Atrium | Das letzte Geleit

  • Die Reise von Mantua nach Rom musste für die anderen qualvoll gewesen sein, so sehr hatte er die Reisewagen zur Eile getrieben. Doch für ihn, der die ganze Strecke auf Ajax Rücken zurückgelegt hatte, war es nur ein Spazierritt.


    Und so war es kein Wunder, das seine Caligae waren, die als erstes durch das Attrium hallten und erst an der Kline, auf der seine Schwester lag zum Halten kam. Er trug zwar noch sein Paludamentum, doch hatte sein Haupt mit einem dunlem Sagum bedeckt, welches er immer in seinem Reisegepäck mit sich führte. Später würde er die Rüstung ab- und eine dunkle Toga anlegen, aber auch dann würde er sich nicht rasieren.


    Jetzt aber stand er nur da, blickte auf seine tote Schwester herab.

  • Ohne große Umstände bin ich einfach in einem Wagen mitgefahren.
    Aber das Tempo war von Anfang an unbeschreiblich !


    Wie bei meiner jahrelangen Nahkampfausbildung hatte ich so manchen
    schmerzhafen blauen Flecken, durch das Schaukeln und Holpern des Reisewagens, am Körper.


    Claudias Leichnam wirkte sehr eingefallen, obwohl der Präparierkunst und Lagerung im Eiskeller, war von Ihrer natürlichen Schönheit bald nichts mehr zu erkennen.
    Erschütternd stand ich nun neben dem Tribun, vor dem Leichnam Claudias.


    "Quintus Entschuldige bitte, aber mir fehlen die Worte...."

  • Natürlich erst nach Quintus, doch sogar auch erst nach Antoninus erreichte die junge Patrizierin das Atrium. Das Tempo der Kutsche war verständlich, aber dennoch sehr anstrengend gewesen. Albina wusste garnicht mehr, welcher Körperteil ihr am meisten weh tat. Doch ,auch dies ein Verdienst einer anständigen Erziehung, kommentierte sie dies nicht, sondern widmete ihre Aufmerksamkeit dem Wesentlichen.


    Antoninus, mit dem Albina noch nicht wirklich viel zu tun gehabt hatte, schlichtweg ignorierend trat Albina an Quintus Seite. Sie blickte auf ihre tote Cousine hinab und war von dem Anblick leicht erschrocken.
    Ja, die beiden waren in der kurzen Zeit nicht wirklich warm miteinander geworden und doch betrübte sie der Anblick ihrer doch noch recht jungen Verwandten sehr. Nicht nur, weil sie anscheinend Minervina sehr viel bedeutet hatte.


    "Möge sie den Weg ins Totenreich leicht überwinden." sprach sie mit belegter Stimme, legte Quintus die Hand auf den Arm und blickte dann zu ihm hoch. Wie meistens war in seinen Zügen nicht viel zu erkennen. Doch schon jetzt war Albina eine der wenigen, die wusste, dass dies längst nicht hieß, dass in seinem Innern nichts vorging.

  • Durus hatte erfahren, dass Quntus gekommen war und trat aus dem Tablinium. Obwohl er gestern zum Senator geworden war, trug er noch immer eine Trauertunika - diesmal in schwarz mit einem feinen, goldenen Muster am Saum. Darunter eine braune Tunika. Langsam trat er mit eiserner bis trauriger auf die Reisegruppe, die wohl gerade erst angekommen war, zu.


    "Salvete. Mein Beileid, Quinte."


    Er ging auf Quintus zu und reichte ihm die Hand zum Gruße.

  • Flaccus hatte das Haus der Tiberier betreten. Er wurde auf seiner Reise, die er nach Misenum unternommen hatte, von einem Brief unterrichtet, dass Claudia ad inferos gegangen sei. Mit der Toga über dem Hinterkopf begab er sich nach der Begrüßung zum Totenbett der Verwandten. Welch unerwartetes Unglück, gerade für jenen Mann, der vor kurzer Zeit erst seinen Sohn verloren hatte.

  • Einen Moment verharrte er schweigend, dann wandte er sie zu den Anwesenden Familienmitglieder, blickte zunächst kurz zu Albina und Minervina, denen die Strapazen der Reise anzusehen war.


    "Geht euch erst einmal frisch machen und ruht euch etwas aus."


    Trauer war nicht die Sache des Tiberiers, er war stets geprägt von nüchternem Pragmatismus geprägt. Und so war er auch als er sich in Richtung Durus und Flaccus wandte.


    "Die nötigen Schritte zu würdigen Trauerfeiern sind in die Wege geleitet ? Ich erwarte die geschlossenheit der Familie bei dem Trauerzug und bei der Trauerrede, die ich auf dem Forum halten werde. Der Zug und die Feierlichkeiten müssten würdevoll und glanzvoll sein, aber nicht verschwenderisch..."


    So gab er knapp die Richtung vor, egal was bereits organisiert worden war. Und es es gab noch etwas zu tun:


    "Ich werde gleich ihren Verlobten informieren. Wenn ich zurück bin, möchte ich dich, dich und dich im Tablinium sprechen."


    Bei diesen Worten deutete er nach und nach auf Durus, Flaccus und Antonius.


    "Und natürlich auch Iuvenalis..."

  • "Das werde ich einrichten."


    antwortete Durus und dachte daran, dass Jakobus schon einiges vorbereitet hatte, soweit er wusste. Allerdings hatte er sich in den letzten Tagen eher den Senatsakten als den Trauerfeierlichkeitsvorbereitungen hingegeben.


    Damit drehte er sich zu Claudias Leichnam und wies einen Sklaven an, ihn auf die morgige Beisetzung vorzubereiten.

  • Albina nickte Quintus bei seinen Worten nur zu. Die Reise war anstrengend gewesen und momentan gab es auch nichts, was sie hätte ausrichten können.
    Also schaute sie die anderen kurz an, sprach ein knappes "Vale." und verließ das Atrium in Richtung ihres Cubiculums.


    Es war noch nicht allzulange her, dass sie diesen Ort verlassen hatte. Doch es war ein schmerzhafter Abschied gewesen und so war sie gespannt darauf, wie es sich anfühlen würde diesen Raum mit seinen Erinnerungen wieder zu betreten...

  • Durus hatte den Morgen über Klienten empfangen und einen Seneca-Brief über den Tod gelesen. Anschließend hatte er seine schwarze Trauertoga angelegt, dazu eine graue Tunika mit silbernen Stickereien. Diese Kleidung hatte er sich für die öffentliche Bestattung Claudias vorbereitet. Sein Haupt würde er nicht verhüllen, da er kein besonders naher Verwandter Claudias war.


    Nun erwartete er gespannt, wie die Beisetzung verlaufen würde, die Jakobus organisiert hatte. Claudia war noch einmal besonders aufwändig geschminkt und aufbereitet worden, sodass man jetzt kaum erkennen konnte, dass sie tot war. Auch den langsam beginnenden Leichengeruch hatte man geschickt mit Parfüms überdeckt.

  • Auch Jakobus betrat das Atrium. Er trug eine lange, schwarze Tunika, die mit Goldstickereien verziert war und wurde von zwei schwarz gekleideten Liktoren begleitet. Fast fühlte sich Durus' Sklave wie ein Magistrat, der nun seines Amtes walten würde. Aber er war nur der Dominus Funebris und musste in dieser Funktion die Bestattung organisieren und leiten. Nachdem er eingetreten war, wurde die Tür zum Vestibulum geöffnet und die Schar der Klienten der Gens Tiberia strömte in das Atrium.


    Aus zwei Türen traten mehrere dunkelhaarige Männer. Alle trugen Togae Praetextae und wurden von Liktoren begleitet. Einer von ihnen hatte dunkles, gelocktes Haar und einen Bart. Er trug die Toga Praetexta und wurde von keinen Liktoren begleitet, aber Jakobus war besonders stolz auf diesen Mann. Er hatte ihn persönlich aufgetrieben - dieser Mann war der Totenmaske des Publius Tiberius Maximus wie aus dem Gesicht geschnitten und hatte deshalb die Ehre, diesen auf dem Leichenzug zu miemen. Auch die anderen Männer stellten Ahnen der Tiberier da - jeder mit der Zahl an Liktoren, die diesen Ahnen zu Lebzeiten in ihren curulischen Ämtern zugestanden waren. Keiner von ihnen war Consul, dafür jedoch zahlreiche Prätoren aus republikanischer Zeit. Die Männer begaben sich zu den Schreinen mit den Imagines Maiorum, die bereits seit dem Tod von Claudia geöffnet waren. Jeder entnahm die Wachsmaske seines Doubles und hielt sie vor der Brust.


    Noch eine Frau trat ein. Sie hatte blondes Haar, das halb von einem apex - der Filzkappe der Flamines - verborgen war. An ihrem Gewand mit dem breiten Purpurstreifen hing eine secespita, das rituelle Opfermesser, das Pontifices zu tragen erlaubt war. Sie würde die Verstorbene auf dem Leichenzug darstellen und diesen anführen.


    Nun war es Zeit für die männlichen Tiberier, hervorzutreten und das feretrum aufzunehmen und zum Forum zu tragen.

  • Durus lächelte nicht, als er Jakobus in seiner Montur sah, obwohl es belustigend war, dass sein Sklave noch vor ihm mit Liktoren ausgestattet wurde.
    Stattdessen verfolgte er den Einmarsch der "Ahnen" ins Atrium und wunderte sich, wie ähnlich manche den Wachsmasken, die sie trugen, waren.
    Er kannte die Namen aller, die hier dargestellt wurde, hatte jedoch die wenigsten persönlich kennen gelernt. Es war höchst beeindruckend, wie viele Praetoren und Aedilen nun mit ihren Liktoren unterwegs waren und den großen Einfluss der Tiberier in ihrer Geschichte symbolisierten. Sie waren noch Plebejer gewesen, nun waren die Tiberier sogar zu Patriziern aufgestiegen - eine Ehre, die ihnen als Geschlecht, das aus Alba Longa gekommen war, auch lange schon zustand, wie Durus fand.


    Als alles bereit war und auch die Klientenschar in ihrer Trauerkleidung verstummt war, blickte Durus zu seinen Verwandten und trat dann auf das feretrum zu, um es aufzuheben. Das mit Gold überzogene Totenbett, dessen Polster purpurfarben waren, war nicht übermäßig schwer, da es einen Holzkern besaß. Zwar war Claudia nicht übermäßig leicht, jedoch würden sie es zu sechst tragen, sodass es kein Problem darstellen würde, die Bahre bis zum Forum zu bekommen.

  • Das Gesicht des Tribuns zeigte keine wirkliche Regung, als er das Schauspiel betrachtete, das um den Leichnam herum stattfand und in das er sogleich mit einsteigen würde. Er kannte die Bildnisse der Ahnen nur zu gut, auch wenn es nicht wirklich seine Eigenen waren und er noch kurz zuvor zu seinem Grossvater und dessen Ahnen gesprochen hatte und diese um Unterstützung gebeten hatte. Wenn man es so wollte, standen der Gens Tiberia heute zwei verschiedene Reihen von Ahnen zur Seite, was nicht unbedingt das Schlechtestes war.


    Mit wenigen festen Schritten trat er vor, direkt an den vordersten Tragebalken des Totenbettes, blickte noch einmal auf das Gesicht seiner Schwester, fragte sich kurz, ohne eine Entscheidung findenzu können, ob er bei Nova zu dem Gleichen in der Lage gewesen wäre.


    Ohne irgendeine Art der Regung bleibt er stehen, wartet darauf, das die anderen auch bereit bereit sind, das Leichenbett anzuheben.

  • Jakobus verfolgte stumm, wie die Tiberischen Männer sich an die Bahre begaben und sie überraschend synchron aufhoben. Glücklicherweise war keine der Togen übermäßig ausladend, sodass vermutlich niemand straucheln würde.


    "Gehen wir."


    erklärte Jakobus schließlich und setzte sich selbst mit seinen Liktoren an die Spitze. Diese bahnten ihm einen Weg durch die Klientenschar nach draußen. Vor der Villa warteten bereits die anderen Teilnehmer an diesem Spektakel. Eine ganze Gruppe von schwarz gekleideten Hornisten setzte zu einer langsam getragenen Melodie an, als die Liktoren in der Porta erschienen.


    Jakobus platzierte sich neben der Porta und bedeutete den Musikanten, ein Stück vorauszugehen. Einer der beiden Liktoren setzte sich an die Spitze, dann folgten die Cornicen, dann die Klageweiber, die bereits die ganze Zeit laut das Schicksal der armen Tiberia Claudia beweinten - Jakobus hatte die besten gemietet!
    Nun traten die Schauspieler mit den Imagines und ihren Liktoren aus der Tür und schlossen sich direkt an. Die Claudia-Darstellerin führte die Schar der Ahnen an. Fünf Freigelassene schlossen sich an - Claudia hatte sie irgendwann einmal aus ihren Diensten entlassen, doch wie sie in ihren pilei dastanden, waren sie fast übersehbar.
    Erst jetzt erschienen zuerst Tiberius Vitamalacus und Tiberius Durus, dann die bleichen Füße und schließlich der übrige Körper Claudias, getragen auf dem vergoldeten feretrum. Nun folgten die übrigen Tiberier und ein paar engere Sklaven Claudias, bevor die Schar der Klienten aus der Porta strömte.
    Jakobus und sein verbliebener Liktor beeilten sich, wieder nach vorn zu gelangen, um die Pompa Funebris zum Forum zu führen.

  • Der Zug, wie er sich dem römischen Volk zeigte, war der Familie und der Person der Tiberia Claudia angemessen. Flaccus, der am anderen Ende die Bahre trug, trat nun ebenfalls aus der Pforte in das Licht, das Sol der Erde an diesem Tage schenkte. Besonders hier zeigte sich in den nicht allzu breiten Straßen der Einfluss und das Ansehen der Tiberier, denen die Kienten heute äußerst zahlreich ihre Aufwartung machten. Unter dem Jammern der Klageweiber schritt man nun, die Bahre durch die Menge tragend, durch die Gassen Richtung Forum, wo sich weitere Schaulustige wie Klienten anschließen würden.

  • Da Iuvenalis es mit Trauerfeierlichkeiten nicht so hatte, verhielt er sich dementsprechend ruhig und nickte Vitamalacus nur wortlos mit einem bedauernden Gesichtsausdruck zu.


    Er wußte wie es in ihm aussah, er hatte ähnliches auch schon durchmachen müssen. Hatte er doch seine Frau und sein gerade erst neugeborenes Kind zu Grabe tragen müssen.


    Als dann Vitamalacus auf ihn deutete, nickte er erneut.
    Was er wohl von ihnen allen wollte?

  • Gegenüber Flaccus habe ich dann in angemessener Trauerkleidung die Bahre angehoben.
    Sehr viel Publikum hatte sich heute zum Trauern eingefunden !
    Die Tiberier waren ja eine angesehene Familie.
    Die Bahre mit dem zierlichen Leichnam von Claudia war nicht besonders schwer zu tragen !
    Vielmehr die Sorgen um dass allgemeine Wohl der Familie belastete Marcus um so manches.

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