An diesem Nachmittag im Martius hatte sich Epicharis den Webstuhl nach draußen schaffen lassen. Zwar waren die Sklaven, die dieses Unterfangen bewerkstelligen mussten, nicht sonderlich davon angetan, doch Epicharis' Wort stand und so hatten sie ihr die kleinere Version des Webstuhles hinausgetragen. Den großen hinauszuschaffen, das würe auch wahrhaftig wahnwitzig gewesen. Epicharis stand derweil in der Exedra und roch hier und da an gerade frisch aufgeblühten Knospen, zerrieb ein frisch gesprossenes Blättchen Zitronenmmelisse zwischen Daumen und Zeigefinger und summte fröhlich eine Melodie vor sich hin. Sie liebte den Frühling! Alles blühte und wuchs, alles gedieh und auch die Menschen waren freundlicher zueinander.
Während sich die Sklaven noch mit dem Webstuhl abmühten, war Epicharis neben einem kahlen Busch stehen geblieben. Sie brach einen Zweig, doch statt grüne Fasern erkennen zu können, erblickte sie trockenes Braun im Inneren. Epicharis wandte sich um. "Diesen Busch hier müsst ihr tauschen. Nicht jetzt, macht das später. Aber lasst euch nicht zu lange Zeit damit", trug sie den Sklaven auf und ließ den abgepflückten zweig achtlos fallen. Die Sklaven waren derweil fertig mit dem Aufstellen des "schweren Geräts" und zogen sich auf Epicharis' Wink hin zurück. Die Claudierin strich noch einen Moment lang summend an den im Vergleich zum Hortus wenigen Pflanzen vorbei, warf dann einen Blick in das etwas erhöhte, sechseckige Wasserbassin, in welches fröhlich ein kleines Wasserrinnsal plätscherte, das seinen Urprung in einer von einem Mädchen gehaltenen Amphore am rand fand, und setzte sich dann an den Webstuhl, um ihre Arbeit zu Ende zu bringen.
Rote und cremefarbene Fäden vereinten sich vor den Augen der Claudierin zu einem hübschen Stück Stoff, und Epicharis sang ein Lied, das von einer Patrizierin handelte, die siebzehn Kinder gebar und ihrer nicht mehr Herr wurde. Die Melodie war fröhlich, der Takt ebenso holperig wie schnell. Epicharis' Amme hatte es ihr beigebracht, und sie sang es nun das erste Mal wieder, seitdem Tante Sagitta gestorben war. Flink betätigte sie das Fußpedal, schob das schmale Schiffchen mal nach links, mal nach rechts, neigte den Kopf zur Seite und nach vorn, immer im Takte der Musik. Der Stoff nahm allmählich Form an.