Die Tage liefen in schöner Gleichmäßigkeit dahin. Irgendwelche Aufgaben tauchten immer auf, der Terminplan war inzwischen nicht mehr übersichtlich, ich war beschäftigt, durchaus auch dankbar darüber, aber dies war nur der äußere Schein. Unter der Oberfläche war längst eine Saat aufgebrochen, deren weiteres Wachstum mir mehr und mehr zu schaffen machte.
Das Wetter war schön und doch verspürte ich keine Lust, nach draußen zu gehen. Stattdessen suchte ich mein Cubiculum auf und gab einem Sklaven den Auftrag, mir sämtliche Besucher oder Störungen vom Leib zu halten. Es war überflüssig zu erwähnen, dass der Herr des Hauses da nicht inbegriffen war, aber jemand anderen wollte ich die nächsten Stunden definitiv nicht sehen.
Ich setzte mich auf den Bettrand, legte die Hände in den Schoß, seufzte einmal tief und starrte Löcher in den Boden.
Nach geraumer Zeit blickte ich auf, verzog den linken Mundwinkel unzufrieden, atmete wieder tief durch und erhob mich, um zur Tür zu gehen und mir eine große Portion an ungesunden Teigwaren zu ordern. Ich ignorierte die Sklavin, als mir das Gewünschte gebracht wurde, und da ich keinerlei Anstalten machte, weitere Anweisungen folgen zu lassen, zog sie sich wieder zurück und schloss leise hinter sich die Tür.
Eine kleine Kollektion ausgewählter Bücher befand sich nicht in der Bibliothek, sondern füllte drei Regale in meinem Zimmer. Ich griff mir nach einigem Überlegen einen Band, dessen Inhalt sich mit meinem aktuellen Thema auseinandersetzte, über das ich bisher mit keinem gesprochen hatte. Nicht etwa, weil es mich nicht genügend beschäftigte, oh nein, sondern weil ich manche Dinge doch lieber mit mir selbst abmachte. Gut, es gab Ohren, denen ich alles anvertraut hätte, aber sie weilten nicht hier. Gerade darin lag ja mein Problem: Sehnsucht – eine absolut unnütze „Einrichtung“, von der ich nicht einmal wusste, ob sie der Kopf oder das Herz erschuf. Vielleicht arbeiteten ja auch beide zusammen.
Ich rutschte in die Mitte des Bettes, angelte nach dem auf dem Nachtschrank stehenden Tablett mit den Backwaren, klappte das Buch auf und stellte fest … dass es mich im Grunde nicht einmal interessierte. Was nützten mir auch die Weisheiten anderer? Ich klappte den Band ungelesen wieder zu, griff ohne hinzusehen nach einem mit Zucker bestreuten Keks und biss lustlos ab. War naschen eigentlich eine Ersatzbefriedigung? Stillte es tatsächlich weitere Bedürfnisse als Hunger?
Der Teller leerte sich zusehends, aber das Defizit war geblieben. Ich überlegte, was ich mir nun angedeihen lassen konnte.