Dynamisches Fischen

  • Das Wasserbecken vor den Thermen war zwar mehr ein See als ein Becken aber hier, in der großen Stadt war eh alles anders, größer, lauter und meistens schlechter als daheim doch hier war es anders. Hier gab es Fische! Das hatte ich noch nie gesehen. Zierfische! Nicht die, die mein Vetter 5. Grades (oder war er mein Onkel? Oder Neffe? Und welchen Grades?) damals in Charax hatte. In seinem Fischlokal. Hier waren sie schön, wahrscheinlich köstlich aber giftig und ziemlich zutraulich. Die Idee nach einem zu greifen war kindisch. Ich hatte sie.

  • Die berühmten Thermen von Rom hatte Plotina sich ohnehin einmal ansehen wollen. Deshalb war sie gerne auf Vonones' Vorschlag eingegangen, sich am Wasserbecken vor den Thermen zu treffen, um endlich einmal in Ruhe - und das hieß nach den stürmischen vergangenen Tagen leider auch: außerhalb der Casa Sergia - und nur zu zweit miteinander zu sprechen.


    Zu sprechen - hatte Plotina gedacht. Dass Vonones hier offenbar auch Fische fangen wollte, war ihr neu: Als sie nach einigem Suchen endlich so nahe an das Wasserbecken herangekommen war, dass sie Vonones sicher ausmachen konnte, musste sie laut auflachen. Denn ihr Freund hatte seinen Oberkörper gefährlich weit vorgebeugt, schnappte mit seinen Händen immer wieder unter Wasser nach Fischen und hatte bei all dem sein Hinterteil in die Höhe gestreckt wie ein gründelnder Erpel.


    Plotina pirschte sich heran, immer noch schmunzelnd. Als sie bei ihm angekommen war, umfasste sie auf einmal seine - wie sie nicht wenig erschrocken feststellte: schmale - Hüfte und drückte ihn ein bisschen nach vorne, aber so, dass sie ihm gleichzeitig Halt gab.


    Vonones stolperte und fuchtelte mit den Armen, dann fuhr er entsetzt herum - und erblickte Plotina. Einen Augenblick lang starrte er sie an, als wäre sie ein Wüstendämon; als Plotina aber begann, sich vor Lachen zu schütteln, konnte auch er sich nicht mehr halten und brach ebenfalls in lautes Gelächter aus.


    Dies ging eine Weile, und beide klopften sich freundschaftlich auf die Schultern. Als Plotina aber merkte, dass sie beide allmählich die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zogen, nahm sie Vonones beiseite und sagte zu ihm, zwischendurch immer noch glucksend:


    "Du meine Güte, wir sind hier ja in der Öffentlichkeit! Und zeigen uns Rom gleich, als wären wir ein Gaunerpärchen. Dabei willst du doch hier in den Senat."


    Den letzten Satz hatte Plotina ganz ernst gesagt. Vonones schaute sie entgeistert an, als sie aber wieder in Lachen ausbrach, stimmte auch er von Neuem mit ein.


    Dann aber rief Plotina sich selbst mit Entschiedenheit zur Ordnung und dimmte ihr Lachen zu einem immer noch amüsierten Lächeln herunter. Zugleich bedeutete sie Vonones, den Weg um das Wasserbecken herum einzuschlagen, wo sie von den Straßen aus nicht mehr so gut gesehen und gehört werden konnten. Nach einigen Schritten merkte Plotina, dass ihr Begleiter wieder ernst geworden war. Sie hielt inne und sagte zu ihm:


    "Und jetzt warte nicht mehr länger: Sag' mir alles!"

  • "Ich habe mich sowohl mit Mithridates als auch mit Vologases überworfen." begann er zu laut als das es nötig gewesen wäre um, als einige zu ihnen sahen und andere die Ohren spitzten, in gemäßigter Lautstärke zu verbreiten was die äußere Wahrheit genannt werden konnte. So erzählte er von Zwisten innerhalb des Suren Clans und stritt sie doch mit den Augen ab und prahlte über einen Kampfsieg über den Praetendenten Vologases wobei man ihm die Lüge ansah. Wenn man ihn kannte. Ansonsten war er der Sieger und der Verjagte und Plotina wusste das dieser Teil seiner Worte der für die Öffentlichkeit war.


    Tief im Innern sah sie anderes, sah seine Verletzheit, die, nur wenig verbunden und kaum verheilt nach Liebe schrie die er, das wusste sie, wohl kaum noch bekommen konnte. Denn sie, Sheydaa, die Frau die er liebte, war unerreichbar und nur ein gänzlich anderer Lauf der Welt würde ...


    "Immer noch, und mehr als je..." flüsterte er mit einer Bestimmtheit die einer Großkönigin würdig gewesen wäre. Oder der Liebe zu einer solchen.


    "...da halfen alle Reisen nichts."

  • Plotina hörte Vonones schweigend zu. Zunächst wunderte sie sich sehr über ihn: Er sprach mit starker, aber irgendwie künstlicher Emphase über dies und das und erwähnte viele Namen und Ereignisse aus seiner Heimat, die Plotina nicht richtig einordnen konnte, obwohl sie ja einige Zeit in Edessa verbracht hatte. Besorgt sah sie ihn an. War er vielleicht ein wenig durcheinander? Was mochte wohl hinter all dem stecken?


    Ganz klar wurden ihr die Hintergründe auch im weiteren Verlauf von Vonones' Erzählungen nicht, sie begann aber zu ahnen, was ihn aus seiner Heimat vertrieben hatte. Eine ganze Zeit lang schwiegen die beiden, dann begann Plotina behutsam zu sprechen:


    "Mein Lieber, in diesem Moment bedaure ich es, noch nicht älter zu sein und mehr Lebenserfahrung zu haben. Denn dann wüsste ich jetzt besser, ob ich einfach weiter schweigen soll, ob ich dir meine Hand auf die Schulter legen darf, oder ob ich dich ganz einfach frage, was du jetzt als nächstes hier in Rom tun möchtest - und wie ich dir dabei helfen kann ..."

  • "Wenn ich es nur wüsste. Ein Traum wäre es mich hier ansiedeln zu können, das Bürgerrecht zu erwerben und mich einfach irgendwie in die Gesellschaft einzufügen. Ich würde auch einen römischen Vornamen annehmen. Und zur Schola gehen, einfach eine bürgerliche Laufbahn einschlagen. Und vergessen was was war und vergessen wen ich liebte oder liebe. Die Schulter wäre übrigens richtig..."


    Er wartete auf ihrer Reaktion, sprach dann aber weiter


    "Ist das alles wirklich zuviel verlangt?"

  • Gern legte Plotina Vonones ihre Hand auf die Schulter und ließ seine Worte auf sich wirken.


    "Ich bin ja sehr behütet aufgewachsen und habe deshalb in meinem Leben noch nicht solche Erfahrungen gemacht wie du. Aber wie es sich anfühlt, in dieser Metropole fremd und heimatlos zu sein, erlebe ich ja selbst gerade. Im Grunde bewege ich mich ja im Moment auch wie eine Peregrina in Rom."


    Plotina wurde sehr nachdenklich.


    "Hoffentlich bin ich dem allen gewachsen. Die Gens braucht im Moment eher meine Hilfe als dass ich etwas von ihr erwarten kann, sonst kenne ich hier praktisch niemanden, und auch du erwartest eine ganze Menge von mir. - Hast du eine Idee?"

  • "Die Gens... Ich traf einen von euch in Tyros und er wies mir einen möglichen Weg wie ich, die Gens, ja wie Du auf der Jagd nach dem Glück größere Sprünge machen kann. Wusstest Du das ihr ein Schiff habt? Die 'Herz aus Gold' muss irgendwo in Ostia liegen, man könnte sie den Tiber aufwärts nach Rom schaffen lassen um..." er schüttelte den Kopf


    "Nein, das ist zu bizarr..."

  • Plotina nickte bedächtig. Sie wusste nicht recht, wie sie auf Vonones' Einlassungen reagieren sollte; ein Schiff schien ihr hier in Rom so nützlich wie ein Kamel.


    "Ein Schiff, ja, interessant. Ich werde Curio mal darauf ansprechen."


    Sie schwieg eine Weile und blickte zum See, in dem sich das Sonnenlicht spiegelte.

  • Da Vonones von jenem Schlage war der Kamele selbst an Eingängen von Nadelöhren für prächtige Gefährten hielt störte ihn Plotinas Skepsis nur wenig, hatte er sie doch kaum bemerkt.


    "Man könnte es anderen für Kreuzfahrten nach Baiae oder Misenum zur Verfügung stellen,. Was hält meine Patronin davon?"


    Er warf einen Stein ins Wasser

  • "Kreuzfahrten ..."


    Plotina zog nachdenklich die Augenbrauen hoch, dann musste sie wieder lachen.


    "Na ja, ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob so etwas hier in Rom gefragt ist. Du musst wissen, in solche Kreise, die daran vielleicht Interesse haben könnten, bin ich hier noch gar nicht vorgedrungen. Und reisen Römer - und Römerinnen - nicht lieber zu Land? Die sind doch hierzulande so wasserscheu - mal abgesehen von ihren Thermen."


    Plotina sah unwillkürlich zum gleichnamigen Gebäudekomplex hinüber.

  • "Bedarf kann geschaffen werden, wir sollten uns da keine unnötigen Grenzen auferlegen, meinst Du nicht auch?" nun folgte sein Blick dem ihren und sah danach auf sich herab, fand sich staubig und badenswert und seufzte


    Sim-Off:

    Sorry, wollte Dich nicht warten lassen, das RL hatte mich zu fest im Griff

  • Sim-Off:

    Schön, dass du wieder da bist!!


    Plotina hatte eine Weile ins Wasser geblickt und war den Kreisen gefolgt, die winzige Wassermücken auf die Oberfläche malten. Nun sah sie, wie Vonones an sich herunterblickte, und konnte erraten, was er dachte.


    "Ach du, ich kann mir vorstellen, wie du dich hier fühlst. Und wenn du so kritisch an dir herunterblickst, könnte ich dich gleich wieder in die Arme schließen! Ich bedaure so, dass ich im Moment nicht soviel für dich tun kann. Aber wenn du gute Ideen hast - tu deinem Genius keinen Zwang an!"

  • Zitat

    Original von Sergia Plotina
    Und wenn du so kritisch an dir herunterblickst, könnte ich dich gleich wieder in die Arme schließen!


    Er blickte erneut an sich hinunter, lächelte, tat es erneut, grinste um dann seufzend einen Stein ins Wasser zu werfen


    "Muss man das Klientelverhältnis irgendwie entragen lassen? Hier ist also so bürokratisch..."

  • Plotina musste lachen.


    "O ja, wir sind hier in Rom, Vonones, hier geht es bürokratisch zu. Äh, ich darf doch annehmen, dass du den Praetorianern jede Woche einen Bericht über dein Betragen übermittelst? So einen Bericht werde ich als deine Patronin übrigens auch verlangen; wie ich dich kenne, werde ich dich im Auge behalten müssen."


    Sie sah ihn schelmisch an, wurde dann aber wieder ernst.


    "Nein, Vonones, aber sag' mir: Was hast du vor? Ich weiß nämlich, ehrlich gesagt, gar nicht, ob ich noch sehr lange in Rom bleiben werde. Ich bin damals ziemlich übereilt aus Sais aufgebrochen - du weißt ja, es ging mir damals nicht gut -, und eigentlich müsste ich noch einmal zurück, um bestimmte Dinge zu erledigen."


    Nachdenklich fügte sie hinzu:


    "Und leider ist von der Gens ja auch nicht so viel übrig, jedenfalls im Moment."

  • "Wobei wir wieder beim Thema Seefahrt wären. Du weisst, mich hält hier nichts und alles was ich brauche ist eine Aufgabe. Lass uns das Schiff nehmen, ich steuere es und wir entfliehen der Bürokratie und dem Ruhme einer Weltmacht. Alles was wir brauchen ist eine Handbreit Wasser unter dem Kiel und guter Wind gen Osten. Dann besuchen wir erst Sulla und Drusilla in Tyrus und bleiben dann in Ägypten. Immer unter der Voraussetzung das mich die Römer nicht festsetzen. Parther sind nicht wohl gelitten in den Tagen des Mars." plapperte er los, schaute nach hinten und ließ sich mit einem Schrei ins Wasser plumpsen


    "WIR STECHEN IN SEEEEEEEEE"


    Blasen stiegen auf als er seine Lunge halb lehrte und dann auf dem Grund blieb um sie zu foppen.

  • Vonones und seine Faxen .... Plotina seufzte unwilkürlich, nachdem ihr Kamerad im wahrsten Sinne des Wortes abgetaucht war. Die Zeit, die er auf dem kühlen Grunde verbringen würde, wollte sie nutzen, um nachzudenken.


    Hm, einerseits wäre es ihr natürlich ganz recht, wenn Vonones sie nach Aegyptus begleiten würde. Eine solche Reise wiederum allein antreten zu müssen, war, wie sie ja bereits hatte lernen müssen, nicht ganz ungefährlich.


    Andererseits war sie sich nach wie vor nicht darüber klar, was er eigentlich von ihr wollte. Eine Aufgabe, hatte er gesagt. Plotina wusste nicht einmal, was für eine Aufgabe er genau in seiner Heimat gehabt hatte; es musste etwas Hohes gewesen sein, denn er hatte sich in dieser Frage immer sehr bedeckt gehalten. So etwas würde sie ihm natürlich gar nicht bieten können.


    Und nach Tyrus wollte sie auf keinen Fall. Wer waren eigentlich Sulla und Drusilla? Diese Namen hatte sie überhaupt noch nicht gehört, aber es waren zweifellos römische Namen.


    Plotina setzte sich ins Gras und blickte in den blauen Frühlingshimmel.

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