Atrium | R. Minervina & T. Helvetius Marcellus

  • Überrascht blieb sie vor der Bank stehen, wo sie Marcellus vorhin noch zurückgelassen hatte. Sie sah sich kurz um, doch auch in der näheren Umgebung konnte sie ihn nicht ausmachen. Sollte er etwa ihr Vertrauen ausgenutzt haben und sich nun in der Villa umsehen? Vitamalacus würde nicht viel davon halten... Mit gerunzelter Stirn ging sie ein paar Schritte, immer weiter nach ihm Ausschau zu halten. Dass ein Miles der Urbanae sich im Haus fremder Leute breit machte, konnte und wollte sie nicht annehmen. Sicher vertrat er sich nur ein wenig die Beine, weil die Zeit im Valetudinarium ihn begonnen hatte zu lähmen. Wahrscheinlich hatten sie ihn nur ungern gehen gelassen und er hatte diesen Umstand als willkommene Abwechslung betrachtet


    Sie sah ihn, als sie an der weiteren Weggabelung ankam, am Ende des Wegs zur Rechten Seite stehen. Er schien sehr gedankenversunken zu sein und sie wusste nicht recht, ob sie ihn überhaupt stören sollte. Vor Allem hatte sie ohnehin ein wenig Respekt vor ihm und eine Annäherung aus dem Rücken war wohl nicht sehr intelligent, betrachtete man seine bisherigen Erlebnisse. Aber was blieb ihr anderes übrig? Durch Sand lief sie mit ihrer teuren Tunika garantiert nicht! Wenn er sich nicht beherrschen konnte, wenn er bei anderen Leuten war,... Nein, er konnte es sicher. Also ging sie mit langsamen Schritten auf ihn zu, versuchte sich aber möglichst am Wegesrand zu halten, damit er sie zumindest aus den Augenwinkeln sehen konnte und sie ihn nicht aus heiterem Himmel überraschte. "Helvetius?"

  • Er hatte sie schon wahrgenommen. Eher gesagt, er hatte eine Person wahrgenommen, deren Schrittmuster das einer Frau sein musste. Es konnte nur sie oder eine Sklavin sein. "Nur keine Scheu, ich beiße nicht!" Er entkrampfte seine Hände und drehte sich zu ihr um. "Einen schönen Garten habt ihr. Was für ein Kontrast zu den belebten Strassen. In wenigen Tagen finden die Equiria statt, da wird in der Stadt eine Menge los sein!" Im Grunde freute er sich auf das Fest des Gottes Mars. Aber er wusste nicht, ob er die Gelegenheit hatte, an diesen Tagen das Lager zu verlassen. Er musste den Arzt davon überzeugen, ihn wieder als diensttauglich einzustufen und seinen Vorgesetzten, dass er bereit für die Beförderung war. Diese Lagermonotonie kotzte ihn an. Sie würde sicherlich dort sein um ihre Familie zu präsentieren. Vielleicht würden sie an diesen Tagen besondere Patrouillien laufen, denn gerade zu soclhen Festen war besonders viel Abschaum auf der Strasse. Da fiel ihm ein, dass er noch zum Marstempel wollte...

  • Sie war froh, dass er auf sie reagierte. Hätte er es nicht getan, wäre sie ohne jeden Rat gewesen, was sie als nächstes tun sollte. Schließlich war er Soldat und ihr noch immer nicht annähernd bekannt. Sie wusste kein bisschen, wie sie ihn einzuschätzen hatte. Mal kam er ihr sehr nah vor, freundlich und vertrauenswürdig. Im nächsten Moment schien er sehr düsteren Gedanken nachzuhängen und irgendwie aggressiv. Er konnte entweder das eine, oder das andere sein. Aber ob sie ein Messer zwischen den Rippen bekommen würde, hätte sie erst rausgefunden, wenn es schon zu spät war. "Da bin ich ja erleichtert." meinte sie und dies sogar ehrlich. Sie wusste nicht, ob sie seinen Worten trauen konnte, denn so einfach gestrickt wie ihr Sklave Belenor damals wirkte er nicht, aber wiederum war er auch nicht so beängstigend wie Titus. Na, aber immerhin konnte sie Titus einschätzen.


    "Da wirst du Recht haben. Ich weiß aber nicht recht, ob ich zu der Masse zählen werde. Ich schätze ich werde genug mit meinen Vorbereitungen zu tun haben, die ich zu treffen habe und wohl nicht viel Zeit finden." erklärte sie und trat neben ihn. Aus den Augenwinkeln musterte sie ihn kurz. Ganz geheuer war es ihr ja nicht, mit einem nahezu unbekannten Mann dieser Statur irgendwo versteckt hinter Pflanzen im Garten zu stehen, das auch noch allein. Aber es war ihr Angebot gewesen. Sie seufzte leicht. "Wollen wir zurück gehen? Ich denke die Sklavin mit dem Wein wird uns schon suchen."

  • Marcellus nickte nur knapp. Und machte eine Geste, dass sie vorgehen sollte. "Vorbereitungen? Gebt ihr ein Mahl zu dem Fest? Dafür gibt es doch sicherlich andere. Habt ihr keinen Vilicus, der sich darum kümmern kann? Die Equiria sollte man nicht verpassen. Oder willst du Mars erzürnen?" Wahrscheinlich war es Mars egal, ob man zu den Wagenrennen ging oder nicht. Für ihn hatten die Equiria längst nichts mehr mit dem eigentlichen religiösen Fest zu tun. Aber sie waren ein riesiges Spektakel. Die Wagenlenker gaben alles, um als erster ins Ziel zu gelangen. Das Beste an den Wagenrennen war, dass es keine Regeln gab. Doch die meisten Besucher wussten gar nicht was es bedeutet, um ein Ziel zu kämpfen und dafür sogar sein Leben aufs Spiel zu setzen. "Dann bin ich mal gespannt, wie hoch mein Status in diesem Hause ist!" sprach er in Erwartung des bevorstehenden Weinkonsumes. Dann lächelte er allerdings.

  • Noch bevor sie ihm wiedersprechen konnte, schien er sich in seine Idee des Festes hineingesteigert zu haben. Sie musste leise lachen, als sie ihn berichtigte. "Nein, nein. Es geht nicht um ein Fest. Es ist so, dass mein Onkel nun endlich wieder bei der Legio Prima ist und wir ihn nach Misenum begleiten." erklärte sie knapp. Militärisch knapp. Was sie darüber dachte, ließ sie dabei aus, denn das interessierte ihren Gast wohl nur wenig. "Er hatte eine längere Auszeit, nachdem er Tribun war und den Cursus Honorum besuchte. Nun steigt er wieder als Tribunus Laticlavius ein." 'Wie Vater', ging es ihr dabei durch den Kopf. Nur dass Tiberius Maximus zwischenzeitlich nicht den ritterlichen Posten besetzt hatte, sondern nach dem Cursus Honorum direkt die rechte Hand des ehemaligen Legatus Legionis Decimus Meridius wurde.


    Sie näherten sich wieder der Sitzgruppe, wo bereits eine Karaffe Wein samt zwei Bechern stand. "Aber sollten wir einmal ein größeres Fest geben, werde ich dafür sorgen, dass auch du auf der Gästeliste stehst. Sofern es natürlich in Rom ist." fügte sie an, um seine Hoffnungen nicht völlig zu enttäuschen. Immerhin lud Vitamalacus sicher keine geringfügigen Leute zu solchen Festen ein.

  • Marcellus setzte sich und goß den beiden ein. "Nun ich glaube nicht, dass es deinem Onkel als senatorischen Tribun gefallen wird. Auf ihn werden wohl hauptsächlich administrative Aufgaben warten. Dein Onkel scheint mir aber mehr Soldat zu sein!" Dann reichte er dem Mädchen ihren Becher Wein und hob dann auch seinen eigenen "Nun denn, auf euren Umzug in ein kleines langweiliges Nest voller Miles!" Er trank einen Schluck von dem Wein, der wirklich gut war. Marcellus war sich sicher, dass dieses Nest nichts für ein Mädchen wie Minervina war. Aber die anderen Tribunen hätten sicherlich nichts gegen ihre Anwesenheit. Sie war langsam in dem Alter wo sie verheiratet werden würde. Vermutlich fand man dort einen Mann für sie. "Hast du schon Pläne für die Zukunft gemacht? Ich nehme nicht an, dass du dein Leben in einer Stadt wie Misenum verbringen willst, wenn du Rom so gerne magst. Oder wirst du weiter mit deinem Onkel mitziehen? Ich denke das Imperium hällt noch viele Aufgaben in all seinen Winkeln für ihn bereit. Immerhin ist er noch jung!" Er nahm einen weiteren Schluck, während er ihre Reaktion abwartete. Er hatte früh gelernt, die Reaktionen eines anderen einzuschätzen. Schon das bloße zucken mit dem Mundwinkel sprach Bände für ihn. "Aber ich danke dir für deine Einladung. Dann habe ich auch mal wieder die Gelegenheit meine Toga hervorzuholen!" Er trug dieses Stück Stoff wirklich nur selten, was auch damit zusammenhing, dass man sich mit der Toga nur schwer bewegen konnte.

  • Recht verwundert nahm Minervina zur Kenntnis, dass Marcellus ihnen beiden eingoss. Es verunsicherte sie, denn sie wusste nicht zu deuten ob die Geste einfach nur höflich gemeint war, oder ob es ein versteckter Hinweis darauf war, dass sie sich schon bisher nicht genügend um die Gastfreundschaft gesorgt hatte. Vermutlich jedoch, würde er direkt sagen, was ihn dazu verleitete, wenn es eine negative Geste wäre. Also bedankte sie sich lächelnd und nahm den Becher letztlich entgegen. Wenngleich auch sein Trinkspruch fast das Lächeln von ihrem Gesicht bannte. "Ich will mal stark hoffen, dass es nicht so langweilig wird, wie es zu sein scheint." Auch seine Anspielung auf das Soldatennest verstand sie recht gut, aber sie äußerte sich nicht dazu. Das war ein Punkt, den sie nicht sehr begrüßte, aber Vitamalacus würde schon jeden wegscheuchen, der nicht willkommen war. Da vertraute sie ganz und gar auf seine Fertigkeiten. Nachdenklich nahm sie einen großzügigen Schluck Wein zu sich. Sie schmeckte sofort, dass es nicht der Falerner war, aber dem Soldaten würde es hoffentlich nicht auffallen. Mit der Sklavin würde sie noch ein ernsthaftes Wörtchen sprechen müssen.


    Als er dann wieder die Stimme erhob, erhob sie auch wieder ihr Gesicht um ihn anzusehen. Sie fand seine Frage etwas befremdlich, denn sie wurde dies noch nie gefragt. Bislang hatte sie den Gedanken an eine Heirat, welche die Zukunft natürlich auch mit sich brachte, immer gemieden. Und so antwortete sie auch ehrlich: "Nein, ich habe mir noch keine Pläne gemacht. Ich werde aber nicht in Mantua* bleiben wollen, glaube ich. Erst einmal werde ich mit meinem Onkel mitgehen, aber wohl nur zeitweilig. Rom ist doch etwas anderes. Immerhin wäre meine Tante auch noch hier. Ach, allein wär ich in Rom wohl niemals." meinte sie und schmunzelte. Eigentlich meinte sie nur die Villa, aber bezog man es auf ganz Rom musste schon viel passieren, bis sie hier allein wäre. Aber betrachtete man ihr Gesicht näher, sah man von dem Schmunzeln ab, wirkte es ein wenig verloren. Natürlich musste sie heiraten, aber irgendwie gefiel ihr der Gedanke auch nicht. Für sie hieß Heirat, dass man sich einem Manne unterwarf - und das würde sie auch tun. Sie würde versuchen, so fernab es auch von der Norm war, eine manus-Ehe zu vollziehen, denn sie hielt die Tradition für angebracht. Es war für sie selbstverständlich. Aber das hieße auch, seine Selbstständigkeit völlig aufzugeben.


    "Und du? Hast du schon weiter als bis du den Cohortes Urbanae gedacht?" fragte sie, um das Thema von sich wegzulenken, wie sie es wohl schon immer getan hatte. Allgemein sprach sie gern über sich, aber nicht dann, wenn es ihre Gefühlswelt streifte.


    Sim-Off:

    *= Mir unterlief vorhin ein Fehler. Ich meinte natürlich bislang nie Misenum, sondern immer Mantua, wenn ich Misenum nannte. Ich habs völlig miteinander vertauscht. Danke :)

  • Anscheinend war sie sich iher Zukunft wirklich nicht bewusst. Hatte sie sich wirklich keine Gedanken gemacht? Aber er war damals auch nicht anders gewesen. Er war einfach fortgegangen ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben. Sie hatte wenigstens noch jemanden, der sie leiten würde. Er war nach seiner 'Abreise' völlig auf sich alleine gestellt gewesen.
    Sie lenkte von sich wieder auf ihn. Vermutlich war das Thema für sie unangenehm. Bevor er allerdings antwortete nahm er einen langsamen Schluck aus seinem Becher. Weniger um seine Kehle für eine lange Rede anzufeuchten. Wohl eher, weil er sich über seine Zukunft selber noch nicht ganz im klaren war und sich die Worte erst zurechtlegen musste. Ja was wollte er eigentlich mit seiner Zukunft anfangen? Ein Teil in ihm war dafür, weiterzuziehen. Dieser Teil hielt es für einen Fehler in die Stadt seiner Kindheit zurückzukehren. Ein anderer Teil wollte sesshaft werden und sich dem Schicksal stellen...
    "Nun mal sehen, was für Aufgaben bei der Cohortes Urbanae, bzw. beim Militär auf mich warten. Ich bin ein Kämpfer, ich bin Soldat! Selbst wenn man mir sagt, dass ich wohl für etwas anderes bestimmt sei. Aber das haben nicht andere zu entscheiden. Jeder Mensch ist für sich selber verantwortlich! Wenn man darauf verzichtet, ist man nicht besser als ein Sklave!" Er sprach die letzten Worte voller Verachtung aus. Er haßte die Sklaven nicht dafür, dass sie Sklaven waren. Viele konnten vielleicht gar nichts dafür, er hasste sie dafür, dass sie sich die Verantwortung für ihr Leben entziehen ließen. Auch wenn er, widersprüchlicherweise, kein Fehlverhalten eines Sklaven dulden würde. "Vielleicht holt mich meine Vergangenheit aber doch noch ein und ich werde das tun, was mein Vater wünscht!" Wenn sein Vater ihn übehaupt wahrnehmen würde. "Die Zeit wird es zeigen, was Rom mit mir vorhat!" Er nahm wieder einen Schluck aus dem Becher um seine Gedanken sortieren zu können.

  • Während er weitertrank, schwieg sie sich aus. Ihre Hand, welche den Becher hielt, war niedergesunken und nachdenklich starrte sie in dessen roten Inhalt, als erhoffte sie sich von dort Antworten. Ja, was wollte sie eigentlich? Sicher wollte sie irgendwann heiraten, aber sie fühlte sich nicht bereit dafür. Noch nicht. Erst einmal wollte sie die Tochter eines reichen und guten Hauses sein, ihre Familie vertreten und einfach unbekümmert in die Zukunft sehen. Vitamalacus hatte gesagt, er würde sie rechtzeitig informieren, wenn er jemanden gefunden hätte. Aber sie wollte selber mitentscheiden und rein rechtlich durfte sie das auch. Aber was würde man über sie denken, wenn sie den Vorschlag ihres Onkels ablehnte? Wenn er etwas sagte, würde es für sie verbindlich sein. Nachdenklich drehte sie den Becher in ihrer Hand immer weiter im Kreis.


    Sie wollte Marcus wieder sehen. Das war das einzige, dessen sie sich sicher war. Sie wollte wissen wie es ihm ging, wie er nun aussah. Im Grunde genommen war dies auch nur Lanas Schuld. Hätte sie nicht von Marcus angefangen, hätte Minervina gar nicht wieder an ihn gedacht. Das Herumdrehen des Bechers wurde immer unachtsamer, denn sie hatte völlig vergessen, wo sie sich befand und vor Allem, was sie da drehte. Es kam was kommen musste und er fiel ihr klirrend aus der Hand, gefolgt von einem leisen, aber erschrockenen Aufschrei. Kurz sah sie wie gelähmt auf den Boden, wo sich langam der Wein ausbreitete und peinlich berührt sah sie kurz zu Marcellus. Das war heute nicht ihr Tag. Eingesaut hatte sie sich selbst glücklicherweise nicht, aber trotzdem war es ein unangenehmes Missgeschick. Sie sprang weder auf um eine Sklavin oder ein Tuch zu holen, noch entschuldigte sie sich. Einfach nur perplex sah sie auf den Boden und bis auf der leise Schrei und das starke Zucken hatte sie sich keine Reaktion anmerken lassen.

  • Marcellus beobachtete das Mädchen einige Zeit. Anscheinend hatte er sie zum nachdenken angeregt. Er studierte sie förmlich, während sie dort so still saß, bis sie plötzlich den Becher fallen ließ. Marcellus blieb ruhig sitzen und studierte ihre Reaktionen bis er das Schweigen endlich brach. "Diese glasierten Becher können verdammt rutschig in den Händen sein, wie? Aber davon geht die Welt nicht unter!" Er hätte zugerne gewusst, was in ihrem kleinen Kopf vorging. Er blickte sich um, ob ein Sklave aufmerksam war und sofort herbeieilen würde, um das Mißgeschick zu beseitigen, doch anscheinend waren sie wieder alleine im Peristyl. "Werdet ihr viel Mobiliar mitnehmen? Oder verschont ihr die Anwohner vor unnötigen Lärm in der Nacht?" Nun war er es, der ablenken wollte. Die Stille gefiehl ihm nicht. Er wusste wie er mit Typen seines Verschlages umzugehen hatte. Aber Frauen waren ein Thema für sich.

  • Da zeigte sich wieder, wie wahr Minervinas beliebtestes Sprichwort war. 'Schweigen ist Macht.' Kein Mensch hielt es lange aus, Stille um sich herum zu ertragen. Diesmal allerdings hatte sie die Taktik nicht als solche angewandt, sondern wirklich vor Betroffenheit geschwiegen. Als er auf ihr Missgeschick zu sprechen kam, sagte sie noch immer nichts und starrte noch immer erschrocken auf den Boden, während die Hände noch geformt waren, als würden sie den Becher halten. In ihr wirbelten die Gedanken umher, aus denen sie sich selbst gerissen hatte. Sie hatte sich wahnsinnig erschreckt, als das Klirren zu vernehmen gewesen war.


    Nun endlich sah sie schuldbewusst zu Marcellus auf. "Tut mir leid." entschuldigte sie sich auch noch unsinnigerweise. Aber vielleicht hatte sie ihn ja auch erschreckt oder.. Rasch sah sie wieder zu Boden und schüttelte über sich selbst den Kopf. Sie hatte selbst nicht bemerkt, dass sie mit ihren Händen fest den Stoff der Tunika hielt. Erst als er wieder das Thema wechselte, wofür sie sehr dankbar war, stellte sie es fest und entließ den malträtierten Stoff aus seiner Folter. "Ich weiß es noch nicht. Allzuviel wohl nicht, ich jedenfalls nicht. Die Villa in Rom wird wohl letztlich wieder meine Heimat werden und es wäre unnötiger Aufwand das Zimmer leer zu räumen." antwortete sie ihm.

  • Zu ihrer Beruhigung schenkte er ihr ein Lächeln. Es war ein kostbares Geschenk, denn ein echtes Lächeln bekamen nur wenige von ihm. "Das kann passieren! Wenn dem nicht so wäre, wären eine Menge Töpfer arbeitslos. Außerdem würden die Herrschaften Roms vor die schwierige Frage gestellt werden, wo sie sonst mit ihrem vielen Geld hinsollten!" Vermutlich kämen sie sonst noch auf den blöden Gedanken, sich eine private Armee zu erkaufen und Römer gegen Römer zu stellen. Es beruhigte ihm, dass es da jemanden gab, der über den Haufen von Patriziern und Politikern wachte und sie notfalls in die Schranken wies. Aus ihren Worten entnahm er, dass sie wirklich nicht vor hatte in Mantua lange zu verweilen. Letztendlich würde sie wohl nach Roma zurückkehren. "Das freut mich!" wobei er es für sie offen ließ, ober er damit auf seine vorhin genannte Anekdote einging, oder darauf, dass sie wohl nicht lange fort sein würde. Aber wusste er, ob er ewig hier bleiben würde? Andererseits, wohin sollte er noch? Ersteinmal würde er hierbleiben und sehen, was für Aufgaben auf ihn warten würden. Marcellus blickte entschlossen. Er war nun mit sich selbst ins reine gekommen, was diesen Punkt an ging. "Vielleicht solltest du eine Sklavin holen, die den Dreck wegräumt und dir einen neuen Becher bringt. Ich trinke nicht gerne alleine!" Dem war wirklich nicht so. Vor allem war dies ein Schutzreflex. Immerhin wollte er nicht betrunkener als sein gegenüber sein. Auch wenn er nicht vor hatte sich hier zu betrinken.

  • Sie allerdings wusste das Geschenk nur in geringem Maße zu schätzen. Sie verstand nämlich nicht, warum er lächelte. Gut, sie wusste es, aber sie selbst fand ihre Situation gar nicht so lustig. Es war ihr verdammt unangenehm, dass sie mit ihren Gedanken so weit abgedriftet war. Vielleicht, so überlegte sie, wollte er ihr aber auch mit seinem Lächeln den inneren Ärger nehmen. Aber warum auch immer, sie schenkte ihm auf Grund seiner Worte trotzdem ein leises Lachen. Mehr aus Höflichkeit. Sie verstand ihn nicht, denn seine Worte schienen ihr verdrossen, dass es soviel Reichtum gibt. Aber war nicht gerade die gens Helvetia dem Kaiser sehr nahestehend? Sie gab ihm keine Antwort und erhob sich nur.


    "Ja, ich werde wohl wirklich besser eine Sklavin holen." Während sie wegging stellte sie sich immer wieder diese eine Frage. Was war mit ihr los? Warum versank sie so sehr in Gedanken, dass sie weder einen Becher vernünftig festhalten konnte, noch dass sie ihren Gesprächspartner richtig einzuschätzen wusste.
    Verärgert fauchte sie die nächstbeste Sklavin an, welche gerade eine schwere Vase trug. "Los, sieh zu dass du den Schweinkram im Garten wegmachst. Und zwar zügig. Ich werde einen neuen Becher holen und wenn ich wieder im Garten bin, will ich keinen Fleck Wein mehr sehen. Ansonsten geht's dir schlecht." Ihr Blick sprach sehr deutlich, dass sie in diesem Moment jede Drohung wahr machen würde.


    So also ließ Minervina sich dazu herab und näherte sich der Küche, um von dort einen Becher zu holen. Sie rümpfte unzufrieden die Nase, als sie dort keine perfekte Ordnung vorfand. Sie würde sich die Sklaven, die für die Culina zuständig waren, später noch vorknöpfen. Sie ahnte nicht, dass die Sklavin im Peristyl fast panisch damit beschäftigt war, unter den Augen des Herren die Scherben aufzusammeln und den Wein in ein Tuch aufzusaugen. Doch immerhin. Als Minervina wieder im Garten war, waren sowohl Fleck als auch Sklavin verschwunden. Schweigend setzte sie sich wieder zu Helvetius. Ihr Gesicht wirkte auf einmal ziemlich müde. Sie war unzufrieden mit sich, mit den Sklaven und mit dem Leben. Sie hatte zulange über all diese Sachen nachgedacht. Sie wandte ihre Methode, das Schweigen, noch immer nicht an um Helvetius in Verlegenheit zu bringen. Im Gegenteil. Fast verzweifelt rang sie um Worte, die sie nun sagen konnte. Jetzt war selbst ihr die Stille unangenehm.

  • Irgendetwas war an dem Mädchen sonderbar. Er konnte es nicht genau beschreiben. War sein Besuch ihr unangenehm? Als sie weg war nutzte er die Gelegenheit sich die Beine ein wenig zu vertreten. In der Ferne hörte er eine laute Stimme, welche ihn bekannt vor kam. Er grinste. Dann kam auch schon eine Sklavin herbeigeeilt, welche hektisch damit beschäftigt war, den Fleck zu entfernen. Marcellus setzte sich wieder hin um der Sklavin bei einem schönen Schluck Wein zuzusehen. "Da vorne ist noch was! Wir wollen ja nicht, dass es dir schlecht geht!" Kaum war sie weg, kam Minervina schon wieder an. "Hier herscht ja ein ganz schön harter Ton gegenüber den Bediensteten! Fühlt man sich gleich heimisch." Er nahm ihren Becher und goß ihr ein. "Aber nicht wieder fallen lassen!" Während Marcellus wieder ein Schluck nahm, beobachtete er sie. Er machte kein Geheimnis daraus.

  • Sie sah ihn kurz etwas erschrocken an. Eigentlich hatte sie nicht gewollt, dass er auch nur ein Wort von dem hörte, was sie zu der Sklavin sagte. Und so laut hatte sie ihre Stimme wirklich nicht geglaubt. Anscheinend ein Irrglaube. Vielleicht sollte sie lernen, etwas leiser zu sprechen. Dass ihr nun die Röte vor Verlegenheit auf die Wangen schlich, konnte sie beim besten Willen nicht verhindern, auch, wenn es nur ein leichter Schimmer war. "Ach", begann sie verlegen. "Wenn man nur aus großen Augen angeschaut wird, wenn man eine Anweisung erteilt, muss man leider etwas lauter sprechen." fuhr sie fort, während sie sich den Becher entnehmen ließ. Er musste sie nun für etwas überdominant halten, denn eigentlich hatte sie gar keinen Grund, Zorn zu zeigen. Na, hatte sie dem Fremden halt einen einzigen negativen und privaten Zug gezeigt, er würde schon keinen Nutzen daraus ziehen können.


    "Nein, wird schon nicht passieren." antwortete sie mit einem etwas hilflosen Lächeln und nahm den Becher an sich. Viel würde sie allerdings nicht mehr trinken, denn dann würde der Zeitpunkt erreicht, wo ihre Zunge sich etwas lockerte. Und das konnte sowohl dann negativ sein, wenn er sie ausfragte, als auch bei der Bewahrung ihrer Kontenance. Sie war eigentlich kein alberner Mensch. Sie war ihren Gleichaltrigen recht ähnlich und zeiget eine ähnliche Lebensfreude, aber sie gab meistens entschieden mehr auf dignitas und Zurückhaltung, denn sie war eine Freundin der alten Schule - auch wenn sie jung war. Manchmal entglitt auch sie, aber diese Fehlschritte suchte sie meistens zu umgehen. "Ich bin letztens spazieren gegangen." teilte sie ihm, etwas aus dem Zusammenhang geraten, mit. Sie sträubte sich irgendwie dagegen, ihm von ihrem Gebet mitzuteilen. Es war für ihre Verhältnisse zu vertraulich und so brach sie ab und lächelte einfach nur.

  • Marcellus bemerkte, dass sie verlegen war. Dabei gab es doch keinen wirklichen Grund dafür. Ihr war ein Mißgeschick geschehen und die Sklavin musste darunter leiden. War dies nicht normal? Nun Marcellus hatte nicht vor, darauf länger herumzureiten. Er grinste in seinen Becher, als er einen weiteren Schluck nahm. Dann blickte er sie mit großen Augen an. Sie war spazieren! Äußerst interessant, es gingen tausende Leute in Rom täglich spazieren. Was wollte sie ihm damit sagen? Vielleicht wollte sie, dass er nachfragte. Also tat er ihr den Gefallen. "Das tun viele Menschen! Und was ist bei deinem Spaziergang besonderes passiert?" Er blickte sie neugierig an. Was immer sie anscheinend nicht sagen wollte, sie würde nun keine andere Wahl haben.

  • Sie zog eine Schnute, was allerdings nicht besonders berührt wirkte. Es war eher eine 'rhetorische Schnute'. Eigentlich hatte sie geschwiegen um eine weitere Berührung dieses Themas zu umgehen, aber nun da er fragte. "Eigentlich nichts besonderes. Ahm... das fiel mir nur beim Thema Sklaven gerade auf. Lana, also, meine Leibsklavin, ist da etwas zu weit gegangen." Sie zuckte nun mit den Schultern und warf ihm wieder ein Lächeln zu. Eigentlich ein Lächeln, das ihn von weiteren Fragen abhalten sollte. Sie strich ihre, mittlerweile getrockneten, Haare hinter's Ohr. "Aber sie schaut einen immer so mitleiderregend an. Bin da mittlerweile ein bisschen hilflos geworden. Fiel mir nur ein, weil ... naja wegen eben."


    Ei wenig ärgerte sie sich über ihr eigenes Gestammel. Seine Frage hatte sie wieder etwas aus der Fassung geworfen. Eigentlich lud ihr Satz zum Nachfragen ein, aber gerechnet hatte sie nicht damit. Die meisten Männer gingen gerade auf offene Aussagen nicht ein, weil sie genau wussten, dass die Frau nur eine Nachfrage erwartet. Das alles wurde immer verwirrender. Wenigstens war das Schweigen gebannt.

  • Marcellus erahnte, dass dies nicht die Antwort auf seine Frage war. Aber er wollte seine Gesprächspartnerin nicht noch mehr in Verlegenheit bringen. "Nun, lass dich ja nicht von deinen Sklaven um den Finger wickeln. Manchmal erinnern sie mich an gewisse Tiere, welche austesten, wie weit sie gehen können um im richtigen Augenblick zuzuschlagen!" Er stellte seinen Becher ab und stand auf um sich von ihr abgewandt zu strecken. "Du bist also für sentimentale Gesten empfänglich, dass sollte ich mir dann wohl merken!" sprach er trocken. Er grinste dabei ein wenig, aber das konnte sie in diesem Augenblick nicht sehen. Er hielt die Spannung noch ein wenig aufrecht, ehe er sich zu ihr umdrehte. Das Grinsen war aus seinem Gesicht verschwunden. "Es soll Menschen in dieser Stadt geben, die führen ganze Kataloge mit den Schwächen und Stärken ihrer Mitmenschen! Aber vielleicht tröstet es dich, dass ich nicht zu diesen Menschen gehöre! Ich nehme doch an du ebenso nicht?" Es kam nicht selten vor, dass Politiker um nicht Römer zu sagen, ihre Frauen für diese Dinge einspannten. Aber er war auch nicht ganz unehrlich gewesen. Er führte zwar keine Schriftstücke über seine Mitmenschen doch merkte er sich jede Auffälligkeit in seinem Kopf. Er war einfach zu sehr Römer um dieses Wissen nicht eines Tages eventuell auszunutzen. Er machte eine kurze Redepause, während er sich wieder hinsetzte. Bevor er seinen Becher nahm und zu einen weiteren Schluck ansetzte platzte noch der Satz hinaus: "Wissen ist Macht!"

  • Sie zuckte mit den Schultern. Ihr war ja selbst bewusst, dass Sklaven ziemlich berechnend sein konnten und Lana stand dem sicherlich in Nichts nach. Aber ihr gegenüber konnte sie nicht so hart durchgreifen, wie bei anderen. Und das war schon immer so gewesen, nicht erst seit vorletzter Woche. Sie zog ihre Augenbrauen missbilligend zusammen, war aber froh, dass er das auf Grund seines ihr zugewandten Rückens nicht sehen konnte. Immerhin konnte sie sich mittlerweile rational denkend an ihrer beider, Lanas und ihre, zwischenmenschliche Begegnung erinnern. "Tut mir leid deine geistige Notiz wieder zunichte machen zu müssen, aber bisher hat das absolut nur bei Lana funktioniert. Grundsätzlich stößt mich Sentimentalität eher ab." erwiderte sie nicht ohne Ernst in ihrer Stimme. Sie musste bei jedem ihrer Worte an ihre Mutter denken, die sich für jede Situation Tränen zurückbehielt.


    "Und auch diese Hoffnung muss ich zunichte machen." sagte sie, dieses Mal allerdings mit einem unverkennbaren Schmunzeln auf den Lippen. Sie lehnte sich ein wenig zurück und zupfte ihre Tunika etwas zurecht, die durch ihre entspanntere Haltung an den Beinen zu spannen begann. "Gewisse Notizen mache ich mir schon, allerdings im Hinterkopf und nur bei Leuten, die es wert sind. Dazu gehören eben jene, denen ich mehr als nur einmal begegne, oder die eine nützliche Aufgabe ausführen." Minervina selbst war nicht sehr machtgierig, sie selbst besaß, ihrer Meinung nach, schon genug davon. Aber es konnte dennoch von großem Nutzen sein, sich die Stärken und Schwächen gewisser Leute zu merken um gegebenenfalls daran zu appellieren. Wie er schon richtig bemerkte: Wissen ist Macht. Aber es gab noch eine andere Macht, die sie sich noch lieber zu Nutzen machte... Das Lächeln was sich nun auf ihr Gesicht stahl, wirkte wissend und geheimnisvoll, doch keineswegs bösartig. Es war auf Marcellus gerichtet, doch sie sagte nichts.

  • Auch wenn sich seine Vermutung anscheinend nicht bestätigte, so gab sie ihm doch einen anderen Hinweis. Diese Sklavin musste etwas besonderes für Minervina sein, wenn dies nur dieser Sklavin gelang. Wahrscheinlich hatte diese Sklavin sie sogar auf irgend eine Art und Weise in der Hand. Es gab nicht selten Beziehungen zwischen Herren und Sklaven. "Am kompliziertesten sind eigentlich Sklaven, die eine 'Beziehung' zu ihrem Herrn haben. Diese fühlen sich oft freier als sie eigentlich sind!" warf er ein und ging damit indirekt auf ihre Worte ein. Dann trank er den letzten Schluck aus seinem Becher aus, klopfte sich auf die Knie und stand erneut auf. "Ich muss mich ein wenig bewegen! Habe zu lange meine Zeit im Sitzen der Liegen verbracht!" Er schaute gen Himmel. Der Tag war schon etwas fortgeschrittener. Was hatte er sich sonst noch für heute vrogenommen? Er wollte noch zum Forum Augusti, zuim Mars Ultor Tempel. Er blickte Minervina fragend an. "Verspürst du nicht auch das Interesse, diese Mauern zu verlassen. Ich muss noch zum Forum Augusti! Vielleicht führt dich dein Weg auch ins Herz der Stadt?"

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