Als die schwarzen Truppen der Praetorianer aufegzogen waren und ein nie dagewesenes Blutbad die Stadt erschütterte, hatte ich mich in die Tempel der Stadt, gemeinsam mit einigen anderen Sacerdotes zurückgezogen. Die Tempel lagen nicht weit vom Regierungsviertel, dem Hauptschauplatz der Kämpfe, dennoch verirrte sich keiner der Kämpfenden hier her. Beinahe stille lagen die Häuser, eine trügerische Ruhe, wenn der Kampfeslärm nicht aus einiger Entfernung hier vordrang.
Ich mußte die ganze Zeit an Laevina denken und an das Gespräch mit ihrem Vater vor wenigen Tagen. Wo würde sie sein ? Hatte ihr Vater überhaupt die Wahrheit gesagt ? War sie vielleicht schon tot, weil ihr Vater, dieser rachsüchtige Despot es nicht ertragen konnte, daß seine Tochter seinen Niedergang erlebte, und sich seine Schwäche offenbarte.
Ich kniete in einer Ecke des Tempels und betete zu den Göttern, der göttlichen Venus, Merkur und wie sie alle hießen. Auch Pluto rief ich an und mir überkam ein seltsames Gefühl in der Magengegend.
Immer wieder wurde mein Gebet unterbrochen von den krachenden Einschlägen der römischen Atillerie. Ich hoffte, daß sich der Schaden in Grenzen halten würde. Doch eines war sicher, von dieser Epoche würde sich Corduba lange nicht erholen. ...
Als die Kampfeshandlungen scheinbar ein Ende gefunden hatten, eilte einer der jungen Opferhelfer in den Tempel. Völlig außer Atem mit einem Ausdruck der Erleichterung auf dem Gesicht rief er schon von weitem "Der Kampf ist aus ! Der Kampf ist aus ! Sulla hat sich ergeben."
Zufriedene Gesichter, leuchtende Augen machten sich in der Runde der Sacerdotes breit. Vereinzelte Jubelrufe auf den Imperator erklangen. Wir alle waren froh, den Krieg überstanden zu haben. An Laevina dachte ich für den Moment nicht mehr.
Zwei Tage später wurden die Ereignisse in Corduba, die sich größtenteils mit Aufräumarbeiten befassten, überschattet von der Ankunft eines hohen Priesters, eines Auguren, der die Stadt betreten hatte und sich scheinbar nach dem Zustand der Priesterschaft und der Besitzungen des Cultus Deorum erkundigen wollte. Da ich gerade zur Verfügung stand, empfing ich den Auguren und man führte ihn zu mir.