße geben. Sklavin. Lana war nicht einfach nur eine Sklavin. Vielleicht sollte sie wirklich von Marcus erfahren, denn sie konnte ihr beim Vertuschen helfen. Onkel Vitamalacus wäre sicherlich nicht erfreut, wenn sie sich mit einem Peregrinus herumtreiben würde...


    So also fügte sie ruhiger an: "Aber nur, wenn du es künftig nicht unterlässt, zu schnüffeln. Deine Worte sind keine Entschuldigung. Ich werde dir mehr erzählen, wenn du mir absolute Ergebenheit und Loyalität schwörst. Niemand darf davon erfahren." Sie wandte ihr Gesicht wieder zu Lana. Ein Ernst, der keine Widerworte zuließ, lag in ihren Zügen. Kurz blickte Minervina zu beiden Seiten, um sich ihrer beider Einsamkeit zu vergewissern, aber zu dieser späten Stunde und in dieser verlassenen Gegend würden nicht viele Gesichter anzutreffen sein.

  • Lana sah ihre Herrin mit großen Augen an und schluckte für einen Augenblick schwer. Die innere Spannung ließ jedoch etwas von ihr ab, als die Herrin begann in einem ruhigeren Ton zu ihr zu sprechen. „Du weißt, dass es das Mindeste ist was ich dir versprechen kann Herrin. Ich erzähle niemanden was du zu mir sagst, oder was du tust, wenn er es nicht wissen darf.“ Sie verneigte sich wieder etwas und sah dann nun leicht lächelnd zu der Herrin auf. „Wenn es etwas gibt, was ich für dich tun kann um meine Schuld wieder auszugleichen, so will ich dies in Kauf nehmen. Du darfst mich aber auch nicht so sehr verführen Herrin. Du weißt, dass ich bei so etwas eine schwache Seele habe. Ich kann teilweise nicht anders.“
    Sie sah auf den Boden der Straße und seufzte abermals leise, bevor sie wieder zu der Herrin aufsah und das leichte Lächeln von ihren Lippen verschwand.
    "Aber, wenn, wenn du böse sein solltest, irgendwann einmal, so schick mich nicht weg, lass mich anders bestrafen, aber ich will nicht wieder weg. Ich werde ja auch nichts schlimmes tun!"

  • Minervina musste nun doch wieder leicht lächeln. Lana war irgendwie eine sehr angenehme Sklavin. Sie war nicht aufmüpfig, dafür aber ehrlich und sehr loyal. Aber wie sollte es unter ihr als Herrin auch anders sein? Sie herrschte nun einmal schon immer mit Disziplin, im Gegensatz zu ihrer Mutter. Wo auch immer sie sein mochte... "Dann werde ich dir von Marcus erzählen, ich denke ich kann dir wirklich vertrauen." sinnierte sie und nickte anschließend. Alles von Marcus würde sie nicht erzählen, denn dafür waren ihre Taten einst zu heikel gewesen. Bei dem Gedanken, dass sie möglicherweise an dem Tod eines Mannes Schuld tragen konnten, wurde ihr doch wieder ein wenig flau im Magen.


    "Lana." begann Minervina dann allerdings doch wieder ernster. "Wenn ich einmal wirklich böse mit dir bin, überlasse mir das Maß meiner Bestrafung. Wenn es wirklich ein arger Vertrauensbruch war, bleibt mir nichts anderes übrig, als dich wegzugeben. Was soll ich mit einer Leibsklavin, die mich verraten und verkauft hat? Ansonsten werden die Strafen ausfallen, wie es normal ist. Wir sprachen noch nie darüber, aber gegen harte Strafen war ich noch nie, wie zum Beispiel die Peitsche bei wirklich größeren Vergehen. Das Maß der Strafe legst du selbst fest, indem du einen Frevel begehst. Wenn du dich angemessen verhältst, wird es auch nicht zu einer Strafe kommen." erklärte die junge Herrin streng, aber nicht ungeduldig oder gar zornig. Sie machte Lana in ruhigen Worten klar, was sie erwarten konnte. Dann lächelte sie. "Also, was möchtest du über ihn wissen."

  • Lana nickte abermals und rieb sich die Hände. Sie schloss für einen Augenblick die Augen, schüttelte sich, als hätte sie sich gerade vorgestellt, was wohl passieren würde, würde sie wirklich, vielleicht nur aus Versehen, ihren Mund zu dem falschen hinwenden. Sie sah dann wieder zu der Herrin, während sie sich mit ruhiger Hand die Kleider wieder glatt strich.
    „Ich möchte nicht viel wissen Herrin, aber ich würde schon gerne wissen woher du ihn kennst. Ich meine, ich will nicht fragen...Das was du mir erzählen möchtest, erzähle mir Herrin...“
    Lana drehte sich einmal um die eigene Achse, da sie froh war, das die Herrin sie nicht bestrafen würde, sondern ihr sogar noch ein wenig etwas erzählte. Sie war schließlich auch noch jung, auch wenn sie schon das erste Haus hinter sich hatte, was aber jedoch daran lag, dass ihre vorherigen Besitzer wirkliche Unmenschen gewesen waren und sie dem Druck nicht mehr standgehalten hatte. Man sah ihrem Gesicht, ihrem Körper dies zum Glück kaum noch an, jedoch, die Herrin hatte es bereits gesehen, konnte man auf ihrem Rücken noch immer die unzähligen kleinen Narben sehen, die sich wie ein Mosaik über die Haut zogen.
    „Weil, weil ich möchte nie wieder in ein Haus zurück, indem man mich...Es ist egal Herrin, verzeih mir“

  • Sie empfand sich selbst als ein wenig ungerecht, doch als sie Lanas eigentlich schmerzerfüllten Worte vernahm, empfand sie kein Mitleid. Ihrer Ansicht war das nun einmal das Los der Sklaven, davon würde sie sich nicht beeinflussen lassen. Unter ihr würde es Lana verhältnismäßig gut haben, aber sie war nun einmal ihr Eigentum und somit nicht stimmberechtigt. Und soweit würde Minervina es auch nicht kommen lassen. "Ich lernte Marcus damals während einem meiner Spaziergänge auf den Feldern um Tarraco herum kennen. Er war damals auf den Pfaden seiner absoluten Freiheit und wollte die Welt kennenlernen. Wie gesagt, war ich damals noch recht jung. Wir hatten den Tag über recht viel Spaß, als er dann am Abend aufbrechen musste." Minervina musste eine Weile überlegen, wie sie die unschönen Ereignisse geschickt überspielen könnte.


    "Ihn haben weniger schöne Nachrichten ereilt und so sandte ich ihn mit einem Geschenk fort. Seitdem sah ich nicht wieder, aber ich hoffe zutiefst, dass es ihm wohlerget." schloss sie ihre sehr kurze Geschichte und zwängte ihre Augen ein wenig zusammen. In der Ferne konnte sie den Schrein der Minerva Medicae schon erkennen, die Göttin der Weisheit und Handwerkskunst, und all jenen Dingen, denen sie sonst noch überstand.

  • Lana vernahm die Worte der Herrin und nickte leicht während die Herrin sprach. Lana überkamen ein paar Gedankengänge, was für schlechte Ereignisse sich wohl hinter diesen unschönen Nachrichten versteckten, wollte jedoch nicht genauer nachfragen. „Ich weiß ja nicht Herrin, aber ich glaube ihr seid erwischt worden.“ Sie schmunzelte im ersten Augenblick und ließ sich dann aber schnell zurück fallen. Sie wollte ja nicht, dass man auf offener Straße sah, was sie sich als Sklavin gerade erlaubt hatte. Sie hoffte, dass es sich wieder irgendwie regeln ließ, aber heute war einer der Tage an denen es einfach über ihre Lippen kam, ohne das sie es wirklich wollte. Sie schloss die Augen und legte für einen Augenblick innerlich fluchend die Hand auf den Mund. "Dass...dass wollte ich so niemals sagen", begann sie mit einem Male leise und schüttelte sich kurz, sah sich diesmal wirklich in der Zwickmühle und vielleicht hatte die Herrin für sie ja wirklich einen zu laschen Umgangston angeschlagen, auch wenn sie vollkommen loyal war, denn schließlich schien sich den Ernst der Lage nicht ganz zu verstehen und sah die Herrin, meiner Meinung nach, nicht mehr ganz als Herrin an, sondern eher als höher stehende und entfernte "Freundin". Die Arbeit die sie tat, tat sie "gern", anders würde sie niemals in einem so hohen Hause arbeiten und der Umgang, im Gegensatz zu ihrem alten Herrn, war mehr oder minder das Paradies für sie.

  • Minervina konnte ein wirklich humorvoller Mensch sein, aber in dieser einen Sekunde hätte sie die Sklavin am liebsten niedergeschlagen. In jenem Moment nämlich, wo Lana von 'erwischt worden' sprach, entsann sich Minervina der Angst die sie empfand, dass sie gesehen worden waren. Ob Lana doch mehr wusste, als sie vorgab, war ihr erster Gedanke. Es wäre fatal gewesen, wenn man sie bei einem Mord beobachtet hätte, den sie auch noch bei solchen Menschen begangen hatte, die reich und kriminell war. Da konnte man nicht mit großer Gegenwehr aufwarten, da sie meist überlegen waren. Dann wiederum beruhigte sie sich: Woher sollte Lana überhaupt von dem Vorfall wissen? Niemand hier in Roma wusste davon.


    Also, schlussfolgerte die junge Dame noch im selben Atemzug, musste Lana einen anderen Lebensbereich meinen, in welchem man erwischt werden konnte. Als wenn sie, Minervina, im jungen Alter mit einem Manne schlafen würde und ihre Ehre noch vor der Ehe verlöre. Zornig blieb sie stehen und schlug ihre flache Hand mit aller Macht auf die Wange der Sklavin. Dieser Moment war es, der Minervina jede Sitte vergessen ließ. "Wage es nicht noch einmal!" drohte sie der Sklavin mit gehobener Stimme und schritt rasch weiter. Ihre Augen funkelten vor Zorn und ihre aufeinander gepressten Lippen bebten. Marcus. Er war ein Thema, über welches man besser nicht witzelte und schon gar nicht in diesem Bereich. Über niemanden würde sie sich so sehr freuen, wie über ihn, wenn sie ihn noch einmal wiedersehen dürfte.

  • Lana schien in der Hinsicht sehr feinfühlig zu sein, jedenfalls was ihren Schmerz, ihren körperlichen Schmerz anbelangte. Sie stolperte zurück und eine Hand verdeckte sofort die rot werdende Wange. Dabei trat sie jedoch auf ihre Kleidung, viel zurück und blieb für einen Augenblick mit Tränen gefüllten Augen und einem Gesicht, welches sie nun hinter beiden Händen verbarg sitzen. Es dauerte einen Augenblick dann erhob sie sich wieder, während man sah, dass sie sich bei dem Sturz ihre Hände etwas aufgeschürft hatte.
    „Ich, so habe ich es doch niemals so gemeint...“
    Sie verneigte sich tief und die Herrin vernahm nun auch das Schluchzen ihrer Sklavin, die wirklich fest getroffen wurde. Man sah, nun wo sie die Hände wieder herunter nahm, den genauen Umriss der Hand, die sie vor wenigen Augenblicken getroffen hatte.
    „Ich wollte doch nicht...Ich meine, ich wusste nicht, dass ihr so darauf reagieren würdet Herrin. Sonst verstehst du so etwas auch, nicht wahr Herrin? Sonst, darf ich so etwas auch sagen?“, sprach sie mit zitternder Stimme und sah die Herrin mit einem demütigem Blick von der Seite her an...“Ich...Ich...Es tut mir leid Herrin. Ich will mir die Dreistigkeit nicht mehr erlauben. Nein, werde ich nicht. Auch wenn ich es früher durfte“
    Dann überbrückte sie schnell wieder den Abstand zu der Herrin, wobei sie diesmal aber doch wesentlich mehr Platz zwischen ihr und der Herrin ließ. Immer wieder stammelte sie ein "Es tut mir leid" vor sich hin und fasste sich über die brennende Wange und tupfte die aufgeschürften Stellen mit ihren Lippen ab.

  • Als sie bemerkte, dass Lana nicht wieder zu ihr aufschloss, blieb sie stehen. Sie sah allerdings nicht zurück sondern wartete, während sie mit frostigem Blick geradeaus blickte. Sie wusste nicht, dass zwischen ihnen eine nicht zu missachtende Entfernung lag und genauso wenig hatte sie bemerkt, dass ihre Leibsklavin hingefallen war. Sie verschränkte ungeduldig die Arme vor der Brust und wartete, bis sie leichtes Klappern auf dem Boden hörte, was sich rasch näherte und schloss daraus, dass es Lana war, die wieder zu ihr aufschließen wollte. Nur aus den Augenwinkeln sah sie zu dem Häufchen Elend. In ihr regte sich ein wenig Mitleid, denn vermutlich kam ihre Reaktion vor Allem erschreckend plötzlich. Doch sie zeigte nichts von ihren Gefühlen. Im Gegenteil. Um diese wirklich gut vor Lana verbergen zu können, verhärtete sie ihre Züge nur noch mehr, um auch wirklich keien Schimmer Bedauern durchscheinen zu lassen.


    "Nie, aber auch nie erlaubte ich es dir, mir sowas zu unterstellen. Wage es nimmer mehr, dir ein Urteil über ihn oder mich anzumaßen." Sie warf Lana einen vor Funken sprühenden Blick zu, während sie diese belehrte. "Und glaube nicht, dass du auch nur das geringste Recht hättest, mir zu sagen was du durftest, darfst oder dürfen wirst. Nie." Ihre Worte hatten eine ungewohnte Schärfe. Auch ihr Körper, der sich zwar noch immer grazil bewegte, aber stark gestrafft war, zeigte Unnahbarkeit. Lana hatte eine Wunde gestreift, die noch immer offen war. Es gibt nur eines, was sie mit Sicherheit noch härter hätte durchgreifen lassen. Die Peitsche wäre zum Zuge gekommen, wenn Lana sich etwas über Minervinas Vater erlaubt hätte.


    "Reiß dich zusammen und benimm dich nicht so weinerlich!" wies Minervina Lana abermals zurecht, als sie die Gesten bemerkte. Es machte ihr ein schlechtes Gewissen, Lana 'ihre Wunden lecken zu sehen', zog aber ebenso Wut auf sie. Wahrscheinlich wollte Lana sogar, dass Minervina ein schlechtes Gewissen bekäme. Die junge Dame rümpfte die Nase und sah zum Schrein, der mittlerweile in sichtbare Nähe gerückt war.

  • Lana zuckte mit jedem Wort der Herrin zusammen und presste die Lippen dann aufeinander um nicht wieder weinen zu müssen. In ihrem Kopf halten die Worte der Herrin nach und es war, als würde sie mit jedem weiteren Stück Wut ihr abermals eine Backpfeife erteilen. Sie war doch gar nicht schlecht oder böse gesinnt gegenüber der Herrin. Dann erhob sie ihre Stimme etwas zittrig und rieb sich ein letztes Mal über die Wange.
    „Aber dann verwirr mich nicht Herrin und behalte deine Linie. Du führst mich in Versuchung um mich dann vollkommen kalt wieder abzuwerfen“
    Sie schluchzte und wische sich durch die Augen, während sie unsicher neben der Herrin her ging. Ein paar Schritte und dann blieb sie kurz stehen, dann schloss sie wieder auf, blieb abermals stehen. Scheinbar war sie nun vollkommen durcheinander geraten.
    „Du...Ich bin nicht weinerlich Herrin...Du hast mir weh getan...“
    Sie sah in ihre Handflächen und vergrub diese dann in ihren Ärmeln. Schließlich wollte sie nicht, dass jemand sah wie ihre Hände aussahen.
    „Und zudem...zudem habe ich mich bei dir entschuldigt Herrin“
    Sie sah dann wieder von der Seite zu der Herrin auf. So hatte sie die Herrin noch nicht erlebt, noch kein einziges Mal und sie wollte alles daran setzen, das die Herrin nie wieder so zu ihr wurde. Das sie sich ungerecht behandelt fühlte, verbarg sich sicher in ihrem Inneren und würde dies bei Zeiten mit einer Kleinigkeit sicherlich Preis geben, wobei man niemals darauf kommen würde, das sie Lana, diese Kleinigkeit quasi angestiftet hatte.

  • Wieder verengte die junge Frau ihre Augen und runzelte dabei die Stirn. Heute würde sie sich nichts, aber auch gar nichts gefallen lassen und keinen Gedanken für sich behalten. Sie hatte einfach keine Lust auf Zurückhaltung. Sie wusste, dass es nicht ganz gerecht war, denn objektiv betrachtet konnte Lana sich so gut wie gar nicht erwehren, ohne sich in weitere Gefahr zu bringen. Aber das war Minervina völlig gleich. "Ich tue das, was ich will." schloss sie kalt die Diskussion, wie sie zumindest glaubte. Und sie fand, sie schloss sogar sehr gerecht. Als Lana dann wieder auf die Auseinandersetzung zurück kam, hätte Minervina beinahe ein zweites Mal ausgeholt, denn in ihr explodierte etwas.


    "Du bist irrsinnig weinerlich. Hast du noch nie in deinem Leben Schmerz erdulden müssen? Dagegen war meine Ohrfeige ein absolutes nichts! Ja, du willst wissen was unschön zwischen Marcus und mir war? Gut, du sollst es hören! Ich hätte beinahe mein Leben eingebüßt, er hat mich bewahrt. Nicht sehr schön ein Messer am Leib zu spüren. Willst du das auch mal? Noch ein Wort und du kannst es haben!" Minervina schrie nun schon fast, denn für den Moment hatte sie jede Kontrolle verloren. Sie hatte sich mit ihrer kompletten Front an die Sklavin gewandt und sah diese mit zornesroten und glitzernden Augen an. Das Glitzern in den Augen entsprang jedoch weniger der Wut, als der Verzweiflung. Noch immer fürchtete sie, verfolgt zu werden, für das, was sie damals mit angesehen hatte.


    Dann wandte sie sich augenblicklich um und lief ein paar Schritte. Eine vereinzelte Träne lief ihr über die Wange. Wenn sie doch wenigstens wüsste, ob Marcus noch am Leben war. Sicher suchten sie nach ihnen beiden. Verstohlen wischte sie sich die Träne von der Wange und verlangsamte ihre Schritte wieder. Ging langsamer. Sie durfte nicht auffällig werden. Noch 5, 4 Schritte zum Schrein. Wo war Lana? Egal. Minervina wollte sich nicht umdrehen, sie hielt es für ein Zeichen von Schwäche. Am Schrein hielt sie an und betrachtete das Bildnis der Minerva.

  • Lana wurde mit jedem weiteren Wort der Herrin kleiner und ließ einen immer größeren Abstand zwischen ihr und der Herrin. Sie wollte nicht, dass die Herrin ihr direkt in das Gesicht schrie und sie wollte nicht, dass die Herrin ihr Gesicht sah...dass die Herrin nicht sah wie sich die Tränen in Lanas Augen langsam zurückzogen und sie realisierte was die Herrin ihr gerade eigentlich Preis gegeben hatte. Sie hatte mit einem Male entdeckt, dass die Herrin durch ihre Wut fast ein komplettes Geheimnis Preis gegeben hat, dass sie, Lana, gerade erfahren hatte was die Herrin sonst niemanden erzählen würde. Ihr wurde für einen Moment etwas mulmig, doch dann leckte sie sich noch einmal über die Wunden und wartete weit entfernt vom Schrein auf die Herrin um sich nicht noch eine Streitigkeit zu erlauben. Schließlich sollte sie nicht alles überstrapazieren.


    Aber ihr wurde klar, dass sie mit einem Male die Berechenbarkeit gewisser Reaktionen verstand und sich vielleicht dieser Fähigkeit in vorsichtiger Weise mehr bedienen sollte. Sie hatte sich auf ein Stück Grün gekniet und besah sich ein weiteres Mal die Wunden. Sie wollen einfach nicht aufhören zu brennen und Lana hatte mittlerweile etwas Angst, dass sie sich im Laufe der Zeit entzünden könnten.

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