Wenn einer der unzähligen Brunnen im Stadtgebiet von Rom, die durch das öffentliche Leitungsnetz gespeist wurden, mal kein Wasser von sich gab, dann war das an sich nichts ungewöhnliches. So etwas konnte immer mal passieren, wenn ein Ventil geschlossen wurde, Bauarbeiten waren oder schlicht der Wasserstand zu niedrig war. Letzteres war aber eher im Sommer der Fall und zumindest Bauarbeiten wurden meistens vorher angekündigt und ein Hinweis auf den nächsten Brunnen oder die nächste Zisterne gegeben. Wenn aber ein Brunnen kein Wasser von sich gab und weniger später einige Arbeiter ratlos um den Brunnen herum standen, dann musste es andere Ursachen geben. Einen Wasserrohrbruch zum Beispiel. Auch dies war ins Rom keine Seltenheit, jedoch weitaus unangebehmer als ein geplanter Leitungsstopp. Der zuständige Bezirksvorsteher zögerte dann auch nicht lange, sondern ließ alle Arbeiter seines Bezirks, die nicht durch andere Aufgaben gebunden waren, zusammen kommen und forderte weitere Leute aus anderen Teilen der Stadt an. Ein Verzeichnis gab an, welche Leitung den Brunnen versorgte und jetzt blieb den Männern nichts anderes übrig, als jede andere Entnahmenstelle dieser Leitung zu überprüfen, um den Schaden zu lokalisieren. Dass hier in dieser Wohngegend ziemlich viele Leute einen privaten Anschluß gemeldet hatten, machte die Sache dabei kein bisschen leichter.
Suchtrupp unterwegs
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Zum Glück hatten die Leute, die sich einen privaten Wasseranschluß leisten konnten, auch genug Geld für ordentliche Hausangestellte, so dass die suchenden Mitarbeiter der Wasserversorgung wenigstens nicht vor verschlossenen Türen standen, wenn sie an einer Casa anklopften. Da ein Wasserrohrbruch meist für alle Anwohner der Straße ärgerlich war und schnell behoben werden sollte, gab man ihnen breitwillig Auskunft, ob ihr haus noch mit Wasser versorgt wurde oder nicht. So war der Ort des Schades rasch auf ein kurzes Stück von mehreren Schritt länge zwischen zwei Häusern eingegrenzt. An der Oberfläche war noch nichts von einem Schaden zu erkennen, aber Wasser hatte ja auch die Angewohnheit, nach unten zu versickern. Wenn die Leitung nicht gerade sehr knapp unter der Straßendecke lag, sprudelte da nichts nach oben.
"Sperrt hier und da mal die Straße ab", ordnete der Bezirksvorsteher an. Ein Fuhrwerk mit entsprechenden Utensilien wurde herangefahren und kaum standen ein paar Sperren, sammelten sich dahinter auch schon Neugierige, um den Arbeitern zuzuschauen.
"Versucht das Pflaster vorsichtig aufzunehmen. Erstens könnte es darunter ziemlich nass sein und zweitens habe ich keine Lust, noch haufenwesie Baumaterial für eine neue Pflasterung holen zu lassen, wenn ihr die Steine zerschlagt."
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Wie ihnen ihr Vorgesetzter befohlen hatte, machten sich die Männer vorsichtig an die Arbeit, um die Steinplatten des Straßenpflasters möglichst unbeschädigt anzuheben. Bei den ersten war das ganz schön schwierig, weil sie fest zwischen den anderen saßen, aber danach wurde es leichter. Ächzend und stöhnend schleppten sie die schweren Steine zur Seite. Einerseits wollten sie mit den schweren Stücken keine zu weiten Wege laufen, aber andererseits hätten sie doppelte Arbeit mit dem Umschichten der Steine, wenn sie sie dort liegen hatten, wo sie später die Grube hin erweitern mussten.
Sie brauchten unter der Straßendecke nicht allzu tief zu graben, bis sie das feuchte Erdreich erreichten. Inzwischen wussten sie, dass sie hier ein Bleirohr zu erwarten hatten und keinen gemauerten Kanal. Das würde ihnen die Arbeiten erleichtern, denn sonst hätten sie viel mehr zu graben. Ein Berg von nasse Erde türmte sich neben der Grube, bis die Männer das schadhafte Rohr freigelegt hatten. "Ein Riss an der Naht", stellt ein Arbeiter fest. "Das übliche also."
Das Wasser in der Leitung war inzwischen vollständig abgestellt worden und der verbleibende Rest auch schon aus dem Rohr geflossen, so dass immerhin nichts mehr nachströmte und die Männer nicht völlig nass wurden. Vorsichtig gruben sie nach links und rechts ein wenig weiter, um nach ähnlichen Schäden im unmittelbaren Umfeld zu suchen und um zwei Punkte zu finden, an denen sie die schadhafte Stelle heraustrennen und durch ein neues Rohr ersetzen konnten.
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"Was hat das Ding denn für einen Durchmesser?" erkundigte sich einer der Männer, die nicht in der Grube standen, nach der Größe des Rohres. Ein Arbeiter in der Grube zog zur Beantwortung der Frage eine Schnur aus einer Ledertasche an seinem Gürtel, legte sie um das Rohr und maß so den Umfang. "Neuneinhalb digiti Außenumfang" meldete er dann nach oben. Der Arbeiter oben rechnete kurz nach und kam damit auf einen Rohrdurchmesser von 3 Digiti. Da er einen Lehrling neben sich stehen hatte, erklärte er noch kurz den Rechenweg, nämlich den Umfang durch 22/7 zu teilen und machte sich dann auf dem Weg zum nächsten Materiallager der Wasserverwaltung, um ein passendes Rohr zu holen.
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Während auf der Straße zwei Arbeiter unterwegs waren, ein neues Rohr zu holen, hatten die Männer in der Grube die schadhafte Stelle inzwischen vollständig freigelegt. Über eine Länge von mehreren Handbreit war die Naht des Rohres aufgegangen und hatte das Wasser auslaufen lassen. Auch der Lehrling durchte einmal in die Grube klettern und sich den Schaden ansehen.
"Schau, das passiert, wenn das Rohr nicht sorgäfltig gearbeitet ist und nicht genug material für die Naht verwendet wird", erläuterte ihm der Meister. "Die Rohrbauer haben Bleibleche von einer gewissen Breite und die biegen sie zu Rohren zusammen. Da sie möglichst wenig Material für möglichst viel Rohr verbrauchen wollen, sparen sie an der einzigen Stelle, wo es möglich ist - und das ist die Naht. Und wir haben den Ärger damit."
Mit einer Säge wurde das kaputte Rohr an beiden Enden jeweils an einer Verbindungsmuffe abgesägt und entfernt. Bevor das neue Rohr eingesetzt wurde, mussten noch die Reste der zersägten Muffen abgenommen werden. Außerdem nutzten die Techniker die Gelegenheit für einen pürfenden Blick in das Innere des Rohres, auf dessen Wandung sich verschiedene Ablagerungen gesammelt hatten. Sie konnten aber nicht entdecken, was eine kommende Verstopfung befürchten ließ.
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Auch zwei Sklavinnen aus dem vinicischen Haus waren unter den Neugierigen, die an der Absperrung standen und zu den Arbeitern schauten. Sie waren gerade auf dem Rückweg vom Markt, heute stand Gewürze kaufen auf dem Programm, eine teure Angelegenheit. Mittels ein paar gezielten Fragen erkundeten sie die Situation.
Sklavin Ariane: Was isn los da?
Neugieriger 1: Ja... hm... Die Straße ist aufgerissen.
Sklavin Ariane: Is nich wahr. Das ist ja interessant. Und genauso offensichtlich.
Sklavin Bellona: Und wieso is die Straße aufgerissen?
Neugierige 2: Da haperts mit dem Wasser.
Neugieriger 3: (in altklugem Ton) Es gibt einen Wasserrohrbruch. Vermutlich ist das Material ermüdet, kommt sehr oft vor. Wahrscheinlich schlechte Qualität des Rohres. Oder die Ablagerungen haben das Rohr zerfressen. Kommt auch oft vor, auch wegen der schlechten Qualität der Rohre. Früher waren die Rohre viel besser.
Sklavin Bellona: .... Aaaha.Und neugierig schauten alle weiter zu.
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Während die Männer in der Grube die Rohre betrachteten und sich gelangweilt unterhielten, bis der Ersatz eintraf, standen oben noch ein paar Arbeiter neben dem Loch und unterhielten sich genauso gelangweilt mit den herumstehenden neugierigen Passanten. Was für die Männer der Wasserverwaltung Routinearbeit war, schien für diese Schaulustigen eine unglaublich spannende Sache zu sein. Immerhin passierte es nicht jeden Tag, dass man plötzlich ein Loch und einen Sandhaufen in seiner Straße hatte.
"Nein, keine Ablagerungen. Nur ein schlecht gearbeitetes Rohr und eine geplatzte Naht.", korrigierte ein Arbeiter den spekulierenden Beobachter und hielt ihm das gerissene Rohr unter die Nase. "Aber hast schon Recht, früher waren die Rohre besser. Waren auch dicker und schwerer. Heute die sind viel zu leicht, das kann ja nix werden. Alle sparen überall am Material und wir haben die Schufterei damit."
Eine ältere Dame schien für diese Probleme allerdings weniger Verständnis zu haben. "Ja, was ist denn hier los? Werdet ihr hier für's Rumstehen und Quatschen bezahlt? Prügel sollte man euch mit dem Rohr da. Jetzt macht mal weiter hier, damit das Wasser wieder läuft. Also sowas, machen ein Loch in die Straße und halten dann erstmal ein Schwätzchen..."
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Die ältere Dame musste sich aber trotzdem noch eine ganze Weile gedulden und den ersten Zuschauern wurde es langweilig, bis dann schließlich doch das Ersatzrohr eintraf. Für die Arbeiter oben auf der Straße gab es nichts weiter zu tun, als das Rohr nach unten weiter zu reichen, während für die Männer unten damit der wohl wichtigste Teil der Aufgabe begann. Wenn sie das Rohr jetzt nicht sorgfältig einbauten, würden sie in ein paar Wochen dieselbe Stelle noch einmal aufreissen können und schon wieder reparieren müssen. Mit zusätzlichen Bleiplatten, die die Kollegen mitgebracht hatten schlugen sie Manschetten um die Verbindungen zwischen den alten und den neuen Rohrenden und schlugen sie vorsichtig mit dem Hammer in Form. Einer der Männer hatte unten im Sand eine kleine Vetiefung angelegt und darin etwas Holzkohle zum Glühen gebracht, denn unter Hitzeeinwirkung ließ sich das Blei sehr viel besser verarbeiten. Dementsprechend drangen leises Hämmern und eine kleine Rauchsäule aus der Baugrube nach oben, während die Anwohner weiter darauf warten mussten, dass das Wasser wieder lief.
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