Wieder unterwegs

  • Von der heimischen Villa Tiberia auf dem Esquillin kommend, ging es nun in Richtung Roma. Noch hatte die junge Herrin kein Ziel angegeben. Noch war sie sich selber nicht mehr so sicher, ob sie der Aufforderung des Vigintivir nicht lieber Folge leisten sollte. Mit ihren 19 Sommern wurde es almählich Zeit, dass sie sich einen geeigneten Manne suchte. Aber eigentlich wollte sie das noch nicht. Sie sah stumm vor sich auf die gegenüberliegende Hälfte der Sänfte, in welche sie Lana ausnahmsweise auch wieder einmal gebeten hatte. Sechs Sklaven waren angewiesen, dies Gebilde zu tragen.


    "Auf dem Brief gestern wurde erwähnt, dass ich das Erbe meiner Tante nicht antreten kann, weil ich unverheiratet bin." durchbrach sie auf einmal die Stille, um Lana den Grund dieses Aufbruchs zu erklären. "Und da es gerade ihr Erbe ist, mögen die Götter sie wohl aufnehmen, kann ich es nicht einfach übersehen. Wenn ich da nichts machen kann, werde ich heiraten müssen. Oder?" Ihren Worten wohnte eine ernstgemeinte Frage inne. Zweifelnd sah sie Lana an.

  • „Ich weiß es nicht Herrin, aber du musst doch gar nichts...“, gab sie leise von sich, da sie überrascht war, dass die Herrin mit einem Male wieder fragen an sie stellte. Lana sah aus der Sänfte heraus und wollte den Blicken der Herrin ausweichen, da sie auch nichts Falsches sagen wollte und gar falsche Gestik an den Tag legen wollte. Es dauerte etwas, bis sie ihre Worte wieder erhob und nun vorsichtig der Herrin in die Augen sah. „Wir in unserem Land...Wir haben nur geerbt, was die Person zu Hause gelassen hat...“ Lana strich sich über die Arme und schob den Stoff ihrer Kleidung zu Recht. Sie wusste nichts mehr, was sie dazu noch hätte sagen können. "Aber, aber wenn du wegen dem Erbe heiraten sollst, dann musst du es nicht. Es ist doch deine freie Entscheidung oder nicht?"

  • Musste sie nicht? Ein Schatten legte sich in ihre Gesichtszüge. War sie gestern noch über den Brief des Flavius Gracchus erbost gewesen, so kam allmählich die Einsicht. Es war die Pflicht einer jeden, guten Bürgerin, irgendwann zu heiraten. Und gerade in ihrem Stand, welchen sie hatte, war es selbstverständlich. Aber ihr Herz wollte aus irgend einem Grunde nicht so recht. Und sie kannte den Grund, der ihrer reinen Utopie entsprungen war: Marcus. Es mochte schon 7 Jahre her sein und sie selbst noch ein Kind, aber im Laufe der Jahre hatte sie immer wieder an ihn denken müssen. Und er war in ihrer Fantasie immer bei ihr gewesen und hatte sie geführt. So war es dann soweit gekommen, dass er sie sogar in ihrem Handeln beeinflusste. Sie ließ ein leises Seufzen vernehmen. "Sie hat mir ein Drittel ihres Vermögens gemacht. Aber scheinbar bin ich nicht nahe genug mit ihr verwandt, um das Erbe auch annehmen zu dürfen. Und der Staat gestattet es mir nur, es anzunehmen, wenn ich dafür Familiengründung vorweisen kann." erklärte die junge Frau.


    Auch sie blickte nun aus der Sänfte hinaus auf die Straße, wo soviele Leute unterwegs waren. Es war allerdings kein sehr schönes Wetter. Leichter Nieselregen rieselte herunter und kühlte die Luft um kein geringes Maß ab. Aber die Leute dort draußen, sie mussten ja unterwegs sein, hatten nicht so wie sie die Wahl. "Und sowieso. Irgendwann muss ich heiraten. Es ist meine Pflicht. Nur jetzt stehe ich gewissermaßen unter Zeitdruck und das gefällt mir nicht." Sie staunte selbst ein wenig über ihre Ruhe wenn sie an den gestrigen Abend zurückdachte. Vielleicht war es deshalb so, weil kein verfängliches Thema angeschnitten wurde.

  • Wilbert trabte mit der Sänftenstange auf der Schulter den Weg entlang. Der Regen tropfte ihm ins Gesicht, was seine Laune schon nicht gerade gut stimmte. Dazu kam noch der Antrieb seines Herren Quintus, der es offentsichtlich eilig hatte. "Wie dieser Fettsack mal wieder rumschreit", dachte sich Wilbert, "kein Stil hat er". So trotteten die 4 Träger daher, neben der Sänfte lief der Aufseher und Sekretär des Herren. Wibert konnte ihn nicht leiden, der hielt sich immer für was besonderes und das konnte Wilbert nicht ausstehen.


    Die Gruppe erreichte soeben eine Anhöhe auf der Strasse, und während Wilbert so vor sich hinträumte und -dachte, spürte er auf einmal -zack!- einen kräftigen Tritt in sein Hinterteil. "Wilbert, auch für Sich gilt: nicht einschlafen!". Wilbert schrak aus seinen Tagträumen auf und stolperte leicht. Sofort begann sein Blutpegel zu steigen und er kochte vor Wut. Hatte dieser Nichtsnutz von Aufseher ihm doch einfach einen Tritt verpasst, so eine Frechheit! Wilbert drehte sich um, so gut es ging an der Sänftenstange. Der grosse Hispanier stand dicht neben ihm. Wilbert warf ihm einen finsteren Blick zu. Als sich eine gute Gelegenheit gab, fuhr er sein linkes Bein aus, und trat dem Aufseher vor's Schienbein. Dieser zuckte leicht zurück, und war im Begriff, die Peitsche auszuholen.


    Aber der Boden war an der Stelle recht glitschig, und so rutschte Wilbert auf dem rechten Bein aus. Er konnte sich gerade noch fangen und die Stange wieder greifen, aber nicht verhindern, dass die Sänfte samt ihrem Inhalt auf den Boden schnellte. Mit einem lauten Knall fiel Wilbert's Ecke auf den Boden, die anderen Träger hatten Mühe Ihre Ecke zu halten und senkten die Sänfte rasch ab. Quintus begann gerade eine Fluchsalve, als sich Wilbert langsam wieder aufrappelte...

  • „Ich kenne deine Gesetze nicht so gut Herrin...“ Dann lächelte sie etwas schwach und sah wieder zu der Herrin herüber. „Ich weiß nur, dass du meine Gesetze machst, Herrin“ Dann senkte sich der Blick wieder und Lana strich abermals über ihre Kleidung. Es dauerte etwas, bis Lana einen anderen Gemütszustand als Zurückhaltung oder Ruhe an den Tag legte und wieder ihre Stimme erhob. „Ich möchte nicht, dass es dir schlecht geht und du sprichst mit Sorge Herrin. Das hört man“ Sie lehnte sich etwas zurück und strich abermals ihre Kleidung zu Recht. Lana war sehr darauf bedacht, gut auszusehen, da die Herrin ja sonst vielleicht in einen schlechten Ruf kommen würde und Lana dies ganz sicher auszubaden hatte. Apropos, auszubaden...Lana versank für einen Moment lang in Gedanken und schien völlig abwesend. Sie wollte wieder baden gehen, ja, das wäre das Richtige für sie oder ein Dampfbad...Wie gut es tun würde, aber sie dürfte keine Ansprüche stellen. Nur war es so, dass sie so etwas schon einmal mitgemacht hatte und wenn man es einmal gemacht hat, möchte man es wieder tun.

  • Minervina wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der sprechenden Lana zu und legte den Kopf leicht schief. Aber noch immer war nicht das geringste Lächeln in ihre Züge gerutscht. "Du solltest die Gesetze allerdings langsam kennenlernnen. Immerhin weiten sie sich auf die gesamte Welt aus, denn Rom wird immer populärer. Und diese Gesetze gelten für uns alle. Auch für Sklaven gibt es solche." erklärte sie in keinem unfreundlichen Tonfall. Minervina zog sich ihre Palla vom Haupt herab, denn sie fühlte sich ein wenig eingeengt und hier drinnen sah sie ja doch niemand außer Lana. Sorge zeichnete, in der Tat, noch immer ganzes Gesicht. Die dunkelbraunen, sonst so sanften Augen wirkten unruhig und einsam.
    Da stoppten die Sänftentrager mit einem Mal und Minervina wurde aufmerksam. Sie hörte draußen einen leisen Tumult und stimmen, die rasch sprachen. Eine kleine Falte wurde auf ihrer glatten Stirn sichtbar. jede Störung war ihr momentan unliebsam. "Lana, sieh einmal nach, was dort los ist." wies sie ihre Leibsklavin an. Sie versuchte durch den Vorhang zu spähen, doch sie sah nicht viel. Naja, ein Gutes hatte diese Störung ja: Sie wurden für einen Moment lang nicht mehr durchgeschaukelt.

  • Lana verneigte sich. „Aber natürlich Herrin“ Dann schob sie den Vorhang auf ihrer Seite etwas zur Seite und sah nun vorsichtig aus der Sänfte heraus. Sie blickte zu den Trägern und sah sie fragend an, wobei sie die Hände leicht hob und kurz in einer für die Herrin fremden Sprache mit den Trägern sprach. Die Herrin hörte die dumpfe, aber ebenfalls fremdartige Antwort des vorderen Trägers. Lana musste unweigerlich leicht schmunzeln, versuchte dies aber so gut es ging vor der Herrin zu verstecken. Der fordere Träger hatte scheinbar einen kleinen Witz, einen Spruch gebracht. Lana nickte dann nach kurzer Zeit und die Sänfte wurde langsam zu Boden gelassen. „Vor uns steht seine Sänfte mitten auf der Straße und wir können dort nicht einfach so vorbei“, gab Lana nun die übersetzte Fassung für die Herrin wieder. „Die Träger haben abgesetzt, weil es sich nicht lohnt die Sänfte die ganze Zeit zu halten und ich dachte vielleicht, dass ihr euch ein Bild von dem Spektakel machen möchtet. Irgendein Sklave schein nicht ganz seine Gedanken beisammen zu haben". Lana schmunzelte abermals. Den Originaltext würde sie nie eins zu eins für die Herrin übersetzen wollen.

  • Minervina lehnte sich zurück. Ihre Stimmung näherte sich wieder weiteren Tiefpunkten. Sie war sich mittlerweile gar nicht mehr so sicher, ob sie den Testamentmenschen noch aufsuchen sollte, um Beschwerde einzureichen. Sie wollte kein Aufhebens machen, dabei einen schlechten Ruf kassieren, weil sie gerne eine Sonderregelung des Gesetzes wollte. Der Mann machte schließlich auch nur seine Arbeit. Auch wenn sie gerne die Hinterlassenschaft ihrer Tante erhalten würde. Sie lauschte den fremden Lauten. Als Lana sich wieder in die Sänfte zurücklehnte, sah Minervina dass sie scheinbar leicht amüsiert war. Auch das Schmunzeln während der gesprochenen Worte war nicht übersehbar. Missbilligend runzelte sie die Stirn, sagte aber nichts. "Faules Pack." murmelte sie nur abfällig, was die Sänftenträger betraf und schüttelte den Kopf.
    "Als wenn neuerdings die Sklaven zu entscheiden hätten, was sich lohnt und was nicht." ließ sie mit leisem Schnauben verlauten, erhob sich dann aber um der Sänfte zu entsteigen. Ihre Palla richtete sie dabei wieder so, dass sie ihre Haupthaar bedeckte und nur wenige Strähnen im Gesicht noch erkennbar waren. Als sie auf die Straße trat, warf sie erst einmal den Sänftenträgern einen frostigen Blick zu, der nichts Gutes verheißen konnte. Dann näherte sie sich dem Geschehen. Lana indes bedeutete sie zuvor, dass sie ihr folgen soll. Nahe der Sänfte fragte sie mit schneidender Stimme: "Was soll dieser Tumult mitten auf der Straße?" In ihren Augen blitzte es gefährlich.

  • „Seitdem ihr mich darum gebeten habt Herrin“, entdreistete sich Lana nickte den Sänftenträgern zu und flüstere zwei Worte, worauf diese sich ihren eigenen Tod schon gleich ganz angenehm vorstellen mussten, jedenfalls waren sie nicht mehr so versteinert wie davor. Sie folgte der Herrin mit ineinander gelegten Händen und sah sich nun ebenfalls etwas um. Dann deutete sie auf die Sänfte die mitten auf der Straße stand und auf die Leute die da drum zustanden. Es war komisch, aber durch den Spruch des einen Trägers, schien sich Lana nicht mehr ganz so viel Sorgen um ihre Missgunst bei der Herrin zu machen. Schließlich fragte die Herrin sie nun wieder Dinge und ließ wieder Aufgaben zu, die Lana mehr zusprachen, als nur das Zimmer instand zu halten und sich um Dreck kümmern zu müssen. Klar, Lana war eine Sklavin, aber sie war auch teilweise eine recht verwöhnte Sklavin gewesen, was sie nun hier und dort auch sehr zu vermissen schien. „Ich denke, dass ein Träger gestolpert und gefallen ist. Hörst du denn die Flüche seines Herren über ihn nicht? Wenn das stimmt, was der Herr von sich gibt, so scheint es ein rechtes Faultier zu sein. So sagte mir der Träger“

  • Minervinas Blick entflammte fast, als sie Lanas dreiste Antwort hörte. Sie hatte sie zur Erkundigung gebeten, das stimmte wohl. Aber nie hatte sie ihr aufgetragen, ihre eigene Meinung zu äußern. Am Liebsten hätte sie ihr jetzt ins Gesicht geschlagen, doch dafür müsste sie sich umdrehen und ein paar Schritte gehen. Das wiederum würde heißen, dass Lana sich die Strafe nicht freiwillig abholte und könnte sich rufschädigend entwickeln. Die Strafe würde auf Daheim verlegt werden. Sie ballte einmal ihre Faust, wie sie es immer tat, wenn sie zornig war und ihr Temperament ein wenig zügeln wollte.
    "Das sehe ich auch, Serva!" sagte sie laut zu Lana, um sie wieder in ihre Schranken zu weisen. Nicht einmal ihren Namen nannte sie in ihrer Ungeduld und warf ihr abermals einen kühlen Blick zu. "Und ich sprach auch nicht mit dir, sondern mit den Urhebern. Was hier los ist, sehe ich wohl durchaus. Ich will wissen, warum sie ihren Disput nicht auf später verlegen." schnitt sie weiter und sah dann wieder den Herren der Sklaven an, zwischen denen hier der Disput herrschte. Sie beobachtete das laute Hin und Her etwas, spürte dabei aber die Ungeduld in sich steigen. Ihre Gedanken schwenkten zwischen Lana und dem Geschehen hin und her.

  • Lana hielt nun etwas Abstand zu ihrer Herrin und ließ das leichte Lächeln von ihren Lippen fallen. Was jedoch nicht heißen sollte, dass sie es innerlich immer noch tat. Es tat gut in der großen Stadt zu sein, dort wo einen jeder sehen konnte. Dort, wo man auf Ruf und Namen acht gab und sich nicht einfach alles erlauben konnte. Lana strich erneut über ihre Sachen und verschränkte die Arme für den Augenblick hinter dem Rücken. Sie sah noch einmal zurück zu den Trägern. Die Strafe, das war jetzt ein anderes Thema und dieser würde sie sicherlich ausweichen könnte, indem sie einfach nur den Mund hielt. Sie würde jetzt einfach nichts mehr sagen und dann wäre die Sache gegessen. Sie würde sich vielleicht am Abend etwas zu den anderen Sklaven gesellen. Natürlich nicht zu jedem, aber sie hatte vielleicht zwei oder drei Personen mit denen sie sich zumindest unterhalten konnte.

  • Wilbert hatte sich schnell wieder aufgerichtet. Er schwankte zwischen Wut auf den Aufseher und Angst vor Quintus. Schliesslich siegte die Wut, nicht zuletzt weil der Aufseher die Peitsche schwingen wollte. Wilbert sprang auf den Aufpasser zu, und verpasste ihm eine Faust. "Untersteh Dich!", raunte er ihm zu. Anschliessend drehte er sich um und verneigte sich vor dem Herrn, der umständlich aus der Sänfte geklettert war. "Entschuldigt, hoher Herr! Die Sänftenstange war zu nass bei dem Regen, ich bin ausgerutscht". Quintus konnte nur mit Mühe seine Contenance wahren. Er versetzte Wilbert eine kräftige Ohrfeige. "Das werden wir zu Hause regeln. Jetzt wieder an die Arbeit!".


    Inzwischen war ein regelrechter Stau auf der Strasse entstanden und einige Leute hatten sich um Quintus' Sänfte versammelt, um das Schauspiel zu verfolgen. Ausserdem war kein Durchkommen mehr und zwei Wagen sowie eine Sänfte waren steckengeblieben.


    Quintus blickte auf die junge Frau, die sich dem Schauplatz genähert hatte und selber übelgelaunt dreinblickte. "Sie müssen entschuldigen", fing er an zu reden. "Der Aufpasser und mein neuer Sänftenträger verstehen sich nicht gut. Ich werde ihn wieder zurück auf die Felder schicken oder auch verkaufen müssen".


    "Sie scheinen ja auch mit widerspenstigen Sklaven zu tun zu haben, dann wissen Sie ja, wie das ist.", sagte er während er einen Blick auf Lana warf, und sich ein Lächeln rausquälte. "Wir machen den Weg sofort wieder frei. Entschuldigen Sie die Störung". Er wischte sich das Regenwasser aus dem Gesicht, drehte sich um und machte sich auf, sich wieder in die Sänfte zu zwängen. Irgendwie peinlich, all das.


    Wilbert hatte sich inzwischen wieder an seiner Ecke der Sänfte platziert und blickte mit funkelnden Augen nach dem Aufpasser, der gerade zum Peitschhieb ausholte...

  • Sie fühlte sich anfangs ein wenig missachtet, konnte aber die Vorgehensreihenfolge des Mannes nachvollziehen. Wenn man Sklaven nicht rechtzeitig züchtigte, werden sie rebellisch, weil sie denken, sie hätten doch recht gehabt. Bei Lana hatte sie diese Gelegenheit soeben verpasst, aber sie würde es nicht versäumen, sie nachzuholen. Spätestens bei der Rückkehr in die Villa. Sie warf Lana noch einen kurzen Blick zu, als der Herr seinem Sklaven eine Ohrfeige versetzte. Ihr Blick hatte beinahe etwas Triumphierendes, so, als wollte sie sagen, schau wie es woanders zugeht. Als sich dann der Mann an sie wandte, wurden ihre Züge leicht mit Spott durchzogen. Sie spürte etwas in sich aufsteigen, was man als Geltungssucht bezeichnen konnte. Wut, gegen all dieses feiste Sklavenpack. Sie war immer sehr human eingestellt gewesen und vermochte auch nicht zu sagen, ob ihr jemals ein Grund gegeben wurde, diese Einstellung zu ändern. Aber sie hatte sich geändert, mit, oder ohne guten Grund.
    "In der Tat, ich weiß wie furchtbar dieses Pack sein kann." bestätigte sie, während sich ein eisiger Gesichtsausdruck zeigte. Das Eis mochte Lana einen kalten Schauer den Rücken herabjagen, denn es war unverkennbar, dass über sie gesprochen wurde. "Ich war lange Zeit zu nachsichtig. Es wird Zeit, dass ich die richtige Behandlung anwende." antwortete sie dem Manne. Sie als Frau mochte nicht unbedingt selbstständig die Hand erheben, doch es würden sich noch ausreichend Gelegenheiten ergeben, andere Strafen zu ersinnen. Sie sann einen Augenblick nach, während ihr Blick den widerspenstigen Germanen betrachtete. Er stammte unverkennbar aus nordischen Gefilden, entstammte jenem Volk, die den Tod ihres Vater zu verantworten hatte. Einst hatte sie einen germanischen Sklaven, der ihr Herz erweicht hatte. Es musste Schicksal gewesen sein, dass er sich in den Straßen verlor.
    "Warte!" meinte sie dann und näherte sich der Sänfte. "Wenn Du ihn verkaufen möchtest und der Preis nicht allzu hoch ist, nehme ich mich gerne seiner an. Ich denke, ich weiß ihn zu bändigen." unterbreitete sie dem Manne ein Geschäft und sah in die Sänfte hinein. Ihr zartes Alter war aus dieser Nähe nun besser zu erkennen. Ihre Haut war eben und sie hatte ein sehr schönes Gesicht, welches kaum ihren Stolz durchschimmern ließ.

  • Ihre Schritte folgten der Herrin getreu weiter, da sie sich auch selbst ein wenig Bild davon machen wollte, was nun wirklich geschehen war. Es dauerte etwas bis sich Lana räusperte. Sie sagte nicht, ließ aber doch vermerken, dass sie mit dem Kauf gar nicht einverstanden war. Dieser grobe und scheinbar nicht ganz helle Typ war nun gar nicht ihr Fall und es sah so aus, als wenn sie ein wenig eifersüchtig war. Jedenfalls, wollte die Herrin ihn bändigen und sie würde somit viel Zeit mit diesem Kerl verbringen. Lana war der Meinung, dass er nicht gut für die Herrin war und das dieser Typ, besser auf den Feldern hätte arbeiten können, als bei IHRER Herrin zu Hause.

  • *knall*


    Die Peitsche knallte über Wilbert. "uumpff", ächtzte Wilbert. Aber er wusste, dass er sich daneben benommen hatte, und jede weitere Gegenwehr seine Situation nur schlimmer machen würde. Also fügte er sich seinem Schicksal und wandte das Gesicht ab, um es zu schützen.


    Quintus hatte sich inzwsichen wieder in die Sänfte gequetscht und mühsam eingerichtet. Er drehte sich wieder um, sich der Frau zuwendend. Was sie wohl mit 'richtiger Behandlung' ihrer Sklaven meinte? Dabei sah er die kleine Sklavin, die ihr folgte, fragend an.


    Er wollte gerade ansetzen, sich nochmal bei der jungen Dame zu entschuldigen und den Aufpasser anzuweisen, endlich wieder loszugehen, als er das Angebot vernahm, ihm Wilbert abzukaufen. Er stockte, und musterte die Dame langsam von unten bis oben. "Also, Ihr wollt meinen Wilbert bändigen??", fragte er etwas ungläubig. Sie schien noch recht jung zu sein, vielleicht 18, oder 19? Bestimmt so eine verwöhnte Tochter aus einem der patrizischen Häuser, auch wenn ihre Sänfte keine Schlüsse zuliess. "Seid Ihr sicher, dass Ihr ihn bändigen könnt? Was wollt Ihr mit ihm anfangen?" Nachdem die erste Überraschung verflogen war, fing sein Gehirn wieder an zu funktionieren und er dachte über das Angebot nach. Ernte war erst wieder in einigen Monaten und solange brauchte er keinen weiteren Feldarbeiter. Und als Sänftenträger wollte er ihn nach dieser Show nicht mehr halten, obwohl er ein ziemlich guter Träger gewesen war, mit langer Ausdauer und gutem Balancevermögen.

  • Minervina wandte nur einmal den Blick seitwärts. Peitsche. Sie hatte diese viel zu selten eingesetzt. Ihr Blick wanderte weiter zu Lana. Sie war aber auch zu schade, um sie mit der Peitsche zu verschandeln. Sie hatte doch schon so tiefe Narben auf dem Rücken. Aber wenn sie nicht anders lernte? Vielleicht war es einen Versuch wert? Ach, das konnte später ersonnen werden. Fast mitleidig betrachtete sie wieder den Sklaven, dem die Peitsche über den verlausten Germanenrücken gezogen wurde. Augenscheinlich stand sogar etwas wie Amusement in ihren Augen. "Ja, das will ich." erklärte sie kühl und wandte sich somit wieder dem Römer zu, als er sie aus ihren Gedanken holte. Seit ihr ehemaliger germanischer Sklave ihr fortgelaufen war, hatte sie ohnehin eine noch weniger gute Meinung von Germanen. Sie ahnte schon, weshalb er so zweifelnd nachhakte. Seine eigentliche Frage, nämlich ob sie sich das zutraute, war offensichtlicher als die tatsächlich gesprochenen Worte. Aber kurz darauf folgte ja die ehrliche Frage.


    "Es wäre nicht der erste Sklave, der in unserem Hause gebändigt würde. Und wozu er nützlich ist, kann man ja nach seiner Zähmung sehen. Ein Leibwächter wäre nicht schlecht." erklärte sie, nicht ohne Seitenblick in Richtung ihrer Leibsklavin. Dann blickte sie wieder zu besagtem Quintus und musterte ihn. Eigentlich wäre es ja die Aufgabe eines Sklaven diese Verhandlungen mit dem Manne zu führen, doch momentan traute sie dem Pack nicht über den Weg. Wenn Sklaven schon einfach die Sänften mit ihren Herren fallen ließen... "Immerzu freundliche Sklaven, die man schon so erwirbt, sind schlecht zu ergründen. Wer weiß was sie denken. Wenn man allerdings einen Rebellen züchtigt, weiß man, was im Kern steckt. Grobheit ist einfacher zu halten als Tücke." erklärte sie. "Jedenfalls dann, wenn man sie gebändigt hat." Ein leises, aber kühles Lächeln schlich über ihr Gesicht.

  • Ihr stockte für den Augenblick der Atem und sie sah zu diesem groben Stück Mensch herüber. Oh nein, dass konnte nicht sein...Ein Schock donnerte durch ihren Kopf und sie taperte unbeholfen ein paar Schritte zurück. Ihre Stirn legte sich in Falten und sie sah von ihrer Herrin, zum Germanen und schließlich zum jetzigen Herren des Sklaven, ehe sie ihre Blicke wieder gen Boden fallen ließ. Sie strich sich leicht zitternd über die Kleidung und verfiel für den Augenblick in einem wirr-wahr mit den bösesten Gedanken, was ihre Bestrafung anging. Von der anderen Seite jedoch blies ebenfalls ein eisiger Wind, der ihr langsam aber sicher ins Ohr hauchte, dass sie ihre bevorzugte Rolle bald verlieren würde, wenn alles so weitergehen sollte. Sie schüttelte sich kurz und es bildete sich jetzt schon so etwas wie ein Hauch von Hass, gegenüber diesem neuen Sklaven und alles was zu ihm dazugehörte, denn schließlich war er an diesem ganzen Schlamassel hier Schuld und sie würde ihm dass auch noch deutlich sagen, wenn sie jetzt die Herrin nicht irgendwie umstimmen konnte...
    Ihre Schritte führten sie aus der Entfernung wieder dicht an ihre Herrin ran. Ihre Stimme war leise und so vorsichtig, als würde sie auf ihren Wellen rohe Eier transportieren. „Meinst du Herrin, dass das wirklich jetzt eine gute Entscheidung ist, wenn du hier auf offener Straße einfach so einen Sklaven kaufst, der dazu auch noch nicht gerade klug zu sein scheint. Ich meine, er würde sehr viel Zeit kosten und ist er das wert?“

  • Sie spürte Lana hinter sich, ohne dass sie diese sah. Normalerweise würde sie einen halben Ausbruch bekommen, denn Lana hatte sich nicht in ihre Geschäfte einzumischen. Doch stattdessen besänftige sie der warme Atem der Sklavin an ihrem Ohr, als diese leise zu ihr sprach. So schnitt sie ihr nicht sofort das Wort ab, sondern bedauerte fast, dass diese sich zurückzog. Ihr Blick wirkte befremdet, besonders als sie bemerkte, was sie gerade gedacht hatte. Oder auch nicht gedacht, denn sie hatte völlig versäumt, Lana für ihr Einmischen abzustrafen. Sie wandte sich zu Lana um und sah sie mit diesem sonderlich abwesenden Blick an. Erst während sie ein paar Sekunden verstreichen ließ, besann sie sich wieder ihrer Worte und schüttelte nur den Kopf.


    Sie öffnete den Mund um sich zu rechtfertigen. Aber warum sollte sie das vor einer Sklavin tun? Sie tat es dennoch. "Meine ganze Familie ist auf dem Feldzug oder hat sonstwas zu tun. Ich brauch eine Wache. Und je dümmer, je loyaler." Sie erklärte Lana sogar ehrlich ihre Beweggründe. Jedoch flüsterte sie sehr leise, sodass es ihrem Geschäftspartner nicht möglich war, zu lauschen. Dann wandte sie sich wieder von Lana ab. Se ärgerte sich, denn einerseits sprach sie von Züchtigung der Sklavin, andererseits wurde sie wieder erweicht.

  • Quintus starrte mit offenem Mund auf die zierliche Frau, die da vor ihm stand. War ja eine richtige Philosophin... "Tja, also...", fing er langsam an zu sprechen. "Da habt Ihr wohl recht, wenn Ihr es schafft, ihn Euch nach Euren Befürfnissen ranzuziehen, sollte er sehr wertvoll sein. Aber bedenkt, dass er schon lange Sklave ist, und auch von mir schon zum guten Arbeiter erzogen wurde. Er wird sich vielleicht nicht mehr so leicht umerziehen lassen. Wenn Ihr einen mit Kraft sucht, zum Schleppen oder als Leibwächter, ist er sicher am besten eingesetzt."


    Die Sklavin hinter der Dame hatte sich genähert und die beiden tuschelten etwas miteinander. Quintus guckte skeptisch rüber. Was zum Teufel hatten die beiden zu bereden? Die Sklavin tat ja bald so, als wäre sie eine gute Freundin der Herrin... Das liess ihn wieder an den erzieherischen Qualitäten der Familie zweifeln, aber es konnte ihm ja auch egal sein.


    "Also, gut. Lass uns sehen, ob wir ins Geschäft kommen. Ob ich ihn verkaufe oder nicht, hängt am Ende vom Preis ab." Mühsam setzte er sich in seiner Sänfte zurecht. "Ich selber habe 750 Sesterzen für ihn bezahlt, und er ist sicher nicht schlechter geworden in seiner Dienstzeit bei mir." Er musterte die junge Frau eindringlich. "Was sagt Ihr: für 900 Sesterzen ist er Eurer, ihr könnt ihn direkt haben." Fragend blickte er sie an....


    In der Zwischenzeit hatte sich Wilbert wieder an seinen Platz an der Sänfte begeben und kauerte neben der Stange. Als die Unterredung ihren Gang nahm, bekam er mit, dass es um ihn ging. Verkaufen??? Was, ihn??? das konnte nicht sein ernst sein... Wilbert wollte sich umdrehen, hätte am liebsten protestiert, aber das überlegte er sich. Gebannt starrte er nach vorne und lauschte der Konversation. Er mochte seinen Herren nicht besonders, aber die Kollegen auf dem Feld, an der Sänfte und in den Sklavenunterkünften waren toll. Sollte er nicht mehr mit Kunibert Fussball spielen, oder mit Hannibal dem Afrikaner über Quintus und den Aufpasser lästern?? er war jetzt so lange dort gewesen, das konnte er sich im Moment gar nicht vorstellen. Vorsichtig drehte er sich doch mal kurz um, die Neugier war doch zu gross gewesen. Eine nach seiner Einschätzung recht junge Frau sprach dort mit seinem Herren. Er sollte einer Frau dienen?? Hm, naja, wenigstens müsste ihre Sänfte leichter sein als die von Quintus, der fett und zu geizig für mehr als 4 Träger war...

  • Minervina hörte seinen Worten aufmerksam zu. Ihr war kühl, denn der Nieselregen durchnässte allmählich ihre Tunika. Der nasse Stoff würde gewiss für eine Erkältung sorgen, wenn sie ihn nicht allmählich ablegen konnte. Diese kleinen Tröpfchen gingen viel mehr unter die Haut, als ein Platzregen, denn sie legten sich langsam auf den Stoff und wirkten völlig harmlos. Er wollte seinen Sklaven anpreisen. Es war klar, dass er das Bestmögliche rausholen wollte. Dast gelangweilt wurde ihr Blick, als er seine Ausführungen beendet hatte. Es war der ganz normale Standardtext. Der Standardtext, den man anbrachte, wenn man über gewisse Schwächen hinwegspielen wollte. Zwar war es nichts Schlimmes sonder eher etwas Natürliches, wenn ein Sklave nicht lesen konnte, doch das war hier offensichtlich der Fall. Aber sie brauchte ja auch keinen Scriba.


    "900?" Sie sah ihn etwas ungläubig an und schwenkte dann mit ihrem Blick zu dem Germanen hin. Gut, er hatte den kleinen Vorteil, dass er seine Lage ausnutzen konnte, denn sie wollte ihn schließlich haben. Aber soviel Geld? Ganz gewöhnliche Sklaven für Feldarbeiten waren viel günstiger. Das war schon beinahe ein Preis für einen Edelsklaven. Und so rückte sie mit ihrer Argumentation heraus. "Ich will ja seinen emotionalen Wert nicht abstreiten, denn du vielleicht zu ihm hegst, aber... 900? Er ist schon recht alt für einen Sklaven. Du verlangst den Preis für einen jungen Knaben der das Schreibenlernen schon hinter sich hat. Selbst deine 750 waren zuviel. Ich bin allerdings gerne zu 800 Sesterzen bereit. 900 ist pure Utopie." Ab nun war ihre Ungläubigkeit gespielt, aber in dieser Schauspielerei strich sie sich fassungslos eine nasse Strähne unter die Palla.

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