Atrium | R. Minervina & T. Helvetius Marcellus

  • War Minervina noch eben arglos gewesen, so traf ihren Gast nun ein scharfer Blick. Sie hatte nicht vermeiden können, auf seine überspitzten Worte hin ungefasst zu wirken, was sie sehr ärgerte. Sie wollte sich nichts anmerken lassen. Aber noch ein paar Tage vorher, bei eben jenem Spaziergang, hatte Lana in etwa die gleiche Vermutung formuliert. Ihre Worte allerdings trafen Marcus Hipparchus, den wohl einzigen Menschen, der sie noch ohne Maske kannte - ihre Familie ausgenommen. 'Ich nehme an, ihr seid erwischt worden' hatte Lana gemeint, als Minervina von sich und Marcus sprach. Daraufhin hatte es den wohl ersten Schlag gesetzt, seitdem Lana Minervina Herrin nennen durfte. Derlei stand bei Marcellus allerdings völlig außer Frage. Hier blieb ihr nur die Rhetorik. "Ja, sowas solls tatsächlich geben. Freundschaftliche Beziehungen, sexuelle Beziehungen und weiß ich was noch. Zum Glück basiert unsere einfach nur auf Vertrauen, da sie schon solange in meinem Besitz ist." rechtfertigte sie sich mehr oder weniger. Ganz unauffällig, das war ihr bewusst, war das nicht. Zumal das lange Beisammensein mit Lana eine dreiste Lüge war, was mit einfachen Fragen an die Sklavin gewandt einfach aufzudecken war. Etwas mehr als ein Jahr waren sie erst beisammen, vorher hatte Lana anderen Leuten gehört. Rasch fügte sie noch an: "Ich schätze wir wissen beide so ziemlich alles übereinander. Ist auch die einzige Sklavin, die mich bisher überall hinbetgleitet hat." Jetzt war sie wieder etwas erleichtert. Ihrer Meinung nach hatte sie ihre offensichtliche Antwort etwas entschärft.


    Dennoch beobachtete sie den Gast nun immer etwas genauer, um eventuelle Mimik ablesen zu können. Das Schlimme an seinem geäußerten Verdacht war ja nun einmal, dass er der Wahrheit entsprach. Und möglicherweise hatte sie sich nun auch noch verplaudert, obwohl er vorher nicht einmal auf sie angespielt hatte - das würde sie erst recht ärgern. "Mein Weg führte mich bislang nur ins Bad, wohin danach hätte ich hernach entschieden. Also jetzt. Wenn du möchtest, kann ich dich gerne noch begleiten." Ob Vitamalacus auch in diesem Fall einen Aufpasser für sie vorgesehen hatte? Oder Lana? Sie benahm sich ja auch schon manchmal fast besitzergreifend. Also würde sie sich mehr oder weniger aus dem Hause stehlen müssen.

  • Er hörte ihr aufmerksam zu. Sein Blick war ausdruckslos, doch dahinter arbeitete sein Verstand. Wieso fühlte sie sich dazu genötigt, sich zu rechtfertigen? Die Sache war nicht mehr von der Hand zuweisen. Marcellus machte hinter seiner Vermutung einen dicken Haken. Ihr gegenüber ging er aber nicht mehr darauf ein. Wer weiß wozu diese Information irgendwann noch einmal gut sein würde.
    Dann nickte er kurz. "Das würde mich wirklich sehr freuen. Soll ich hier warten, während du dich umziehst und deine Sklaven als Begleitung zusammentrommlest? Ich würde dir meinen Mantel gerne überlassen, aber ich denke, dies würde dem Centurio bei der nächsten Inspektion nicht sehr gefallen!" Das wenigste was er wollte, war aufgrund eines abhanden gekommenen Mantels noch länger in dem Castra zu hocken.

  • Er schien nichts bemerkt zu haben. Erleichtert nahm sie seine diesbezügliche Gleichgültigkeit zur Kenntnis. Lana und sie schienen vorerst einmal noch vom Schlachtfeld gezogen worden zu sein. Ihr Lächeln wirkte schon beinahe scheinheilig, als sie ihn nun mit diesem bedachte. Aber wie sagt man so schön? Der Schein trügt. Von diesen guten Nachrichten berauscht steigerte sich auch wieder ihre gute Laune, sodass sie völlig untypisch für ihre sonstige Distanz auflachte und sagte: "Hätte nicht erwartet, dass du anbietest, zu warten, statt behilflich zu sein." Sie erhob sich und trank den Rest des Weines aus. Auch seine Hitze spürte sie schon auf ihren Wangen. Vermutlich deshalb hatte sie versucht, sich so ungeschickt aus der Affäre zu ziehen. "Nein, natürlich kannst du hier warten. Meinetwegen auch im Atrium. Ih werde dich schon finden." zwinkerte sie ihm zu. In einer raschen Geste legte sie wieder seinen Mantel ab und reichte ihm diesen. Sofort wurde ihr wieder die Frische der Luft gewahr und eine leichte Gänsehaut überzog ihre recht helle Haut. Eilig wandte sie sich zum Gehen.
    ___


    Cubiculum


    In ihrem Zimmer angekommen stellte sie sich kurz auf. Soviel Zeit hatte sie eigentlich auch wieder nicht, aber vielleicht tat ihr eine Unterhaltung auch gut. In seiner Gegenwart sollte eigentlich nichts zu befürchten sein. Sein Körperbau war stabil und er würde ihr vermutlich auch nichts wollen. Es wäre zu auffällig, wenn sie beide die Villa verließen und sie nicht wiederkäme. Warum dachte sie eigentlich überhaupt in diesen pessimistischen Dimensionen? Rasch griff sie nach einer Bürste. Sklaven waren auch nie vorhanden, wenn man sie einmal brauchte. Nachdem sie ihr Haar wieder ein wenig zurechtgemacht hatte, streifte sie sich über die zarte, weiße Tunika rasch eine hellblaue aus entschiedem dickeren Stoff. Um ihrem Aussehen auch wieder den Hauch von besserer Schicht zu verleihen, wickelte sie, mit einigen, hilflosen Gesten verwesen, die Stola um ihren schlanken Leib. Perfekt war es nicht, aber immerhin konnten Frauen sich alleine anziehen, während Männer mit ihrer Toga wirklich aufgeschmissen waren. Auf die kohleumrandeten Augen verzichtete sie heute ebenso wie auf restliche Schminke und machte sich eilends wieder auf, um zu Marcellus zu gelangen.
    ___

  • Marcellus sah sie davon ziehen. Er blickte etwas überrascht. Diese Worte war er aus ihrem Mund gar nicht gewohnt. Aber er hegte schon länger die Vermutung, dass sie sich hinter einer Maske versteckte, die vielleicht langsam zu bröckeln begann. Nach dem sie aus seinem Blickfeld verschwunden war, zog er sich seinen Soldatenmantel über und ging langsam in die Richtung des Hauses um im Atrium auf sie zu warten. Er rechnete mit einer längeren Wartezeit. Sie würde sich wohl erst ankleiden lassen müssen, dann die ganze Schminke und der Schmuck. Dann fragte sich Marcellus mit wievielen Sklaven sie wohl in die Stadt ziehen würden. Ob wohl diese 'Lana' dabei sein würde? Er blickte sich erneut in dem Atrium um, der Raum, der ihm so kühl vor kam. Vielleicht würde sie sich aber auch mit ihm einfach aus dem Haus stehlen. Immerhin war sie damals auch alleine unterwegs, als sie ihn fand. Marcellus war es egal. Das Mädchen war alt genug, selber zu entscheiden.

  • Es war ihr Glück, dass sie zum Erreichen des Peristyls ohnehin durch das Atrium gehen musste. Sie hatte eher damit gerechnet, dass sie ihn im Garten wiedertreffen würde, denn er schien sich im Empfangsraum wirklich unwohl gefühlt zu haben. Darum war sie überrascht, als sie beinahe an ihm vorbeigelaufen wäre. Sie zog ihre dunkelblaue Stola noch einmal kurz zurecht und blieb dann wie salutierend vor ihm stehen. Noch immer beschränkte sich ihr Schmuck auf den goldenen Armreif. Aber sie hatte ihn nicht zulang warten lassen wollen. Sie blies sich eine Strähne aus dem Gesicht. "Ich hoffe es ging schnell genug?" fragte sie mit munterem Lächeln und deutete gen Vestibulum und damit Ausgang.


    "Groß abzumelden gibt es für mich nichts, Sklaven brauchen nicht mit, denn ich denke als Begleitung reicht ein Miles. Wir können also direkt aufbrechen." bot sie an, wollte ihm aber den Vortritt lassen. Hier zeigte sich wieder ihre etwas konservative Einstellung, dass sie lieber den Mann führen lassen wollte. Sie würde sich entsprechend ihrer sich selbst angeeigneten Rolle zurückhalten.

  • Er war doch überrascht, wie schnell sie wieder zur Verfügung stand. Wirklich geschminkt hatte sie sich auch nicht. Aber das war ihm nur recht. "Ich musste schon etwas warten!" merkte er an. Auch wenn es eher aus Spaß war. Dann überraschte sie ihn erneut, auch wenn er schon damit gerechnet hatte. "Nun gut, wenn du auf deine Anstandsdame verzichten willst, ist es mir auch recht!" Er blickte sich noch einmal kurz um und ergriff dann die Initiative, in dem er auf die Porta zu ging. "Dann wolln wir mal das Schlachtfeld betreten!"

  • Seine Überraschung hatte er, im Gegensatz zu seinen restlichen Regungen bisher, nicht so gut verstecken können und ein amüsiertes Aufblitzen war in ihren Augen erkennbar. Sie konnte sich ganz gut vorstellen, worüber er überrascht war. Selbst für sie war diese Geschwindigkeit überraschend hoch. "Ich entschuldige mich nicht dafür. Wenn du es eilig gehabt hättest, hättest du mir vermutlich doch deine Hilfe angeboten." erwiderte sie neckisch und zog eine kurze Grimasse. Kurz dachte sie noch sehnsuchtsvoll an eine warme, weiche Sänfte, in welcher sie nichts von den Rangeleien auf Roms Straßen spüren würde, doch als sie aus den muskulösen Mann sah, verflüchtigte sich dieser kurze Tagtraum. Er würde sich wohl kaum dazu überreden lassen. Ihre armen Füße! Vielleicht hätte sie doch nicht zustimmen sollen, ihn zu begleiten. Seufzend folgte sie ihm auf Roms Straßen.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!