• Ich nickte Urgulania zu.


    "Da mir gerade kein Gebet einfällt, habe ich auch nichts weiter hier zu erledigen. Kann ich dich noch irgendwohin geleiten? Nur damit dir nichts passiert? Obwohl... du kamst ja auch sicher hierher." Ich lächelte kurz. "Ist wohl die Macht der Gewohnheit. In der Fremde, im Reich Han, war ich für eine Grenzstadt verantwortlich. Da habe ich dann eine edle Dame sicher zu ihrer Unterkunft geleitet, wenn sich eine an diesen fernen Ort verirrt hatte... naja, meistens waren das Besuche der Damen bei Verwandten ihrerseits. Offiziere, die unter mir dienten oder Beamte."

  • Nach dem kurzen Gespräch mit dem Priester und der Information, dass mein Begleiter hier nichts weiter zu tun hatte, ging ich langsam auf den Ausgang zu, noch während er mir anbot mich noch zu begleiten.
    Du darfst mich gern begleiten, auch wenn mir sicherlich nichts passieren würde. Ich hoffe jedoch, dass du nicht zu viel erwartest, denn ich habe nur noch einen kurzen Termin und wollte mich danach zu meinem Haus begeben.
    Als ich aus dem Tempel hinaus auf die Strasse trat blinzelte ich ein wenig ob der plötzlichen Helligkeit.

  • "Ich danke für die Ehre," erwiderte ich mit einem Lächeln. "Was macht dich so sicher, dass dir nichts passieren wird?"
    Das helle Tageslicht zwang auch mich zum blinzeln. Solche Momente machten einen immer gut angreifbar, weil man einen Gegner nicht sofort erkennen konnte. Deshalb bereitete ich mich instinktiv mental darauf vor, einen Angriff abzuwehren. Da kein Angriff kam, entspannte ich mich wieder.

  • Ich lachte leicht und blieb kurz stehen.
    Nun, warum sollte jemand eine alte Frau wie mich überfallen? Ausserdem würde man sich mit einem Angriff auf eine Römerin sicherlich einigen Ärger einhandeln.

  • Ich lächelte charmant.
    "Nun, so alt bist du nicht. Oder du siehst jünger aus, als du bist. Allerdings hast du recht, man handelt sich garantiert eine Menge Ärger ein, wenn man Römer in einem Teil des Imperiums angreift. Da fällt mir ein... du warst doch sicher schon mal in Roma? Wie sieht die Stadt aus? Oder nein, anders... lohnt sich eine Reise nach Rom?"

  • Ich musste ein wenig lachen.
    Du fragst eine Römerin, ob sich eine Reise nach Rom lohnt?
    Ich liess meine Palla langsam von meinem Kopf hinunter auf meine Schultern rutschen.
    Natürlich lohnt sich eine Reise nach Rom. Rom ist das Zentrum der Welt, das Zentrum der irdischen Macht. Welcher Ort, abgesehen vielleicht von den höhen des Olymps, könnte ein interessanteres Reiseziel sein?

  • Auf die Frage gab ich, ohne zu zögern, eine Antwort.
    "Luoyang, Hauptstadt von Han. Residenz des Sohnes des Himmels, der Herr ist über 100 Millionen Menschen. Rom ist nicht das einzige große Reich auf dieser Welt. Ein Reich von gleicher Größe befindet sich nordöstlich von Indien."
    Ich hoffte, ihr Weltbild damit nicht zerstört zu haben.
    "Ich war dort. Zehn Jahre lang. Sie sind kultiviert, haben eine hochstehende Philosophie und ein sehr gutes Militär. Ich würde sagen, die Legionen Roms und die Divisionen des Reiches Han sind sich ebenbürtig. Die Verwaltung ist meiner Meinung nach in Han deutlich besser, die Behandlung der Untertanen ist im Imperium Romanum besser. Die Verteidigung der Grenzen ist dafür in Han deutlich besser. Im Süden stehen die hohen Berge des Himalaya, im Westen die Wüste Taklamakan, im Norden eine hohe Mauer von zehntausend Li... ähm... etwa viertausend römischen Meilen Länge... und im Osten ist ein Ozean."

  • Damit hatte ich nicht gerechnet und vor allem machten die Dinge, die er sagte nur wenig Sinn. Sicherlich machte er einen Scherz und so schmunzelte ich ein Wenig während ich ihn etwas irritiert ansah.
    Verzeih mir, aber was du sagst ergibt kaum Sinn. Jenseits von Indien gibt es nichts, sonst wäre Alexander doch sicherlich dort gewesen.

  • "Das hatte ich auch gedacht, bevor ich dort war. Aber es ist die Wahrheit. Es ist das Land, aus dem die Seide kommt. Allerdings wundert es mich nicht, dass Alexander nicht dort war. Der direkte Weg führt durch die Wüste Taklamakan. In der Sprache der Einheimischen heißt das etwa so viel wie 'Wer da hinein geht, wird nie mehr gesehen.' Ein Heer dort hindurch zu führen ist fast unmöglich. Und warum sollte man in eine Wüste ziehen, wenn Indien viel näher ist und man weiß, welche Schätze in Indien warten? Rein strategisch gesehen würde ich auch eher versuchen, ein gut erreichbares reiches Land zu erobern als eine Wüste zu durchqueren in der Hoffnung, dahinter vielleicht ein lohnendes Ziel zu finden. Alexander war als Feldherr viel zu genial um so ein waghalsiges und wenig versprechendes Risiko einzugehen. Zumal das Land zu Alexanders Zeiten wenig zu bieten hatte außer Krieg und Verwüstung. Möglicherweise wäre Alexander irgendwann dennoch dorthin gekommen, ja sogar ganz sicher. Doch leider ist er viel zu früh gestorben. Hätte er auch nur zehn Jahre länger gelebt, wer weiß schon, was er dann noch alles geleistet hätte?"

  • Was er sagte klang zwar durchaus logisch, doch war es schon alles etwas merkwürdig,
    Ich denke nicht, dass der Sohn des Zeus sich von einer Wüste hätte aufhalten lassen. Aber lassen wir das, es steht mir als einfache Römerin nicht zu über die Taten eines Gottes zu urteilen.

  • "Wer vermag schon die Taten der Götter zu beurteilen außer Göttern?"
    Ich lächelte freundlich.
    "Wo waren wir noch davor? Ach ja, richtig, Rom. Gibt es da irgend etwas, das man beachten muss, wenn man nach Rom reist? Irgendwelche Gesetze, die nur für die Stadt gelten?"

  • Ich überlegte einen Moment lang bevor ich ihm antwortete.
    Innerhalb der Stadt ist es verboten Waffen zu tragen, tagsüber mit Karren oder auf Pferden unterwegs zu sein und irgendwelche herrschaftliche Titel zu führen.
    Es war nur eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Vorschriften und es gab durchaus mehr, doch fielen mir diese derzeit einfach nicht ein.
    Das sind so dich wichtigsten Dinge. Wobei...
    Da fiel mir doch noch etwas wichtiges ein.
    ... es auch noch wichtig ist, dass man den Jungfrauen der Vesta aus dem Weg geht, denn im Umgang mit jenen gibt es zu viele Dinge die man falsch machen kann, als das es wirklich ungefährlich wäre ihnen zu begegnen.

  • "Keine Waffen tragen klingt vernünftig, keine herrschaftlichen Titel auch... aber keine Karren und Pferde?"
    Mein Erstaunen war deutlich.
    "Wie funktioniert denn eine Stadt ohne Karren und Pferde? Also, ganz ehrlich, manchmal seid ihr Römer schon etwas seltsam. Ähm... nicht persönlich nehmen."
    Dann dachte ich kurz über die Sache mit den Vestalinnen nach. "Und woran erkenne ich so eine Jungfrau der Vesta?"

  • Ich musste lachen. Eigentlich hatte er ja durchaus Recht, allerdings zeigte es auch, dass er tatsächlich noch nie in Rom gewesen war.
    Es hat durchaus einen Sinn. Schau dir die Strassen hier in Alexandria an. Die meisten sind breit und vor allem sind sie gerade, da die Polis von Grund auf geplant wurde. Im Gegensatz dazu ist Rom eine Stadt, die sich aus einem kleinen Dorf entwickelte. Die meisten Strassen sind eng, verwinkelt oder verschlungen. Man käme tagsüber, wenn die Strassen mit Menschen gefüllt sind, weder mit Wagen noch mit Pferden vorran. In der Nacht ist das allerdings etwas anderes. Dann werden die Strassen von Lieferanten und Händlern mit ihren Karren beherrscht.
    Die Sache mit den Jungfrauen war ebenfalls recht einfach.
    Vestalinnen erkennst du daran, dass du sie selten auf den Strassen sehen wirst. Und wenn dann meist in Begleitung eines Liktors oder auf einem Wagen sitzend, denn sie sind eine Ausnahme von der Regel.

  • "Das macht Sinn... wobei... warum reißt man dann nicht die Straßenzüge ein und baut sie neu auf? Ich meine, es ist doch absurd: Da bauen überall auf der Welt Römer perfekte Städte, mit einem guten Straßennetz, rechtwinklig und schnurgerade, und die Hauptstadt ist... naja, ich werde mir erstmal kein Urteil erlauben, so lange ich Rom nicht gesehen habe. Kleine verwinkelte Straßen und Gassen können auch ihren Reiz haben. Ich hatte nur eine andere Vorstellung von Rom. Die sah aus wie Alexandria, nur komplett in Marmor mit einer Akropolis schöner als die in Athen. Damit lag ich dann wohl falsch..."
    Ich zuckte mit den Schultern.
    "Ein Grund mehr dahin zu reisen. Und wenn Vestalinnen wirklich so auffällig sind, dann kann ich ihnen ganz sicher aus dem Weg gehen."

  • Natürlich hatte er Recht und jeder ehrliche Römer müsste zustimmen, dass unsere Hauptstadt städtebaulich weit hinter unseren Coloniae zurückhing, doch war das ja was anderes.
    Aber man kann doch nicht einfach in einer lebenden, vollen Stadt anfangen ganze Strassenzüge einzureissen. Ausserdem wurde der Grundstein unserer Stadt vom göttlichen Romulus gelegt und daraus entwickelte sich alles unter der Führung der Götter. Und wie du schon sagtest, wer vermag schon die Taten der Götter zu beurteilen?

  • Ich nickte zustimmend.
    "Da hast du natürlich recht. Vor allem, was die Entwicklung der Stadt unter der Führung der Götter anbetrifft. Dass Rom unter dem besonderen Schutz der Götter steht, steht sicher außer Frage. Wie sonst hätte Rom zur Hauptstadt eines solch riesigen Reiches werden können? Wenn man das bedenkt, muss Rom den Göttern so gefallen, wie es ist. Und dann wäre es ziemlich anmaßend, die Stadt signifikant zu verändern. Ja, ich denke, dass ich ganz sicher eine Reise nach Rom unternehmen werde. Sobald ich meine Arbeit hier in Alexandria erledigt habe."

  • "Das scheint mir so. Es ist sehr interessant, sich mit dir zu unterhalten. Du lebts wohl schon recht lange in Alexandria? Hast womöglich am Museion studiert?" fragte ich vorsichtig.

  • Ich schüttelte leicht den Kopf.
    Allzulange lebe ich noch nicht hier. Ein paar Jahre, aber wirklich lange nicht. Am Museion studiert habe ich nie, allerdings arbeitete ich nach meiner Ankunft hier dort.

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