Wachdienst

  • Priscus hatte heute morgen seinen ersten Tagesbefehl als Legionär erhalten - Wachdienst. Naja, man kann ja nicht gleich was spannendes erwarten...
    Gemeinsam mit einigen anderen Legionären machte er sich auf den Weg zu ihren Posten, um die alten Wachen und Patrouillen abzulösen. Zum ersten Mal bekam Priscus mit, wie so ein Wachwechsel in allen Einzelheiten vollzogen wurde. Wer wem Meldung machte, wer wen wohin kommandierte. "Ein Glück, dass ich erstmal nichts anderes tun muss, als meinem Kameraden hinterher zu laufen", dachte er sich. Und schnell merkte er auch, wozu der Formaldienst gut gewesen war - wenn die Soldaten keinen Gleichschritt geübt hätten und nicht genau wüssten, wer wie läuft, wären sie sich bestimmt ein paar Mal auf die Füße getreten.


    Als das Procedere endlich abgeschlossen war (eigentlich hatte es nicht mal ein paar Augenblicke gedauert, aber wenn man hautnah dabei ist, ist sowas schon sehr spannend) und er zusammen mit einem Kameraden seinen Posten auf einem Turm bezogen hatte, wurde es dann doch ziemlich schnell langweilig. "Stehen wir immer nur auf diesem langweiligen Eckturm rum oder werden wir auch mal am Tor eingesetzt?" fragte er den anderen. Lachend antwortete der: "Keine Sorge, ans Tor kommst Du auch noch. Aber die LEGIO I setzt dort normalerweise keine blutigen Frischlinge ein... Die Position am Tor kann durchaus stressig sein!"

  • Der zweite Tag Wache war nicht viel spannender als der erste. Wieder auf einem Turm, wieder mit einem altgedienten Kameraden. Noch war es ja spannend, sie nach ihrer Herkunft, ihrer Karriere, ihren Tätigkeiten usw. auszufragen und von seinen eigenen Vorstellungen oder der Familie zu erzählen, aber bald würde das bestimmt auch langweilig werden. Man darf sich gar nicht vorstellen, 25 lange Dienstjahre die halbe Zeit auf einem dummen Turm in einem Lager kurz vor Rom rumzustehen und auf einen Feind zu warten, der hier garantiert nie auftauchen wird...
    Priscus' Wachpartner schien die Gedanken des jungen Mannes erraten zu haben: "Du wirst nicht deine ganze Dienstzeit hier verbringen. Schau mal runter ins Lager - was siehst Du? Legionäre beim Arbeitdienst, Legionäre auf dem Weg zu den Büros, Legionäre auf dem Weg zum Hafen, Legionäre, die bald Unteroffiziere werden... Die Legion bietet Dir viele Möglichkeiten, Du musst nur auf sie warten und im richtigen Augenblick zugreifen."

  • Nach der spannenden Ausnahme des Triumphzuges kam Priscus der übliche Wachdienst noch langweiliger vor als zuvor. Ob er bald einmal für etwas anderes eingeteilt würde?
    Er sah die legionäre, die auf der Lagerhauptstraße den kanal erneuerten. Naja, das musste es auch nicht gerade sein...
    Vielleicht sollte er sich einmal bei einem der Lagerschuppen melden. Gut Rechnen konnte er, vielleicht war ein Platz als Lagerhelfer zu bekommen.

  • Die Tage vergingen und Priscus kam mit der Routine des Lagerlebens gut zurecht. Aufstehen, schnell etwas Körperpflege und ein kleines Frühstück und dann den Tagesbefehl des Centurio entgegen nehmen. Meistens Wachdienst - einen halben Tag lang. Zum Glück nicht mehr immer nur auf einem langweiligen Wachturm, sondern auch mal woanders. Vor der Principia oder dem Praetorium, als Patrouille oder an einem der Tore. Manchmal auch Nachts, dann hatte er am nächsten Tag wenigstens ein wenig Freizeit. Ansonsten füllten die täglichen Exerzierübungen die andere Hälfte des Tages. Immerhin machten sie jetzt Spass. Nicht mehr mit Holzschwertern gegen Pfähle, sondern gegen die Kameraden und mit einem nicht mehr ganz so grimmigen Optio daneben. Oder es gab Formaldienst. Manchmal in Paradeausrüstung, mit Pferdehaarbusch auf dem Helm den Platz rauf und runter laufen. Augen links, Augen rechts, ... Langweilig, aber er würde es wohl nie los werden.

  • Auf seinem Kontrollgang durch das Lager inspizierte macer auch einige Wachposten, u.a. auch den von Priscus, der gerade mit fünf weiten Kameraden Dienst an der Porta Retentura tat. Macer liess den dienstältesten Soldaten Bericht erstatten. "Legatus, die Torwache an der Retentura ist vollständig besetzt. Das Tor ist nur für den militärischen Verkehr geöffnet. Keine besonderen Vorkommnisse heute."
    Macer nickte und liess seinen Schreiber mal wieder eine Notiz machen. Dann wechselte er ein paar persönliche Worte mit den Soldaten. Auch Priscus fragte er, ob es ihm in der Legion gefalle und wie er mit dem täglichen Dienst zurecht komme.

  • Priscus war sehr erfeut, dass der Legatus ihn persönlich ansprach. "Mir gefällt es hier sehr gut. Die Ausbildung war zwar hart, aber jetzt fällt einem der tägliche Dienst leicht. Vielleicht werde ich mich bald einmal um Sonderaufgaben im Lager oder in der Werkstatt bewerben. Auf Dauer wird der Wachdienst zur Routine."

  • Macer nickte freundlich - viele Soldaten erzählten ihm sowas. Aber so lange sie es ehrlich meinen, konnte das ja nur gut sein. Wieder einmal liess er seinen Schreiber eine Notiz machen, immerhin hatte er ja noch im Hinterkopf, dass die Kanal-Baustelle etwas Verstärkung brauchte. Wenn sich Priscus um einen Posten in der Werkstatt bemühen wollte, dann war er sicher ein geeigneter Kandidat.


    Nach kurzen Wortwechseln mit den anderen Wachen setzte er seinen Rundgang fort, sprach immer wieder mit Soldaten und Offizieren und liess immer wieder etwas notieren...

  • Priscus freute sich, als er sah, dass der Legat nach dem kurzen Wortwechsel etwas notieren liess. Die anderen Kameraden am Tor antwortetem dem Legat ähnlich, und auch hier liess er ab und zu etwas notieren. Als er gegangen war, tauschten sich die Soldaten kurz aus, liessen sich dann aber nicht weiter von ihrem Wachdienst ablenken.

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