• Heile Markus!


    Heila sah man die Freude, ihren Freund zu sehen ins Gesicht geschrieben. Sie strich sich das eigentümlich braune Haar aus dem Gesicht und küsste Marcus zärtlich. Er schien etwas müde zu sein, hatte er doch einen langen Tag auf dem Exerzierplatz hinter sich.


    Wie war dein Tag, gabs Ärger mit den Probati?
    Nach einer kurzen Pause fiel ihr ein, dass ihr Freund bestimmt Hunger hätte.


    Soll i dir was kochen? Der kleine is bestimmt auch hungrig und wir könnten gemeinsam essen. Was meinste dazu?

  • Crispus lächelte Heila an und nahm sie in den Arm. Dann erwiderte er ihren Kuss ebenso zärtlich. Er war doch zu Hause! Das Lager war er gewohnt, aber hier erwartete man ihn, seine Freundin kochte ihm etwas zu essen, sein Sohn schlummerte zwischen Fellen. Wie groß er geworden war!


    "Ich hab' keine Probati. Bei mir dienen nur richtige Soldaten!"


    verbesserte er sie. Obwohl er seit einiger Zeit schon die erste Kohorte kommandierte, kannte sich Heila noch nicht sonderlich gut aus - kein Wunder eigentlich. Immerhin sprach er mit ihr kaum über den Dienst - dafür war ihm die Zeit viel zu kostbar. Abgesehen davon war Kriegshandwerk Männerhandwerk!


    "Was gibt's denn?"


    Eigentlich hatte er im Castellum bereits ein Stück Brot hinuntergeschlungen, aber Heilas Kochkünste veranlassten ihn öfter dazu, ein zweites Abendessen zu sich zu nehmen.


    Er ließ Heila los und beugte sich hinunter zu seinem Sohn.


    "Na wie geht's denn dem kleinen Lucius?"


    Einen Augenblick überlegte er, ob er den Kleinen auf den Arm nehmen sollte. Dann beschloss er jedoch, ihn schlafen zu lassen und sich lieber seiner Frau zuzuwenden.

  • Als Crispus an diesem Tag das Haus des Sigubald aufsuchte, war eine geradezu heile Familie anzutreffen: Bereits auf der Straße hörte er das glockenhelle Lachen seines Sohnes und als er den Laden betrat, wo Gisil gerade mit einem Germanen verhandelte, schoss ein Knabe aus der Wohnstube, dicht gefolgt von einem zweiten mit blondem Haar. Crispus fing den ersten ab und dann auch den Zweiten.


    "Lucius, Armin! Vorsicht, sonst schmeißt ihr noch 'was um!"


    Sein kleiner Sohn Lucius war inzwischen zu stolzen drei Jahren herangewachsen, während er Sklavenjunge, den Crispus damals aus Borbetomagus mitgebracht hatte, schon sechs war und üblicherweise am liebsten mit Lucius stritt. Heute jedoch spielten sie offensichtlich einträchtig miteinander.


    Mit den beiden Jungen auf dem Arm trat der Primus Pilus, der fast etwas alt für seinen Sohn war, in die Wohnstube, wo Heila am Webstuhl saß und spann...

  • "Markus, da bist du ja 'mal wieder!"


    meinte Heila, als Crispus eintrat. Sie wirkte ein wenig unglücklich. Crispus wusste, warum: Er war lange Zeit nicht hier gewesen - die Legion hatte ihn wieder einmal in Beschlag genommen. So ließ er die beiden Jungs wieder auf den Boden und kam er näher. Während die beiden im Hof verschwanden, fragte Crispus


    "Ist dein Vater hier?"


    "Nee, der ist in der Stadt Einkauf'n mit Mama - aber wir müssen reden!"


    Sie stand auf und ging auf den Petronier zu. Dann legte sie die Arme um seine Taille und seufzte. Crispus hatte plötzlich ein ganz schlechtes Gefühl. Ob sie einen anderen hatte? Das würde er nicht ertragen! Sanft ergriff er ihre Arme und setzte eine besorgte Miene auf.


    "Was...was ist denn?"


    "Markus, es is' nur...du bist so selten da..."


    Gab es Probleme im Hause Sigubald? Kam Heila nicht mit der Kindererziehung zurecht? Oder mit dem Haushalt?


    "Brauchst du eine helfende Hand? Soll ich dir einen Sklaven kaufen?"


    "Nein, das is' es net. Papa is' langsam alt, Mama auch...und Lucius wird immer größer! Er braucht 'nen Vater! Außerdem hätt' ich dich auch gerne öfter daheim - die Armee macht dich noch kaputt!"


    Darum ging es also! Crispus musste an die Situation vor einigen Wochen in seinem Quartier denken. Er sah bereits alt aus, das wusste er. Aber die Legion war doch sein Leben! Wie sollte er einfach so aufhören?


    "Gestern Nacht hab' i geträumt, du hast 'nen Einsatz und..."


    sie senkte das Haupt und wurde still. Dann lehnte sie ihren Kopf an seine Brust und Crispus spürte an ihrem Zucken, dass sie weinte. Fast mechanisch wirkte es, als er eine Hand hob und seiner Freundin über den Kopf strich. Mit verweinten Augen blickte Heila schließlich zu ihm auf.


    "Wenn du stirbst, steh'n Lucius und ich allein da! Papa kann net vier Leute durchfüttern. Du hast doch schon deine zwanzig Jahre! Woll'n wir uns net zusammen a Haus kauf'n? A richtige Familie?"


    Lange sah Crispus ihr in die Augen, die Augen, in die er sich verliebt hatte, als er ein junger Optio gewesen war, die so gestrahlt hatten, als sie Lucius zum ersten Mal im Arm gehabt hatte. Und während er ihr in die Augen sah, dämmerte es ihm, dass sie Recht hatte. Er verdiente - um nicht zu sagen hervorragend - und konnte eine Familie spielend leicht ernähren. Doch wenn er starb, hatte Heila keinerlei Anspruch auf ein Erbe - er war römischer Bürger, sie nur eine dahergelaufene Geliebte. Lucius hatte nicht einmal Anspruch auf das Bürgerrecht - er würde wohl am Bettelstab enden, gemeinsam mit seiner Mutter. Und sein Tod war nicht einmal so unwahrscheinlich: Gerade als alter Centurio hatte man nicht mehr die Reaktionen, die er als junger Mann gehabt hatte. Der Primus Pilus hatte jedoch dennoch bei seiner Centuria in der vordersten Reihe zu stehen. Und wenn er sich vorstellte, wie er mit Heila in einer richtigen Domus wohnte, sein Sohn in der Schule auf dem Forum, vielleicht würde er sich des schwiegerväterlichen Betriebs annehmen und ein paar Sanierungen und Änderungen vornehmen, vielleicht auch expandieren. Oder ein Stück Land in der Nähe der Stadt? Eine Villa Rustica?


    In diesem Moment steckte Armin seinen Kopf durch die Hoftür und blickte Crispus fragend an. Kurz darauf erschien darunter der Kopf von Lucius, der ein wenig verwirrt die Lage musterte.


    "Wat is?"


    fragte Armin, der noch immer einen leicht vangionischen Dialekt hatte, dafür jedoch schon viele Brocken Latein gelernt hatte.


    "Nichts, wir reden gerade unter vier Augen, also ab in den Hof!"


    Armin zog eine Schnute und der obere Kopf verschwand, woraufhin auch der untere zurückgerissen wurde.


    "Ich weiß nicht, Heila...die Armee war immer mein Leben!"


    meinte er dann wieder zu seiner Freundin, wobei er ziemlich unsicher aussah. Heila ließ ihn los und breitete die Arme aus.


    "Aber Markus, jetz' sin' doch wir dein Lebn! Oder net?"


    So sah ihn fast angstvoll an und Crispus machte sich Vorwürfe, etwas gesagt zu haben. Dann umarmte er sie und flüsterte


    "Doch, doch."


    "Gut!"


    antwortete Heila und streckte sich, um Crispus auf den Mund zu küssen. In diesem Augenblick schepperte es im Garten, dann ertönte ein lautes


    "AUAAAAAAAAAAAA!"


    Scheinbar hatte Lucius sich irgendwie wehgetan. Seufzend machte sich Heila los und eilte in den Hof, während Crispus sich auf die Bank setzte. Auf Heila war Verlass. Aber auch seine Entscheidung? Sie erwartete nun, dass er in naher Zukunft seinen Dienst quittierte. Aber wollte er das wirklich?

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