Ein Senator bittet um das Wort

  • Als manche Senatoren untereinander zu diskutieren und zu reden begannen, hoffte Livianus, dass dieses Mal die Botschaft vielleicht doch angekommen war. Die Frage von Tiberius Durus, der als gewesener Aedilis weiter vorne in den Senatsreihen saß, drangen bis an das Ohr des Legaten und er griff diese sofort auf.


    “Genau das ist es Senator! Wo steht geschrieben, dass du deine Stimme nicht auch aus Misenum abgeben darfst? Laut der derzeit gültigen Liste ist doch auch ein abwesender Senator aus Misenum stimmberechtigt. Oder kennst du eine Verodnung die besagt, dass du zur Stimmabgabe hier sitzen musst?“


    Dann wandte er sich wieder an den restlichen Senat.


    "Wollen wir es denn wirklich dem Gutdünken des jeweils amtierenden Vorsitzenden überlassen, wie die Abstimmungen in diesem Gremium ablaufen und wie Stimmen gewertet werden oder auch nicht?"

  • Da der Decimer auf dieses Problematik hinaus wollte, verstand Furianus dieses Unding mit der Ehrensenatorenschaft nicht. Nun jedoch, da man es konkretisierte, stand er nochmals auf.


    "Dies sollte wirklich verbindlich festgehalten werden, um erstens die Konsuln durch die wegfallende Entscheidung des Vorgehens zu entlassten und zum Anderen gezielte Manipulation auszuschließen.
    Ich wäre dafür nur die Senatoren als stimmberechtigt zu zählen, die der Abstimmung auch beiwohnen. Vielleicht kann man da noch bei einer kurzfristigen Krankheit eine Ausnahme machen, doch anwesend sollte man zumindest in Rom sein."

  • Durus lächelte und antwortete Livianus, jedoch nicht so laut, dass es das ganze Plenum vernehmen konnte.


    "Ich habe noch keinen Boten hier gesehen, der einen Brief seines Herrn abgegeben hat mit 'Ich bin für das und das'. Aber man kann natürlich nie wissen."


    Genaugenommen fand Durus die Debatte langsam fast etwas lächerlich. Senatoren, die abwesend waren und dennoch abstimmten? Das war doch tatsächlich...merkwürdig mindestens.
    Aber da das offensichtlich kein Witz war, meldete er sich erneut zu Wort.


    "Auch wer krank ist, kann nicht abstimmen. Ich bin der Meinung, dass nur anwesende Senatoren auch stimmberechtigt sind. Denn ein kranker Senator kann sich auch keine Meinung bilden.
    Wer zur Abstimmung kommt, stimmt ab, wer nicht, der nicht. Alles andere wäre doch blanker Unsinn!"


    Wieso wurde nur nicht mehr nach der alten Tradition mit den Füßen abgestimmt? Da konnte wenigstens nicht so ein Mist herauskommen...

  • Langsam wurde es Commodus dann doch ein wenig zu bunt und er begann darüber nachzugrübeln, ob er nicht einfach mal ausprobieren sollte, wofür man die Consularische Macht nutzen konnte. Vielleicht ein schönes kleines Consularisches Edict, dass es allen Senatoren unter einem Alter von sechzig Jahren verbot an Abstimmungen teilzunehmen. Doch verwischte er diese Idee recht schnell wieder, da dies einfach zu lächerlich war. Und da auch die Debatte langsam drohte in jene Richtung abzudriften, erhob er erneut das Wort.


    "Meine Herren, ich kann mich irren, doch wüsste ich nicht, wo geschrieben steht, ob ein Senator seine Stimme per Brief abgeben darf oder nicht. Abgesehen davon halte ich dies sowieso für ein recht umständliches und schwer realisierbares Verfahren. Ich selbst lebte eine Zeit lang in Germania und ich habe selten im Voraus erfahren, über welche Themen wann abgestimmt wurde. Hätte ich einen Boten losgeschickt, so hätte er mehrere Tage gebraucht um hierher zu kommen und bis dahin, wäre die Abstimmung zu der ich meine Stimme hätte abgeben wollen, schon längst vorbei gewesen. Daher halte ich dies per se für einen Punkt, der jenseits jeglicher Diskussion liegt."

  • Macer wandte sich angesichts der immer weiter zerfliessenden Debatte leise an Hungaricus. "Meinst du, das wird hier noch was oder sollen wir das Thema auch noch in unserem Vorschlag für die Geschäftsordnung mit erschlagen?"

  • Genau diesen Eindruck hatte Macer auch. "Gut. Bekommen wir das bei unserer abschließenden Beratung hin, wenn wir auch den Rest besprechen?" Sie hatten zwar bisher weder Zeit noch Ort für diese Besprechung vereinbart, aber langsam wollte Macer fertig werden.

  • Da Hungaricus von sich aus kein Treffen bei ihm anbot und Macer sich ungerne einfach bei anderen Leuten einlud, blieb nur die anderen Möglichkeit. "Bei mir. Dann kann meine Köchin mal wieder Fisch machen, ohne dass es dumme Witze gibt." Die Leute von der Wasserversorgung, die Macer zuletzt häufiger zu Gast hatte, machten beim Essen nämlich grundsätzlich früher oder später dumme Witze, in denen Fisch wahlweise in Verbindung mit Aquädukten, Flüssen, Wasserverteilern oder Abwasserleitungen vorkam. "Wann darf ich mit dir rechnen?"

  • Den Schmäh mit dem Fisch und den dummen Witzen verstand Hungi überhaupt nicht, beließ es aber dabei, denn er wollte dieses Thema wissen die Götter nicht wirklich vertiefen. Außerdem hatte er schon so das Gefühl, daß der Konsul ihnen auf die Griffel schaute respektive auf den Mund, weil sie schon zu sehr tratschten.


    Ich würde sagen, übermorgen. Dann können wir uns noch genau überlegen, was wir so haben wollen in der Geschäftsordnung.

  • Das Gewisper einiger Senatoren ignorierend, ergriff Aelius Quarto erneut das Wort.


    “Ich bin der Meinung, dem hier angesprochene Problem kann mit einer Änderung des § 7 des Codex Universalis begegnet werden. § 7 behandelt das Gesetzgebungsverfahren per Decretum Senatus und enthält unter anderem die Vorschrift, dass eine Mehrheit von 6/10 einem Gesetz zustimmen und das mindestens die Hälfte der Vollsenatoren anwesend sein muss, um ein Gesetz zu verabschieden, abzuändern oder aufzuheben.


    Mit einer Streichung oder massiven Lockerung dieser Vorschriften könnten wir uns einiger Sorgen entledigen. Die Einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen könnte so für einen Beschluss ausreichen.


    Ich finde nämlich, es sollte jedem Senator weiterhin frei stehen, ob er sich an Versammlungen des Senats beteiligt oder nicht und ich würde es als unwürdig empfinden, wenn ein gestandener Senator sich dazu rechtfertigen soll.
    Aber wer ohne guten Grund immer fehlt, der muss damit rechnen vom Censor, unserem verehrten Imperator Caesar Augustus, aus dem Senat entfernt zu werden.


    So einfach und traditionell kann es geregelt werden.“

  • Macer hatte den Vorschlag seines Senatskollegen noch zustimmend bestätigt, als wieder ein Redner das Wort ergriff. Er wunderte sich ein wenig über die Äußerung, denn gerade das freiwillige oder eben unfreiwillige Erscheien im Senat hatte damals die Debatte um die Geschäftsordnung bestimmt. Trotzdem verzichtete er auf einen Kommentar und kratzte sich nur langsam und nachdenklich am Kopf, um die Debatte nicht endgültig in eine andere Richtung als die ursprünglich geplante zu drängen.

  • Da die Diskussion schon weit vom eigentlichen Thema abgewichen war und Livianus ohnehin wenig Zustimmung aus den Reihen der Senatoren vernommen hatte, nickte er dem Consul dankend zu und setzte sich wieder auf seinen Platz. Für ihn war diese Diskussion beendet.

  • Meridius hatte die ganze Debatte verfolgt, ohne ein Wort zu sagen. Er hörte sich die Gründe an, welche die einen vorbrachten, dann jedoch auch die Gründe der anderen. Letzten Endes jedoch war seiner Meinung nach die ganze Thematik leicht überzogen.


    "Quirites! Ich bin sicher kein Idealist, vielmehr Soldat und weiß die Dinge daher nüchtern einzuschätzen. Bei allen Freiheiten des Senats, sollte uns klar sein, dass der Kaiser darüber entscheidet, wer Senator wird und wer nicht. Er ermöglicht einem Römer diesen Weg oder verstellt ihn. Und diesbezüglich können wir uns dann auf den Kopf stellen oder auch nicht. Nennen wir es also wie es ist."


    Er hielt einen Moment inne.


    "Es ist auch der Kaiser, welcher Senatoren mit Kommando betraut. Schickt er diese in eine Provinz, oder zu einer militärischen Einheit, dürfte dies wohlüberlegt sein."


    Wieder hielt er inne.


    "Senatoren im Senat - Senatoren ausserhalb Roms. Jeder steht im Grunde auf seinem Platz, welcher für ihn vorgesehen wurde. Senatoren, welche hier in diesen Hallen anwesend sind, können folglich auch sprechen und mit ihrer Stimme abstimmen. Senatoren welche nicht in diesen Hallen sind, können dies nicht. Ein einfacher Sachverhalt. Besteht darin eine Gefahr für Rom? Ist die Arbeit des Senats gefährdet? Wieviele Hundert Senatoren dienen dem Kaiser? Und ein jeder dieser Senatoren ist hier ehrenhalber.


    Gleichwohl weiß ich auch um die Tatsache, dass nicht immer alle Senatoren, welche anwesend sein könnten, auch tatsächlich anwesend sind, weil sie stattdessen auf ihren Landsitzen lustwandeln, statt ihren Verpflichtungen nachzugehen. Ein altes Problem, weswegen auch die Kaiser die Anwesenheit der Senatoren in Rom zur Pflicht machten. Augustus war der erste, welcher dies veranlasste.


    Ich schlage daher vor, diese Pflicht wieder aufzugreifen. Es hindert keinen der ehrenwerten Herren hier, in Rom anwesend zu sein, wenn ihn der Kaiser nicht woanders hin sendet. Ansonsten sehe ich durchaus auch die Möglichkeit Abstimmungen mit einfacher Mehrheit zu beschließen. Ist der Kaiser gegen einen Beschluss, wird er ihn sowieso nicht umsetzen."

  • Furianus erschrak ein wenig bei den Worten des Decimers, denn er fürchtete schon, dass der Mann in der Hitze des Patriotismus die Senatsferien abzuschaffen gedachte oder dies wenigstens zur Abstimmung gab.
    Doch er konnte erleichtert aufatmen, dem war nicht so. Mit einfacher Mehrheit abzustimmen war wohl das Klügste, denn Ehrensenatorenschafften oder andere unnütze Bezeichnungen waren nicht nur verwirrend, sondern auch unsinnig.
    Er brachte keine Worte hervor, nickte jedoch bei den Worten des zuletzt sprechenden Mannes, den er als Merdius kannte, jedoch persönlich noch nie gesprochen hatte. Aber das Gesicht zu kennen genügte ja fast immer.

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