• Wenn sie sprach, waren ihre Lippen noch faszinierender, als sie ohnehin schon waren, fand Macer. Aber das konnte er ihr natürlich nicht als Antwort auf ihren kleinen Vortrag geben. "Du kennst dich wirklich aus, scheint mir. Vielleicht sollte ich wirklich mal einige der Gedichte lesen, damit ich weiß, was man einer wunderschönen Frau schreiben kann."


    Macer hielt einen kurzen Moment inne. "Warum eigentlich schreiben? Lebte diese Lesbia weit entfernt von Catull? Oder hat sie etwas anderes daran gehindert, ein Paar zu werden?"

  • "Würdest du einer Frau auch schreiben, wenn sie nicht so unerreichbar wäre, wie Lesbia für Catull?" fragte die Terentierin interesiert und blickte den Patron ihres Cousins an.


    "Genaueres weiß ich bisher noch nicht darüber, ich muss ehrlich sein, dass ich mir über diese Frage noch keine Gedanken gemacht habe. Ich nehme an, Catull kann sich durch Worte und Gedichte vielleicht besser ausdrücken, als wenn er Lesbia dies alles direkt gesagt hätte. Ich nehme an, dass sie von höherer Herkunft war und deswegen vielleicht unerreichbar. Was man aus den Gedichten jedoch heraushören kann ist, dass Lesbia ihn nicht wahrgenommen hat und vielleicht schrieb er auch aus diesem Grund die Gedichte. Wie sonst hätte er sich ihr denn mitteilen können?"


    Wiedereinmal brach Varena in eine ihrer Reden aus und als sie dies merkte verstummte sie leicht errötend. Dabei musste sie feststellen, dass Macer richtig gut aussah, wenn er nachdachte. So blieb sie versehentlich mit ihrem Blick an seinem Gesicht hängen.

  • "Ja, da hast du eigentlich Recht. Er hat nur geschrieben? Es hätte ja auch sein können, dass er oder sie viel reisen musste und sie deswegen dann per Brief kommuniziert haben, aber sich dann auch immer wieder gesehen haben." Aber vermutlich dachte Macer da wieder viel zu prakmatisch, wie ein Statthalter, der dem Kaiser eben regelmäßig Briefe schickte, um über die Lage in der Provinz zu berichten. Nur dass diese in den seltensten Fällen gedichtet oder überhaupt von höherer literarischer Qualität waren.


    "Wenn die Frau ihn gar nicht wahrgenommen hat, ist es aber doch schade um die Gedichte. Vielleicht hat sie sie nicht einmal gelesen. Aber wenigsten ist es gut, dass er sie aufgeschrieben hat, dann kannst du dich jetzt an ihnen erfreuen." Dass sie ihn gerade genauer betrachtete, realisierte er erst nach einer Weile, weil er in Gedanken vertieft war und reagierte mit einem Lächeln auf ihre schüchterne Röte, zu der schon wieder überhaupt kein Anlass bestand.

  • Nachdem sie endlich bemerkt hatte, wie sie ihn eigentlich 'anstarrte' versuchte sie ihren Blick so unauffällig wie möglich abzuwenden, was jedoch noch auffälliger war als der eigentliche Blick.


    "Meines Wissens spielte sich dies alles hinter den Mauern vom Rom ab." erwiderte die Terentierin zwinkernd.
    "Ich bin mir nicht sicher, ob sie sie niemals gelesen hat, denn er schreibt auch über sie, dass sie nur mit ihm spielt wie mit einem Haustier. Erfreun? Ja, doch, aber wäre diese Geschichte nicht so traurig gewesen, dann hätten diese Gedichte gar nicht aufgeschrieben werden müssen und dies wäre doch für den lieben Catull um einiges besser gewesen." meinte Varena lachend.


    Die Römerin trank noch einen Schluck aus ihrem Becher.

  • "Besser für Catull, aber schlechter für uns", stelle Macer fest, denn sonst hätten sie ja schon wieder kein Thema mehr. "Catull muss sie ja auch absichtlich veröffentlicht haben, oder? Das war ihm dann wohl bestimmt schon wichtig, dass andere Menschen das lesen können. Vielleicht hat ihm das auch geholfen, mit der traurigen Gesichichte fertig zu werden."


    Wenn Macer sich mal bei den wenigen verfügbaren passenden Anlässen dichterisch betätigte, dann war das immer aus Freude heraus gewesen. Spottverse für eine Hochzeit oder Lieder damals in der Legion. "Machen Frauen das eigentlich häufiger, dass sie sich von Männern verehren lassen und sie wie Haustiere behandeln?" fragte er dann völlig unvermittelt und fand den Vergleich ziemlich lustig.

  • Bei seinen Worten musste sie unweigerlich lachen. Es war eine interessante Frage zu der Varena einiges eingefallen wäre, würde sie ihr loses Mundwerk wiedereinmal zur Schau stellen wollen.


    "Nunja, ob sie es häufiger machen. Wer weiß das schon. Wenn der Mann das mit sich machen lässt bestimmt." erwiderte Varena dann grinsend und lehnte sich leicht zurück. "Aber heißt es nicht, dass hinter einem erfolgreichen Mann eine erfolgreichere Frau steht. Ich will nicht sagen, dass Männer nicht allein erfolgreich sein können, aber wir Frauen helfen da gerne mal nach, beziehungsweise nehmen so ebenfalls an der Politik teil."


    Die Terentierin setzte ein scheinheiliges 'Engelsgesicht' auf, doch konnte sie ein Lachen nicht lange unterdrücken. "Verzeih mir meine Worte." fügte sie dann noch lächelnd hinzu.

  • "Soso, und du würdest das also auch gerne tun wollen?" vermutete Macer, lehnte sich grinsend zurück und ignorierte ihr unschuldiges Gesicht. Entweder aufgrund ihres Anblicks oder ihrer Worte regte sich in Macer unteren Körperregionen etwas, was man aufgrund der voluminösen Stoffmenge der Toga aber ganz sicher nicht sehen konnte. Einer der wenigen deutlichen Vorteile dieses Kleidungsstücks.


    "Aber du weisst schon, dass wir Männer am liebsten alles selber machen, ja? Auch Catull hätte sich beim Schreiben seiner Gedichte bestimmt nicht helfen lassen." Mit dem politischen Einfluss hatte sie aber natürlich Recht. Im Kopf ging Macer ein paar Senatoren durch und konnte das nur bestätigt sehen. Senator Vinicius Hungaricus hatte nacheinander gleich zwei Frauen, die alles andere als einflusslos waren, Senator Germanicus Avarus heiratete seine Dauerverlobt vermutlich nur deshalb nicht, damit sie ihm nicht noch mehr herein redete, über den Einfluss der verstorbenen Gattin von Senator Flavius Felix gab es auch mehr als eine beeindruckende Geschichte, Senator Aelius Quarto hatte jetzt die Exfrau von Hungaricus im Nacken und von manchem Senator hörte man vermutlich im Senat deshalb nichts, weil über dessen Frauen auch nichts zu hören war. Wenn zu Hause alles in Ordnung war, brauchte man sich schließlich nicht im Senat abreagieren.

  • "Die Kunst ist es, den Mann glauben zu lassen, es sei seine Meinung und nicht die seiner Frau." erwiderte die Terentierin zwinkernd und grinste dann.

    "Ob ich das auch tun würde? Das müsstest du schon selbst herausfinden. Sonst verrate ich mich ja am Ende noch." Lachend nahm sie ihren Becher und nippte abermals daran, ehe sie ihn wieder abstellte.

  • Sowas in der Art hatte Macer schonmal gehört, so dass es also tatsächlich eine allgemeine weibliche Strategie zu sein schien. Trotzdem tat er ein wenig erstaunt. "Ach so ist das. Ich sollte vielleicht besser meine Meinung ab sofort immer aufschreiben, dann kann ich überprüfen, ob sie sich nicht plötzlich in deiner Anwesenheit geändert hat." Sicher war sicher, vielleicht würde er darüber ja sogar noch zum Schriftsteller werden.


    "Aber wie finden wir das heraus?" Das war wohl gerade eine Aufforderung gewesen, sie einzuladen, fand Macer. "Wir werden uns wohl regelmäßig treffen müssen, um über politische Ereignisse zu debattieren." Wobei ihm der erste Teil des Satzes wesentlich wichtiger sein könnte als der zweite.

  • "Denkst du denn wirklich von mir, dass ich das tun würde?" erwiderte sie mit einer gespielten Empörung, ehe sie zu lachen begann. "Aufschriebe kann man umschreiben." fügte die Terentierin dann lachend hinzu.


    "Du willst wirklich mit mir über Politik debattieren?" meinte Varena etwas erstaunt. Gemütlichere Treffen wären ihr da weitaus lieber. "Also mit dem regelmäßigen Treffen bin ich einverstanden. Das Thema jedoch sollten wir vor Ort bestimmen, ja?" fügte die Römerin dann zwinkernd hinzu.

  • Macer nickte deutlich und grinsend. "Ja, das denke ich von dir." Wenn er sie damit überschätzen wurde, konnte das später wohl nur angenehm sein, aber es machte ihm auch schon Spass, sie ein wenig zu reizen. "Und meine Notizen werde ich schon zu verstecken wissen."


    Dass sie mit ihm lieber über andere Themen als über Politik reden wollte, überraschte ihn nicht unbedingt, auch wenn es ein Widerspruch zu der Ambition war, sich indirekt in die Politik einzumsichen. Aber Frauen widersprachen sich ja ohnehin immer selber. "Dann werde ich demnächst wohl häufiger hier vorbei schauen müssen. Mal sehen, welchen Dichter du dann für dich entdeckt hast." Macer sprach bewusst so, als wenn ihm das noch ein wenig lästig wäre, denn auch wenn er sich jetzt schon auf das nächste Treffen freute und noch nicht vor hatte, gleich zu gehen, brauchte es ja auch nicht so zu klingen, als würde er ab sofort seinen Tagesplan nur nach diesen Treffen ausrichten.

  • Er dachte also wirklich von ihr, dass sie es liebte Männer zu manipulieren. Diese Aussage belusigte die Terentierin bei weitem, was man ihrem Gesichtsausdruck auch entnehmen konnte.
    "Spurius Purgitius Macer! Ich bin enttäuscht von dir." meinte sie dann mit theatralisch-empörtem Gesichtsausdruck, ehe sie sich galant eine Traube in den Mund steckte.


    Dieses >müssen< in seinem Satz verwunderte Varena etwas, was man an der hochgezogenen Augenbraue erkennen konnte - etwas, was stets ihre Verwunderung zum Ausdruck brachte.
    "Nun, müssten tust du das sicherlich nicht. Du darfst, sofern du es wünscht, mir damit eine Freude bereiten." sprach die Römerin dann höflich. Den freudigen Gesichtsausdruck konnte sie jedoch nicht verbergen.

  • Die hochgezogene Augenbraue gab ihrem Aussehen etwas patrizisches, fand Macer, störte aber ansonsten nicht weiter. Immerhin hatte er mit einer Reaktion dieser Art gerechnet. "Ich wüsste niemanden, dem ich damit derzeit lieber eine Freude bereiten würde als dir", gab er galant zurück, womit der nächste Besuch dann wohl endgültig versprochen war.


    "Was macht die Frau deines Cousins denn jetzt den ganzen Tag, wo ihr Mann mit der Legio I nach Osten ziehen musste", wechelte er dann recht abrupt das Thema, um nochmal darauf zurück zu kommen, wie es verschiedenen Leuten seit der Hochzeit ergangen war.

  • Mit einem Lächeln kommentierte Varena seine galanten Worte und steckte sich danach eine Traube in den Mund.


    "Nun, ich weißt nicht so recht, was Amatia den ganzen Tag über macht, denn ich sehe sie so selten obwohl wir im selben Haus wohnen. Beim essen pflegen wir uns jedoch Gesellschaft zu leisten und ansonsten gehen wir beide wohl eher unseren eigenen Interessen nach." Es war nicht so, dass Varena die Frau ihres Cousins nicht leiden konnte - im Gegenteil. Jedoch schienen sie bisher noch keine großen Gemeinsamkeiten gefunden zu haben, war die Terentierin jedoch ändern wollte.

  • Macer blickte während ihrer Worte ein wenig durch den Raum und konnte sich zum Glück auch daran erinnern, was er sonst schon alles einmal von dem Haus gesehen hatte. "Na, so groß ist das haus doch nicht, dass man darin ständig aneinander vorbei laufen könnte", gab er dann seine Einschätzung ab, ohne sich wirklich in die Alltaggestaltung der beiden einmischen zu wollen. "Ist sie immernoch Cubicula am Kaiserhof? Oder hat sie das nach der Hochzeit aufgegeben?"

  • "Nun, wenn man viel Zeit in den eigenen Gemächern verbringt und zu anderen Zeiten durchs Haus geht, hat man das schnell." Es lag wohl auch daran, dass Varena eben sehr gerne las und sich da oft in ihrem Zimmer verkroch, da ihr nichts besseres einfiel als ein Werk nach dem anderen zu verschlingen. Ab und an unternahm sie was mit ihrem Bruder oder Freundinnen, doch die meiste Zeit verbrachte die Terentierin eigentlich im Haus.


    "Ja, Amatia arbeitet noch als Cubicula am Kaiserhof. Das wäre dann ein weiterer Grund wieso wir uns vielleicht nicht so oft sehen." erwiderte Varena, nachdem sie ihre eigenen Gedanken verbannt hatte.


    "Hast du eigentlich noch Familie?" Diese Frage hatte Varena schon an der Hochzeit interessiert.

  • Das klang natürlich plausible, dass sie selten im Haus war, wenn sie noch am Hof arbeitete. So konnte Macer diesen Punkt auch abhaken, immerhin hatte er immer noch das Versprechen im Hinterkopf, sich um die Familie seines Klienten zu kümmern. Aber soweit schien alles in bester Ordnung zu sein.


    "Ich habe noch eine ältere Schwester, die in Oberitalien lebt. Zusammen mit ihrem Mann betreibt sie dort eine Mansio. Einen Bruder hatte ich auch, doch der ist leider schon verstorben. Er hat uns zwei Töchter hinterlassen, die bei meiner Schwester leben und mich jetzt in Rom besuchen kommen."

  • "Das tut mir Leid, mit deinem Bruder." erwidert Varena mitfühlend, jedoch lächelt sie gleich wieder.
    "Deine zwei Nichten besuchen dich gerade? Wie alt sind sie denn? Da hast du sicher alle Hände voll zu tun, nicht?"

  • Die mitfühlenden Worte nahm Macer dankbar auf, auch wenn er über den Tod seines Bruders schon lange keinen Schmerz mehr verspürte. Zweifellos war es ein verlust gewesen, aber in der Armee musste Macerlernen, wie man mit dem Tod umgeht.


    Also ging er auch gar nicht weiter darauf ein und kam gleich zu den Nichten zurück. "Ja, sie sind vor ein paar Tagen gekommen. So richtig alle Hände voll zu tun habe ich zum Glück nicht, denn sie haben praktischerweise ihre beiden Erzieherinnen gleich mitgebracht."

  • "Das ist natürlich praktisch, aber dennoch wünsche ich dir viel Spaß mit den beiden. Ich wünschte, ich hätte auch noch jüngere Verwandte. Da ist das Leben niemals einseitig oder ruhig."
    meinte die Terentierin lachend und trank noch einen Schluck aus ihrem Becher.
    "Und ich finde, von Kindern kann man noch einiges lernen."

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