"Natürlich ,aber die Subura hat natürlich einen schlechten Ruf...ebenso findet man dort auch Kriminelles Gesindel ,dass in anderen Stadtteilen oder Städten nicht vorkommt."
[Horti Maecenatis] Kleiner Spaziergang
-
-
Plotina hatte die ganze Zeit geschwiegen, um das Gespräch der beiden Männer nicht zu stören. Überhaupt hatte sie schon bei sich überlegt, sich dezent zurückzuziehen, schienen die beiden Amtsträger jetzt doch über dienstliche Belange zu reden, die sie gar nichts angingen. Dass der Magister Scriniorum ein so großes Interesse an der Subura zeigte, weckte aber ihre Neugierde. Daher nutzte sie eine Gesprächspause zwischen den beiden Männern:
Zitat
Original von Titus Decimus Verus
"... ebenso findet man dort auch Kriminelles Gesindel ,dass in anderen Stadtteilen oder Städten nicht vorkommt.""Ich kann euch versichern, dass auch Alexandria bei Nacht nur von einem Schiff in sicherer Entfernung vom Hafen aus romantisch aussieht; in den Straßen würde ich mich dort bei Dunkelheit auch nicht bewegen wollen."
Dann sah sie Titus Decimus besorgt an:
Mir fällt aber dein großes Interesse an der Subura hier in Rom auf, Titus Decimus. Darf ich fragen: Hast du einen konkreten Anlass, dass du immer wieder danach fragst? Ist dir dort etwa schon einmal etwas zugestoßen?"
-
"Nein aber ich hörte davon und ich musste auch einmal dort hindurch,die Gestalten dort behagten mir einfach nicht.Ich will keinen Menschen verurteilen, der dort lebt aber dort haust mancher Großkrimineller.Ich denke die Menschen ,die dort leben,verdienen Sicherheit vor diesem Gesindel,sie gehören genauso zu meiner Regio,wie die Bürger von Mantua oder Misenum."
Wieder verlor er sich in Plotinas Augen aber kam schnell wieder zur Besinnung.
-
Plotina blickte den Magister Scriniorum mit stetig wachsendem Interesse an. Einen Moment lang überlegte sie: War das wieder nur so eine Pose, wie sie sie an den vergangenen Tagen so oft aus dem Munde glutäugiger römischer Männer gehört hatte? Oder traf sie hier, in diesem Augenblick, in den Horti Maecenatis, tatsächlich zum ersten Mal seit ihrer Ankunft in Rom auf jemanden, der ihre politischen Ansichten und ihr persönliches Engagement für Rom teilte?
Plotina merkte, wie ihr Herz begann, schneller zu schlagen, und ihre Wachsamkeit sich erhöhte. Jetzt, jetzt oder nie war es an der Zeit, sich ein wenig hervorzuwagen. Sie blickte Verus durchdringend an.
"Titus Decimus, du hast das gerade mit so wenigen Worten gesagt, aber wenn ich mich nicht täusche, steckte dahinter eine ehrliche und ernstgemeinte Überzeugung."
Ihr Blick schweifte ab und glitt über den gesamten Park.
"Nun sitzen wir hier auf einer Marmorbank, erfrischen uns an diesen Speisen, erfreuen uns an guter Luft, und vielleicht ist das auch gar nicht der richtige Augenblick, näher auf so etwas einzugehen. Aber als ich Ägypten verlassen habe - und nur die Götter wissen, ob ich es je wiedersehen werde - habe ich das nicht nur getan im Gedanken an die römischen Märkte, ihre feinen Tuche und perlenbesetzten Schmuckstücke, sondern auch im Gedanken an die, die unter glühender Sonne arbeiten, um all das herzustellen, die den Weizen liefern und das Flachs - und im Gedanken an diejenigen, die in ihren Castellen und Officien Tag für Tag damit beschäftigt sind, die Idee Roms mit Leben zu erfüllen."
Sinnend sah sie die beiden Männer an.
"Ihr wisst aber schon, wie glücklich ihr seid, Rom dienen zu können!? Ich dagegen komme mir so nutzlos vor, denn ich habe noch keine Aufgabe gefunden, in der ich dem Imperium nützlich sein könnte."
-
"Ja es ist eine teilweise Überzeugung,da ich denke ,dass jeder Bürger des Imperiums Schutz verdient hat ,ebenso glaube ich an Rom und wer hier leben darf,sollte sich glücklich schätzen dürfen.Ja,sie ist ernstgemeint."
Er stoppte kurz.
"Ich diene gerne meiner Regio und Plotina,du könntest dich bei meinem alten Vorgesetzen Spurius Purgitius Macer bewerben,er sucht noch einen neuen Aquarius,sofern du mit Wasser umgehen kannst,Wasser ist nämlich die Lebenquelle des Imperiums ohne Wasser wäre Rom nicht Rom."
Er holte kurz ein wenig Luft,die so frisch und angenehm war,dass sie seine Lunge förmlich säuberte vom Schmutz der Stadt.Ebenso legte er die Aussage von Plotina als Arbeitssuche aus.
"Und Plotina du bist nicht nutzlos,du bist die interessanteste Frau,die ich je kennenlernen dürfte." -
Auf ihrer langen Reise nach Rom war Plotina mit so mancher brenzligen Situation konfrontiert worden. Ohne sich selber loben zu wollen, musste sie doch sagen, dass sie sich in solchen Situationen meist ruhig und überlegt verhalten hatte.
Jetzt aber errötete sie über und über. Ihr Lehrer hatte sie zeit ihres Lebens erfolgreich vor solchen Begegnungen wie der heutigen abgeschottet. Sie war total konfus und starrte Verus an.
Dieser musste ihr Glotzen als brüske Zurückweisung auffassen - und Plotina wollte auf keinen Fall, dass er das denkt! Sie hoffte ja noch darauf, dass Quintus Caecilius das Wort wieder ergreifen würde. Der aber schwieg, und sie wusste ja auch, dass es jetzt an ihr war, Verus zu antworten. Sie nahm also ihre ganze Kraft zusammen:
"Titus Decimus, solche Komplimente sind mir ganz neu und machen mich sprachlos. Ich möchte dieses Kompliment aber gerne an dich und deinen Freund Quintus Caecilius zurückgeben. Ich bin sicher, dass ihr beide einen Weg vor euch habt, auf dem ihr Rom und seinen Bürgern in verantwortungsvoller Weise dienen könnt."
Linkisch lächelnd fügte sie hinzu:
"Es wäre mir eine Ehre, wenn ich eines Tages dabei behilflich sein könnte. Wenn es um wichtige Dinge geht, kann ich eine ganz schön redegewandte Propagandistin sein. Lasst mich wissen, wenn ich etwas tun kann."
Plotina war glücklich, dass sie überhaupt irgendetwas Zusammenhängendes über die Lippen gebracht hatte.
"Und, ach ja, Wasser. Wenn man irgendwo lernt, mit Wasser umzugehen, dann in Ägypten."
Und sah Verus dankbar an.
-
"Vielen Dank,ich könnte manchmal schon Hilfe bei meinen Reden gebrauchen."
Verus trank noch einen genüsslichen Schluck und schaute Plotina mit einem kleinen Lächeln an.
"Möchtest du noch etwas trinken?"
Verus hielt den kleinen Weinschlauch hoch.
-
"O nein!" lachte Plotina auf.
"Jetzt muss ich mich schon wieder als Außenseiterin präsentieren! Also, von Ägypten her bin ich nicht so gewöhnt, Wein zu trinken, und ich hoffe, ich trete den Herren Römern jetzt nicht zu nah, wenn ich sage" -
Plotina blinzelte beide an -
"dass mir der römische Wein einfach auch zu süß ist. Und ich finde, verdünnt schmeckt er überhaupt nicht. Ich trinke Wasser oder eben auch - Bier."
-
"Oh Schade aber ich will ihn dir ja auch nicht aufzwingen."
Verus trank seinen Becher in einem langen Zug aus.
"Was treibt dich eigentlich nach Rom,Plotina?Ich denke mal nicht,dass du die lange Reise aus Aegypten hierher gemacht hast,um unsere Gärter zu besichtigen."
-
"Nein, ich wollte das römische Bier kennen lernen."
"Im Ernst: Ich stamme ja aus der Gens Sergia, aber aus einem Zweig der Familie, der in Ägypten heimisch geworden ist. Vor einigen Monaten ist mein Vater verstorben; er war mein letzter Verwandter im Osten des Reiches, alle anderen leben in Rom. Und weil ich auch in meiner ganzen Erziehung darauf vorbereitet worden bin, Rom zu dienen, so gut ich kann, hielt mich nichts mehr in Ägypten."
Plotina griff nun doch nach einem Schluck Wein, denn es wurde jetzt immer wärmer.
"Also, wie gesagt, ich bin nicht gekommen, um mir hier Seidenstoffe anzusehen, sondern um mich nützlich zu machen. Meinst du denn, ich könnte mich an Spurius Purgitius Macer wenden? Wo finde ich ihn?"
-
"Du findest ihn in der Basilica Iulia im Officium des Curator Aquarum auf dem Forum Romanum."
Verus grinste leicht,als sie sich nun doch einen Wein nahm.
"Nützlich machen ist gut,du könntest auch bei uns in der Regionalverwaltung anfangen ,wenn du willst,es stehen dir viele Wege offen,ich würde dir aber empfehlen als Aquaria anzufangen,pass aber auf ,Macer ist streng aber gerecht.
Ich bin leider im Streit mit ihm auseinander gegangen,darauf möchte ich jetzt aber nicht weiter eingehen."
-
Plotina nippte wieder an ihrem Wein.
"Ah, dieser ist gar nicht so süß, den kann man wirklich trinken. Na ja, in der Not würden wohl auch Amun und Isis Wein trinken."
Plotina merkte, dass sie aufpassen musste. Sie war Wein nicht gewöhnt, und er durfte ihr nicht zu Kopf steigen; sie wollte hier - besonders vor Verus - nicht aus der Rolle fallen.
"Aber sagt, seid ihr gebürtige Römer, oder hat euch auch irgendein exotisches Schicksal hierher gespült?"
-
"Ich komme aus 2 welten,ich bin in Griechenland geboren und in Rom aufgewachsen,ich pendelte also immer zwischen den beiden Lokalitäten hin und her,also ich bin durch und durch Halbgrieche und Halbrömer,aber mehr Römer ,obwohl ich der griechischen Philosophie nicht abgeneigt bin.Eigentlich wollte ich immer meinen Dienst für Rom erfüllen."
-
"Ha, ha, durch und durch Halbgrieche und Halbrömer, das ist gut formuliert."
Plotina erschrak: Der Wein zeigte erste Wirkung.
"Nun ja, ich muss sagen, dass der Wein sich bei mir schon etwas bemerkbar macht. Ich glaube, dass ich mich gleich entfernen sollte, bevor ich den Herren noch zur Last falle."
Sie senkte den Blick.
"Auf unserem Landgut in Ägypten hatten wir auch eine kleine Brauerei. Schade, dass mir im Moment die Mittel fehlen, etwas Bier nach Rom bringen zu lassen; meine eigene Reise hat schon Unsummen verschlungen. Ich weiß auch nicht, ob das Bier die Überfahrt gut überstehen würde."
Plotina wandte sich den beiden Männern wieder zu.
"Ich hätte euch sonst gerne zu einem Krug oder mehreren eingeladen. Oder wisst ihr vielleicht, wo man so etwas in Rom bekommen oder trinken kann? In einer Taverne vielleicht? Ich würde mich gerne für eure Gastfreundschaft hier in den Horti revanchieren."
... und jemanden wiedersehen. Aber das behielt Plotina für sich.
-
"Natürlich das beste Bier bekommst du auf dem Markt,ich kenne da einen guten germanischen Händler,das Bier ist wahrhaft göttlich aber hat auch seinen Preis.Sonst könnten wir uns in der Taverne treffen,Plotina.Ich kenne da eine bezaubernde römische Taverne am Markt,klein aber fein."
Verus schaute zu Plotina und ihr tief in die Augen.
"Du kannst natürlich noch hier bleiben,wir haben ja noch Zeit,Rom wurde nicht an einem Tag erbaut und zur Last fällst du uns schon zur recht nicht." -
Um dem Blick des Verus auszuweichen, aber auch aus echter Notwendigkeit sah Plotina zu den Käsebroten, die auf einem Tuch auf der Marmorbank ausgebreitet waren.
"Wenn ich mir doch eines der Brote nehmen dürfte, ich glaube, dann setzt mir dieser köstliche Wein nicht mehr so zu."
Sie schwieg einen Augenblick.
"Ich weiß eigentlich gar nicht, ob das hier in Rom so üblich ist, aber wenn es möglich ist, dann würde ich - auch als Frau - euch beide gerne in diese Taverne einladen. Ich glaube, ich weiß sogar, wo sie ist."
-
"Das wäre nett,ich könnte dich natürlich auch einladen aber einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.Wann wäre denn der Termin?"
Verus grinste sie freundlich an.
-
"Ich glaube, die Wahl des Termins überlasse ich euch, ihr seid sicher im Moment beschäftigter als ich. - Von mir aus brauchen wir aber gar nicht mehr lange warten!"
-
"Lasset uns noch ein Momente diesen wunderschönen Ort genießen,bevor in den Trubel der Urbs zurückkehren.Ist dieser Ort nicht bezaubernd ruhig?"
Verus aß noch ein,zwei Trauben und war dann auch gesätigt.
-
Plotina lehnte sich zurück. Dank des Brotes ging es ihr auch wieder besser.
"Ja, man glaubt wirklich nicht, dass es hier mitten in Rom einen solchen Ort gibt. Wenn man bedenkt, was zum Beispiel auf dem Forum immer los ist, besonders wenn dort Reden gehalten werden."
Jetzt mitmachen!
Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!