Ein Senator bittet um das Wort

  • Seit Livianus den Posten eines Legatus Legionis übernommen hatte, war er nur ein selten zu sehender Gast in den heiligen Hallen des Senats gewesen. Nicht oft hatten seine Wege nach Rom geführt und auch wenn er sich durch regelmäßige Senatsberichte auf dem Laufenden halten ließ, so hatte er ebenso selten persönlich das Wort an den Senat gerichtet. Am heutigen Tag nutzte er seine Einladung in den Palast und die damit verbundene Anwesenheit in Rom und nahm auch sein Sitzungsrecht im Senat war. Gleich am Morgen hatte er einen Boten losgeschickt, der ihm auf die Rednerliste setzen sollte und so wartete er, bis man ihm das Wort erteilte.

  • Die heutige Senatssitzung, in der mal wieder Commodus den Vorsitz führte (wofür er seinen Collegen verfluchte), dauerte für den Geschmack des alten Mannes bereits viel zu lang. Doch war erst die Hälfte der Rednerliste abgearbeitet und ein Scriba hatte ihm versichert, dass der Abend noch sehr lange hin sei.


    So schaute Commodus nun auf seine Rednerliste und verkündete: "Senator Marcus Decimus Livianus steht als Nächstes auf der Liste. Ihm sei hiermit das Wort erteilt."

  • Livianus nickte dem Consul dankend zu, erhob sich und trat dann in die Mitte der Halle.


    „Ehrenwerte Senatskollegen!


    Ich bin kein Mann langer Worte oder Reden und darum möchte ich gleich direkt zum Punkt meines Anliegens kommen. Ich möchte einen Zusatz für den Codex Universalis vorschlagen, er sich mit der Berufung in den Senat befasst.


    Wie euch allen bekannt ist, gibt es einige ernannte Senatoren, denen es nicht möglich ist, aktiv an den Sitzungen oder Abstimmungen des Senats teilzunehmen. Oft sind es ehemalige Magistraten, die sich bereits zur Ruhe gesetzt haben, oder Senatoren, die auf Grund ihres Standes höhere Posten und Ämter in anderen Provinzen unseres Reiches bekleiden. Zweifellos ist es überaus wichtig, dass wir Senatoren für solche Ämter haben. Auf der anderen Seite wissen aber auch alle von euch, dass die Mitgliederanzahl des Senats begrenzt ist und wir durch abwesende Senatoren, wichtige Stimmen und aktive Mitarbeit im Senat verlieren.


    Ich würde daher vorschlagen, dass wir eine Art Ehrensenatorenschaft einführen und im Codex verankern, die es ermöglicht, Senatoren ohne Sitz und Stimmrecht zu ernennen. Durch ein solches Gesetz hätten alle Senatoren die Möglichkeit, vom aktiven Geschehen im Senat zurück zu treten und dennoch ihren Status als Senator zu behalten. Ich nehme dabei wieder als Beispiel einen Senator heran, der sich in seinen wohlverdienten Ruhestand zurückzieht, dennoch weiter als stimmberechtigter Senator geführt wird, oder einen Senator, der sich dazu entschließt in eine andere Provinz zu ziehen, dennoch aber weiter seinen Sitz hier im Senat behalten würde, oder aber auch einen Senator, der wie ich, Feldherr einer Armee ist und dem es dadurch so gut wie unmöglich ist, aktiv an den Sitzungen des Senats teilzunehmen, aber dennoch als stimmberechtigter Senator geführt wird.


    Ich will darauf hinaus, dass alle diese Senatoren unzweifelhaft verdient haben, den Status eines Senators zu bekleiden und ich könnte mir auch vorstellen, dass diese Ehrensenatorenschaft eine gewisse aktive Zeit als Senator voraussetzt, aber dennoch sehe ich es als großen Vorteil an, wenn in Zukunft jeder von uns die Möglichkeit hätte, eine freiwillige Entscheidung darüber zu treffen, um seinen Platz im Senat dadurch vielleicht einen neuen und aktiveren Senator zu überlassen.


    Wie bereits gesagt soll dies keine Mussbestimmung werden, sondern eine freiwillige Entscheidung jedes einzelnen Senators, die er allerdings auch jederzeit wieder revidieren können sollte. Ein Senator, der seinen Dienst jahrelang in einer weit entfernten Provinz versieht, bring dem Senat nicht viel – zumindest was die aktive Mitarbeit im Senat betrifft – und wäre für mich ein Kandidat, der sich für eine solche Ehrensenatorenschaft entscheiden könnte. Jedoch kann auch er eines Tages, nach Beendigung seiner Amtszeit, vielleicht wieder den Weg zurück nach Rom finden und dann sollte er auch die Möglichkeit haben, wieder aktiv am Senatstagesgeschäft teilnehmen zu können und damit seine Ehrensenatorenschaft in eine aktive Senatorenschaft zurückzustellen.


    Nun meine Herren. Ich würde gerne eure Meinungen zu meinem Vorschlag hören.“

  • Was Durus da hörte, gefiel ihm gar nicht und er war schnell genug, sich als erster zu Wort zu melden.


    "Verehrter Decimus.


    Ich erachte die Idee einer Ehrensenatorenschaft für...nunja...nicht notwendig und zwar aus folgenden Gründen:


    Senatoren, die Ämter in fernen Städten bekleiden - wie etwa Du, Decimus, tun dies für gewöhnlich vielleicht maximal drei bis vier Jahre. In dieser Zeit besuchen sie den Senat höchst selten, das ist richtig. Dennoch wäre es für die wenigsten erstrebenswert, seinen Senatssitz aufzugeben - immerhin haben sie sich diesen hart erkämpft!


    Kommen wir zur nächsten Frage: Was passiert, wenn ein Senator 'Ehrensenator' wird? Rückt dann ein anderer junger Mann nach, der dann wieder 'aktiv mitarbeiten' kann? Nun ist doch die Zahl der Senatoren auf 300 beschränkt, soweit ich weiß. Kämst beispielsweise Du, verehrter Decimus, von deinem Legionskommando zurück, würdest Du zu Recht diesen Sitz zurückfordern - dazu müsste man jedoch wieder jemanden ausschließen.


    Folglich könnte niemand für die 'Ehrensenatoren' einspringen und es gäbe trotzdem keine neuen, aktiven Mitarbeitert in diesen Hallen.


    Für wesentlich sinnvoller halte ich es, ein strengeres Auge auf die Senatoren zu haben und ihnen beispielsweise vorzuschreiben, an den Sitzungen teilzunehmen, beziehungsweise ihren Wohnsitz in Rom zu wählen. Wenn ein Senator alt wird und lieber auf sein Landgut in...Africa oder Hispania oder sonstwo ziehen will, kann er ebensogut seinen Platz gänzlich räumen - dann kann auch ein junger Mann - vielleicht der Sohn des alten Senators - nachrücken."


    Er setzte sich und wartete auf Kommentare.

  • Livianus konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, als der erste Senatskollege aufsprang und gegen den Vorschlag sprach. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass dieser leicht erregt wirkte.


    „Nun Senator…. Wie schon gesagt, soll es sich hierbei um eine freiwillige Option handeln, über die auch nur der betroffene Senator selbst entschieden kann. Damit sehe ich auch kein Problem darin, wenn jemand seinen – hart erkämpften – Senatssitz aus freien Stücken aufgeben und vielleicht dennoch dem Reich auf einem Posten dienen möchte, der den Stand eines Senators voraussetzt.


    Und was das zurückkommen betrifft…. sein wir doch mal ehrlich….denkst du wirklich, dass es so schwierig werden würde, wieder einen Sitz im Senat zu erhalten? Selbst wenn, dann wäre es bestimmt nur mit einer kleineren und verschmerzbaren Wartezeit verbunden.


    Ich sehe also nichts an deiner Argumentation, das wirklich gegen einen solchen Zusatz im Codex sprechen würde.“

  • Furianus hatte den Vorschlag des Legionskommandanten mit etwas Skepsis angehört, aus der dann die Ablehnung wuchs je weiter der Senator dies ausführte. Den Worten seines patrizischen Kollegen konnte er auch nur zustimmen und erhob sich, nachdem der Decimer geendet hatte.


    "Was bringt uns ein Senator, der auf das verzichtet, worauf das Amt des Senators begründet und dessen Zweck es ist - die politische Anteilnahme?
    Was nützt dem Senat eine Legion voller Senatoren, die überhaupt keine Anteilnahme an der Politik Roms haben, vielleicht auch gar nicht wollen? Männer, die ein Amt bekleiden, wie die Magistrate nach dem Konsulat, tun ihre Pflicht, Männer, die ein Legionskommando für ein paar Jahre inne haben, tun ihre Pflicht, aber solche, die Rom gänzlich den Rücken kehren, ohne vom Senat dazu bestimmt zu werden, sollten sich nicht mehr Senator nennen dürfen. Und die Zahl derer, die abwesend sind, hält sich doch mehr als nur in Grenzen. Schließlich hat Rom keine 300 Provinzen, die mit Senatoren zu führen sind.


    Der Senat, Decimus Livianus, kann neben dem Imperator Caesar Augustus auch über deinen Werdegang entscheiden, demnach wird es dich interessieren, was der Senat beschließt und falls dies nicht deinen Plänen und Wünschen entspricht, so wirst du hier sein und dies vor dem Senat vertreten und so wieder Anteil an den Debatten haben. Jeder Senator wird bemüht sein in Rom seine Interessen und Wünsche zu wahren, denn der, der dem Senat den Rücken kehrt, wird doch wohl nicht mit Ämtern belohnt?


    Daher bin ich gegen diese Ehrensenatorenschaft, denn die Sitze im Senat variieren doch sowieso ständig. Jedes Jahr werden Senatoren berufen, andere aufgrund des fehlenden Kapitals müssen gehen."


    Damit setzte er sich.

  • Irgendwie hatte sich diese Diskussion in eine Richtung entwickelt, die Livianus überhaupt nicht schmeckte wollte und vor allem die letzte Wortmeldung dieses Senatskollegen hatte eher den Anschein eines Angriffs auf Livianus Loyalität gegenüber Rom und dem Senat, als tatsächlich ein konstruktiver Beitrag zu diesem Gespräch zu sein. Das Lächeln war dem Legaten längst vergangen und man konnte erkennen, dass sich seine Mine etwas verdunkelte.


    „Während du hier sitzt und wie du selbst eben so schön sagtest – bemüht sein wirst DEINE Wünsche und Interessen zu vertreten – werde ich in den kommenden Tagen gemeinsam mit unserem Kaiser losziehen und unser Reich verteidigen. Maße dir also nicht an, mir mit deinen unterschwelligen Bemerkungen vorwerfen zu wollen, ich würde nicht meine Pflichten erfüllen.


    Und eines sei dir ebenfalls gesagt junger Flavier… Über meinen Werdegang hat bestimmt nicht meine Redegewandtheit im Senat entschieden, sondern meine Taten auf dem Schlachtfeld. Denn wem nützt schon eine Halle voller Männer, die Anteilnahme an Roms Politik nehmen, aber nicht im Stande sind, eine Legion siegreich ins Feld zu führen. Und wenn du es als Belohnung an siehst in den Krieg zu ziehen, dann möchtest du ja vielleicht auch für deine bisherigen Verdienste im Senat belohnt werden und mich in die kommenden Schlachten begleiten. Ich kann dir versichern meine Männer wären durchaus beeindruckt, wenn du dich voller Pflichterfüllung und Anteilnahme in ihre Reihen stellst um gegen den Feind zu kämpfen.“


    Das Schmunzeln war wieder zurückgekommen bei der bildhaften Vorstellung, wie dieser neunmalkluge Junge in den vordersten Reihen einer Legion stand und vor lauter Angst seine Körperöffnungen nicht mehr unter Kontrolle hatte.Er hoffte, dass sich nun wieder einer der älteren Senator zu Wort melden würde und der das Gespräch zurück in die richtigen Bahnen lenkte.

  • Furianus war nicht der Mann, der sich gerne Feinde machte und wohl auch nicht, der bemüht war sich Feinde zu machen. Was hier der Kollege jedoch aus seiner Aussage gemacht hatte, war keine einfache Deutung, sondern eine Unterstellung den Legionskommandanten beleidigt zu haben und das war mehr als genug, um empört hoch zu fahren.


    "Maße du dir, Decimus Livianus, erst einmal nicht an etwas zu deuten, was ich niemals gesagt habe!"


    Da Furianus die Praetur hinter sich hatte und der Decimer nicht, konnte er sich dies erlauben und hatte noch das Rederecht auf seiner Seite.


    "Wenn du mir zugehört hättest, wüsstest du, dass ich so etwas niemals behauptet habe. Du bist als Legionskommandant von unserem Augustus an dessen Seite beordert worden, ist da etwas verwerfliches dran? Nein, dies ist deine Pflicht. Ich habe gesagt, dass ein Senator Pflichten hat, denen er nachkommen muss, dass diese nicht mit einer regelmäßigen Teilnahme an den Senatssitzungen verbunden ist, liegt eindeutig vor. Doch du hast es ja selbst erlebt, Senator Decimus, man bleibt dem Senat auch als Legatus Legionis nicht für ewig fern.
    Nachdem also Senatoren wie du oder Legati Augusti pro Praetore, Proconsuln, aufgrund ihrer Ämter dem Senat fern geblieben waren, werden sie doch logischerweise bemüht sein nach der Dienstzeit wieder in diesen Reihen zu sitzen, zum einen, um zu berichten, zum anderen, um ihre Interessen zu wahren, vielleicht ein anderes Amt zu bekleiden, sich einfach in Rom sehen lassen, die Klientel pflegen. Solche Männer brauchen keine Ehrensenatorenschaften, denn sie kehren wieder zurück und bleiben während ihrer Abwesenheit auch Senatoren."


    Auf private Reibereien hatte Furianus keine Lust, dafür war Avarus schon da. Natürlich hätte er nun am liebsten gesagt der Legatus Legionis sollte sich mal selber in die Reihe seiner Männer stellen, um diese zu beeindrucken und nicht aus der sicheren Entfernung seine Kommandos geben. Aber er setzte sich statt dessen hin.

  • Mit nachdenklichem Blick hatte Macer die erste Aufregung der Debatte verfolgt und konnte zuweilen zustimmend nicken. Dann ergriff er selber das Wort. "Ich würde gerne noch eine etwas anderen Aspekt ins Spiel bringen. Reden wir einmal nicht von verdienten Senatoren, Feldherren im Krieg oder den Problemen einer Rückkehr zum vollen Senatorenstatus, sondern vom praktischen Alltag der Senatsarbeit."


    Da er gemeinsam mit Senator Hungaricus immer noch an einem Entwurf für die Geschäftsordnung arbeitete beziehungsweise diesen eifrig vor sich her schob, hatte er über diesen Alltag zuletzt häufiger mit etwas Distanz nachgedacht.


    "Derzeit führt der Sitzungsleiter eine Liste der anwesenden, stimmberechtigten Senatoren. Das ist notwendig, um Abstimmungsergebnisse bestimmen zu können. Was ist mit Senatoren, die nicht auf dieser Liste stehen? Sind diese anwesend, aber nicht stimmberechtigt? Sind sie abwesend, aber stimmberechtigt? Sind sie abwesend und nicht stimmberechtigt?"


    Wie erwartet entdeckte er einige verwirrte Gesichter angesichts dieser Fragen. "Keine einfach Sache, nicht wahr?" erklärte er daher gleich weiter. "Warum sollte jemand anwesend, aber nicht stimmberechtigt sein? Oder was nützt jemandem das Stimmrecht, wenn er abwesend ist? Und wären die abwesenden, nicht stimmberechtigten Senatoren nicht genau jene, die Senator Livianus gerade mit dem neuen Titel der Ehrensenatoren bezeichnet hat?


    Männer, die aus beliebigen Gründen nicht im Senat anwesend sein können. Ich spreche bewusst von Können, nicht von Wollen. Sie können nicht anwesend sein und folglich nicht mitstimmen. Wäre es da nicht geradezu ehrlich von diesen Senatoren, auch formell für die Zeit ihrer Abwesenheit auf das Stimmrecht zu verzichten? Immerhin könnte ein Dutzend oder ein paar mehr nicht abgegebene Stimmen einen ganz erheblichen Einfluss auf ein Abstimmungsergebnis haben - obwohl die abwesenden Senatoren diesen Einfluss vielleicht gar nicht ausüben wollen. Unter diesem Gesichtspunkt kann ich der Idee in jedem Fall etwas abgewinnen."

  • Durus verfolgte das Gespräch und war tatsächlich ein wenig verwirrt, nachdem Macer geendet hatte. Stimmberechtigt und abwesend? Stimmten die dann per Briefwahl ab?


    "Wenn ich eine kurze Verständnisfrage stellen dürfte: Es gibt tatsächlich nicht stimmberechtigte Senatoren? Und wer bestimmt, dass sie nicht stimmberechtigt sind? Der Princeps Senatus? Der Consul? Der Censor?


    Eine Ehrensenatorenschaft hat doch keinen tatsächlichen Nutzen! Man ist Senator, oder man ist es nicht! Ob mit oder ohne Senatssitz - ein Angehöriger des Ordo Senatorius hat doch beinahe das gleiche Ansehen!"

  • "Das wäre eben die Frage, was mit den Senatoren ist, die nicht explizit auf der Liste der anwesenden stimmberechtigen Senatoren stehen", entgegente Macer. "Das ist ja gerade die Problematik, um die es geht."

  • Wenn ich kurz meine Erfahrungen einbringen dürfte... meldete sich Hungi einmal zu Wort, ich habe es bisher immer so gehandhabt: Wenn ein Senator nicht in Rom war, also abwesend, so hatte er auch kein Stimmrecht. Es war seines Erachtens schwer genug, die Anwesenden zu einer Stellungnahme zu motivieren, von den Senatoren außerhalb Roms wollte er sich das wirklich nicht antun.


    Aber er erinnerte sich auch an die Geschäftsordnung, an der er mit Senator Macer arbeitete bzw. diese eifrig vor sich her schob. Die Möglichkeit, die Senator Decimus Livianus anspricht, ist ohne Frage kreativ. Dennoch stehe ich diesem - gelinde gesagt - reserviert gegenüber. Ein Senator, der auf sein Stimmrecht aus Altersgründen verzichtet, kommt mir reichlich merkwürdig vor. Der Gedanke an Decimus Lucidus huschte ihm kurz durch den Sinn. Die Würde eines Senators ist nicht eine, die man bei Erreichen eines bestimmten Alters ablegt wie eine alte Toga, sie ist eine Ehre, der man zugegeben bis an sein Lebensende verpflichtet ist. Man möge mir jetzt ein gewisses Schwarz-Weiß-Denken vorwerfen, aber entweder ist man Senator oder man ist keiner. Was allerdings jene angeht, die durch Pflichten von Rom ferngehalten werden, sei es als Proconsul, Legatus Augusti pro Praetore, Legatus Legionis oder sonstige senatorische Ämter: ja, die sind abwesend. Ich bin mir jedoch sicher, daß die Herren Senatoren sich gut über Neuigkeiten aus Rom und dem Senat informieren können, bei Diskussionen, die längerfristig laufen, sind diese Herrschaften sicher in der Lage, ihre Stimme abgeben oder deren Fragen, Einwände und dergleichen durch einen von ihnen gewählten Stellvertreter erheben zu können. Doch über letzteres können jene Senatoren sicher besser berichten, die ein Amt außerhalb Italias innehatten.

  • Commodus hatte die Debatte bis hierher verfolgt und das eine oder andere Mal den Drang niederkämpfen müssen, die Redner zur Ordnung zu ermahnen. Er mochte diese persönlichen Angriffe, die sich die Senatoren in letzter Zeit angewöhnt hatten, überhaupt nicht. Doch im Sinne einer konstruktiven Disskussion liess er die Senatoren erst einmal debattieren. Ihnen den Mund verbieten konnte er später immernoch.


    Als Macer die Problematik der Liste ansprach erhob er dann aber doch kurz das Wort.


    "Soweit ich das sehe, handelt es sich bei der angesprochenen Liste nicht über ein Schriftstück, das jemanden als nicht stimmberechtigten kennzeichnet. Stattdessen gibt die Liste an, welche der stimmberechtigten Senatoren sich derzeit nicht im Einzugsgebiet des Senates aufhalten. Wenn wir uns diese Liste ansehen, so finden wir darauf primär die Namen von Statthaltern und Legaten von Legionen ausserhalb Italiens."

  • Livianus war froh, dass zumindest einer die Problematik verstanden hatte, die Livianus aufzeigen wollte. Als Hungaricus und der Consul die Liste der Senatoren ansprach, hackte der Legat jedoch nach.


    „Verzeiht, aber ich kann auf dieser Liste nur anwesende und abwesende STIMMBERECHTIGTE Senatoren finden. Die Problematik, die ihr wohl nach Senator Macers Wortmeldung etwas besser verstanden habt, bleibt also nach wir vor bestehen. Ich weiß also nicht, wovon du sprichst Hungaricus. Laut dieser Liste, die auch du geführt hast, waren sehr wohl auch alle abwesenden Senatoren stimmberechtigt, nur eben nicht anwesend, um diese Stimme abgeben zu können.“

  • Nur sehr schwer konnte Hungi sich ein lautes Grummeln verkneifen.


    Du hast mir nicht genau zugehört. Ich sagte, daß ich es so handhabte, daß Senatoren, die nicht anwesend waren, kein Stimmrecht hatten, nicht daß sie es nicht hätten. Ich hatte wahrlich keine Lust, bei jedem Senator vorbeizuschauen und zu gewährleisten, daß dieser gnädigsterweise sein erlauchtes Votum abzugeben möge. Und sollte ich in hoffentlich ferner Zukunft wieder das Amt des Princeps Senatus ausüben, so würde ich es wieder so machen.

  • Dass die Handhabung der Liste vom Vorsitzenden der Versammlung abhing, war Macer nun auch wieder neu und er quittierte es mit einem Kopfschütteln.


    "Dann sollten wir in jedem Fall zu einer einheitlichen Regelung kommen", murmelte er mehr oder weniger halblaut zu seinen Sitznachbarn. "Und ob man es jetzt Ehrensenator nennt oder einfach nur Abwesenheit, wäre es ziemlich albern, wenn ein Senator, der für mehrere Jahre nach Britannien oder Mauretanien oder Syrien geht, durch seine Abwesenheit trotzdem Einfluss auf Abstimmungsergebnisse hat, weil er als stimmberechtigt und damit als nicht abgegebene Stimme gezählt wird."

  • Livianus richtete seinen Blick zum Consul.


    „Ich denke auch, dass es anfänglich schon einmal damit getan ist, wenn wir auf der offiziellen Senatorenliste die anwesenden und abwesenden stimmberechtigten Senatoren in Stimmberechtigte und nicht Stimmberechtigte Senatoren abändern, egal ob sie nun durch Abwesenheit, Krankheit oder sonst was verhindert sein sollten. Wer dann zukünftig nicht unter den Stimmberechtigten steht, der wird bei einer Abstimmung auch nicht berücksichtigt.“

  • “Aber ändert das etwas? Als abwesend eingetragene Senatoren werden doch auch schon bisher nicht zur Abstimmung aufgerufen, wie Senator Vinicius Hungaricus es schon gesagt hat. Oder soll ein einmal als abwesend geführter Senator auf Dauer sein Stimmrecht im Senat verlieren?“

  • „Natürlich nicht Senator Quarto! Aber der Ordnung halber gehört abgeändert und festgehalten, dass diese Senatoren kein Stimmrecht haben, wenn sie Abwesend sind oder aus irgendwelchen Gründen nicht an einer Abstimmung teilnehmen. Ansonsten müssten wir ihre Stimmen bei jeder Abstimmung als Stimmenthaltung mitzählen, denn im Moment sind sie ja offiziell IMMER Stimmberechtigt – egal ob an- oder abwesend. Das dies bisher nicht so gehandhabt wurde, ist meines Erachtens ein Formfehler, den wir hier im höchsten Gremium unseres Reiches nicht noch länger mit uns schleppen sollten. Ich versuche das Problem noch einmal anders aufzuzeigen. Wenn ein abwesender Senator laut offizieller Senatsliste auch in seiner Abwesenheit stimmberechtigt ist, dann könnte er übertrieben gesagt sogar durch einen Brief oder ein hier hinterlegtes Schreiben von sonst wo an einer Abstimmung teilnehmen. Es kann doch nicht angehen, dass man nun nicht einmal mehr im Senat anwesend sein muss, um sich an einer Abstimmung zu beteiligen.“


    Livianus konnte nicht verstehen, warum manche Senatoren dieses Problem nicht nachvollziehen konnten. Schon fast am verzweifeln schüttelte er den Kopf und hoffte, dass er die Senatoren nun durch diesen letzten Vergleich mit der Nase auf das Problem stoßen konnte. Die Diskussion war ohnehin schon vom eigentlichen Thema abgekommen, doch auch dies war ein wichtiger Punkt, der geklärt gehörte.

  • "Werden denn nicht immer die anwesenden Senatoren in jeder Sitzung gezählt? Kann ich auch von Misenum aus meine Stimme abgeben?"


    fragte Durus ein wenig verwirrt seinen Nachbarn.

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