• Über die Aussage von Medeia, warum sie Wache halten müssen, war Imperiosus ein bischen überrascht, schließlich galt die Wache ja wahrscheinlich auch als Training.


    " Warum wir Wache halten, kann dir Lucius wahrscheinlich besser erklären. " Imperiosus grinste ein wenig, denn Avitus ist doch ein wenig ruhig geworden. Als seine Tante ihn auf Priscus ansprach, wollte er eigentlich nicht weiter eingehen, denn er wusste nicht, ob er aus einer ärmlichen Familie stammte. " Was mein Kamerad betrifft, kann ich dir nicht sagen, wie reich oder arm seine Familie ist. Ich versuche ihn aber weiter zu meiden. "


    Nun schaute Imperiosus ein weiteres mal zu seinem Centurio, denn er wollte auch nicht unbedingt zuviel erzählen, was nicht unbedingt hier her gehörte.
    " Was den Übungsmarsch betrifft. Da weiß ich nicht, wie anstrengend sowas ist, da wir bisher ja noch keinen gemacht haben. Aber das Lager, was man jeden abend aufbauen muss, ist ja nicht so sehr befestigt, wie das Castellum, in dem wir leben. Auch das Vallum ist anders, zumindest habe ich das vor kurzen bei einen Optio gelernt."
    Genaueres konnte auch Imperiosus da nicht erzählen, aber Avitus konnte da wahrscheinlich schon mehre Geschichten erzählen. Wie er damals solche Lager aufbauen musste.





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  • Aufmerksam lauschte Medeia ihrem „Neffen“, denn obwohl sie keine Ahnung von militärischen Angelegenheiten hatte, hieß das noch lange nicht, dass sie es dabei belassen wollte. Zumal ihr Zukünftiger schließlich sein Leben der Legio verschrieben hatte und sie dessen Arbeit auch besser kennen lernen wollte. „Dann ist es wohl besser, wenn Du ihn meidest. Dann kann er auch nicht ärgerlich werden, solltest Du nicht das erwirken können, was er sich damit erhofft.“ Sie nahm mal an, dass es sich um Vergünstigungen handelte, wie öfter Freigang und ähnliches. Und einen Feind in den eigenen Reihe zu haben, war bestimmt auch nicht erfreulich, denn dann konnte man doch nie sicher sein, wo das Schwert hinzielte. Medeia stützte sich mit ihrem Kinn auf der Hand ab und sah Imperiosus ratlos an, als er sich über das Lager ausließ. „Ah?“, murmelte sie verwirrt. „Was ist ein Vallum?“ Medeia zögerte nur kurz, denn auch die nächste Frage beschäftigte sie bereits. „Was ist eigentlich ein Optio? Wo steht er vom Rang? Über einem Centurio?“ Medeia wußte, dass ein Centurio die Hundertschaft, eigentlich mehr achzig Männer wie sie erst kürzlich erfahren hat, anführt. Sie wusste auch, dass der Praefectus und der Legatus ganz weit darüber standen, ebenso, dass Avitus der Erste unter all den Kommandanten dieser Zenturien war. Aber ein Optio? Medeia war dort schlicht überfragt.

  • Avitus lächelte.
    "Ganz der Reihe nach... wir halten Wache, weil diese nuneinmal Bestandteil des Soldatendaseins ist"
    ergänzte er die Antwort seines Vetters, wie dieser schon angedeutet hatte.
    "Sie gehört genau so zum Soldatenleben, wie Disziplin oder das Exerzieren. Warum exerzieren wir? Damit wir unsere Fähigkeiten nicht einbüßen, damit wir immer besser werden. Aus demselben Grund halten wir Wache. Damit wir wissen und nicht vergessen, worauf es bei dieser ankommt. Überdies würde es ein erschreckend schlechtes Bild von der legio abgeben, wenn ihre Angehörigen keine Wache halten. Ohne Zweifel würde dies der Anfang vom Ende des guten Rufs sein, den die legio genießt"
    erklärte Avitus. Eigentlich hatte er theoretische Betrachtungen nach dem Sinn der Wache auf italischem Boden bisher nicht angestellt.
    "Und ausserdem.. irgendjemand muss schließlich kontrollieren, wer da an der porta praetoria steht und rein will. Du musst wissen, Zivilisten können die castra nur durch die porta praetoria betreten oder verlassen. Und nicht zuletzt... jemand muss kontrollieren, ob der miles oder servus, der gerade geht, dies auch wirklich darf, so wie im Falle vin Tiberius eben, als er in meiner Begleitung die castra verließ"


    Avitus biß in einen Apfel, kaute etwas, ehe er fortfuhr.
    "Und zu deinen folgenden Fragen... ein vallum ist die Befestigung rings um eine jede castra. Im Grunde ist mit vallum eigentlich nur der Wehrgang gemeint, das Wort wird aber benutzt, um die gesamte Befestigung, also den Wehrgang, die Palisade und die Gräben zu umschreiben. Du hast ja selbst gesehen, dass unser Standlager über eine solide, hohe Mauer aus Stein besitzt, sowie zahlreiche Bauten, darunter sogar thermae, die sich vor denen in einer römischen Stadt nicht verstecken müssen. Wir haben ein forum und Markttage hier, wir haben eine schola und und und. Gewiss, das alles zu erbauen dauert lange. Ein Marschlager hingegen ist da um einiges einfacher. Die Palisade ist aus einzelnen pila zusammengesetzt, der Wehrgang natürlich kleiner in seinen Ausmaßen, der Graben ebenfalls. Auch gibt es keine Türme, keine thermae und ähnlichen Luxus. Aber dennoch unterscheidet sich ein Marschlager in seinem Grundriss nicht von diesem hier in Mantua oder sonst einem legionslager. Egal, wo wir sind, wir sind immer zu Hause, weil jedes Lager identisch ist. Ob wir in Germania sind, oder in Africa oder Syria... das Lager ändert sich nicht
    hoffentlich war das jetzt nicht zu trocken und nicht zu viel.
    "Was ein optio ist... nun, rangmäßig steht ein optio an dritter, in meiner centuria an vierter Stelle hinter dem centurio und dem signifer, dem Feldzeichenträger der Einheit. Da meiner centuria der Adler der legio zur besonderen Obhut anvertraut ist, kommt nach mir als centurio nicht der signifer, sondern der aquilifer, der Träger des geheiligten Symbold der legio, der Adlers. Ihm nachfolgend kommen der signifer und dann der optio, aber..."
    sagte Avitus. Er biß noch ein paar Mal von dem Apfel ab und kaute genüßlich daran
    "... funktionsmäßig ist ein Optio der Stellvertreter des centurio, seine rechte Hand und der Befehlshaber im Fall der... der Abwesenheit des centurio"
    worin auch immer der Grund für diese lag. Dass es noch andere optiones gab, mit besonderen Aufgaben oder Anwärter auf den Centurionenrang, ließ er unerwähnt, um Medeia nicht noch mehr zu verwirren.

  • Die Mechanismen und die Vorgänge hinter einer Legion waren weitaus durchdachter als Medeia jemals angenommen hatte. Über Jahrhunderte hinweg war das System, der Apparat “Legion“ erwachsen und vieles, was einem als Zivilist als absurd, gar völlig überflüssig vor kam, gewann eine völlig andere Bedeutung, wenn es um den reibungslosen Ablauf des soldatischen Tagesgeschehens ging. So glaubte Medeia in jenem Augenblick zu verstehen als sie Avitus Worten lauschte. Das mit der Wache, dem unbemanntem Tor und dem Ein- und Austreten der Soldaten leuchtete ihr doch durchaus ein. Sie nickte vage. „Natürlich, daran habe ich nicht gedacht. Und ein Soldat, der das Wache stehen geübt ist, kann wohl dann im Ernstfall auch konzentrierter bei der Sache sein.“ Zwischen all den Erklärungen kam Medeia auch dazu ein wenig zu sich zu nehmen, und zu trinken. Zwar war es nicht viel, wie oft, aber doch genug, um ihren kleinen Hunger zu stillen. Neugierig vernahm Medeia auch die Erklärungen über den Vallum, denn zu lernen, ihren Horizont zu erweitern und in unbekannte Wissensgebiete vorzustoßen war ihr schon von je her ein Bedürfnis gewesen. Zudem wollte sie unbedingt mehr über die Legion erfahren. Wenn sie schon einen Soldaten heiratete, wollte sie nicht gänzlich ahnungslos bleiben. Und bei ihren Verwandten hatte Medeia weniger scheu Fragen zu stellen.


    So lächelte sie erfreut als Avitus ihr alles geduldig und doch sehr gut erklärte. „Eine Palisade aus Pila? Das ist ja höchst raffiniert. Da müssen die Soldaten keine großen Baumaterialien mitnehmen, können alles aus ihrer Ausrüstung erstellen. Wie interessant! Und ein Lager gleicht dem Anderen? Dann ist das mit dem Heimweh sicherlich nicht all zu schlimm.“ Das war nur ein Schuss ins Blaue, genauso unbedarft schaute Medeia auch aus, wenn sie ihre Kommentare abgab. Das Militär war nun mal ein großer weißer Fleck in ihrem Wissenshorizont. Mit den Rängen kam sie nicht ganz mit, ein wenig Ratlosigkeit zeigte sich in ihren grünen Augen, doch, dass ein Optio unter dem Centurio stand, das wurde ihr nun deutlich. Medeia aß einen letzten Bissen Brot und schob den Halb vollen Teller beiseite. „Oh, ich sehe schon, ich muss in den nächsten Monaten noch viel lernen, um eine gute Soldatenehefrau zu werden. Das ist wirklich komplizierter als man meinen könnte.“ Medeia schmunzelte und winkte die Sklavin heran, um ihr einige Münzen zu zu schieben. „Aber nun müsst ihr mir unbedingt Mantua zeigen. Und dieses große Amphitheater, werden dort auch griechische Stücke aufgeführt oder nur Kämpfe?“ Dass das Theater zu dem Zeitpunkt noch nicht mal eingeweiht war, wusste Medeia nicht. Doch so erhob sie sich, zog ihre Palla zurecht, um mit ihren beiden “Neffen“ noch einen Spaziergang in die Stadt zu machen und den Tag mit so manch einer Zerstreuung zu füllen, die Mantua so bot.

  • Während Avitus Medeia einiges erklärte, nahm Imperiosus die Chance wahr, etwas von seinem Essen zu essen. Schließlich konnte man nicht immer so gut essen, wie hier, auch wenn sich die Culina bei der Legio mühe gab.


    Anscheinend hatte Lucius es sehr gut erklärt, denn Medeia schien es verstanden zu haben, was natürlich kein wunder war, denn sie war ja bisher immer schon sehr wissbegierig.
    Als der Teller leer war und auch der Becher nur noch halb voll war, wollte Medeia mit ihnen noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt machen, was Imperiosus sehr angenehm war. Er hob seinen Becher und leerte nun auch diesen. Imperiosus konnte sich nicht daran erinnern, dass die drei sowas überhaupt schonmal zusammen gemacht haben, darum war dieser Spaziergang etwas besonderes für ihn.




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