Kreuz und quer durch Mogontiacum

  • Aintzane war in der Nähe herumgestanden, ziemlich wortkarg und tief in diverse Tagträume versunken, als die Nennung ihres Namens sie jäh in die Wirklichkeit zurückriss.
    "Ähh, Herrin? Ja... Wasserschläuche."
    Dann wandte sie sich zu diesem eigenartigen Germanen hin, Loki, der sie schon eine längere Zeit begleitet hatte. Sie hatte ihm noch keine besondere Beachtung geschenkt, doch jetzt war es nötig, sich an ihn zu wenden. "Wenn ich schon in die Villa muss, um dort Wasser zu holen, kann ich dort auch ausrichten, dass wir auf einen Ausflug gehen, und auch, wohin wir gehen. Kannst du mir das sagen?" Sie wollte die Richtung allerdings nicht nur für die Verwandten Deandras wissen, sondern auch für sich selbst. Sie war ziemlich neugierig, wohin es gehen würde.
    Gleichzeitig überlegte sie auch, wem sie auftragen würde, das Wasser zu schleppen... genau, diesen zwei kleinen korsischen Tunichtguten, die zwei Köpfe kleiner waren als sie.

  • Die Selbstständigkeit meiner Sklavin gefiel mir in diesem Fall und so nickte ich zu ihrem Vorschlag. „Wichtig ist, dass die Nachricht Corvinus erreicht, alle anderen dürfte das kaum interessieren.“


    Bei Helena musste sie sich nicht abmelden, das fiel vollkommen flach, und weitere Familienangehörigen waren nicht mitgereist.


    „Du kannst doch schreiben, stimmt’s? Dann beschrifte am besten eine Wachstafel und deponiere sie derart in der Villa, dass er sie bei seinem Eintreffen findet. Aber in Latein, nur um Missverständnisse zu vermeiden.“


    Ich traute meiner Sklavin zu, dass sie diese Stelle auch ohne konkrete Anweisung fand. Sie war schließlich ein intelligentes Wesen - manchmal zu intelligent und mitunter keck, daher gab ich den Zusatz auf die erforderliche Sprache.

  • Amüsiert beobachtete Loki, wie die Römerin ihren Sklaven Anweisungen zu geben begann... nach einer Weile wurde es ihm dann doch zu bunt...


    "Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass sich unsere Götter einer Römerin zeigen würden, wenn sie sich ihrem eigenen Volk doch auch nur selten zeigen?"


    Gegen einen Ausflug hatte er nichts, jedoch lagen die Gebetshaine der germanischen Bevölkerung der Provinz recht nahe am Rhein und der Grenze, und nicht selten fanden sich dort auch Germanen ein die mit der römischen Besatzung nicht unbedingt einverstanden war. Loki konnte sich ohne Probleme zur Wehr setzen, aber wenn es darum ging eine Römerin und ihr ganzes Gefolge zu verteidigen wurde es schon komplizierter... in seinem Kopf arbeitete es.

  • "Oh!", sagte Aintzane, ohne irgendeinen ironsichen Unterton in ihrer Stimme. "Wir gehen dorthin, wo uns die Götter hinführen! Danke für diese Information. Damit werden die Römer in der Casa Aurelia sicher viel anzufangen wissen." Diese Germanen!
    Dann wandte sie sich der Herrin zu. "Meinst du mich? Eine Wachstafel? Ich schreibe es selbstverständlich in Latein." Hatte die Herrin ernsthaft erwartet, sie würde ihre Nachricht auf griechisch, gallisch oder gar baskisch verfassen? Aintzane sah sie mit einen verwunderten, etwas verwirrten Blick an, und griff dann in einen Korb, der mitgeführt worden war, hinein, um eine Wachstafel samt Griffel herauszuholen.
    Dann wandte sie sich an die Korsen. "Also, ich muss jetzt Wasser holen. Kommt ihr mit? Damit würdet ihr mir sehr helfen." Sie schenkte den beiden ein hübsches Lächeln, das sie sich für ganz seltene Anlässe aufhob, und die Korsen waren sofort Feuer und Flamme für eine Partie Wassertragen. "Dann kommt mit! Wir haben nicht ewig Zeit!" Sie gingen zur Villa.

  • Mit einem Kopfschütteln schaute ich Loki an.


    „Du musst nicht immer so negativ denken, da ist es ja kein Wunder, dass sich die Götter dir bisher noch nicht gezeigt haben. Ich habe stets eine positive Einstellung und trage Optimismus in mir, daher gelingt auch meistens, was ich mir vornehme“, antwortete ich mit einem Lächeln, denn die Vorfreude hatte mich bereits erfasst und drängte nun auf die Verwirklichung der Pläne.


    „Ja, ich meine dich, Aintzane. Und ja, in Latein, und beeile dich nach Möglichkeit“, rief ich meiner Sklavin hinterher, die bereits von sich aus ihren Begleitern Druck gemacht hatte. Es war die Ungeduld, die mich diese überaus überflüssige Bemerkung sagen ließ. Ich atmete einmal tief durch und hielt anschließend nach Assindius Ausschau. Die Finger trommelten mal auf das Sitzpolster, mal verknotete ich sie, dann strichen sie in mechanischer Weise imaginäre Haarstränen aus der Stirn.

  • "Wenn man davon ausgeht, dass die Götter mir bisher kaum einen Gefallen getan haben, brauch mich das auch nicht wirklich zu wundern...", nuschelte Loki mit düsterer Stimme in seinen Bart... dann gab er sich einen Ruck und hob die Hand...


    "Zu Fuß werde ich sicherlich nicht mitgehen. Ich werde mein Pferd holen... und mich bewaffnen. An den Götterzirkeln treibt sich allerlei zwielichtes Volk herum. Wir treffen uns am nördlichen Stadttor. Bis später...", winkte er kurz ab und verschwand dann in einer Seitenstraße auf dem Weg zur Casa und seiner Wohnung..


  • Aintzane kam mit ihren zwei Korsen, schwer bepackt mit Wasser, wieder her. "Hallo miteinander! Ich habe das Wasser!", sagte sie, etwas keuchend, und zeigte die Schläuche stolz her wie ein Seemann den größten Fisch, den er je gefangen hatte.

  • Wenn man wartete, verging die Zeit einfach nicht, das war fürchterlich. Irgendwann, es mochten vielleicht ein paar Minuten vergangen sein, die sich in meiner Empfindung zu Stunden ausgeweitet hatten, stieg ich wieder aus der Sänfte aus, vertrat mir die Beine und wälzte dabei Gedanken. Vor allem rief ich die Götter an, dass sie sich mir an diesem besonderen Tag zeigen mögen. Gleichzeitig grübelte ich über die von Loki erwähnten Geister nach, von denen ich noch immer nicht wusste, ob es sich um für mich unbekannte Wesen oder doch nur um römische Götter unter einer germanisch anmutenden Bezeichnung handelte. Ich würde mich überraschen lassen müssen, derzeit konnte ich nichts weiter machen, als warten, warten, warten ...


    "Puh, was für eine Sonne am heutigen Tag."


    Ich winkte zwei der bei mir verbliebenen Sklaven herbei, von denen einer mir Wind zufächeln und der andere für Schatten sogen sollte. Natürlich dachte ich nicht daran, meine Wanderung einzustellen, da musste der Sklave eben flexibel sein und mir jeweils folgen.


    Endlich traf Assindius ein und wenig später Aintzane. Kurz darauf kam auch der berittene Germane zurück, ich bestieg erneut die Sänfte und ließ mich bzw. mein Fußvolk von dem Fremden führen. Ein spannender Ausflug begann ...

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