Arbeitsraum Claudius Menecrates

  • Es entsprach nicht Gepflogenheiten in der Villa Claudia, dass jemand unaufgefordert Arbeits- oder Schlafräume betrat. Bei diesen Räumen handelte es sich um private Rückzugsorte, die nicht der gesamten Familie uneingeschränkt zur Verfügung standen. Gerade wenn der Hausherr arbeitete, wollte er nicht gestört werden und falls dies unumgänglich war, wollte er selbst entscheiden, wann er Einlass gewährte. Dementsprechend verärgert blickte er von seiner Arbeit auf, als die Tür aufgestoßen wurde. Gezeter, das durch die verschlossene Tür drang, ging dem Treiben voraus.
    Menecrates kam nicht dazu, sich zu äußern, weil das Auftreten seines Leibwächters eher Anlass zur Sorge bot. Er senkte das Schreibgerät und legte es im Zeitlupentempo auf der Tischplatte ab. Sein Blick hing an Marco, der Morrigan ungewohnt zügig ins Zimmer schob und begann, sie zu entkleiden. In dem Maße, wie Morrigans entblößter Oberkörper sichtbar wurde, legte sich Menecrates' Stirn in Falten, bis ihm schlagartig der Zweck der Aufführung bildhaft vor Augen stand. Er starrte auf das Brandzeichen, als auch Faustus ungefragt das Arbeitszimmer betrat.
    Noch bevor Menecrates sich fassen konnte, warf sich Morrigan auf den Boden. Was sie sagte, stand für ihn in keinem Zusammenhang mit dem soeben Gesehenen. Ihn beschäftigte die Frage, woher plötzlich dieses Brandmal kam.


    "Kann mir das irgendwer erklären?!", fragte er in gereiztem Tonfall. Er blickte von Marco zu Faustus, wobei sich sein Zorn auf das Brandmal richtete und nicht auf die Personen. "Ich möchte, dass du aufstehst, Morrigan", fügte er deswegen in gemilderten Tonfall an.

  • Da war es wieder das „Serva“, ich konnte es nicht mehr hören, doch weit schlimmer war das, was ich meinte, gerade gesehen zu haben. War es wirklich ein P was sich unter dem abgerissene Verband gesehen hatte. Ungläubig starrte ich auf die auf dem Boden kniende Morrigan. Irgendwann hob ich den Blick und schaute den Claudier hilflos fragend an.
    Ich kann es dir nicht sagen.
    Hatte ich doch selber auf dem Sklavenmarkt mitbekommen welch ein Gegner er von einem Brandmal war. Doch wenn da jetzt ein frisches P eingebrannt war, würde das nicht bedeuten? Die
    Prätorianer
    dahinter steckten? Laut kam ein Wort, das entscheidende Wort, über meine Lippen ohne, dass dies mir bewusst war.

  • Morigan erhob sich, also zumindest so weit, dass sie nun nur noch kniete. Mit einer Hand hielt sie ihre Tunika nun so fest, dass das ihr Oberkörper wieder bedeckt war.
    'kann mir das irgendwer erklären.' natürlich bezog Morrigan das DAS nicht auf das Brandzeichen sondern auf sich und so antwortete sie wiedermal für sich vollkommen schlüssig – für alle anderen wohl vollkommen zusammenhangslos. „Das ist eine Serva.“

  • Marco, der sich mit viel Mühe beherrschen musste, wollte gerade zu einer Antwort ansetzen, als Morrigan bereits eine Erklärung abgab. Die allerdings ging nach seiner Auffassung gänzlich am Thema vorbei. Entsprechend verwundert blickte er zu der auf Knien hockenden Sklavin. Er verstand nicht, wieso die einst kluge Morrigan zuletzt häufig senil wirkte, obwohl sie keineswegs zum alten Eisen gehörte.
    "Du sollst aufstehen", wiederholte Marco, fasste Morrigan unter der Achsel und hievte sie auf die Beine. Er schniefte, weil er gegen die innere Wut ankämpfte, die sich nicht auf Morrigan, sondern gegen das Brandmal richtete. Er ließ sie nicht los, damit sie sich nicht erneut absonderlich verhalten konnte und wandte sich an Dominus Menecrates. Seine Stimme klang gepresst.


    "Wir waren mit dem Verteilen von Spenden beschäftigt. Irgendwann fehlte Morrigan und kam erst ganz am Ende wieder. Ich dachte, sie war zu schwach und brauchte eine Pause, deswegen habe ich sie zur Rede gestellt. Herauskam DAS als Grund für ihr Verschwinden." Er wies auf das Brandzeichen. Dabei atmete er heftig und seine Züge wurden grimmig.

  • Also doch, so war es also gewesen. Von wegen Spenden verteilen. Der verfluchte Dreckskerl hatte es irgendwie geschafft von dem durch Marco geschützten Ort weg zu lotzen. Da lag also das Geheimnis ihrer Veränderung. Aber nicht genug damit, er hatte zum Beweis seiner Macht ihr außerdem ein Brandzeichen verpasst. Mit der Gehirnveränderung und dem Brandzeichen, hatte er Morrigan ganz inseine Gewalt gebracht. In mir brodelte es vor verhaltenem Zorn.
    „So war es also gewesen“,
    quetschte ich mühsam hervor. Wie mir schien wusste Marco mindestens genauso viel wie ich, wenn nicht noch mehr. Wie konnten wir diesen Spuk beenden und Morrigan wieder zurückholen?

  • Das noch fehlende Licht im Dunkel musste Morrigan beisteuern, allerdings fragte sich Menecrates, ob die Sklavin bei ihrem aktuellen Geisteszustand überhaupt zusammenhängend Denken geschweige denn wahrheitsgemäße Aussagen formulieren konnte.


    "Es passierte also auf Roms Straßen am hellerlichten Tag?" Ein Verdacht regte sich, der mehr als naheliegend schien. Sollte er sich bestätigen, würde sich derjenige verantworten müssen. Aber eins nach dem anderen. Zuerst musste der Tathergang ergründet werden, wozu Morrigan eine verlässliche Aussage machen musste.


    "Morrigan, sieh mich an", forderte Menecrates auf. Er bemühte sich um einen ruhigen Tonfall, um die Sklavin nicht zu verängstigen. Gleichzeitig bestand er auf einer Antwort, weswegen er sich erhob und auf Morrigan zutrat. "Ich erwarte die Wahrheit. Wir zwei hatten verabredet, dass es keine Lügen mehr gibt." Daran wollte er sie erinnern, denn immerhin weilte Morrigan immer noch auf Bewährung in der Villa. Sie musste beweisen, dass sie fortan die Wahrheit sagte, um ein Bleiberecht zu erhalten.

    "Was ist vorgefallen, als du beim Verteilen der Spenden gefehlt hast?"

  • Sie stand nun gehalten von Marco da und blickte erst auf, als sie dazu aufgefordert wurde.
    Der Claudier brachte sie mit seiner Aufforderung mal wieder in eine extreme Zwickmühle. Natürlich würde sie ihm nur zu gern die Wahrheit sagen, aber sie konnte es nicht ohne ihn in Gefahr zu bringen. Man sah ihr diese Angst und Unsicherheit wohl förmlich an und Marco konnte sicherlich das Zittern spüren, das Morrigan ergriffen hat. Und dennoch beseitigt sie die Aufforderung mit einem Zittern in der Stimme. „Ja Dominus, keine Lügen.“ Dennoch war es ihr wohl anzumerken, dass sie Angst hatte und zwar extreme. Sie zitterte an Hand und Fuß.
    „Jemand rief mich. Wollte Trauben. Ich ging zu dem Mann. Packte mich. Ich konnte nicht schreien. Dann Dunkelheit.“ Ja sie konnte gerade nicht in ganzen Sätzen reden nur Bruchstücke waren es, die sie berichtete. „Ich wurde wieder in der Zelle wach.“ Nun rollten ihr wieder stumme Tränen über die Wangen, dennoch hielt sie ihren Blick auf den Claudier gerichtet. „Ich war erschöpft schlief ein. Soldaten, sie kamen und legten mich in Ketten. Sie sagten ich hätte verraten hätte nicht getan was verlangt wurde. Sie sagten ich lebe, um nützlich zu sein. Ich bin ein Objekt und solle mich an meine Rolle erinnern und eine lebendige Botschaft zu sein. Ich solle jedem zeigen, was passiert, wenn man nicht nützlich ist. Ich soll tanzen, wenn sie die Musik spielen. Ich muss tanzen, ansonsten trifft es, wie versprochen, diejenigen, die ich liebe, die ich wertschätze und auch nur gekannt habe.“ Ihre Stimme wiederholte monoton jene Worte, die sie ihr eingeimpft hatten. „Sie sagten ich gehörte Rom.
    Sie gaben mir das Brandzeichen und sagten das ich mich selbst nur noch als Serva bezeichnen. Das ich nie wieder meinen Namen nennen werde. Ich bin eine Sklavin Roms. Ich brauche keinen Namen, ich bin keine Person, ich finde Liebe und Sicherheit in ihnen, in Rom. Mein Name hat mir nichts als einen Fluch gebracht. Auch wenn andere mir einen Namen werde ich selbst keinen Namen mehr tragen.“
    Sie atmete tief durch und wiederholte ihre Konditionierung erneut. „Ich bin eine Serva, nur eine Serva ohne Namen eine Sklavin Roms.“
    Jeder hier konnte wohl erkennen, dass sie mit jedem Wort das sie wiederholte ruhiger und sicherer wurde. So als würden ihr jene Worte Sicherheit geben und ihre Angst besänftigen. Und so wiederholte sie mit einer unglaublichen Sicherheit eben jenes Wort. „Serva.“ nochmals.

  • Menecrates unterbrach den Redefluss nicht, obwohl sich Zwischenfragen ergaben. Jede Störung barg die Gefahr des Versiegens und so lauschte der Consul aufmerksam den Ausführungen, die - von Erschütterungen begleitet - dennoch schlüssig klangen. Das Bild, was sich abzeichnete, bestätigte seinen Verdacht. Sollte es der Tiberier wirklich gewagt haben, sich des Eigentums des Consuls zu bemächtigen, um es anschließend zu beschädigen, dann würde das Konsequenzen für den Offizier nach sich ziehen. Menecrates brauchte Gewissheit.
    Er griff nach den Tunikaenden und begann sie höchst eigenständig auf Morrigans Schulter zusammenzubinden. Zwar fehlte ihm die Übung, aber es ging um die Geste. Dabei überlegte er.
    Bevor er Morrigan mit neuen Anleitungen - ihre Selbstwahrnehmung betreffend - überforderte, ging er zunächst auf das Wesentliche ein.


    Noch während er knotete, fragte er: "Die Zelle, die Soldaten, hast du etwas wiedererkannt?" Menecrates dachte dabei sowohl an die Zeit der Haft als auch an die öffentliche Versklavung. Auf alle Fälle unterschieden sich die stadtrömischen Soldaten.


    Das Ergebnis seines Ankleideversuches sah missgeformt aus, aber er strich zufrieden über den Knoten und beide Schultern. Dabei nahm er wahr, wie Morrigan sicherer wurde. Er führte das nicht auf sich zurück, die Dummheit beging er nicht. Er ahnte, woher sie ihre trügerische Sicherheit bezog.

  • Morrigan war ganz ruhig, auch als der Claudier auf sie zukam, sie quasi ankleidete und ihr im Anschluss über die Schultern strich. Ihre Augen lagen immer noch auf ihm. „Ja. Dominus.“ War die knappe leise Antwort. „Die Zelle, ich kannte sie gut. Ich war dort für lange Zeit.“ Sagte sie und in ihren Augen flackerten kurz die Erinnerungen an die zurückliegenden Qualen auf, so dass sie diese für einen Moment schließen musste.Die Sklavin atmete einmal tief durch, bevor sie ihre Augen wieder öffnet. “Es waren die gleiche Männer wie schon beim ersten Mal. Dominus.“ Sagte sie mit leiser Stimme. Ihre Angst war es, die nun wieder langsam und schleichend Besitz von ihr ergriff. Sie hatte nicht funktioniert. Sie hatte nicht getan, was man von ihr verlangt hatte. Ihre Angst verbaute ihr gerade das rationale Denken. Und so war ihre nächsten Worte wohl mal wieder vollkommen verstörend für alle Anwesend, für außer für sie selbst. „Ich werde eine gute Serva sein und immer tun, was man von mir verlangt. Ich habe nicht funktioniert und sie gaben mir was ich dafür verdient habe. Es tut mir leid Dominus, ich verspreche ich werde dir eine gute Serva sein, bitte schick mich nicht weg.“ Ja sie gab sich tatsächlich selbst die Schuld für das was vorgefallen war. Und sie machte dem Claudier damit ja nun auch noch Scherereien, damit stand ihr verbleib in der Villa wohl auf wackeligen Füßen. Schließlich spürte sie doch den Zorn des Mannes. Das er sich gar nicht gegen sie richtet nahm sie natürlich nicht wahr. „Bitte Dominus. Ich werde dir eine gute Serva sein.“ Flüsterte sie nochmals.

  • Menecrates sah sich vor zwei Aufgaben gestellt, die er nur nacheinander angehen konnte. Es bedurfte eines klärenden Gesprächs mit Morrigan und einer Reaktion auf das rechtwidrige Handeln der Praetorianer, allen voran des Tiberius'. Die Sklavin stand vor ihm, das andere musste ohnehin bis morgen warten, denn in der Dunkelheit ging niemand mehr vor die Tür.


    Da Morrigan eine ungewollte Schnittstelle zu den Praetorianern darstellte, besaß der Consul ein erhöhtes Interesse daran, seine Sklavin zu stabilisieren. Er musste sich auf alle Personen in seinem Haushalt verlassen können. Er glaubte, Morrigan umso besser oder schneller aus dem Einfluss der Garde holen zu können je stärker sie eine Bindung an ihr neues, einst altes Zuhause spürte. Also unterstrich er seine Worte mit einer für die Ansprache an eine Sklavin untypischen Geste. Er fasste sie wieder bei den Schultern und drückte sanft, so als wolle er Halt geben.


    "Morrigan, ich habe eine Zeit der Bewährung verlangt. Hier und heute war deine Bewährungsprobe und du hast sie bestanden. Ich musste sicher gehen, dass du mir immer die Wahrheit sagst. Das macht heute auf mich den Eindruck, ich glaube dir. Damit ist mein Vertrauen zu dir hergestellt." Er blickte zwar ernst, aber nicht unfreundlich, denn obwohl es eine positive Ansprache gab, stand immer noch der Auslöser, das Brandzeichen, gegenwärtig im Raum.
    "Du bist ab jetzt ein fester Teil dieses Hauses. Da ich dich nicht freilassen darf…" Plötzlich schoss ein Gedanke durch seinen Kopf. Da gab es doch Unstimmigkeiten. Einerseits galt Morrigan als nie freigelassen, weil ihre Papiere vernichtet worden. Andererseits wurde sie öffentlich erneut versklavt. Hin wie her, ohne Prozess und Urteil gab es eigentlich auch keine Handhabe, Morrigan eine spätere Freilassung zu verbauen. Aktuell spielte das aber keine Rolle, weil sie Sicherheit brauchte und klare Verhältnisse boten das.
    Er kehrte gedanklich zu seinem angefangenen Satz zurück und vollendete ihn. "… hast du ein lebenslanges Bleiberecht. In meinem Haus trägt allerdings jeder einen Namen, so auch du." Er schaute eine Spur freundlicher.


    "Dein Name ist Morrigan und du gehörst niemals Rom. Du gehörst zu mir." Er unterstrich die Worte mit einem bedeutungsvollen Nicken, während seine Augen fragten, ob sie ihm folgen konnte.
    "Denkst du, du wirst dich bis morgen an deinen Namen erinnern?" Ein wenig lächelte er. Mit Druck wollte er nicht arbeiten, daher ließ er ihr Zeit für die Verarbeitung. Außerdem vermied er, anklingen zu lassen, was er in Bezug auf Tiberius plante.

  • Sie hörte die Worte des Conslus doch brauchten sie eine ganze Weile bis sie in ihrem Gehirn auch auf genügend Verstand trafen, dass sie die Worte auch verstehen konnte. Nur ganz langsam gruben sich die Worte in ihren Verstand. 'ein lebenslanges Bleiberecht.' immer wieder kreisten jene Worte in ihrem Kopf. Als sie endlich die Bedeutung der Worte begriff, wäre sie wohl vor dem Claudier auf die Knie gefallen, wenn Marco sie nicht immer noch in aufrechter Position halten würde. Sie wurde also nicht nur im wörtlichen Sinne gehalten.
    Langsam begriff sie die Tragweite dieser Worte und eine Last, die ihr seit dem Tag, als Menecrates diese Bewehrung ausgesprochen hatte, fiel ihr von der Seele. Es keimte wieder ein kleiner Funken Hoffnung in ihr auf. Jene Hoffnung die sie damals in der Zelle hatte, als er sagte, dass er sie aufnehmen würde.
    Kleine stumme Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln. Er gab ihr seinen Schutz. „Danke.“ Flüsterte sie leise. Doch dann kehrte plötzlich diese Angst wieder auf. Ihre Stimme zitterte, als sie wieder das Wort erhob. „Bitte Dominus, keinen Namen. Es ist gefährlich. Sie sind gefährlich.“ Morrigan schluckte schwer und man spürte wie sie um jedes Wort kämpfen musste. „Ich habe Angst...um jene die mir am Herzen liegen. Auch um dich, um Marco und um Dominus Faustus.“ Ihre Tränen rannen nun in kleine Bächen über ihre Wangen. „Sie müssen wissen, das ich funktioniere, dann seid ihr alle in Sicherheit.“ Ja sie konnte sie nicht davon lösen. Zu sehr hatte man ihr eingeimpft, dass wenn sie nicht funktionieren würde andere, jene die ihr am Herzen lagen sterben würde. „Sie sind gefährlich Dominus, sehr gefährlich.“

  • Die Tränen rührten Menecrates und er wäre ein Narr, würde er die Angst nicht sehen, die Morrigan gefangen hielt. Mit Worten konnte er diese Angst nicht abstellen, ganz gleich was er behaupten würde. Sie leugnen oder sie ihr auszureden, würde ebenfalls scheitern.


    "Ich weiß", antwortete er und ließ dabei offen, ob er ihre Sorge um ihn, um Marco und Faustus teilte oder ob er die Garde ebenfalls für gefährlich hielt. In Wirklichkeit traf beides nicht zu, aber das musste er Morrigan gegenüber nicht äußern. Stattdessen tat er so, als begab er sich zum Teil in ihre Angstwelt mit dem Ziel, sie Schritt für Schritt herauszuführen.
    "Wir wollen hier trotzdem unser Leben weiterführen und um das bestmöglich umzusetzen, brauchst du einen Namen und du bekommst eine Aufgabe. Schließlich bleibst du ja von heute an dauerhaft hier." Er fand es wichtig zu betonen, dass das Bleiberecht an eine Aufgabe geknüpft war, bei der sich Morrigan ihren Ängsten stellen musste. "Dein Name ist Morrigan und ab morgen wirst du entweder die Tätigkeit meines bisherigen Cubicularius übernehmen oder, und das würde mir noch mehr nützen, hier als Maiordomus des Hauses fungieren. Überlege dir, was du dir zutraust und teile mir morgen mit, wie du heißt und welche Aufgabe du übernehmen wirst."


    Er nickte noch einmal aufmunternd, drückte noch einmal die umfassten Schultern, dann ließ er sie los.
    "Geh zu Alexandros und lass dir eine Heilsalbe geben. Wenn die verletzte Haut verheilt ist, sehen wir weiter. Ich möchte nicht, dass du dieses Brandzeichen trägst. Vielleicht lässt sich daraus ein Ornament oder die Abbildung eines Schmetterlings oder sonst was Hübschem machen. Wir werden das zusammen beratschlagen."
    Alles, was Morrigan stabilisierte, sicherte auch Menecrates‘ Heim und Familie. Er wusste nur nicht einzuschätzen, wie sie auf die Umgestaltung des Brandmals reagieren würde.

  • Er verstand sie? Er verstand sie! Er wusste, dass sie gefährlich sind. Endlich fühlte sie sich verstanden. Bisher hatte sie immer da Gefühl gehabt, dass alle dachten sie bildet sich das nur ein. Sie hatte doch immer wieder betont, dass man vorsichtig sein musste. So nahm er ihr mit den einfachen Satz 'Ich weiß.' eine weitere Last von der Seele. Wenn er es wusste, dann würde er vielleicht besser verstehen, warum sie sich nicht anders verhalten konnte. Auch wenn sie es vielleicht wollte. Sie konnte einfach nicht anders ohne jemanden zu gefährden.
    Sie nickte. Natürlich würde sie auf ihren Namen reagieren. Sie würde kommen wenn man sie rufen würde. 'Auch wenn andere dir einen Namen geben, du wirst keinen mehr tragen.'
    Das er ihr nun auch noch eine wirkliche Aufgabe gab und sie sie sich sogar aussuchen konnte gab ihr noch mehr Sicherheit. Sie blickte den Claudier dankbar an.
    "Ich danke dir für dein Vertrauen." Ja das tat sie wirklich schließlich wurden beide zur Auswahl stehenden Aufgaben nur von Sklaven wahrgenommen, die ein Höchstmaßt an Vertrauen besaßen, dass war ihr durchaus bewusst.
    Sie würde sich zeit für die Entscheidung nehmen, die eigentlich schon in ihrem Unterbewusstsein gefallen war. Die Entscheidung war nicht so schwer wie der zweite Teil. Sie sollte ihm morgen ihren Namen nennen. Dies würde mehr erfordern als eine einfache sachliche Entscheidung.
    "Ja Dominus." bestätigte sie die Anweisung zum Heiler zugehen, damit er das Brandmal versorgen konnte. Sie war auch froh, dass die Entscheidung was mit dem Brandmal geschehen sollte vertagt wurde, bis er verheilt war. Heute, hier und jetzt war sie nicht in der Lage eine Entscheidung diesbezüglich zu treffen.
    Eine Entscheidung, die sie gleich traf, war, dass sie ihre Sache aus dem gemeinschaftlichen Schlafraum holen würde und ein kleines Zimmer in der Sklavenunterkunft beziehen würde. Ein kleines Zimmer nur für sich.
    Sie war schon im Begriff, sich vorsichtig aus Marco haltenden Händen zu lösen und den Raum zu verlassen, als sie in der Bewegung inne hielt und nochmals zu dem Claudier blickte. "Danke." Es war nur ein Wort, aber verbunden mit dem Blick, in dem nun wieder etwas Hoffnung lag, sagte dieses eine Wort wohl alles. Kurz streifte ihr Blick Marco und den Helvetier. Auch die beiden hatten sich so um sie bemüht. Um sie eine einfach kleine Sklavin. "Danke." sagte sie auch leise zu den beiden. Auch bei Magrus würde sie sich noch bedanken müssen. Er war es gewesen, der immer wieder versucht hatte ihr beizustehen.
    Aber später, erst einmal wollte sie allein sein. Sie musste ihre Gedanken ordnen. An nur einem tag war so viel über sie hereingebrochen, dass es ihr schwerfiel alles gedanklich zu erfassen und zu verarbeiten.

  • Wenige Worte konnten manchmal mehr ausdrücken als viele. Morrigans wenige Worte ließen Menecrates erkennen, dass sie für den Moment etwas Ruhe gefunden hatte. Er lächelte zufrieden.


    "Du kannst sie wieder loslassen", wies er Marco an. "Ich bin sicher, Morrigan hält sich auf den Beinen und findet alleine in ihr Bett." Er nickte ihr zum Abschluss noch einmal zu, dann wartete er, bis sie den Raum verlassen hatte.


    "Tjaaaa", entfuhr ihm, wobei er damit nicht Morrigan meinte. Er benutzte die Bemerkung als Punkt, an dem er sowohl gedanklich die Sache als auch seinen Gemütszustand wechselte. Das Lächeln verschwand, er straffte sich in den Schultern und atmete einmal hörbar durch. "Ihr könnt euch gerne zu all dem äußern", bot er Faustus und Marco an. "Ich allerdings setze jetzt ein Schreiben auf, das du, Marco, morgen zur Castra Praetoria bringst. Ich will den Trecenarius sprechen und zwar unverzüglich." Er klang entschlossen und schien unerbittlich. Marco sollte wissen, was das Schreiben zum Inhalt hatte.


    "Faustus, eine Wachstafel wird reichen. Mein Anliegen muss nicht versiegelt werden. Schreib bitte:
    Der Consul H. Claudius Menecrates möchte unverzüglich den Trecenarius Tiberius Verus in seiner Villa sprechen.
    Das reicht, eine Erklärung gibt es nicht, auch kein bitte oder sonstige Feinheiten."

  • Sklavin hin oder her, mir war unverständlich wie man einen Menschen und für mich war ein Sklave ein Mensch und keine Sache; denn Sachen hatten keinen Verstand, ebensowenig wie Tiere. Wie man also einen Menschen so systemathisch zerstören konnte. Für den Augenblick schien Morrigan sich etwas beruhigt zu haben, sie wirkte auch ein wenig gefestigter. Wer von uns wusste aber ob, wann und wodurch es sich wieder ändern konnte.
    Ich wollte ihren Dank abwehren, denn schließlich hatte ich nichts getan. Im Gegenteil ich fühlte mich als entsetzlicher Versager. Unterließ es aber, vielleicht brauchte die kleine Sklavin es, damit sie merkte sie war nicht alleine, hier hatte sie den Schutz aller der in der Villa wohnenden.
    Ich konnte es förmlich körperlich spüren mit dem von dem Claudius Menecrates ausgesprochenen „Tjaaaa“, änderte sich im Raum alles. Ich hatte das Gefühl als wenn gerade ein eisiger Hauch durch den Arbeitsraum wehte. Die Haltung des Senators veränderte sich. Bei mir spürte ich jetzt ein aggressives angespannt sein.
    Es bedurfte keiner großartigen Aufforderung ehe ich mir Luft machte.
    Das etwas nicht mit Morrigan nicht stimmte habe wir bestimmt alle mit bekommen. Alleine der körperliche Zustand änderte sich schnell. Auch die Angst und Unruhe in ihren Augen konnte jeder erkennen. Ich habe versagt, ich versuchte an sie heran zu kommen um ihr zu helfen. Auch ahnte ich, dass der Trecenarius dahinter steckte. Leider verweigerte sie trotz meiner wiederholten Nachfragen jede wirkliche Aussage. Sie versuchte nur ständig uns hier, zu schützen. Heute war ich drauf und dran den Tiberier zur Rede zu stellen. Ich wollte ihn dafür büßen lassen. Noch nie habe ich erlebt, dass in mir solch ein Hass, auf einen Menschen, aufkam. Mögen die Götter mir beistehen, wenn ich das nächste Mal ihm von Angesicht zu Angesicht, gegenüber stehe.
    Noch eine Weile stand ich nachdenklich da, ehe ich mich innerlich aufraffte um dem Consul zu antworten.
    Natürlich, das erledige ich sofort.
    Schon bereitete ich die Tabula für Marco vor und übereichte sie ihm.
    Hier bitte



    Der Consul H. Claudius Menecrates
    möchte unverzüglich
    den Trecenarius Tiberius Verus
    in seiner Villa sprechen.

  • Nachdem die Unterredung ihrem Ende entgegenging und letztlich die Aufforderung kam, Morrigan loszulassen, folgte Marco und ließ den Arm sinken. Er konnte nicht behaupten, sich in der Zwischenheit abgeregt zu haben, auch wenn das Atmen etwas leichter fiel. Es irritierte ihn, dass sich Morrigan bedankte. Andererseits zeigte es ihm, dass seine Idee, sie zum Dominus zu bringen, letztendlich die richtige war.


    "Wir sehen uns morgen", versprach er, als sie ging. Sein Tag endete hier noch nicht und falls doch, hätte er protestiert.
    Zum Glück ließ der Dominus die Sache nicht auf sich beruhen. Er diktierte eine Vorladung und Marco frohlockte bereits, weil es ihm zuteil wurde, sie zu überbringen. Er wollte etwas tun, nichts empfand er so schlimm wie abwarten, aussitzen oder handlungsunfähig zu sein.
    Mit einem zufriedenen Lächeln, dass eher einer Grimasse glich, nahm er die Tafel entgegen.


    "Gleich nach den Morgenaufgaben wird dieser Gang erledigt."
    Aus Morrigans Sicht nahm er die Angelegenheit sicherlich auf die leichte Schulter. Aus seiner Sicht bot sich eine Gelegenheit, Frust abzulassen. Auf sich selbst aufpassen, konnte er schon immer. Nicht zuletzt war er auch der Schutzschild für andere.

  • Als der Consul zum Ende des Tages aus dem Senat zurückkehrte, fand er das Schreiben in seinem Arbeitsraum vor. Er nahm es zur Hand und studierte den Inhalt. Dann ließ er nach Marsyas schicken. Bis zu dessen Eintreffen stärkte er sich im Triclinium und nahm ein Entspannungsbad.


    EDICTUM AEDILIS CURULIS
    ANTE DIEM IV KAL APR DCCCLXVIII A.U.C.
    (29.3.2018/115 n.Chr.)


    Wegen Verstoßes gegen § 7 (2) der Lex Mercatus durch Bewerben einer Wolltunika als “Tunika aus Seide“ erhebe ich gemäß § 8 (1) der Lex Mercatus eine Geldstrafe von 775,58 Sesterzen von Marsyas.


    Dies ist der erste Verstoß gegen die Lex Mercatus, die Schwere des Verstoßes wird als leicht eingeordnet.


    Die Strafe ist binnen einer Frist von zwei Wochen ab Verkündung des Edikts zu zahlen.


    Beschwerde oder Einspruch ist an den amtierenden Consul zu richten.


  • Nach dem Bad fühlte sich Menecrates soweit erfrischt, dass er noch die heutige Post durchsah. Der Stapel konnte nicht als klein bezeichnet werden. Da sein Sekretär Faustus auch mit Factioaufgaben betraut und demzufolge nicht ständig verfügbar war, setzte sich der Consul hin und fing mit der Abarbeitung der Anfragen an.



    Ad
    Lucius Vinicius Massa
    Tribunus Laticlavius
    Legio Secunda
    Mogontiacum





    Salve Tribunus,
    und meinen Glückwunsch! Es freut mich zu hören, dass unsere spontane Vorsprache beim Kaiser von Erfolg gekrönt war. Ich glaube, alleine deiner Abstammung wegen, wirst du den Karriereweg in Richtung militärische Laufbahn - gekoppelt an die politische - erfolgreich beschreiten.
    Was deine Bitte betrifft, loyale und hilfreiche Klienten sind mir stets willkommen. Ich glaube ohnehin, dass die Götter etwas geplant hatten, als sie dich zu mir schickten. Es kommt selbst bei mir nicht oft vor, dass ich stehenden Fußes meinen Tagesplan über den Haufen werfe, um zum Kaiser zu eilen.
    Und das, obwohl ich dafür bekannt bin, jungen aufstrebenden Männern hilfreich unter die Arme zu greifen.


    Kurz: Ich nehme dein Gesuch gerne an.


    Viel Erfolg in Germanien und die Götter mit dir!



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    gez. H. Claudius Menecrates




    ANTE DIEM III KAL APR DCCCLXVIII A.U.C. (30.3.2018/115 n.Chr.)


  • Ein kurzes Klopfen, dann trat sie leise ein und Machte sich berkbar. "Doimnus, der Fahrer Marsyas den du bereits erwartest ist eingetroffen." sagte sie und zog sich auch zugleich zurück. Sie schloss die Tür hinter sich und somit waren die beiden Männer allein.

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